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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2015, RV/7102916/2012

Abtretung eines Fruchtgenussrechtes an GmbH-Anteilen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache des Herrn A B, ADR, vertreten durch Ecovis Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Schmalzhofgasse 4, 1060 Wien gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Rechtsgebühr, ErfNr***, StNr*** zu Recht erkannt:

Die Bescheidbeschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahren vor dem Finanzamt

1. Gebührenanzeige

Mit Schriftsatz vom zeigte Herr NOTAR dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (nunmehr Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, kurz Finanzamt) einen von ihm am zu seiner Geschäftszahl GZ*** beurkundeten Abtretungsvertrag über den Verkauf, die Abtretung und Übertragung von allen Geschäftsanteilen an der B Holding Ges.m.b.H. an und merkte dazu an, dass durch diesen Abtretungsvertrag auch Herr A B (der nunmehrige Beschwerdeführer, kurz Bf. oder Fruchtgenussberechtigter) sein auf Lebenszeit vorbehaltenes Fruchtgenussrecht an dem von der A B Privatstiftung gehaltenen Geschäftsanteil an C D GmbH mit dem Sitz in ORT, eingetragen zu ..... ORT verkaufe.

Gemäß Punkt VI. des notariellen Abtretungsvertrages betrage der Fixkaufpreis für sämtliche Geschäftsanteile und das Fruchtgenussrecht € 27.500.000,-- zzgl. Zinsen in Höhe des 3-Monats-EURIBOR plus 125 Basispunkten an dem Vollzugstag () abzgl. einer allfälligen Kaufpreisreduktion gemäß Punkt 5.4 des Abtretungsvertrages.

Gemäß Mitteilung der anwaltlichen Vertretung der Verkäufer RA, betrage der auf Herrn A B für die Abtretung seines Fruchtgenussrechtes entfallende Kaufpreis mindestens € 10.600.000,--, welcher Betrag sich dann allenfalls etwas erhöhe, soferne der Konzern-Bilanzverlust 2009 unter € 1.500.000,00 liegt.

Die Abtretung des Fruchtgenussrechtes bzw. das darauf entfallende Entgelt unterliege der Zessionsgebühr gern.§ 33 TP 21 GebG.

Er ersuche um Bemessung und Vorschreibung der Zessionsgebühr direkt an Herrn A B, zH der anwaltlichen Vertretung.

2. Ermittlungen durch das Finanzamt

Mit Vorhalt vom fragte das Finanzamt beim Bf. zH der anwaltlichen Vertretung an, wie hoch der Kaufpreis für das abgetretene Fruchtgenussrecht gewesen sei.

In Beantwortung teilte die steuerliche Vertreterin des Bf. dem Finanzamt mit Schriftsatz vom Folgendes mit:

"Herr A B hat sich im Zuge der Übertragung / Widmung seiner Anteile an der B Holding GmbH im Jahr 2006 auf die A B Privatstiftung das lebenslängliche Fruchtgenussrecht an diesen Anteilen zurückbehalten.

Die A B Privatstiftung war ab diesem Zeitpunkt daher zivilrechtlicher Eigentümer der mit dem Fruchtgenuss belasteten Anteile an der B Holding GmbH. Herr A B hat ab diesem Zeitpunkt das Eigentum an dem Fruchtgenussrecht erlangt, das an den Anteilen der B Holding GmbH bestand.

Mit Abtretungsvertrag vom Dezember 2009 wurden nunmehr die mit dem Fruchtgenussrecht belasteten Anteile an der A B Holding GmbH an deutsche Kapitalgesellschaften, nämlich die C D GmbH in ORT (99 %) und die E International GmbH in ORT2 (1 %), verkauft.

Mit gleichem Vertrag hat Herr A B auch das Fruchtgenussrecht an den Anteilen der B Holding GmbH auf die C D GmbH übertragen.

