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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2015, RV/2100544/2012

Rechtsanwaltsgesellschaft - Dienstverhältnisse von nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/15/0064. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2100213/2017 erledigt.; VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1521/2015 anhängig. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder R1, R2 und R3 im Beisein der Schriftführerin S in der Beschwerdesache der AAA GmbH, Adresse, vertreten durch die Ve, Adresse1, gegen die Bescheide des Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2007 bis 2010 nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den Abgabenbescheiden vom wurde der Beschwerdeführerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für die Jahre 2007 bis 2010 der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Säumniszuschlag vorgeschrieben. In den jeweiligen Bescheidbegründungen wurde auf den Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom verwiesen. In diesem wurde ausgeführt, die zu je 10,003% an der Gesellschaft nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer hätten so wie die wesentlich beteiligten Geschäftsführer eine monatliche Geschäftsführervergütung erhalten. Die Geschäftsführervergütungen seien vom Dienstgeber in die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer einbezogen worden. Darüber hinaus hätten alle Geschäftsführer Honorare für ihre Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Gesellschaft erhalten. Die Honorare für die wesentlich beteiligten Geschäftsführer seien ebenfalls vom Dienstgeber für die Bemessung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer berücksichtigt worden, nicht jedoch die Honorare für die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 zählten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 beteiligt seien, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehle. Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, die zu nicht mehr als 25% am Grund- oder Stammkapital beteiligt seien, stünden unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 und des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 in einem Dienstverhältnis zur Kapitalgesellschaft. Nach § 7 Pkt. 7.8 des Gesellschaftsvertrages dürfe der der Gesellschaft angehörende Rechtsanwalt nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung) gebunden werden. Eine Weisungsgebundenheit sei auch schon durch § 21c der Rechtsanwaltsordnung (RAO) ausgeschlossen.

Bei den nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführern komme dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert sei. Auch die im operativen Bereich angesiedelten Tätigkeiten des Geschäftsführers würden für die Eingliederung in das Unternehmen sprechen. Für die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer würden daher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vorliegen.

Die Geschäftsführerbezüge für die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer seien vom Dienstgeber bereits selbst als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit qualifiziert worden und dementsprechend auch der Dienstgeberbeitrag und die Kommunalsteuer davon abgeführt worden. Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 zählten jedoch alle Bezüge und Vorteile zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die ausbezahlten Honorare für die Tätigkeit als Rechtsanwalt seien daher ebenfalls bei der Berechnung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer zu berücksichtigen. Diese seien im Zuge der Prüfung nachzufordern gewesen.

Dagegen richtete sich die nun als Beschwerde zu erledigende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch sie Ve, Steuerberatung, brachte Folgendes vor:

"A. Inhaltliche (materiellrechtliche) Rechtswidrigkeit:

1. Argumentation des GPLA-Prüfers:

Im Bericht zur GPLA-Prüfung vom stellt der Prüfer fest, daß nicht wesentlich beteiligte Gesellschafts-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in einem Dienstverhältnis zur GmbH stehen, unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (bei Überwiegen der Merkmale der Unselbständigkeit) bzw. des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 (Eingliederung in den Organismus des Betriebes des Unternehmens, ).

Nach den Ausführungen des Prüfers liegen im Fall der (…) GmbH Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG vor: Nach § 7 Pkt. 7.8. des Gesellschaftsvertrages dürfe der der Gesellschaft angehörende Rechtsanwalt nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung) gebunden werden. Eine Weisungsgebundenheit sei auch schon durch § 21c der RAO ausgeschlossen. Da eine Eingliederung in den Organismus der Gesellschaft im Rahmen der Tätigkeit anzunehmen sei, lägen Einkünfte gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG vor. Da gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG jedoch alle Bezüge und Vorteile zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen, seien auch die Honorare für die Tätigkeit als Rechtsanwalt in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen gewesen. Die Geschäftsführerbezüge wurden im Rahmen der Lohnverrechnung bereits dem DB unterworfen, lt. Prüfer wurden die Einkünfte der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer damit vom Dienstgeber bereits selbst als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit qualifiziert.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzusetzen und wurde dies auch im Zuge der Prüfung mehrfach vorgebracht, vom Prüfer jedoch nicht in Betracht gezogen:

