Zurückweisung eines Vorlageberichts weil kein Vorlageantrag gegeben ist, sondern erstmalige Beschwerde gegen einen anderen Bescheid.
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/7102049/2015-RS1 | wie RV/2100880/2014-RS1 Legt ein Finanzamt dem BFG eine Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor, obwohl ein Antrag gemäß §262 Abs.2 lit.a BAO nicht gestellt wurde und auch die Voraussetzungen gemäß § 262 Abs.3 und 4 BAO nicht gegeben sind, hat das BFG die Vorlage des Finanzamtes mit Beschluss gemäß § 260 Abs.1 lit.a BAO iVm § 278 Abs.1 lit.a BAO als unzulässig zurückzuweisen. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. N in der Sache Bescheidbeschwerde vom der Bf., STNR 1111, gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 beschlossen:
Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 und 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Begründung
Sachverhalt:
a) Bescheide
Die belangte Behörde (bel. Beh.) gab im Vorlagebericht an das an, die Beschwerdeführerin (Bf.) habe am die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 beantragt. In der Steuererklärung sei von der Bf. die Anzahl der bezugsauszahlenden Stellen mit 1 angegeben worden. Der Bescheid vom sei daher mit dem ersten eingelangten Lohnzettel ergangen und sei falsch berechnet worden. Aufgrund der folgenden Lohnzettelmeldungen der Dienstgeber seien daher "Wiederaufnahmen" durchzuführen und "neue Sachbescheide" [jeweils Plural] zu erstellen gewesen. Im Einkommensteuerbescheid vom sei eine durch die Übermittlung von fehlerhaften Lohnzetteln verursachte Doppelerfassung erfolgt. Durch den Bescheid vom sei dies korrigiert worden. Die Beschwerde vom , mit welcher diese Korrektur auch angeregt worden sei, sei daher abgewiesen worden. Im Vorlageantrag werde nun der Antrag auf Veranlagung zurückgenommen.
Am wurde der bel. Beh. vom Hauptverband ein Lohnzettel des Dienstgebers X GmbH für den Zeitraum 1.1.- mit ua. steuerpflichtigen Bezügen KZ 245: 7.927,07 Euro übersendet. Dieser Lohnzettel wurde später am von der bel. Beh. storniert.
Im elektronischen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2014vom gab die Bf. ua. als Anzahl der inländischen gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen mit 1 an, weitere Angaben zu der Bezug ausstellenden Stelle (Arbeitgeber, Höhe der Einkünfte, Lohnzettel bzw. Datum des Lohnzettels) machte die Bf. nicht. Die Bf. erklärte Werbungskosten Gewerkschaftsbeiträge 122,64 Euro und Sonderausgaben Personenversicherungen 900,59 Euro.
Die bel. Beh. erließ am folgenden Einkommensteuerbescheid 2014 [alle Beträge in Euro]:
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Einkünfte nsA | |
X -GmbH | 7.927,07 |
WK | -122,64 |
Pauschbetrag f. WK | -132,00 |
7.672,43 | |
Sonderausgaben | -225,15 |
Einkommen | 7.447,28 |
Lt. Bescheid 1 LZ: | |
X -GmbH 1.1.– |
Dem antragsgemäßen Einkommensteuerbescheid 2014 vom ist betreffend Abgabenbetrag zu entnehmen:
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Steuer nach Abzug Absetzbeträge | 0,00 |
Erstattung § 33 Abs. 8 EStG 1988 | -110,00 |
erstattungsfähige Negativsteuer | -110,00 |
Einkommensteuer | -110,00 |
anrechenbare Lohnsteuer | -1.110,67 |
Rundung | -0,33 |
festgesetzte Einkommensteuer | -1.221,00 |
Abgabengutschrift | -1.221,00 |
Am wurde der bel. Beh. vom Hauptverband ein Lohnzettel des Dienstgebers U für den Zeitraum 5.5.- mit ua. steuerpflichtigen Bezügen KZ 245: 12.907,45 Euro übersendet.
Am erließ die bel. Beh. von Amtswegen (ohne Antrag der Bf.) einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 (Wiederaufnahmne des Einkommensteuerbescheides 2014 vom ) mit folgender Begründung: "Das Verfahren war gemäß § 303 (1) BAO wiederaufzunehmen, weil dem Finanzamt auf Grund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels oder einer (geänderten) Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) erst nachträglich Umstände bekannt wurden, die Im betreffenden Veranlagungszeitraum bereits existent waren und aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergibt. Zur näheren Begründung wird auf die Begründung des im wiederaufgenommenen Verfahren neu erlassenen Einkommensteuerbescheides verwiesen."
Der ebenfalls am erlassene geänderte Einkommensteuerbescheid 2014 lautet:
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Einkünfte nsA | |
X -GmbH | 7.927,07 |
U | 12.907,45 |
WK | -122,64 |
Pauschbetrag f. WK | -132,00 |
20.579,88 | |
Sonderausgaben | -225,00 |
Einkommen | 20.354,88 |
Festgesetzte Einkommensteuer | 245,00 |
Bisher | 1.221,00 |
Abgabennachforderung | 1.466,00 |
Lt. Bescheid 2 LZ: | |
X -GmbH 1.1.- | |
U 5.5.- |
Der geänderte Einkommensteuerbescheid enthält folgenden Hinweis: "Sie haben während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten. Die Lohnsteuer wurde von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt. Bei der Veranlagung werden Ihre Bezüge zusammengerechnet und so besteuert, als wären sie von einer Stelle ausgezahlt worden. Sie zahlen damit genau so viel Steuer wie jeder andere Steuerpflichtige, der dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen hat."
