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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2014, RV/7100131/2012

Einräumung einer Dienstbarkeit im Wege einer gemischten Schenkung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100131/2012-RS1
Auch wenn die Einräumung einer Dienstbarkeit im Wege einer gemischten Schenkung erfolgt, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 TP 9 GebG vor. Bei nach dem abgeschlossenen gemischten Verträgen ist als Bemessungsgrundlage jenes Entgelt heranzuziehen, dass in einem Austauschverhältnis mit der Einräumung der Dienstbarkeit steht. Die darüberhinausgehenden Leistungen, die in Schenkungsabsicht erbracht werden, sind hingegen nicht bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache BF, STR, ORT, vertreten durch Mag. Philipp Urbas, Sickenbergg.  10, 1190 Wien gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgebühr zu ErfNr***, StNr*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert wie Folgt:

Die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG wird festgesetzt mit € 2.692,55 (2 % von einer Bemessungsgrundlage von € 134.627,65).

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Rechtsvorgang - Urkundeninhalt

Am schloss Herr BF (der nunmehrige Beschwerdeführer, kurz Bf.) als Käufer einen Kaufvertrag über den Erwerb von 87/665 Anteilen an der Liegenschaft EZ*** GB**** zur Begründung von Wohnungseigentum an Wohnung Top 3 samt Kellerabteil Nr. 3 und von 3/665 Anteilen zur Begründung von Wohnungseigentum an Stellplatz Nr. 3 um einen Kaufpreis von insgesamt € 400.000,00 von der X Bauträgergesellschaft mbH als Verkäuferin ab.

§ 12 des Kaufvertrages mit der Überschrift "Schenkung, Belastungs- und Veräußerungsverbot, Fruchtgenußrecht" lautet wie Folgt:

"Der Kaufpreis für gegenständlichen Liegenschaftserwerb wurde dem Käufer von dessen leiblichen Eltern, Frau MUTTER, geb. …, und VATER, geb ...., je zu gleichen Teilen zur Verfügung gestellt. Diese schenken diesen Betrag und der Käufer nimmt die Schenkung an.
Im Gegenzug räumt der Käufer seinen Eltern, Frau MUTTER, geb. …, und VATER, geb …, unentgeltlich ein Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des 364c ABGB sowie ein Fruchtgenußrecht im Sinne der §§ 509ff ABGB an der kaufgegenständlichen Liegenschaft ein und diese nehmen diese Rechte an.
Die Eltern, Frau MUTTER, geb. …, und VATER, geb …, erklären in diesem Zusammenhang für die gemäß diesem Vertrag zu leistenden Zahlungen zur ungeteilten Hand zu haften. Die Vertragsteile wurden über die Anzeigepflicht dieser Schenkung informiert und der Treuhänder gibt bekannt, zu dieser Anzeige verpflichtet zu sein."

Die über den Kaufvertrag errichtete Urkunde wurde am sowohl vom Bf. als auch von Frau MUTTER und Herrn VATER unterzeichnet.

II. Verfahrensablauf

II. 1. Verfahren vor dem Finanzamt

II.1.1. Überprüfung der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer

Anlässlich der Überprüfung der von der Y Rechtsanwälte GmbH mittels FinanzOnline zu ErfNr*** vorgenommenen Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer nahm das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel Einsicht in den oben angeführten Kaufvertrag vom und erlangte dadurch Kenntnis von der im § 12 des Vertrages erfolgten Fruchtgenusseinräumung.

II.1.2. Gebührenbescheid vom

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber dem Bf. für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG 1957 in Höhe von € 8.000,00 (2 % vom Wert des bedungenen Entgelts in Höhe von € 400.000,00) fest.

Zur Begründung führte das Finanzamt folgendes aus:

“Gem. § 12 des Kaufvertrages wurde der Kaufpreis dem Käufer von dessen Eltern zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug räumt der Käufer seinen Eltern ein Fruchtgenussrecht an der kaufgegenständlichen Liegenschaft ein.