2. Zur Weisungsfreiheit: Gesellschaftsrecht

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, wenn Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmungen fehlt. Ist der Geschäftsführer daher aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Sonderbestimmung der Generalversammlung gegenüber nicht weisungsgebunden, liegt jedenfalls ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 dritter Satz EStG 1988 vor. Daß eine derartige Sonderbestimmung in diesem Fall vorliege, leitet der Prüfer aus Pkt. 7.8. des Gesellschaftsvertrages ab.
Der entsprechende Punkt im Gesellschaftsvertrag lautet: Die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt darf nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden (§ 21c Z 10 RAO). Daraus jedoch eine Weisungsfreiheit im Sinne der § 25 Abs 1 Z 1 lit. b EStG abzuleiten, wäre völlig verfehlt. In Pkt. 7.5. des Gesellschaftsvertrages wird ausdrücklich geregelt, daß soweit im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag nicht anders bestimmt ist, Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefaßt werden. Geschäftsführer, die mit 10,33% an der Gesellschaft beteiligt sind, können daher aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages keine Sperrminorität iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit. b ableiten. Der Gesellschaftsvertrag kennt vielmehr ausdrücklich Abstimmungsregeln, welche auf Mehrheitsverhältnissen aufbauen und die Möglichkeit des Überstimmens von Gesellschaftern vorsehen.

3. Zur Weisungsfreiheit § 21c Z 10 RAO

Aber auch der Verweis auf § 21c RAO als ausreichende Grundlage für eine Dienstnehmereigenschaft begründende gesetzliche Weisungsfreiheit iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b führt ins Leere: § 21c Z 10 RAO, auf den im Gesellschaftsvertrag verwiesen wird, lautet vollständig: Am Kapital der Gesellschaft muss Rechtsanwälten die Mehrheit und bei der Willensbildung ein bestimmender Einfluß zukommen. Die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt darf nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung) gebunden werden.

§ 21c RAO wurde im Zuge der Novellierung der RAO eingefügt, welche die Rahmenbedingungen zur Gründung von GmbHs auch zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs einführte. Die Regierungsvorlage zur entsprechenden Novelle der RAO, mit welcher § 21c RAO in der heute gültigen Fassung beschlossen wurde, vermerkt dazu auf Seite 17 von 47 (letzter Absatz): Der neue letzte Satz der Z 10 soll die völlige Unabhängigkeit des Rechtsanwalts-Gesellschafters bei der unmittelbaren Mandatsausübung im Hinblick auf die gebotene Wahrung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Klienten und dem konkret tätig werdenden Rechtsanwalt sicherstellen.

Da § 21c Z 10 RAO durch die zuständigen Ausschüsse und das Plenum des Nationalrates gemessen an der Regierungsvorlage nicht mehr geändert wurde, geben die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage somit den historischen Willen des Gesetzgebers wieder. Der Gesetzgeber spricht ausdrücklich ausschließlich von der unmittelbaren Mandatsausübung und zwar im unmittelbaren Verhältnis zwischen Klienten und dem konkret tätig werdenden Rechtsanwalt. Der Gesetzgeber spricht von Mandatsausübung und nicht wie an zahlreichen anderen Stellen der RAO bzw. der Richtlinien der Berufsausübung von der  Ausübung der Anwaltschaft. Die Regierungsvorlage verwendet zusätzlich das Wort unmittelbar und bringt damit zum Ausdruck, daß in Angelegenheiten, welche mittelbar das Mandat betreffen (z.B. Akquisemaßnahmen, Honorargestaltung, Pflege der Mandantenbeziehung außerhalb des unmittelbaren Mandates - etwa Kontaktaufnahme um zu Weihnachten zu gratulieren) sehr wohl Weisungen erteilt werden können. Der Mandat wird gemäß Regierungsvorlage durch einen konkreten Anwalt vertreten, in dessen Urteilsvermögen er Vertrauen setzt und hat daher Anspruch darauf, daß die Vertretungshandlungen dieses Anwaltes eben aus diesem Urteilsvermögen heraus und nicht aus dem Urteilsvermögen einer Gesellschaftermehrheit der RA-GmbH heraus gesetzt werden, deshalb lt. Regierungsvorlage der Ausschluß der Weisungsbefugnis.

