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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2014, RV/2100113/2012

Domizilgesellschaft - Reihengeschäft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, vertreten durch Fidas Graz Steuerberatung GmbH, Petersbergenstraße 7, 8042 Graz gegen den Bescheid des FA Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2009 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin, die Bf, Malta, reichte am eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2009 ein, in der sie Umsätze iHv 10,- Euro (steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen) und Vorsteuern iHv 2,- Euro erklärte.

In einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde folgendes festgestellt:

„Tätigkeitsbereich des Unternehmens:

Das geprüfte ausländische Unternehmen erwarb im Kalenderjahr 2009 von der deutschen Gesellschaft: A Ltd., Deutschland1 (umsatzsteuerlich ebenfalls beim zuständigen FA Graz-Stadt unter der St.Nr.: 000/0000 registriert) insgesamt 52 Stk.  Waren mit einem Kaufpreis in der Höhe von € 3 netto, zuzüglich 20 % Umsatzsteuer in Höhe von 0,6 (siehe Rechnung Nr.: 120 vom ).

Diese Waren wurden auf Grund einer Verkaufsvereinbarung (datiert vom ) zwischen der Bf (bezeichnet als „Seller“) an die deutsche Gesellschaft B Deutschland GmbH, Germany (bezeichnet als „Buyer“) verkauft.

Der Kaufpreis beträgt lt. Vereinbarung € 4 -. Die Ausgangsrechnung, Rechnung Nr.: 26/04/2009 wurde am gestellt.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Ausgangsrechnung der maltesischen Gesellschaft an den deutschen Erwerber B Deutschland GmbH bereits am erstellt wurde, obwohl der Einkauf der Gegenstände erst mit der Rechnung vom erfolgte.

Der eigentliche Erwerber dieser Gegenstände, (die im Eigentum der  C standen), die deutsche Gesellschaft: A Ltd. wird lt. Purchase Agreement als „Sellers’s Guarantor“ bezeichnet.

Die Transaktionen im Zusammenhang mit den erworbenen Gegenstände stellen den einzigen Umsatz der geprüften maltesischen Gesellschaft im Inland dar.

Feststellungen:

Aus der Aktenlage ist zu entnehmen, dass der maltesischen Gesellschaft am durch das FA Graz-Stadt die St.Nr., sowie die UID-Nr ( ATU ) erteilt wurde.

Seitens der ausl. Gesellschaft wurden durch deren Geschäftsführer Herrn X ( geb. ) alle Unterlagen, welche für die Vergabe einer Steuernummer erforderlich waren, beim FA Graz-Stadt – Ausländerreferat – eingereicht.

Neben eines Fragebogens für das Veranlagungsverfahren, eines Unterschriftenprobeblattes, einen Antrag auf Vergabe einer UID-Nr., ist auch eine maltesische Unternehmerbescheinigung (datiert vom – gleichzusetzen eines inl. U 70), ein Zertifikat des „Office of Inland Revenue“, welches bestätigt, dass die Bf in Malta eine maltesische Gesellschaft ist und diese auf Malta bis zu 35 % „Income Tax“ zu zahlen hat. 

Abschließend wurde noch eine Resolution der „Shareholders“ und des Direktors dieser Gesellschaft zum Stichtag und ein „Memorandum of Association vorgelegt, die beide mit Eingangsstempeln (Datum: und ) des maltesischen Firmenbuches versehen wurden.

Aus der Resolution ist abzuleiten, dass Herr X zugleich „Shareholder und Sale Director“ ist. Als Shareholder ist Herr X.   im Besitz von 999.999 „A“-Anteilen im Wert von je einem Euro (€ 1,--); einen „B“-Anteil im Wert von ebenfalls je einem Euro (€ 1,--) hält die maltesische Gesellschaft M .

Aus dem „Memorandum of association“ ist zu entnehmen, dass die Gesellschaft in Malta, zu diesem Zeitpunkt ihren Sitz hatte.

Eine durch die GBP Graz in Auftrag gegebene Internationale Wirtschaftsdatenauskunft kurz: IWD-Recherche – gibt bekannt, dass es sich bei diesem Unternehmen um eine „International Trading Company“ handelt.

