Zurechnung einer landwirtschaftlich genutzten Grundparzelle zum Grundvermögen
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0503-W/02-RS1 | Baulücken sind ein typischer Anwendungsfall des § 52 Abs. 2 BewG |
Folgerechtssätze | |
RV/0503-W/02-RS1 | wie RV/0423-F/02-RS1 Die Widmung als Bauwohngebiet laut Flächenwidmungsplan rechtfertigt allein noch keine Zurechnung von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken zum Grundvermögen. Bei objektiven Gegebenheiten wie Zufahrtsmöglichkeiten, Bebauung in der Umgebung, Aufschließung durch Strom, Wasser und Kanal von einer öffentlichen Straße und Bauplatzausmaßen ist jedoch die Annahme gerechtfertigt, dass das Grundstück in absehbarer Zeit anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen wird. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk in Wien betreffend Einheitswert des Grundvermögens zum entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Hinweis
Diese Berufungsentscheidung wirkt gegenüber allen Beteiligten (186 BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Schenkungsvertrag vom wurde die Abschreibung des Grundstückes 1, vom Gutsbestand der EZ 1 und die Zuschreibung dieses Grundstückes zum Gutsbestand auf eine neu zu eröffnende Einlage im selben Grundbuch bewilligt. Dieses Grundstück verblieb je zur Hälfte im Eigentum der Geschenkgeber.
Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein solches, welches laut Flächenwidmungsplan bereits seit Jahrzehnten im Bauland liegt. Es hat ein Ausmaß von 1683 m². An diesem Grundstück führen zwei Straßen vorbei, nämlich auf der einen Seite die BS und auf der dieser gegenüberliegenden Seite die Bg. Entlang der BS verläuft auch eine Straßenbahnlinie und es befindet sich in unmittelbarer Nähe des Grundstückes eine Straßenbahnhaltestelle.
An den beiden Längsseiten des Grundstückes grenzen Grundstücke, auf welchen bereits vor längerer Zeit Häuser errichtet wurden. Generell muss festgehalten werden, dass nicht nur die beiden Nachbargrundstücke bebaut sind, sondern dass auch die Grundstücke in der Umgebung beinahe alle bebaut sind (Baulücken sind die Ausnahme) und dieses Gebiet auch voll aufgeschlossen ist. Auch fanden in unmittelbarer Nähe des Grundstückes in den letzten Jahren umfangreiche Bautätigkeiten statt, und zwar wurden mehrere Wohnblöcke errichtet (Wohnblöcke auf der anderen Seite der BS und Wohnhausanlagen Richtung Sd). In unmittelbarer Nähe des Grundstückes befinden sich mehrere Banken und jede Menge Einkaufsmöglichkeiten.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Einheitswert des oben angeführten Grundstückes 1 im Wege einer Nachfeststellung zum als unbebautes Grundstück mit S 437.000,--, der um 35 % erhöhte Einheitswert mit S 589.000,--, festgestellt und je zur Hälfte den beiden Eigentümern zugerechnet. Die Nachfeststellung wurde wie folgt begründet:
"Die Nachfeststellung war erforderlich, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet wurde.
Da auf Grund der Lage und der sonstigen Verhältnisse, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass der Grundbesitz in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, waren die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen (§ 52 Abs. 2 BewG)."
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass das Grundstück Teil des landwirtschaftlichen Betriebes sei, unmittelbar neben der Hofstelle liege und große Bedeutung für die Nahversorgung habe. Das Grundstück werde nachhaltig landwirtschaftlich genutzt und bestehe weder eine Verkaufsabsicht, noch eine anderweitige als landwirtschaftliche Nutzung. Die Bewirtschaftung erfolge im Rahmen des Österreichischen Umweltprogramms nach EU-VO 2078/92 und sei eine Herausnahme des Grundstückes aus dem Betrieb mit Förderungsverlust und Rückzahlung der bisher in Anspruch genommenen Förderungen verbunden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 52 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen nicht Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört. Nach § 52 Abs. 2 BewG sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, zum Beispiel, wenn sie hienach als Bauland, Industrieland oder als Land für Verkehrszwecke anzusehen sind.
Ein typischer Anwendungsfall dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH vor, wenn das zu bewertende Grundstück eine Baulücke in einem sonst besiedelten Gebiet darstellt (vgl. ). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück (noch) dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder (schon) dem Grundvermögen zuzurechnen ist, hat es in erster Linie auf objektive Merkmale anzukommen. Denen gegenüber haben subjektive, nur in der jeweiligen Person des jeweiligen Grundeigentümers gelegene Umstände zurückzutreten.
Dies muss auch im vorliegenden Fall gelten, in dem die streitgegenständliche Grundstücksfläche, wie die Mappenblätter zeigen, schon nahezu vollständig von bebauten Grundstücken umgeben ist. Für eine Zurechnung zum Grundvermögen sprechen noch die Flächenwidmung als Bauland und auch die vollständige Aufschließung, auch dass sich in unmittelbarer Nähe des Grundstückes eine Straßenbahnhaltestelle befindet. Auch spricht die vorhandene Infrastruktur gegen die Zurechnung des Grundstückes zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen so wie auch die Bautätigkeiten der letzten Jahre in der näheren Umgebung. Diese Bautätigkeit beweist, dass die Nachfrage nach Wohnungen in diesem Gebiet vorhanden ist.
Wenn die Berufungswerber anführen, dass das Grundstück landwirtschaftlich genutzt sei und es auch in Zukunft weiterhin landwirtschaftlich genutzt wird, zeigen sie damit nur subjektive, in den Personen gelegene Umstände auf, die nach dem oben gesagten außer Betracht zu bleiben haben. Zu den Ausführungen betreffend Förderungsverlust wird festgehalten, dass es nicht durch die Bewertungsänderung zum Förderungsverlust kommt, sondern nur durch eine andere Verwendung des Grundstückes als für landwirtschaftliche Zwecke.
Im übrigen besteht das Wesen des § 52 Abs. 2 BewG darin, die potentielle wirtschaftliche Kraft des Grundstückseigentümers zu erfassen, weshalb eine objektive Werterhöhung des Grundstückes nicht deshalb unberücksichtigt werden darf, weil der Grundeigentümer gerade nicht beabsichtigt, sie auch auszunützen.
Bemerkt wird, dass zu dem Vorhalt der beabsichtigten Entscheidung bis zum heutigen Tag keine Stellungnahmen abgegeben wurden.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 52 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Schlagworte | Baulücke Bauland Aufschließung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at