§ 21 c Z 10 RAO bezieht sich somit nur auf einen Teil der Tätigkeit als Rechtsanwalt, nämlich auf die unmittelbare Mandatsbearbeitung. Die nicht unmittelbar an die Mandatsbearbeitung anknüpfenden Aspekte der Ausübung der Anwaltei sind nicht erfaßt. Nur die Ausübung des Mandates darf nicht an eine Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter gebunden werden; diese fachliche Weisungsungebundenheit hinsichtlich der konkreten Mandatsbearbeitung (was in einem Verfahren vorgebracht, welche Urkunden vorgelegt werden und welche nicht, welche Fragen an Zeugen gestellt werden und welche nicht; wie bestimmte Vertragsklauseln formuliert werden) besteht sogar für den im arbeitsrechtlichen Sinne angestellten Rechtsanwalt.

Nicht erfaßt ist durch § 21c Z 10 RAO aber v.a. die Stellung als Gesellschafter der RA-GmbH, wie von § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG angesprochen. Das ergibt sich u.a. aus der Bestimmung des § 21c Z 10 erster Satz, wonach Rechtsanwälten gegenüber Nicht-Rechtsanwälten unter den Gesellschaftern bei der Willensbildung ein bestimmender Einfluß zukommen muß. Innerhalb des Kreises der Rechtsanwälte greifen jedoch die allgemeinen Bestimmungen des GmbHG; somit kann ein beteiligter Rechtsanwalt ohne im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität auch überstimmt werden und könnten ihm - ausgenommen eben im Bereich der unmittelbaren Mandatsausübung - durch die Gesellschafterversammlung Weisungen erteilt werden.

4. Zur Weisungsfreiheit Zusammenarbeitungsvereinbarung:

Daß somit keineswegs ein steuerliches Dienstverhältnis aufgrund mangelnder Weisungsbindung iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit. b EStG vorliege, sondern vielmehr die Voraussetzungen des § 25 Abs 1 Z lit. a EStG vorliegen müßten, um in diesem Fall die Geschäftsführerbezüge und Honorare der Gesellschafter der DB-Bemessungsgrundlage zu unterwerfen, wurde trotz mehrfachem Vorbringen vom Prüfer nicht weiter berücksichtigt, die angebotenen Unterlagen zum Nachweis, daß im gegebenen Fall einkommensteuerpflichtige freie Dienstverhältnisse vorliegen und damit keine DB-Pflicht gegeben sein kann, vom Prüfer nicht einmal entgegengenommen - insoweit liegt schon aus diesem Grund aufgrund fehlender Feststellungen ein Mangel der Bescheide vor.

Der VwGH gibt zu nicht bzw. nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführern ohne gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung folgende Judikaturlinie zur Entscheidung der Frage vor, ob im Einzelfall von einem lohnsteuerlichen Dienstverhältnis oder einem einkommensteuerpflichtigen freien Dienstvertrag auszugehen ist:
Ein Geschäftsführer ist nur unter der Voraussetzung im Rahmen eines steuerlichen Dienstverhältnisses tätig, wenn die beiden Merkmale der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 kumulativ vorliegen, d.h. der Geschäftsführer gegenüber der Generalversammlung weisungsgebunden und in den geschäftlichen Organismus der GmbH eingegliedert ist (; , 2001/14/0219).