Eine Tätigkeit darf nur außerhalb Maltas entfaltet werden.

Der Sitz der Firma befindet sich bei der Anwaltskanzlei Dr. .

Über die Anzahl der Beschäftigten ist nichts bekannt.

Gesellschafter sind derzeit Herr X, AT mit 999.999 Anteilen und Frau x X., Austria 80 mit 1 (einem) Anteil.

Die geprüfte maltesische Gesellschaft verfügt über keine Homepage.

Goggle Abfragen im Internet führten zur Fa. Bf in Austrian , welche über einen Telefon- & FAX-Anschluss verfügt.

Bei einer Begehung dieser Liegenschaft „ Businesspark “ durch die Organe der österr. Finanzverwaltung, konnten mehrmals keine für diese Gesellschaft handelnden Personen angetroffen werden.

Ein weiterer Internet-Link der geprüften Gesellschaft findet man bei der inländischen steuerlichen Vertretung „ Steuerberater “, wo als „unser Partner in Malta“ die Bf, Malta. – Kontakt über das Informationsbüro Österreich, vorgestellt wird.

Als Ansprechpartner wird Herr X namhaft gemacht.

Der Prüfer der GBp hat neben der materiell-rechtlichen Prüfung aller Rechnungen, welche die beteiligten Gesellschaften erstellten, auch beim inländischen Lieferanten C. (als Ansprechpartner fungierten die Herren Y und Z ) eine Sachverhaltsermittlung durchgeführt.

Als Kunde der C ist lediglich die deutsche Gesellschaft A Ltd. mit der Geschäftsführerin Frau P und Herr Q in Erscheinung getreten.

Ursprünglich war geplant die Waren nach Skandinavien zu liefern, doch dieses Projekt ist nicht zu Stande gekommen. Letztlich wurde in Deutschland ein Abnehmer gefunden und alle Waren nach Deutschland geliefert. Die entsprechenden Frachtbriefe samt Warenlisten wurden von den verschiedenen inländischen Standorten auf den Namen des Abnehmers (Fa. B Deutschland GmbH) ausgestellt.

Eine Fa. Bf. Ltd., sowie ein Herr X als deren Geschäftsführer sind beiden Herren der C unbekannt und waren niemals Gesprächspartner beim gegenständlichen Kauf.

Die Rechnung über den Verkauf der Gegenstände an die Fa. A Ltd. Deutschland1 a, wurde von der C als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gem. Art. 6 Abs. 1 UStG 1994 behandelt. Diese Lieferung wurde auch in der Zusammenfassenden Meldung erklärt.

Erwähnenswert ist auch noch die Tatsache, dass die maltesische Gesellschaft bereits am die Ausgangsrechnung an die Fa. B Deutschland GmbH (Erteilung der deutschen UID-Nr: DE am ) unter Verwendung der österr. UID-Nr.: ( ATU. ), obwohl diese UID-Nr. erst am erteilt wurde.

Die inl. steuerliche Vertretung gibt in ihrem Schreiben vom gegenüber der GBP Graz schriftlich bekannt, dass die gegenständliche Lieferung leider erst mit der UVA Dezember 2009 gemeldet wurde, obwohl gem. Kaufvereinbarung das Rechtsgeschäft bereits im April 2009 stattgefunden hat.

Auch eine ZM wurde erst im Zuge der Prüfung nachgereicht, nachdem es dem Steuerpflichtigen nicht bewusst war, dass eine zusammenfassende Meldung einzureichen wäre (lt. Schreiben der inl. steuerlichen Vertretung vom ).

Über den Geldfluss bezüglich des Kaufvertrages wird bemerkt, dass ein deutscher Treuhänder ( Rechtsanwalt ) die Zahlungsmodalität erledigte.

Aus einem von der Bf. Ltd. zur Verfügung gestellten Kontoauszug (inländische Bankverbindung: Bank ) ist zu entnehmen, dass bereits am der deutsche Treuhänder einen Betrag in Höhe von € 2,5 an die maltesische Gesellschaft überwiesen hat.