Die Übertragung der Anteile und die zeitgleich erfolgte Ablöse des Fruchtgenussrechts auf die bzw. durch die C D GmbH sind rechtlich wie folgt zu würdigen:

Ein Fruchtgenussrecht ist eine Form einer Personalservitut (§ 478 ABGB). Personalservituten erlöschen gemäß § 526 iVm § 1445 ABGB, wenn der aus einer Personalservitut Berechtigte die dienende Sache erwirbt oder wenn der zivilrechtliche Eigentümer der dienenden Sache die Personalservitut erwirbt (vgl. Koch in KBB § 1445 ABGB Rz 1). Für den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass das Fruchtgenussrecht durch Vereinigung des aus dem Fruchtgenuss Berechtigten mit dem aus dem Fruchtgenuss Verpflichteten erlischt.

Damit liegt im konkreten Fall die Auflassung (Erlöschen) eines Rechts vor - die Auflassung eines Rechts ist laut Rz 1020 der GebR keine gebührenpflichtige Zession. Der konkrete Sachverhalt erfüllt daher keinen gebührenpflichtigen Tatbestand.

Um dem Ersuchen vollinhaltlich zu entsprechen - teilen wir Ihnen der guten Ordnung halber den Kaufpreis wie folgt mit:

Herr A B hat bisher vom vereinbarten Kaufpreis einen Betrag von EUR 9.400.000,00 erhalten. Zusätzlich bestehen noch weitere Kaufpreisforderungen von EUR 1.315.850,66, von denen EUR 1,200.000,00 durch Bankgarantie besichert sind, die weiteren EUR 115.850,66 dafür aber voraussichtlich - wenn überhaupt - nur klagsweise mit anschließender Exekution einbringlich gemacht werden können. ln Summe ergibt sich daher eine Kaufpreissumme von EUR 10.715.850,66.

Von Seiten C D GmbH wurden Gewährleistungsansprüche in Höhe von insgesamt EUR 948.952,11 schriftlich und auch gerichtlich geltend gemacht. Diese Gewährleistungsansprüche würden zu 40 % auf den Kaufpreis an Herrn A B entfallen, sohin EUR 379.580,84.

Aufgrund der Aufhebung des § 22 GebG durch den VfGH ist bei Höchstbetragsvereinbarungen die Bemessungsgrundlage nach jenen Regeln vorzunehmen, die für Urkunden mit unbestimmten Leistungsinhalten "ohne Höchstausmaß" angewendet werden, es ist also die tatsächliche Leistung zu ermitteln. Die tatsächliche Leistung beträgt unseres Erachtens höchstens EUR 10.715.850,66 minus EUR 379.580,84, sohin EUR 10.336.269,82 (siehe auch dazu die Rz 561 GebR zur Möglichkeit der vorläufigen Gebührenvorschreibung iSd § 200 BAO).

Abschließend halten wir aber nochmals fest, dass im konkreten Fall kein gebührenpflichtiger Tatbestand vorliegt."

3. vorläufiger Gebührenbescheid

Mit vorläufigem Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Bf. Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 GebG 1957 in Höhe von € 82.690,16 (0,8 % vom Wert des Entgeltes in Höhe von 10.336.269,82) fest.

Die Bescheidbegründung lautet wie Folgt:

"Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig.

Der endgültige Bescheid ergeht nach Feststehen des tatsächlichen Entgeltes.

Gegenstand einer Zession können alle veräußerlichen Rechte sein.
Gegenstand des Abtretungsvertrages sind einerseits die Geschäftsanteile der Gesellschafter, andererseits das Fruchtgenussrecht. Die Gesellschafter verkaufen ihre Geschäftsanteile an die Erwerber, zusätzlich verkauft der Fruchtgenussberechtigte sein Fruchtgenussrecht an die C D GmbH. Durch die beiden Rechtsgeschäfte kommt es auf Seite der C zu einer Vereinigung des aus dem Fruchtgenuss Berechtigten und dem Fruchtgenuss Verpflichteten. Diese Vereinigung ist jedoch Folge der beiden Kaufverträge, Eine Auflassung des Rechtes liegt nicht vor.