Da Geschäftsführer schon aufgrund ihrer Organstellung regelmäßig als eingegliedert gelten (; , 2003/13/0018), kommt es auf das Merkmal der Weisungsgebundenheit an. Ob diese im Einzelfall vorliegt, muß mit der folgenden zweistufigen Prüfung geklärt werden:

Ist der Geschäftsführer aufgrund seiner gesellschaftsvertraglichen Beziehung der Gesellschaft gegenüber weisungsgebunden und
besteht diese Weisungsbindung auch aufgrund der im Anstellungsvertrag getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen?

Ist der Geschäftsführer somit aufgrund seiner Beteiligung wie in gegenständlichen Fall, weisungsgebunden - wie dargelegt, wird das Weisungsrecht der Generalversammlung jedoch aufgrund der im Anstellungsvertrag getroffenen Vereinbarungen auf schuldrechtlicher Ebene ausgeschlossen, so ist das Bestehen eines Dienstverhältnisses gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 mangels Weisungsunterworfenheit ausgeschlossen; stattdessen erzielen die Geschäftsführer, wie im vorliegenden Fall, einkommensteuerpflichtige Einkünfte gemäß § 22 EStG.

Wie der VwGH ausführt (; , 2005/15/0143), kommt es für die Frage nach dem Vorliegen eines Dienstverhältnisses im steuerlichen Sinne allein auf das schuldrechtliche Verhältnis aufgrund des Anstellungsvertrages an, der nicht vom GmbHG overruled wird. Analog muß dies auch, in Ergänzung zu den bereits vorgebrachten Argumenten zur Auslegung des § 21c auch für die RAO gelten.

Der gegenständliche Anstellungsvertrag (geteilt in einen Geschäftsführervertrag und eine Zusammenarbeitsvereinbarung) schließt das Recht der Generalversammlung auf arbeitsbezogene persönliche Weisungserteilung ausdrücklich aus. Die Geschäftsführer haben vertraglich vereinbart das Recht, sich selbst den Arbeitsablauf frei einzuteilen und jederzeit so abzuändern, daß auch die jeweilige Freizeit frei einteilbar ist. (Es ist etwa üblich, dass die Kanzleipartner sich tageweise "terminfrei" halten und dann ua abhängig vom Wetter tagaktuell entscheiden, ob sie diesen Tag in der Kanzlei verbringen oder nicht). Es wurde ein Vertretungsrecht, i.e. Substitution durch frei gewählte, auch kanzleifremde Rechtsanwälte eingeräumt. Ein Unternehmenswagnis ergibt sich u.a. aufgrund der weitgehend erfolgsabhängigen Entlohnung, der Haftung und Verpflichtung zur Mängelbehebung sowie der Tatsache, daß für Zeiten der Abwesenheit (egal aus welchem Grund) keinerlei Anspruch auf Entgelt besteht. Der Geschäftsführer ist weiters frei, ohne Wettbewerbsverbot am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilzunehmen. (Dies erfolgt vornehmlich durch die teils intensive Tätigkeit der Anwälte als Universitäts-/FH-Lektoren, Vortragende und Autoren von Fachbüchern.) Die Bestimmungen des Anstellungsvertrages werden nachweislich auch tatsächlich gelebt, allein aus den vorgelegten monatlichen Honorarnoten ist bereits die abweichende, durch den eigenen Arbeitseinsatz selbstbestimmte, Entlohnung ersichtlich.

Daß die Tätigkeit der Geschäftsführer im Rahmen von zivilrechtlich freien Dienstverhältnissen ohne Anwendbarkeit des Arbeitsrechts erfolgt, ergibt sich auch aus der Einschätzung des Prüfers, der eben keine ASVG-Unterworfenheit festgestellt hat. Die Geschäftsführervergütung stellt überdies lediglich einen Ersatz für die Wahrnehmung der organschaftlichen Funktion dar.

Die im Zuge der Lohnverrechnung versehentliche DB-Unterwerfung nicht nur der Geschäftsbezüge der wesentlich beteiligten Geschäftsführer, sondern auch der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer stellt insoweit keine Qualifizierung als nichtselbständige Tätigkeit durch den Dienstgeber dar, vielmehr wird der schon im Rahmen der Prüfung vorgebrachte Antrag, die für die Geschäftsbezüge bereits abgeführten DB-Beiträge in Höhe von insgesamt € 4.185 im Prüfungszeitraum, in Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten mit NULL festzusetzen und entsprechend gutzuschreiben, aufrechterhalten.

B. Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde wie bereits ausgeführt, kein zur Klärung der Tatfragen bzw. des Sachverhaltes ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Die Verfahrensmängel sind insbesondere folgende: Die belangte Behörde ist bei ihrem Ermittlungsverfahren äußerst einseitig vorgegangen. So wurde jedes Gegenvorbringen mit Hinweis auf § 21c RAO ignoriert, das Anbot der detaillierten Sachverhaltsdarstellung als unnötig zurückgewiesen und die Einsicht in die vorgelegten Verträge als für die Einschätzung unwichtig angesehen und unterlassen.

Wir stellen daher die Anträge:

1. den angefochtenen Bescheid der Begründung entsprechend dahingehend zu ändern, dass die Haftungsbescheide unter Kürzung der  Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag von derzeit gesamt € 955.290 auf NULL neu ausgefertigt werden, da eben keine DB-Unterworfenheit vorliegt.

2. die für die Geschäftsbezüge bereits abgeführten DB-Beiträge in Höhe von insgesamt € 4.185 in Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheit mit NULL festzusetzen und entsprechend gutzuschreiben

3. für den Fall der Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die zweite Instanz eine mündliche Verhandlung abzuhalten,

4. für den Fall der Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die zweite Instanz  auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat, sowie

5. (…)

Weiters ersuchen wir unabhängig von den bisherigen Ausführungen um Nachsicht der vorgeschriebenen Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt € 859,76 gem. § 217(7) BAO mangels groben Verschuldens unserer Mandantin und mit dem Hinweis, dass unsere Mandantin ihren Steuerverpflichtungen immer pünktlichst nachgekommen ist."

In der mündlichen Verhandlung am brachte die Beschwerdeführerin vor, bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung seien die Kriterien gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 entscheidend. Die Anteile der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer am Stammkapital der Gesellschaft hätten in den verfahrensgegenständlichen Jahren jeweils 0,2% betragen. Jeder Rechtsanwalt betreue eigene, klar abgetrennte Sachgebiete und erteile den ihm zugewiesenen Bediensteten Weisungen, deren Einhaltung zu überwachen sei. Betreffend die tägliche Arbeit gäbe es keine Weisungen, solche würden nur betreffend die Gesellschafterstellung erteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Auf Grund der im Hauptbuch des Firmenbuches vorgenommenen Eintragungen, auf Grund der Urkunden, die Grundlage für die Eintragungen im Hauptbuch waren, und aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung stand fest, dass Herr Name1 und Herr Name2 die Beschwerdeführerin seit selbstständig vertreten und im Zeitraum Jänner bis Juni 2007 zu je 49,7% und im restlichen verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu je 49,6% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt waren. Herr Name3, Herr Name4, Herr Name5 und Herr Name6 vertreten die Beschwerdeführerin seit , , bzw. seit selbstständig und waren in den gegenständlichen Jahren zu je 0,2% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Die Gesellschafter waren als Geschäftsführer und als Rechtsanwälte für die Beschwerdeführerin tätig.

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und (seit ) freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG (§ 41 Abs. 2 FLAG).

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und (seit ) an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Ein Dienstverhältnis liegt gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen.

Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen ().

Gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt.

Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, auf welche § 47 Abs. 2 dritter Satz EStG 1988 verweist, normiert Folgendes: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.

Das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandsmerkmal der Weisungsgebundenheit wird durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 und in § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 beseitigt. Der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift bezieht sich damit (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als laufend zu erkennenden Lohnzahlung, kann in einer dem Gesetzeswortlaut verpflichteten Auslegung Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 oder § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre ().

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird. Im gegenständlichen Fall nahmen die Geschäftsführer über einen längeren Zeitraum hindurch die Aufgaben der Geschäftsführung der Gesellschaft wahr. Dadurch war für die wesentlich und nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer das Merkmal der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft zweifelsfrei (und unstrittig) gegeben ().