Da eine Überzahlung in Höhe von € 0,4 erfolgte, wurde am dieser Betrag an die A Ltd. rücküberwiesen und somit war der „Reinerlös“ in Höhe von € 2,1 (Differenzbetrag zw. Verkauf & Einkauf) vereinnahmt.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass es sich bei der Bf. Ltd. und bei der A Ltd. (Sitz in Massendomizil um Domizilgesellschaften handelt.

Für Domizilgesellschaften steht kein Vorsteuerabzug zu

Das Stammkapital der A Ltd. beträgt 50 englische Pfund Sterling, welche zu gleichen Teilen von Frau P. und Herrn Q gehalten werden.

Der eingetragene Sitz wurde auf die Anschrift: Britannien abgeändert (Änderung am ).

Mit der Eintragung vom beim Amtsgericht ) wurde die deutsche Gesellschaft A Ltd. als Zweigniederlassung der englischen Gesellschaft gegründet. Das Stammkapital, sowie die Anteilsverhältnisse wurden von der englischen Gesellschaft übernommen.

Im Zuge der Schlussbesprechung, welche am in den Räumlichkeiten der GBP in Graz stattgefunden hat, wurde seitens des Geschäftsführers Herrn X, sowie der steuerlichen Vertretung, , die Feststellung, dass es sich bei der maltesischen Gesellschaft um eine Sitzgesellschaft handelt, vehement zurückgewiesen.

Herr X. gab gegenüber den Organen der österr. Finanzverwaltung bekannt, dass er seit 1997 in Malta wohnhaft gewesen wäre und bis einschließlich dem Kalenderjahr 2009 sich jährlich 9 bis 11 Monate dort aufgehalten hat. Einen Meldenachweis kann er der GBP Graz nicht vorlegen, da es eine solche Bescheinigung auf Malta nicht gäbe.

Nach Österreich ist er aus gesundheitlichen Gründen zurückgekehrt, da an ihm mehrmalige Operationen durchgeführt wurden.

Bei seinen jährlichen Österreichbesuchen (rund 10 x pro Jahr) habe er sich sogar bei der Gemeinde G als Gast gemeldet (die Gemeinde hat somit die Fremdenverkehrsabgabe eingehoben).

Bereits im Kalenderjahr 1983 hat Herr X. seine Steuerberatungskanzlei in Graz (Käufer: Mag. ) verkauft und den Beruf als Steuerberater zurückgelegt, dennoch habe er weiterhin für österr. Kunden in Österreich die Buchhaltung geführt und die Bilanzen dann in Malta erstellt.

Weiters teilte Herr X. mit, dass es in Malta seit 1993 keine Off Shore Gesellschaften mehr gibt, und dass die IWD-Recherche (durchgeführt vom KSV) schlichtweg falsch sei.

Der dem FA Graz-Stadt (im Zuge der St.Nr. Vergabe) vorgelegte Gesellschaftsvertrag stamme eigentlich aus dem Kalenderjahr 1989 und sei veraltet. Warum und wie dieser Vertrag dem FA Graz-Stadt vorgelegt wurde, wisse er nicht. Herr X. werde den aktuellen Gesellschaftsvertrag nachreichen.

Die operativen Büros der Bf. Ltd waren nicht an der Registeradresse sondern, aktuell in Maltaisland

Dass der Umstand der Abtretung des 1 (einen) Gesellschaftsanteiles von: M. auf die Gattin von Herrn X. – Frau x X. (geb. am ) für die Verlegung der Büroräumlichkeiten nach Malta führten, wurden im Zuge der SB nicht besprochen.

Zum Thema Mitarbeiter bzw. Beschäftige wurde von Herrn X. angegeben, dass er niemals Mitarbeiter hatte und alle geschäftlichen Belange selbst erledige.

Auf die Frage seitens der Finanzverwaltung, wie Interessenten mit ihm als Ansprechpartner unter der im Internet angegebenen Adresse für die Bf. Ltd. in der Austrian. Kontakt aufnehmen könne, bzw. wie die Kontaktaufnahme erfolge, konnte oder wollte Herr X. nicht erklären.