Der auf die Abtretung des Fruchtgenussrechtes entfallende Kaufpreis beträgt laut Vorhaltsbeantwortung vom vorläufig € 10.336.269,82."

3. Berufung

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde die Aufhebung des Bescheides beantragt und in der Begründung im Wesentlichen die Ausführungen im Schriftsatz vom wiederholt. Ergänzt wurde noch, dass eine gebührenpflichtige Zession nicht nur voraussetze, dass der Überträger eines Rechts (Herr A B) ein Recht überträgt, sondern auch dass der Erwerber eines Rechts (C D GmbH) im Ergebnis auch ein Recht erhält. Dies sei hier nicht der Fall, weil die C D GmbH als Gesellschafterin der B Holding Ges.m.b.H. aus dem Fruchtgenussrecht im Endeffekt kein Recht erwerbe.

II. Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat und vor dem Bundesfinanzgericht

1. Vorlage der Berufung an den UFS

Mit Vorlagebricht vom (der in Kopie auch dem Bf. übermittelt wurde) legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor, ohne zuvor eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen.

Zu den Einwänden des Bf. gab das Finanzamt folgende Stellungnahme ab:

"Wie bereits in der Begründung des Gebührenbescheides ausgeführt können Gegenstand einer Zession alle veräußerbaren Rechte sein. Eine gebührenpflichtige Zession liegt dann vor, wenn eine Forderung von einer Person an die andere entgeltlich übertragen und von dieser angenommen wird.
Die Zession ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) beruht. Im vorliegenden Fall liegt ein Vertrag mit 2 Rechtsgeschäften vor. Einerseits die Übertragung der GmbH-Anteile durch den Eigentümer dieser Anteile und andererseits erfolgte der Verkauf des bestehenden Fruchtgenussrechtes an diesen Anteilen durch den Bw, der zum berufungsgegenständlichen Bescheid führte. Dies wird vom Bw in seiner Berufung auch in dieser Form dargestellt. Der Bw geht von einem gültigen Vertrag aus und dass das Fruchtgenussrecht auf die C übertragen wurde. Erst als Ergebnis dieser beiden Rechtsgeschäfte wird das Eigentum an den Geschäftsanteilen und das Fruchtgenussrecht an diesen in einer Person vereinigt."

2. Übergang der Zuständigkeit auf das BFG

Am war die gegenständliche Berufung beim unabhängigen Finanzsenat anhängig und ist daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

Gemäß § 17 Abs.1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Gemäß § 17 Abs. 2 GebG wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr gemäß § 19 Abs. 2 GebG für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten.

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.

Gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 GebG unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten nach dem Wert des Entgelts einer Gebühr von 0,8 v.H.

§ 33 TP 21 Abs. 2 Z. 6 GebG sieht eine Gebührenbefreiung für Abtretungen von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Übertragungen von Aktien, Übertragungen von Geschäftsanteilen an einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und Übertragungen der mit der Stellung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft verbundenen Rechte und Pflichten vor.

Mangels einer im Gebührengesetz enthaltenen Begriffsbestimmung ist die Abtretung nach dem bürgerlichen Recht zu beurteilen. Nach § 1392 ABGB liegt eine Abtretung (Zession) dann vor, wenn eine Forderung von einer Person an eine andere übertragen und von dieser angenommen wird. Die Zession stellt also einen Gläubigerwechsel dar (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II, 116).

Unter einer rechtsgeschäftlichen Zession versteht man die durch Willenseinigung zwischen Altgläubiger (Zedent) und Neugläubiger (Zessionar) bewirkte Veränderung der Rechtszuständigkeit der abgetretenen Forderung. Sie erfolgt in der Regel im Wege eines formlosen Konsensualvertrages. Die Zession ist ein sog. kausales Verfügungsgeschäft und bedarf eines gültigen Titels. Der gebührenrechtliche Tatbestand wird nur durch eine entgeltliche Zession verwirklicht (vgl. ).