Die in den verfahrensgegenständlichen Jahren zu 49,6% bzw. 49,7% an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer waren daher nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 an einer Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligte hinsichtlich ihrer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung. Der Dienstgeberbeitrag war daher für diese zu leisten; auch dies war unstrittig.

Betreffend die zu 0,2% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer brachte die Beschwerdeführerin vor, diese verfügten über keine Weisungsfreiheit auf Grund gesellschaftsrechtlicher Sonderbestimmungen, die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 sei nicht einschlägig. Diese seien aufgrund der Dienstverträge keinen Weisungen unterworfen, die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 EStG 1988 lägen nicht vor.

Der Beschwerdeführerin war dahingehend zu folgen, dass die Bestimmung des § 7 Punkt 7.8. des Gesellschaftsvertrages, wonach unter Hinweis auf § 21c Z 10 RAO die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden darf, keine durch Gesellschaftsvertrag erfolgte Weisungsfreistellung im Sinne des § 25 Abs. 1 lit. b EStG 1988 darstellt, denn diese Bestimmung regelt nur die unmittelbare Mandatsausübung. Die Generalversammlung ist aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) berechtigt, den Gesellschaftern Weisungen zu erteilen.

Nach den eindeutigen und klaren Bestimmungen des GmbHG, unabhängig von einer allenfalls bestehenden Beteiligung, sind die Geschäftsführer jedenfalls verpflichtet, den Beschlüssen (Weisungen) der Generalversammlung nachzukommen (z.B. §§ 16 Abs. 1, 20 Abs. 1, 35 Abs. 1 Z 5 GmbHG). Der Beschwerdeführerin ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beantwortung der Frage, ob andere als von § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 oder § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 erfasste Geschäftsführer ihre Arbeitskraft im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 schulden, allein auf den das Anstellungsverhältnis regelnden Anstellungsvertrag unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen ankommt. Entscheidend ist demnach das schuldrechtliche Verhältnis zwischen den Geschäftsführern und der Gesellschaft.

Das völlige Fehlen einer Weisungsunterworfenheit schließt im Allgemeinen ein Dienstverhältnis aus. Allerdings reicht es bei leitenden Angestellten aus, wenn sich die Weisungsgebundenheit auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkt. Weisungsunterworfenheit bedeutet, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann ().

Der mit der Berufung vorgelegte Geschäftsführervertrag enthält (auszugsweise) folgende Regelungen:
"(…)

IV. Allgemeine Rechtstellung des Geschäftsführers
Der Geschäftsführer unterliegt gegenüber der Gesellschaft aufgrund dieses Vertrages keinen Weisungsbindungen. Er ist an Ordnungsvorschriften wie Arbeitsort, Arbeitszeit, arbeitsbezogenes Verhalten nicht gebunden, jedoch berechtigt und verpflichtet, diese Ordnungsvorschriften für die Dienstnehmer der Gesellschaft zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen.

(…)

V. Aufgabenkreis und Verantwortlichkeit
Dem Geschäftsführer obliegt die Lenkung und Überwachung des Unternehmens der Gesellschaft im Ganzen.

Er hat insbesondere für die Ausbildung der juristischen und nicht juristischen Mitarbeiter, die Organisation der Abwicklung der Verfahrenshilfe, das Personalwesen und das Wissensmanagement Sorge zu tragen. Durch diese Zuweisung von Ressortaufgaben wird der Geschäftsführer jedoch nicht von der Gesamtverantwortlichkeit für das Unternehmen entbunden.

(…)

VI. Grenzen der Geschäftsführerbefugnis
Die Grenzen der eigenen Dispositionsfreiheit des Geschäftsführers orientieren sich an
- den gesetzlichen Vorschriften
- dem Gesellschaftsvertrag
- dem anwaltlichen Standesrecht.