Herr X. gab weiters bekannt, dass er 10 Jahre Konsulent auf Malta gewesen wäre und hat bei der Einführung der Mehrwertsteuer in Malta als Berater bzw. Konsulent maßgeblich beteiligt war.

Anfragen an das Zentrale Melderegister ergaben, dass Herr X. sich am unter der Adresse: AT. abgemeldet hat.

Eine neuerliche Anmeldung in Österreich erfolgte am unter der Adresse: Austria, .

Anfragen an die Österr. Sozialversicherung ergaben, dass Herr X. bis zum als geringfügig beschäftigter Angestellter (bei Fa. ), vom bis laufend als geringfügig beschäftigter Angestellter gem. § 4 Abs. 4 ASVG (bei Fa2 ), sowie in den Zeiträumen bis , vom bis und vom bis laufend selbstversichert beim Sozialversicherungsträger war bzw. ist.

Im KFZ-Zentralregister des BMfI war Herr X. Zulassungsbesitzer der PKW1 (dieser Pkw wurde am angemeldet; die Abmeldung erfolgte am ) und PKW2 . Dieses Fahrzeug war angemeldet vom bis zum .

Die Auskünfte der Österr. Sozialversicherung und der durchgeführten EKIS-Abfragen stehen somit im Widerspruch zu den getätigten Aussagen des Herrn X. im Zuge der Schlussbesprechung!

 Rechtliche Würdigung:

Unter Domizilgesellschaft wird eine Gesellschaft verstanden, die in einem Steueroasengebiet nach dessen Recht errichtet wurde.

Neben Domizil oder Briefkastengesellschaften werden auch Sitz-, Beteiligungs-, Hilfs- oder funktionslose Holdinggesellschaften gereiht, deren rechtlicher Sitz sich in einem Niedrigsteuerland befindet.

„Gemeinsames Merkmal in beinahe allen Sitzstaaten ist, dass die Gesellschaft dort keinerlei kommerzielle Tätigkeiten ausüben dürfen, ihr Einkommen also ausschließlich aus ausländischen Quellen oder Transaktionen stammt, die im Ausland abgeschlossen und abgewickelt werden“.

Die Gesellschaft hat an ihrem statuarischen Sitz keine wirtschaftlichen Aktivitäten. Steueroasen sind Staaten, die bestimmten Firmen (vorwiegend Kapitalgesellschaften) völlige oder zumindest weitgehende Steuerfreiheit für Einkünfte aus dem Ausland gewähren.

Als typische Kennzeichen einer „klassischen Steueroase“ können folgende Merkmale angeführt werden:

  • Steuerfreiheit bzw. Niedrigbesteuerung für alle Einkünfte und Vermögenswerte oder bestimmte Teile davon.

  • Ein ausgeprägtes Bank- und Geschäftsgeheimnis; mitunter sogar Befreiung von Erstellung von Jahresabschlüssen.

  • Keine oder geringe Devisenkontrolle.

  • Erhöhte Bedeutung des Bankenapparates, vielfach bestehende Privilegien für „Off-Shore“ Bankgeschäfte.

  • Gute Kommunikationsmöglichkeiten, insb. Flugverbindungen, funktionierende Post-, Telefon- und FAX-Verbindungen.

  • Doppelbesteuerungsabkommen ohne wirksame Rechtshilfeklausel.

  • Andere Merkmale: politische und wirtschaftliche Stabilität, großzügiges Handelsrecht, große Anzahl an professionellen Beratern.

Den eingetragenen Rechtssitz haben Domizilgesellschaften meist bei ortsansässigen Beratern oder in sog. Massendomizilen. Diese ortsansässigen Berater werden auch als Domizilträger bezeichnet und wickeln idR die Geschäfte der Domizilgesellschaft ab.

Domizilträger sind meistens Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Treuhänder oder Anlageberater, unter deren Anschrift die Domizilgesellschaft tätig ist.