Abtretbar sind obligatorische Rechte, Sachenrechte sind nicht zedierbar (). Unter den "anderen Rechten", deren Abtretung im Falle der Beurkundung einer Gebühr unterliegt, sind auch absolute Rechte (zB verbücherte Dienstbarkeit, verbüchertes Bestandrecht) und ebenso auch komplexe (vielfach einen Inbegriff von Forderungen und Schulden bildende) Rechtsgebilde wie etwa die Rechte und Pflichten aus einem zweiseitig verbindlichen Vertrag zu verstehen. Bei der Abtretung ganzer Rechtsgesamtheiten geht es nicht an, die Berechtigungen einerseits und die Verpflichtungen andererseits für sich zu betrachten. Es kann daher die Übernahme der dem Abtretenden aus dem übertragenen Rechtskomplex obliegenden Verpflichtungen durch den Übernehmer idR nicht als Entgelt angesehen werden. Als Entgelt kann dabei nur das angesehen werden, was für die Übertragung der Rechtsgesamtheit aufgewendet wird (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz. 26 und Rz. 34 zu § 33 TP 21 GebG 1957 mit weiteren Verweisen).

Eine Gebührenpflicht tritt nur ein, wenn ein Titelgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) vorliegt, das auf die entgeltliche Übertragung von Forderungen und anderen Rechten gerichtet ist und die Übertragung durch das Verfügungsgeschäft erfolgt ist ().

Keinen Unterschied aus dem Blickwinkel der TP 21 macht es, ob das zedierte Recht ein verdingliches ist oder nicht. Gebührenpflicht ist zB auch dann gegeben, wenn die zedierte Forderung durch ein rechtsgeschäftlich begründetes Pfand besichert ist. Auch die Übertragung einer hypothekarisch sichergestellten Forderung unterliegt dem § 33 TP 21 Arnold, Rechtsgebühren, Rz 6d zu § 33 TP 21 GebG.

Gemäß § 472 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) wird durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirkendes Recht.

Gemäß § 509 ABGB ist die Fruchtnießung das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen.

Für den Erwerb von Dienstbarkeiten gilt wie für die Begründung anderer dinglicher Rechte die Regel von Titel und Modus (§§ 480-481 ABGB).

Ein Fruchtgenussrecht erlischt nicht schon durch Vereinigung des Rechtes und der Verbindlichkeit (vgl. ).

Es entspricht ganz herrschender Ansicht, dass die gänzliche oder teilweise Übertragung des Fruchtgenussrechts, zu ideellen oder realen Teilen, mit dinglicher oder auch obligatorischer Wirkung, auch an den Eigentümer der dienenden Sache zulässig ist (vgl. ua. ). In einem solchen Fall stellt sich die Auslegungsfrage nach einem (teilweisen) Verzicht des Fruchtgenussberechtigten auf seine Dienstbarkeit (vgl. ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 644/55, VwSlg 1663/F, mit verstärktem Senat ausgesprochen hat, ist ein entgeltlicher Verzicht eines Vormieters auf das Hauptmietrecht an einer Wohnung zu Gunsten des Nachmieters keine Abtretung von Rechten im Sinne des § 33 TP 21 GebG, weil der Nachmieter damit noch kein Recht an der Wohnung erworben hat.

Eine Vertragsübernahme, die derart zustandekommt, dass der ausscheidende, der neueintretende und der verbleibende Vertragspartner uno acto die Vertragsübernahme vereinbaren und darüber eine Urkunde errichten, ist gebührenrechtlich wie die Neubegründung des übertragenen Rechtsverhältnisses zu behandeln (vgl. ).

Hingegen ist bei entgeltlicher Abtretung von Mietrechten durch den Vormieter an den Nachmieter unter vorweg erteilter Zustimmung des Vermieters der Tatbestand des § 33 TP 21 GebG erfüllt (vgl. , VwSlg 5729/F).