Gemäß § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung der Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in der Höhe von 2 v.H. vom Wert des bedungenen Entgeltes.“

II.1.3. Berufung

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass die Einräumung des Fruchtgenussrechtes vollkommen unentgeltlich und ohne Gegenleistung erfolgt sei. Das Finanzamt scheine zu übersehen, dass die Schenkung des Kaufpreises zum Ankauf der verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjekte nicht im Zusammenhang mit der Einräumung der Dienstbarkeit stehe. Die Schenkung des Kaufpreises in Höhe von € 400.000,00 durch VATER und MUTTER an den Bf. sei ausdrücklich aus dem Grund erfolgt, damit dieser die verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjekte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erwerben könne, um diesem unentgeltlich noch zu Lebzeiten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Die Einräumung des Fruchtgenussrechtes sei von der Schenkung des Kaufpreises und dem Erwerb der Wohnungseigentumsobjekte zu trennen, zumal die Vertragsparteien in der Vertragsurkunde selbst festgehalten hätten, dass die Einräumung des Fruchtgenussrechtes unentgeltlich erfolgt. Auch wenn möglicherweise die von der Vertragsverfasserin Y Rechtsanwälte GmbH herangezogene Formulierung "im Gegenzug" etwas unglücklich sein mag, sei die Einräumung des Fruchtgenussrechtes tatsächlich ohne jegliche Gegenleistung und damit unentgeltlich erfolgt.

Beweis: PV; Kaufvertrag vom ; Grundbuchsauszug; zeugenschaftliche Einvernahme VATER und MUTTER

Selbst wenn die Einräumung des Fruchtgenussrechtes tatsächlich entgeltlich bzw. als Gegenleistung erfolgt wäre und die Einräumung dem Grunde nach eine Gebühr im Sinne des § 33 TP 9 GebG 1957 ausgelöst hätte, so sei diese zumindest unrichtig berechnet.

Das Finanzamt hätte die Bemessungsgrundlage nicht mit dem geschenkten Kaufpreis in Höhe von € 400.000,00 ansetzen dürfen, sondern hätte zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage den tatsächlichen Wert des Fruchtgenussrechtes ermitteln müssen und diesen sodann anzusetzen gehabt. Das Finanzamt hätte in diesem Zusammenhang den Bf. zur Bekanntgabe der heranzuziehenden Bemessungsgrundlage auffordern müssen. Eine betragsmäßige Bewertung des Fruchtgenussrechtes sei vom Bf. und dessen Eltern VATER und MUTTER im Kaufvertrag vom nicht vorgenommen worden.

Tatsächlich seien die verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjekte zum gegenwärtigen Zeitpunkt vermietet und würden die erzielbaren Mieteinnahmen monatlich € 750,00 betragen. Auf Grund der Größe und Art der Bestandobjekte (Wohnung und Garagenplatz) sei der erzielte Mietzins angemessen und marktüblich. Dieser betrage bei einer Wohnnutzfläche von 82,92 m2 des Wohnungseigentumsobjektes Top 3 € 7,84/m2 und für den Garagenplatz € 100,00.

Die Bewertung des Fruchtgenussrechtes im Sinne des § 16 BewG ergebe unter Berücksichtigung der erzielten Mieteinnahmen und des Alters / der Lebenserwartung der Fruchtgenussberechtigten einen Wert in Höhe von € 134.627,65.

Beweis: wie bisher; Mietvertrag samt Auszug über die Vergebührung; Berechnung des Wertes des Fruchtgenussrechtes

Zwar sei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Bemessung des Wertes der Dienstbarkeit grundsätzlich auf die subjektive Äquivalenz und der damit verbundene Vergeltung der einen Leistung durch die andere Leistung abzustellen (vgl. ), jedoch sei im gegenständlichen Fall der Wert des vom Bf. dessen Eltern VATER und MUTTER eingeräumten Fruchtgenussrechtes im Kaufvertrag gerade nicht festgesetzt worden.

Aus der Vertragsformulierung „Im Gegenzug“ – diese Formulierung stamme im Übrigen nicht von den Vertragsparteien, sondern sei diesen von der Vertragsverfasserin und Errichterin des Kaufvertrages vom , der Y Rechtsanwälte GmbH vorgeschrieben worden – gehe nicht hervor, dass die Vertragsparteien die gesamte Kaufpreissumme in Höhe von € 400.000,00, welche dem Bf. zum Ankauf der Liegenschaft geschenkt worden sei, als subjektives Äquivalent für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes bestimmt bzw. angesehen hätten. Diese Annahme basiere lediglich auf einer Vermutung des Finanzamtes.

Schon in Anbetracht der exorbitanten Differenz zwischen der vom Finanzamt herangezogenen vermeintlichen Bemessungsgrundlage und dem tatsächlichen Wert des Fruchtgenussrechtes entsprechend der Bewertung gemäß § 16 BewG hätte das Finanzamt feststellen müssen, dass die Schenkung des Kaufpreises in Höhe von € 400.000,00 keinesfalls als Bemessungsgrundlage für die vorgeschriebene Gebühr herangezogen werden könne.