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei Domizilgesellschaften um Gebilde handelt, die der missbräuchlichen Einschaltung und der Steuerumgehung dienen.

Weiters spricht man von einer Domizilgesellschaft, wenn es sich lediglich um eine Gesellschaft handelt, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält und im Geschäftsablauf keine wesentliche eigene Funktion hat, sondern nur einen (leeren) Firmenmantel oder einen Stützpunkt für die Verlagerung von Umsätzen, Einkünften und Vermögen ins Ausland darstellt, um Steuern zu sparen.

Die Bedeutung von Domizilgesellschaften i.Z.m. der USt liegt vordergründig in der Erlangung des Vorsteuerabzuges.

Ein weiteres Motiv für die Einschaltung (von Zwischenpersonen) ist in den meisten Fällen die Abschirmung des tatsächlich Leistenden (z.B. verdecktes Geschäft) oder die Verschleierung des tatsächlichen Rechtsgeschäftes.

Der tatsächlich Leistende tritt nicht nach außen auf, wodurch er die steuerliche Registrierung und die Entstehung von steuerlichen Pflichten vermeiden kann.

Ein Vorsteuerabzug steht gem. § 12 Abs. 1 UStG 1994 nur einem Unternehmer für an ihn gesondert ausgewiesene Steuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, zu.

Gem. § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit setzt voraus, dass Leistungen im wirtschaftlichen Sinne ausgeführt werden (vgl. Rz 186 UStR). Betätigungen, die sich nur als Leistungen im Rechtssinne, nicht aber zugleich als Leistungen im wirtschaftlichen Sinne darstellen, werden von der USt nicht erfasst.

Das EU-Recht kennt keinen Unternehmerbegriff, sondern nur einen „Steuerpflichtigen“.

Gem. Artikel 9 der MWStSysRL 2006/112/EG gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Als „wirtschaftliche Tätigkeiten“ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistungen einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

Die Unternehmerfähigkeit ist grundsätzlich rechtsformunabhängig. Unternehmer kann daher jedes „Gebilde“ sein, das Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn erbringt, auch bei Fehlen der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit. Erforderlich ist allerdings ein Auftreten nach außen und ein Mindestmaß an Organisation, die das Gebilde befähigt, selbst Leistungen zu erbringen (vgl. Ruppe, Tz 17 zu § 2 UStG).

Fehlt es daran, sind die Leistungen den hinter dem Gebilde stehenden Personen zuzurechnen ().

Zur Bestimmung des Ortes, an dem der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen gelegen ist, eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen ist, etwa der eingetragene Sitz des Unternehmens, der Ort, an dem die Hauptverwaltung angesiedelt ist, der Ort, an dem die Unternehmensleitung zusammenkommt, und der mit letzterem in der Regel identische Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik des betreffenden Unternehmens festgelegt wird. Wird der Sitz aus steuerlichen Gründen künstlich gewählt, muss geprüft werden, ob der wirtschaftlichen Tätigkeit an diesem Ort tatsächlich nachgegangen werde (Generalanwältin in der Rechtssache Berkholz, SWI 2007, 316). Dabei muss ein  Zusammenwirken hinreichender Personal- und Sachmittel zur autonomen Leistungserbringung vorliegen. Die Unternehmerbescheinigung der ausländischen Finanzverwaltung spreche zwar für die Vermutung der Ansässigkeit, muss aber selbstverständlich allein schon aus Erwägungen der Betrugsbekämpfung widerlegbar sein.

Der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ist der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des betreffenden Unternehmens getroffen und die Handlung zu dessen zentraler Verwaltung vorgenommen werden. Der Umstand, dass der Ort, von dem aus die Tätigkeiten des Steuerpflichtigen tatsächlich ausgeübt werden, nicht im gleichen Mitgliedstaat liegt, schließt an sich noch nicht aus, dass der Steuerpflichtige dort den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit unterhält.

Eine Briefkastenfirma kann jedenfalls nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen (Ansässigkeit) angesehen werden, wenn die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Lt. (Lexetius) kann eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine „Briefkastenfirma“ oder für eine „Strohfirma“ charakteristisch ist, nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie eingestuft werden (vgl. entsprechend Urteile vom 2. Mai 2006, Eurofood IFSC, C-341/04, Slg. 2006, I-3813, Randnr. 35, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, Randnr. 68).