Wie bereits oben ausgeführt, ist für die gebührenrechtliche Beurteilung der Urkundeninhalt maßgeblich. Lässt der Urkundeninhalt mehre Deutungen zu, so ist es Sache des Abgabepflichtigen einen Gegenbeweis zu erbringen und wird ansonsten der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet.

Nach Punkt 2.1. des Vertrages waren zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung Gesellschafter der Gesellschaft a) Herr F B mit einem Geschäftsanteil der ca. 30% des Stammkapitals repräsentiert, Frau G H-Anderson und Herr I B jeweils mit einem Geschäftsanteil der ca. 10% des Stammkapitals repräsentiert und die A B Privatstiftung mit einem Geschäftsanteil der ca. 50% des Stammkapitals repräsentiert.

Nach Punkt 2.3 des Vertrages hatte der Fruchtgenussberechtigte (= Herr A B) an dem von der A B Privatstiftung gehaltenen Geschäftsanteil das auf Lebenszeit vorbehaltenen Fruchtgenussrecht.

Gegenstand des Vertrages waren nach Punkt III. des Vertrages
a) die Geschäftsanteile an der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten, wie sie den Gesellschaftern zukommen und von ihnen ausgeübt werden oder ausgeübt werden können, sowie
b) das Fruchtgenussrecht.

Punkt IV. des Vertrages mit der Überschrift "Verkauf. Abtretung, Übergabe – Übernahme" hat folgenden Inhalt:

"4.1 Die Gesellschafter verkaufen, übertragen und übergeben hiermit sämtliche Geschäftsanteile, und zwar - soweit erforderlich nach entsprechender Teilung - (i) Geschäftsanteile, die einem voll einbezahlten Stammkapital von EUR 990.000,00 (Euro neunhundertneunzigtausend) entsprechen (im Folgenden "Geschäftsanteil C"), an C und (ii) Geschäftsanteile, die einem voll einbezahlten Stammkapital von EUR 10.000,00 (Euro zehntausend) entsprechen (im Folgenden "Geschäftsanteil E"), an E. ln diesem Zusammenhang erteilen alle Verkäufer ihre Einwilligung zu diesem Verkauf und verzichten auf ihre Verkaufs- und Aufgriffsrechte gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft und dem Pool-Vertrag vom zwischen den Gesellschaftern der Gesellschaft.

4.2 Der Fruchtgenussberechtigte tritt das Fruchtgenussrecht zur Gänze an C ab.

4.3 C kauft und übernimmt hiermit den Geschäftsanteil C und das Fruchtgenussrecht von den Verkäufern. E kauft und übernimmt hiermit den Geschäftsanteil E von den Gesellschaftern.

4.4 Die Übergabe und Übernahme der Geschäftsanteile sowie die Übernahme des Fruchtgenussrechts erfolgt hiermit zum Vollzugstag unter Berücksichtigung der Regelungen zum Wirtschaftlichen Stichtag gemäß Punkt V.

4.5 E erwirbt den Geschäftsanteil E im eigenen Namen aber für Rechnung der C. Sämtliche über die Übernahme des Geschäftsanteiles E hinausgehenden, den Käufern zustehenden Rechte aus diesem Vertrag stehen daher zur Gänze C zu und sämtliche den Käufern obliegenden Pflichten obliegen zur Gänze und ausschließlich C. Entsprechend können Ansprüche und Rechte der Käufer aus und in Zusammenhang mit diesem Vertrag zur Gänze ausschließlich von C und Ansprüche und Rechte der Verkäufer aus und in Zusammenhang mit diesem Vertrag zur Gänze ausschließlich gegen C geltend gemacht werden."

Punkt 7.1. des Vertrages mit der Überschrift "Eigentum" lautet auszugsweise wie Folgt:

„7.1.1 Die Geschäftsanteile gemäß Punkt 2.1 a) bis d) stehen im alleinigen rechtlichen und - unter Berücksichtigung des Fruchtgenussrechts - wirtschaftlichen Eigentum der Gesellschafter.

