zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 17.03.2015, RV/7103123/2013

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Vorliegen eines wirksamen Bescheides

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden und die weiteren Senatsmitglieder im Beisein der Schriftführerin in der Beschwerdesache GT-A, Adresse-A, als ehemalige Alleingesellschafterin der GM-B (gelöscht) vertreten durch Vertreter-C, Adresse-C, gegen die Bescheide des FA Wien 1/23 vom 15. und , betreffend Gruppenfestellungsbescheid 2008, Körperschaftsteuer 2008, Körperschaftsteuer 2009 und Körperschaftsteuer 2010 in der Sitzung am beschlossen:

Die Beschwerden werden als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die GT-A ist Gruppenträgerin einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG 1988.

Die GM-B wurde am gegründet und war seit der Veranlagung 2008 Mitglied der A-Steuergruppe (Gruppenfeststellungsbescheid 2008 vom ).

Am wurde mit Generalversammlungsbeschluss die Liquidation der GM-B beschlossen und Frau D. zur Liquidatorin bestellt. Die GM-B trat ab diesem Zeitpunkt in das Stadium der Liquidation. Auf den wurde eine Liquidationsbilanz aufgestellt, in der das Abwicklungsvermögen ausgewiesen wurde. Beim Finanzamt Wien 1/23, als zuständigem Betriebsfinanzamt, wurde in weiterer Folge die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO beantragt und dazu dem Finanzamt die Liquidationsbilanz zum übermittelt. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung wurde vom Finanzamt am erteilt.

Daraufhin wurde beim Firmenbuchgericht die Löschung der liquidierten GM-B beantragt. Die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgte am .

In weiterer Folge gelangte das Finanzamt zur Auffassung, dass infolge Liquidation und nachfolgender Löschung der GM-B im Firmenbuch diese die Mindestzugehörigkeitsdauer zur A-Steuergruppe von drei vollen Kalenderjahren gemäß § 9 Abs 10 3. TS KStG 1988 nicht erfüllt habe.

Es wurden daraufhin ein neuer Gruppenfeststellungsbescheid 2008, in dem das rückwirkende Ausscheiden der Gesellschaft aus der A-Steuergruppe festgestellt wurde, sowie Körperschaftsteuerbescheide betreffend die Jahre 2008 bis 2010 erlassen.

Diese Bescheide wurden mit Datum 17. Jänner bzw. automationsunterstützt erstellt.

Die Bescheide ergingen zunächst unrichtigerweise an die zu diesem Zeitpunkt bereits im Firmenbuch gelöschte "GM-B in Liquidation" zu Handen des damaligen steuerlichen Vertreters.

Eine zweite Versendung der Bescheide erfolgte an Frau D. als Verwahrerin der Bücher der im Firmenbuch gelöschten GM-B und wurde vom Finanzamt in weiterer Folge wiederum als nicht wirksam beurteilt.

Die aufgrund einer dritten Versendung mit Datum 15. bzw. nunmehr beschwerdeanhängigen Bescheide sind an die GM-B z.H. D. gerichtet.

Mit Anbringen vom erhob die Vertreter-C "namens und auftrags der o.a. mittlerweile gelöschten GM-B bzw. der GT-A, Adresse-A, als ehemalige Alleingesellschafterin" Berufungen (diese gelten gemäß § 323 Abs. 37 BAO nunmehr als Beschwerden) und beantragte die Bescheide vom 15. und wegen materieller Rechtswidrigkeit ersatzlos aufzuheben.

Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Bei den zugestellten Bescheiden handelt es sich um Ausfertigungen der ursprünglich automationsunterstützt erstellten Bescheide vom 17. Jänner und , wobei u.a. der ursprüngliche Bescheidadressat und das ursprüngliche Datum durchgestrichen wurden und händisch der neue Bescheidadressat sowie das Datum 15. bzw. hinzugefügt wurden. Die Bescheide weisen trotz der vorgenommen Änderungen keine Unterschrift des Genehmigenden oder eine Beglaubigung auf.