Abschließend wird nochmals darauf verwiesen, dass auf Grund der intensiven Sachverhaltsermittlung samt den damit verbunden inländischen Erhebungen durch den Prüfer der österr. Finanzverwaltung, die geprüfte maltesische Gesellschaft in keinster Weise (außer im Schreiben der Ausgangsrechnung) am gegenständlichen Rechtsgeschäft aktiv teilnehmend war.

Da es sich in weiterer Folge bei der maltesischen Gesellschaft um eine sog. Domizilgesellschaft handelt, lässt auf Grund der oben angeführten Rechtslage, den Abzug der begehrten Vorsteuern in Höhe von 0,6 nicht zu.

In weiterer Folge wird über die Verhängung eines Verspätungszuschlages für die Nicht- bzw. verspätete Einreichung der Zusammenfassenden Meldung seitens der Finanzverwaltung auf Grund des o.a. Sachverhaltes abgesehen.

Das aktenführende FA Graz-Stadt wird angewiesen, die noch gültige UID-Nr. der maltesischen Gesellschaft mit sofortiger Wirkung zu begrenzen, sowie den Erklärungsschlüssel auf „NULL“ zu stellen.“

Daraufhin erging am der bekämpfte Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2009, in dem die steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen erfasst wurden, der Vorsteuerabzug aber unter Hinweis auf die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Überprüfung versagt wurde.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründetet das Finanzamt damit, dass die Bf. im Sitzstaat über keine betriebliche Infrastruktur verfüge und daher eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit nicht entfaltet werden könne (keine Unternehmereigenschaft).

Im Vorlageantrag legte die Bf. nochmals dar, dass ihr Unternehmen weltweit diverse Umsätze erzielte. Bereits dadurch werde sie zum Unternehmer und zwar unabhängig davon, ob sie eine Domizilgesellschaft sei oder nicht. Insgesamt handle es sich bei der Bf. um ein weltweit tätiges Unternehmen, das über betriebliche Infrastruktur, Anlagevermögen und Räumlichkeiten in Malta verfüge, nachhaltige Tätigkeiten ausübe und eben in Malta steuerlich registriert sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wurden u.a. die Lieferbeziehungen, die dem Umsatz bzw. den Vorsteuern zugrunde liegen, erörtert.

Nach den übereinstimmenden Angaben der Bf. und des Finanzamtes handelt es sich um Reihengeschäft, bei dem die C Gesellschaft AG der Firma A Ltd. Waren verkaufte, die die Firma A Ltd. an die Bf. weiterveräußerte. Die Bf. ihrerseits verkaufte die Waren der deutschen Firma B Deutschland GmbH. Alle Geschäfte wurden dadurch erfüllt, dass die C die Waren an den jeweiligen Standorten übergeben hat und diese zur Firma B nach Deutschland gebracht wurden.

Der Grund für die Einschaltung der Bf. in die Lieferbeziehung war, dass die C mit der Fa. A vertraglich vereinbart haben, dass diese die Gegenstände nicht nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz verkaufen dürfen. Dies geht aus dem Kaufvertrag vom , § 7, hervor. Obwohl diese Verpflichtung lt. § 7 des Vertrages auch auf die Bf. übertragen werden müsste, ist dies nicht geschehen. Daher konnte die Bf. die Gegenstände nach Deutschland verkaufen.

Hinsichtlich der Übergabe wird festgestellt, dass am in den Übergabeorten Werk1, Werk2, Werk3, Werk4 und Werk5 die Waren von Vertretern aller beteiligen Unternehmen besichtigt und abgenommen wurden. Dem Übernahmeprotokoll ist zu entnehmen, dass die Waren von den C unmittelbat der Fa. B übergeben wurden. Nachdem die Waren zT schadhaft waren, wurden sie transportiert.