Die verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjekte seien im Jahr 2010 neu errichtet worden. Auf Grund der zu erwartenden Lebensdauer der Wohnungseigentumsobjekte von zumindest 80 Jahren, des Alters der Fruchtgenussberechtigten VATER und MUTTER – diese befänden sich im 65. bzw. 63 Lebensjahr – und der sich daraus statistische ergebenden Lebenserwartung gehe hervor, dass die Schenkung des Kaufpreises in Höhe von € 400.000,00 an die Bf. vordergründig eine Erhöhung im Vermögen des Bf. bezwecken sollte, um diesem unentgeltlich noch zu Lebzeiten einen Vermögensvorteil zuzuwenden.

Wenn schon von einer Gegenleistung auszugehen sei, dann liege diese jedenfalls unter dem geschenkten Kaufpreis, da die während der Lebenszweit der Eltern des Bf. für diese erwartbaren Mietzinseinnahmen ebenfalls erheblich unter dem geschenkten Kaufpreis zurück bleiben. Dies sei dem Bf. und dessen Eltern bei der Schenkung des Kaufpreises vollkommen bewusst gewesen.

Das Finanzamt hätte aus den genannten Gründen im Falle der Bejahung des Vorliegens einer Gebührenpflicht Erhebungen anzustellen gehabt und hätte zu einem Wert des verfahrensgegenständlichen Fruchtgenussrechtes in Höhe von € 134.627,65 gelangen müssen. Dieser Wert wäre sodann als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG heranzuziehen gewesen, wodurch sich eine Gebührenschuld in Höhe von € 2.692,55 ergebe.

Abschließend beantragte der Bf. den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 134.627,65 ausgegangen und die Gebühr mit € 2.692,55 errechnet werde.

Der Berufung angeschlossen wurden Kopien des Kaufvertrages vom , eines Grundbuchsauszuges vom , ein Berechnungsblatt erstellt durch den Rentenrechner des und des Mietvertrages vom .

II.2. Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat und vor dem Bundesfinanzgericht

II.2.1. Vorlage der Berufung an den UFS

Mit Vorlagebricht vom legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor ohne zuvor eine BVE zu erlassen oder Ermittlungen zu tätigen. Die Streitpunkte wurden im Vorlagebericht mit "Entgelt für die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes" umschrieben. Das Finanzamt beantragte, die Berufung als unbegründet abzuweisen mit folgender Begründung:

"Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemand den Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt wird oder die entgeltliche Einräumung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2% des bedungenen Entgelts.
Mit Kaufvertrag vom hat der Dienstbarkeitsbesteller die gegenständlichen Liegenschaftsanteile erworben. Laut § 12 des gegenständlichen Kaufvertrages wurde ihm der Kaufpreis von seinen Eltern zur Verfügung gestellt und geschenkt. Im Gegenzug räumt der Bw. den Eltern im nächsten Vertragsabsatz das unentgeltliche Fruchtgenussrecht ein.
Der Kaufpreis stellt somit das Entgelt für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes dar.
Gem. § 33 TP 9 GebG stellt das Entgelt die Bemessungsgrundlage dar und nicht der Wert des Fruchtgenussrechtes, wie der Bw. vermeint.“

II.2.2. Übergang der Zuständigkeit auf das BFG

Am war die gegenständliche Berufung beim unabhängigen Finanzsenat anhängig und ist daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

II.2.3. Beweisaufnahme durch das BFG

Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den vom Finanzamt vorgelegten Bemessungsakt ErfNr*** samt den vom Bf. mit der Berufung vorgelegten Unterlagen.

III. entscheidungswesentlicher Sachverhalt

MUTTER und VATER übergaben ihrem Sohn BF einen Geldbetrag von € 400.000,00 zur Finanzierung des gesamten Kaufpreises für den Ankauf einer bestimmten Eigentumswohnung samt Garagenstellplatz mit der Abrede, dass ihnen vom Sohn ein Fruchtgenussrecht an den beiden Wohnungseigentumsobjekten eingeräumt wird. Bei Vertragsabschluss war allen Beteiligten bewusst, dass der Wert des Fruchtgenussrechtes niedriger ist als € 400.000,00 und erfolgte die Hingabe des den Wert des Fruchtgenussrechtes übersteigenden Betrages von Seiten der Eltern mit Schenkungsabsicht.

Die Dienstbarkeitseinräumung erfolgte am durch Unterzeichnung des Kaufvertrages und hat die darüber errichtet Urkunde auszugsweise jenen Inhalt wie unter Punkt I. zitiert.