(…) "

Nach Punkt IV. des Geschäftsführervertrages waren die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer nicht an Arbeitsort und Arbeitszeit gebunden. Die ist zum einen bei leitenden Angestellten durchaus üblich, zum anderen wurde durch diese Regelung zum Ausdruck gebracht, dass diese Wahlmöglichkeiten nicht Ausfluss des Willens der Geschäftsführer war, sondern der Wille der Gesellschaft.

Die Geschäftsführer unterlagen einer auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkten Weisungsgebundenheit. Diese waren nach Punkt IV. verpflichtet, den Mitarbeitern der Gesellschaft gegenüber Ordnungsvorschriften zu erlassen und zu überwachen und nach Punkt V für die Ausbildung der Mitarbeiter zu sorgen und für das Personalwesen und das Wissensmanagement Sorge zu tragen. Darüber hinaus orientieren sich nach Punkt VI. die Grenzen der Dispositionsfreiheit der Geschäftsführer an den gesetzlichen Vorschriften, dem Gesellschaftsvertrag und dem anwaltlichen Standesrecht. Durch diese Bestimmung wurden die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in das schuldrechtliche Verhältnis zwischen den Geschäftsführern und der Gesellschaft übernommen. Die Geschäftsführer waren somit schuldrechtlich verpflichtet, den Beschlüssen (Weisungen) der Generalversammlung und sonstigen Obliegenheiten nachzukommen. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer hat durch seine Tätigkeit den Unternehmenszweck der Gesellschaft zu verwirklichen und bei höher qualifizierten Leistungen tritt die Weisungsgebundenheit in Bezug auf Art und Inhalt der ausgeübten Tätigkeit in den Hintergrund.

Die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung sprechen betreffend die nicht wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer eindeutig für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Auf weitere Abgrenzungskriterien (Vertretungsbefugnis, Unternehmerwagnis, etc.) war daher nicht mehr abzustellen. Die Weisungsungebundenheit bei der Mandatsausübung (§ 21c Z 10 RAO) bzw. bei der "täglichen" Arbeit steht der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegen.

Die Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 aus den zwischen der Beschwerdeführerin und den nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern bestehenden Dienstverhältnissen unterlagen daher dem Dienstgeberbeitrag.

Einkünfte im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 hängen auch nicht davon ab, ob ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts gegeben ist. Eine Tätigkeit kann daher auch dann unter diese Bestimmung fallen, wenn auf sie arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa die Abfertigungs- oder die Urlaubsregelung, die arbeitsrechtliche Kündigungsregelung oder die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Anwendung finden ().

Ergänzend ist festzuhalten, dass die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 eine eigenständige des Steuerrechts ist, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C § 47 Tz 4.3.). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht oder Ausländerbeschäftigungsrecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich (). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es auch nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht (). Es war daher für die steuerliche Beurteilung nicht entscheidungsrelevant, dass im Zuge der Prüfung keine "ASVG-Unterworfenheit" festgestellt worden ist.

Auch bei Vorliegen einer Sperrminorität hätte die Beschwerde nicht zum Erfolg geführt. In einem solchen Fall wären Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 und somit auch ein Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorgelegen.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d) nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO). Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Für den nicht am Fälligkeitstag entrichteten Dienstgeberbeitrag waren daher Säumniszuschläge vorzuschreiben. Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus ().

Der Grundsatz des Parteiengehörs gehört zwar zu den fundamentalen Grundsätzen des Rechtsstaates und zu den allgemeinen Grundsätzen eines geordneten Verfahrens. Verletzt die Abgabenbehörde das Recht auf Parteiengehör, so ist dies im Beschwerdeverfahren sanierbar (). Der Beschwerdeführer hatte in der Berufung und im Zuge der mündlichen Verhandlung am ausreichend Gelegenheit, zu den Feststellungen der belangten Behörde und auch zu den des Bundesfinanzgerichtes Stellung zu nehmen. Das Bundesfinanzgericht hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die Vorbringen der Parteien berücksichtigt und gewürdigt.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Fragner in PV-Info 7/2017, 19
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100544.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at