Uneinigkeit besteht hinsichtlich des Auftraggebers der Beförderung. Während die Bf. ihren Abnehmer (B) angibt, verweist das Finanzamt auf den Kaufvertrag zwischen den C und der Fa. A, in dem vereinbart wird, dass der Abtransport zu Lasten der Fa. A geht, wobei festgehalten wird, dass es sich dabei um einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Fa. A (in Deutschland) handelt.

Aus den Kaufverträgen ergibt sich hinsichtlich des Transportes folgendes:

Kaufvertrag C - Fa. A: Wie bereits erwähnt, ist in § 4 des Kaufvertrages vereinbart, dass der Kaufpreis ab Werk gilt und dass der Abtransport durch die Fa. A vorgenommen wird (sodass die C den Verkauf als innergemeinschaftliche Lieferung erklärt haben).

Kaufvertrag Fa. A – Bf.: Gemäß § 2 dieses Kaufvertrages verpflichtet sich die Fa. A, die C anzuweisen, die Fahrzeuge direkt an den Käufer zu liefern.

Purchaise Agreement Bf. – B: § 1 Ziffer 4: Die Fahrzeuge sollen durch die C zur Fa. B befördert werden. In § 3 (Preis) Ziffer 2 wird vereinbart, dass eine innergemeinschaftliche Lieferung zwischen der Bf. und ihrem Käufer stattfinden soll.

Das Übergabeprotokoll vom belegt, dass die Gegenstände an diesem Tag vom Frachtführer in Deutschland an die Fa. B übergeben wurden.

Wie in der mündlichen Verhandlung vereinbart, brachte die Bf. Transportrechnungen bei, die belegen, dass die Firma B tatsächlich die Transportkosten übernommen hat. Dazu erklärte der steuerliche Vertreter, dass mündlich von Anfang an vereinbart war, dass die Beförderung im Auftrag der Firma B Deutschland GmbH erfolgen wird.

Hinsichtlich der im Raum stehenden missbräuchlichen Einschaltung bzw. Steuerumgehung erklärte die Bf., sie habe hinsichtlich der Vorsteuern ohnedies einen Überrechnungsantrag (auf das Abgabenkonto ihrer Lieferantin) gestellt, sodass der Republik kein Schaden entstehen könne.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen zum Sachverhalt:

Nach den übereinstimmenden Angaben der Bf. und des Finanzamtes ist von mehreren Kaufverträgen auszugehen, bei denen die C Gesellschaft AG der Firma A Ltd. Waren verkaufte, die die Firma A Ltd. an die Bf. weiterveräußerte. Die Bf. ihrerseits verkaufte die Waren der deutschen Firma B Deutschland GmbH.

Alle Geschäfte wurden dadurch erfüllt, dass Waren direkt von den C zur Firma B nach Deutschland gebracht wurden. Diese Beförderung passierte in Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen tatsächlich im Auftrag der Firma B: Obwohl in jedem Vertrag etwas anderes vereinbart war, konnte die Bf. nachweisen, dass die Firma B die Transportkosten getragen hat. In Hinblick auf die gemeinsame Begutachtung der Waren durch alle beteiligten Firmen kommt auch der Erklärung der Bf., es sei mündlich vereinbart gewesen, dass die Fa. B den Transport beauftrage, die größte Wahrscheinlichkeit zu. Das Finanzamt konnte dementgegen nur (widersprüchliche) vertragliche Vereinbarungen zitieren. Im Folgenden ist daher davon auszugehen, dass die Firma B den Transport nicht nur bezahlt, sondern auch beauftragt hat.

Unternehmereigenschaft:

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs 1 UStG 1994) bzw. nach der Diktion der MwSt-RL gilt als (Mehrwert)steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt (Art 9 Abs 1 MwSt-RL). Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt dabei besonders die Tätigkeiten eines Händlers (Art 9 Abs 2 MwSt-RL).

Fest steht, dass die Bf. Liefergeschäfte mit fremden Unternehmern abgeschlossen hat. Für ihre Betätigung gibt es überdies einen außersteuerlichen Grund, nämlich die Umgehung von Konkurrenzklauseln. Fest steht auch, dass die gehandelten Waren tatsächlich existieren und körperlich ins Ausland gegangen sind.