Am wurde der bel. Beh. vom Hauptverband ein Lohnzettel des Dienstgebers X -GmbH für den Zeitraum 1.1.- mit ua. steuerpflichtigen Bezügen KZ 245: 7.927;07 Euro übersendet, der später von der bel. Beh. am storniert wurde.
Am erließ die bel Beh. neuerlich von Amtswegen einen (zweiten) Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 mit derselben Begründung wie im Bescheid zuvor vom und erließ ebenfalls am einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2014 wie folgt:
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Einkünfte nsA | |
X -GmbH | 7.927,07 |
X -GmbH | 7.927,07 |
U | 12.907,45 |
WK | -122,64 |
Pauschbetrag f. WK | -132,00 |
28.506,95 | |
Sonderausgaben | -225,00 |
Einkommen | 28.281,95 |
Festgesetzte Einkommensteuer | 2.329,00 |
Bisher | -245,00 |
Abgabennachforderung | 2.084,00 |
Lt. Bescheid 3 LZ: | |
X -GmbH 1.1.- | |
X -GmbH 1.1.- | |
U 5.5.- |
mit demselben Hinweis wie im Einkommensteuerbescheid vom .
b) Bescheidbeschwerde
Die Bf. erhob folgende Beschwerde vom :
"Ich berufe in offener Frist gegen die Nachzahlungs-Bescheide (Wiederaufnahme):
1.) über EURO 1466,-- zahlbar bis
2.) über EURO 2084,-- zahlbar bis
und begründe dies wie folgt:
1.) Lohnzettel vom 01.01.- ( X -Personaldienstleistung) und
2.) Lohnzettel vom 01.01. - .
Richtig: vom 01.01. - bei Personaldienstleistung und seit
05.05. – bei Firma U ."
Am wurde der bel. Beh. vom Finanzamt 01 ein Lohnzettel des Dienstgebers X -GmbH für den Zeitraum 1.1.- mit ua. steuerpflichtigen Bezügen KZ 243: 7.927,07 Euro übersendet.
Die bel. Beh. erließ am trotz anhängiger Beschwerde einen dritten (!) Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2014, mit derselben Begründung wie in den zwei vorangegangenen Wiederaufnahmebescheiden vom 23. Februar und und am selben Tag folgenden geänderten Einkommensteuerbescheid 2014:
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Einkünfte nsA | |
X -GmbH | 7.927,07 |
U | 12.907,45 |
WK | -122,64 |
Pauschbetrag f. WK | -132,00 |
20.579,88 | |
Sonderausgaben | -225,00 |
Einkommen | 20.354,88 |
Lt. Bescheid 2 LZ: | |
X -GmbH 1.1.- | |
U 5.5.- |
Entgegen den Angaben im Wiederaufnahmebescheid enthält der geänderte Einkommensteuerbescheid 2014 vom weder einen Hinweis noch eine Begründung.
Die bel. Beh. erließ am folgende Beschwerdevorentscheidung: "Ihre Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom [Laut bel. Beh. soll der angefochtene Bescheid 9 Tage nach der Beschwerde ergangen sein!] wird als unbegründet abgewiesen. Begründung: Durch den Einkommensteuerbescheid vom wird dem Berufungsbegehren vollinhaltlich entsprochen. Ihre Beschwerde ist daher abzuweisen."
Im schriftlichen Anbringen bei der bel. Beh. vom gab die Bf. an "Ich erhebe Einspruch auf Ihr Schreiben vom und ersuche, dass der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmer-Veranlagung 2014 (lt. telefonischer·Rücksprache) zurückgezogen wird. Den bereits an mich vergüteten Betrag über EUR 1.221,-- habe ich, wie Sie aus beiliegender Kopie ersehen können, wieder rückerstattet"
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den genannten Aktenstücken. Der vollständige Inhalt des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung und die 4 Lohnzettel wurden vom BFG dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (zentrale Anwendungen) entnommen, die restlichen Aktenstücke wurde dem BFG von der bel. Beh. vorgelegt.
Rechtlich folgt:
Die Zurücknahme eines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung (§ 41 Abs. 2 EStG 1988) - etwa zur Vermeidung einer Progressionserhöhung aus der Zusammenrechnung mehrerer Einkünfte - ist wegen des steuerpflichtigen Lohnbezuges von zwei Arbeitgebern unzulässig, da in diesem Fall die Veranlagung von Amtswegen erfolgt (§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988).
Es war jedoch spruchgemäß mit Beschluss vorzugehen, da die bel. Beh. dem BFG eine "Beschwerde vom gegen einen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) vom " zur Entscheidung vorlegte, sich jedoch die Eingabe der Bf. vom durch die Nennung des Datums eindeutig gegen den erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheid vom richtet und daher keinen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom darstellt. Mangels im Gesetz für diesen Fall vorgesehenen Rechtsbehelfs war analog mit Zurückweisungsbeschluss gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO vorzugehen (vgl.Wisiak, Beschwerdevorlage ohne Beschwerdevorentscheidung, SWK 25/2014, 1081).
Eine ordentliche Revision ist zulässig, da zur Lösung der vorliegenden Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung eine Rechtsprechung des VwGH noch fehlt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | Nemec in BFGjournal 2015, 232 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102049.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at