Die GM-B war im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide vollbeendet. Mangels vorhandenen Vermögens besteht kein weiterer Abwicklungsbedarf.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Finanzamtsakten, dem Vorbringen in der Beschwerde und aus den zusätzlich von der Vertreter-C übermittelten Kopien der zugestellten Bescheide.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

1. Nachträgliche Veränderung von mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellter Bescheide:

Gem. § 92 BAO bedürfen Bescheide der Schriftform. Sie müssen unter anderem die Bezeichnung der Behörde enthalten und mit dem Datum und der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat (§ 96 erster Satz BAO).

Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt (§ 96 letzter Satz BAO).

Die im konkreten Fall bekämpften Schriftstücke wurden ursprünglich von der BRZ GmbH im Namen des Finanzamtes erstellt, was durch § 96 letzter Satz BAO gedeckt wäre und das Finanzamt von der Notwendigkeit befreien würde, einen solchen Bescheid zusätzlich durch ein dazu befugtes Organ unterschreiben zu lassen. Dies entspricht dem Zweck des § 96 BAO, der eine ökonomische Ausfertigung von Bescheiden im Massenverfahren ermöglichen soll.

Voraussetzung für die in § 96 letzter Satz BAO vorgesehene Genehmigungsfiktion ist aber, dass die Ausfertigungen ausschließlich mit automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden. Lehre und Rechtsprechung (vgl. Ritz, BAO5, Tz 8 zu § 96 und Stoll, Bundesabgabenordnung Kommentar, 999 mwN) stimmen nämlich darin überein, dass die Ausnahme des § 96 letzter Satz BAO dann nicht mehr zum Tragen kommt, wenn die Ausfertigung nur teilweise automationsunterstützt hergestellt worden ist. Wurde sie später noch verändert, ist eine Unterschrift zwingend erforderlich, wobei es egal ist, ob die nachfolgende Adaptierung per Hand oder EDV-unterstützt erfolgte (siehe UFS RV/0368-S/09).

Im konkreten Fall wurden die beschwerdegegenständlichen Bescheide vor deren Versendung noch durch Mitarbeiter des Finanzamtes händisch verändert. Damit können sie aber nicht als automationsunterstützt im Sinne dieser Bestimmung gelten und hätten unterfertigt werden müssen, um die Wirkungen eines Bescheides entfalten zu können. Da dies nicht geschehen ist, liegen keine Bescheide vor (vgl. ).

Die Beschwerden gegen diese Bescheide sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Keine rechtswirksame Zustellung infolge Vollbeendigung der GM-B

Die Löschung eine GmbH im Firmenbuch bewirkt grundsätzlich den Verlust der Rechtsfähigkeit (Parteifähigkeit) der Gesellschaft, sofern nicht hervorkommt, dass noch Vermögen zu verteilen ist.

Nach der Judikatur des OGH ist bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen, dass eine im Firmenbuch gelöschte Kapitalgesellschaft vermögenslos und damit nicht (mehr) parteifähig ist ().

Gegenständlich wurde die GM-B nach Durchführung eines Abwicklungsverfahrens und Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO durch das Finanzamt im Firmenbuch gelöscht.

Der VwGH hat in diesem Zusammenhang im Erkenntnis vom , VwGH 2014/13/0035, klargestellt, dass seine Aussagen, dass ein Abwicklungsbedarf bestehen kann, wenn nach Löschung im Firmenbuch noch Abgabenverbindlichkeiten festzusetzen sind (etwa Beschluss vom , 95/13/0068) sich nicht auf den Fall bezieht, wenn die Abgabenfestsetzung in keiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann.

Da es im gegenständlichen Fall zu keiner Abgabengutschrift kommen kann, wären die Beschwerden der Einschreiterin auch mangels wirksamer Erlassung von Bescheiden gegenüber der GM-B zurückzuweisen gewesen.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO wurde  von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen, weil die Beschwerden als unzulässig zurückzuweisen waren.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zum Erfordernis einer Unterschrift auf einem Bescheid besteht eine eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa ).

Zur Frage, der Rechtsfähigkeit einer im Firmenbuch gelöschten GmbH existiert  eine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Erkenntnis vom , 2014/13/0035).

Die Revision war daher spruchgemäß nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Zitiert/besprochen in
Mechtler/Pinetz in RdW 2015/576
Komarek/Reinold/Zinnöcker in ÖStZ 2017/690
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103123.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at