Soweit das Finanzamt feststellt, dass die Bf. kein Unternehmer sei, weil sie ihre berufliche Tätigkeit nicht am Sitz ausübe, ist ihm entgegen zu halten, dass eine solche Beurteilung nur im Falle von Missbrauch geboten ist (vgl beispielsweise das von der Behörde selbst zitierte Erkenntnis des ). Im Beschwerdefall mag die wirtschaftliche Tätigkeit der Bf. (auch) an einem anderen Ort ausgeübt werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bf. nicht Unternehmer iSd § 2 UStG 1994 ist. Im Übrigen hat das Finanzamt selbst die Umsätze der Bf. erfasst, was bedingt, dass die Bf. ein Unternehmer ist.

Damit steht fest, dass die Bf. ein Unternehmer ist, der die E-Triebwerke im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworben und weiter veräußert hat.

Lieferbeziehung:

Führen Reihengeschäfte wie im Beschwerdeverfahren, bei denen mehrere aufeinanderfolgende Lieferungen desselben Gegenstands vorgenommen werden, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung dieses Gegenstands, so kann diese Versendung oder Beförderung nur einer der Lieferungen zugeordnet werden ( – „EMAG“). Diese kann als einzige steuerfrei sein.

Nur der Ort der Lieferung, die zur innergemeinschaftlichen Versendung von Gegenständen führt, bestimmt sich nach Ansicht des EuGH nach § 3 Abs 8 UStG 1994 (am Beginn der Versendung). Der Ort der anderen Lieferungen bestimmt sich nach § 3 Abs 7 UStG 1994 (dort, wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet).

Die Bestimmung, welchem Umsatz diese Beförderung zuzurechnen ist, hat nach Auffassung des Gerichtshofes ( – „Euro Tyre Holding“) in Ansehung einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

Für die hier strittige Lieferbeziehung: C an A Ltd. an Bf. an B Deutschland GmbH gilt, dass der Bf. die bewegte Lieferung iSd § 3 Abs 8 UStG 1994 zuzurechnen ist. Wie zum Sachverhalt festgestellt, hat der Abnehmer der Bf., die Fa. B, die Versendung bewirkt. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Abnehmer versendet, so gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Versendung an den Abnehmer beginnt. Versenden liegt vor, wenn der Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter befördert oder eine solche Beförderung durch einen Spediteur besorgt wird. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstandes an den Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter (vgl. § 3 Abs 8 UStG 1994). Damit wird die Lieferung der Bf. (wie in der Abgabenerklärung angegeben) in Österreich bewirkt. Die UID des Abnehmers liegt als Nachweis der Steuerbarkeit des ig Erwerbes ebenso vor wie der Nachweis der Beförderung ins übrige Gemeinschaftsgebiet. Daher ist diese Lieferung auch als innergemeinschaftliche Lieferung gem. Art 7 UStG 1994 steuerfrei.

Für die übrigen Lieferungen und damit auch für die Lieferung der Fa. A an die Bf. gilt, dass diese gem. § 3 Abs 7 UStG 1994 dort bewirkt werden, wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Laut Abnahmeprotokoll befanden sich die Waren bei der Übergabe am in den Übergabeorten Werk1, Werk2, Werk3, Werk4 und Werk5 und damit in Österreich. Die Lieferung wird gem. § 3 Abs 7 UStG 1994 in Österreich ausgeführt. Die Fa. A hat daher zu Recht österreichische Umsatzsteuer verrechnet, die die Bf. als Vorsteuer abziehen kann.

Zusammengefasst ist der Beschwerdefall wie folgt zu beurteilen:

Die Bf. wird durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit zum Unternehmer und hat im Streitjahr im Rahmen eines Reihengeschäftes steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt. Die für die Anschaffung der Waren verrechnete Umsatzsteuer kann sie als Vorsteuer abziehen. Die betragsmäßigen Auswirkungen sind den angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen.

Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

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Steuer
betroffene Normen
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ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100113.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at