7.1.2 Die Geschäftsanteile stehen im uneingeschränkten Eigentum dieser Gesellschafter; sie sind frei von Belastungen, insbesondere Pfand-, Fruchtgenuss- oder sonstigen Rechten oder Belastungen, sowie frei von vertraglichen Verpflichtungen oder sonstigen Ansprüchen Dritter oder wechselseitigen Ansprüchen der Gesellschafter welcher Art auch immer (einschließlich Verkaufs-, Aufgriffs-, Options- und Zustimmungsrechten), ausgenommen

a) dem Fruchtgenussrecht des Fruchtgenussberechtigten, das von diesem mit diesem Vertrag zeitgleich an C abgetreten wird;

b) jenen, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag in der geltenden Fassung vom ergeben,

sowie frei von die Gesellschafter bindenden Gesellschafterbeschlüssen und gehen ebenso auf die Käufer über.“

In Punkt 7.1.4 wurde ausdrücklich festgehalten, dass der Fruchtgenussberechtigte berechtigt ist, das Fruchtgenussrecht nach Maßgabe dieses Vertrages abzutreten und dass allfällige für die Abtretung erforderlichen Zustimmungen erteilt wurden beziehungsweise mit Unterfertigung dieses Vertrages erteilt sind.

Aus diesen Vertragsbestimmungen ergibt sich deutlich, dass zeitgleich - zwischen verschiedenen Vertragspartnern - mehrere Rechtsgeschäfte abgeschlossen wurden.

Nach dem Urkundeninhalt hat der Fruchtgenussberechtigte sein Recht nicht aufgegeben, sondern hat er das Fruchtgenussrecht an dem bisher von der A B Privatstiftung gehaltenem Geschäftsanteil gegen Entgelt an die C D GmbH übertragen. Dieser Geschäftsanteil, der 50 % der zur Gänze einbezahlten Stammeinlagen repräsentierte, wurde - zivilrechtlich - unter entsprechender Teilung zeitgleich von der A B Privatstiftung zu 99% an die C D GmbH und zu 1% an die E International GmbH übertragen. Da die Abtretung des Fruchtgenussrechtes nur an die C D GmbH erfolgte, konnte es auf Seiten der Erwerberin - wiederum zivilrechtlich betrachtet - gar nicht hinsichtlich des gesamten mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Geschäftsanteiles zu einer Vereinigung des Berechtigten und des Verpflichteten kommen. Nach der Vertragsgestaltung liegt hier kein Fall eines entgeltlichen Verzichtes vor, sondern hat der Bf. uno actu mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (Kauf) über seine Rechtsstellung als Fruchtgenussberechtigter - die erforderlichen Zustimmungen lagen vor - zu Gunsten der C verfügt und hat die C das Fruchtgenussrecht durch die "Übernahme" (siehe Punkt 4.4.) auch erhalten.

Diese Abtretung des Fruchtgenussrechtes an einem Geschäftsanteil ist – im Gegensatz zur Abtretung des Geschäftsanteiles als solchen (mit allen komplex daraus erfließenden Rechten, siehe dazu Arnold, Rechtsgebühren, Rz 7g, Rz 12 und Rz 22c zu § 33 TP 21 GebG) - von der Befreiungsbestimmung des § 33 TP 21 Abs. 2 Z. 6 GebG nicht umfasst.

Die Bescheidbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob im konkreten Einzelfall nach dem Urkundeninhalt ein Verzicht auf ein Recht erfolgt ist oder ob das Recht übertragen wurde. Bei der Auslegung des Vertrages waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung entscheidungswesentlich, zumal die Abgrenzung der Gebührentatbestände (Neubegründung eines Rechtes/Abtretung/Verzicht) an Hand der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu mit weiteren Nachweisen) vorgenommen werden konnte.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 21 Abs. 2 Z 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 1392 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102916.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at