Die erworbenen Wohnungseigentumsobjekte werden seit Dezember 2010 von den Fruchtgenussberechtigen um einen Hauptmietzins von € 750,00 (ohne den zusätzlich zu bezahlenden Betriebskosten) vermietet und entspricht dieser Mietzins dem unter Fremden marktüblichem Entgelt.

IV. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den Schriftsätzen des Bf., die im Einklang mit den eingesehenen Unterlagen stehen. Dass die Fruchtgenussrechtseinräumung in einem kausalen Verhältnis zur Hingabe des Geldbetrages steht, ergibt sich nicht nur aus der Textierung des Vertragspunktes Zwölftens des Kaufvertrages ("im Gegenzug“), sondern entspricht auch dem allgemeinen Grundsatz, dass gleichzeitig zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossene Rechtsgeschäfte einen entsprechenden Zusammenhang haben. Da alle Beteiligten die Höhe des Kaufpreises kannten ist nachvollziehbar, dass sowohl den Eltern als auch dem Sohn bewusst war, dass das auf Lebenszeit eingeräumte Fruchtgenussrecht einen niedrigeren Wert als € 400.000,00 hat. Es bestehen keine Zweifel, dass sowohl der Ankauf der neuerrichteten Wohnungseigentumsobjekte als auch die Vermietung unter Fremden zu marktüblichen Konditionen erfolgte und muss folglich der dem Verkehrswert der Wohnung entsprechende Betrag von € 400.000,00 den Wert des auf Lebenszeit eingeräumten Fruchtgenussrechtes erheblich übersteigen. Dass die Eltern bei Vertragsabschluss von einem wirtschaftlichen Vermögensvorteil für den Bf. ausgegangen sind, wurde nicht nur im Vertrag durch die Verwendung des Wortes "Schenkung“ entsprechend zum Ausdruck gebracht, sondern entspricht es auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass gerade Eltern zugunsten ihrer Kinder bei Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleitung einen Bereicherungswillen haben und sich deshalb ihre eigene Leistung mit einer wertmäßig geringeren Leistung nur zum Teil abgelten lassen. Es ist daher bei der rechtlichen Beurteilung davon auszugehen, dass nicht der gesamte Betrag von € 400.000,00 in einem Austauschverhältnis für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes steht und der den Wert des Fruchtgenussrechtes übersteigende Teilbetrag dem Bf. von seinen Eltern geschenkt wurde.

V. rechtliche Beurteilung

Gemäß § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Gebühr von 2 v.H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes. Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes des § 33 TP 9 GebG ist es, dass die Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt wird. Soll nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden, so liegt damit eine "subjektive Äquivalenz" und Entgeltlichkeit vor (, , und Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 12 zu § 33 TP 9 GebG). Auf das Vorliegen einer solchen Äquivalenz kann auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden (vgl. nochmals ).

Bemessungsgrundlage der Gebühr nach § 33 TP 9 GebG ist nicht der Wert der Dienstbarkeit, sondern der Wert des bedungenen Entgeltes. Zur Auslegung des Begriffs des Wertes des bedungenen Entgeltes können grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für den "Wert" im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG gelten ( 174/61), ohne dass aber die Sonderbestimmungen insbesondere der Abs. 2 und 3 des § 33 TP 5 GebG zur Anwendung gelangen könnten (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 14 zu § 33 TP 9 GebG). Zum "Wert", von dem die Gebühr zu berechnen ist, zählen somit alle Leistungen, die im Austauschverhältnis für die Einräumung des Dienstbarkeitsrechtes vom Dienstbarkeitsberechtigten zu erbringen waren.

Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer (in einer oder mehreren Urkunden enthaltenen) getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl ).

Im vorliegenden Fall wurden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte zusammengefasst. Einerseits wurde der Kauf der Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum verbunden ist, durch den Bf. beurkundet. Weiters wurde beurkundet, dass der Kaufpreis von € 400.000,00 für diese Wohnungseigentumsobjekte dem Bf. von seinen Eltern schenkungsweise überlassen wurde und gleichzeitig räumte der Bf. seinen Eltern "unentgeltlich" ein Fruchtgenussrecht an diesen Wohnungseigentumsobjekten ein, abgesichert durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot. Dieser enge zeitliche und sachliche Zusammenhang lässt den Schluss zu, dass die getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Bf. und seinen Eltern miteinander kausal verknüpft sind.

Der vorliegende Sachverhalt ist mit jenem dem Erkenntnis des zu Grunde liegenden Sachverhalt insofern vergleichbar, als auch darin der Sohn seinen Eltern gegen Erhalt einer Schenkung (in Form von Sparbüchern) ein unentgeltliches Wohnrecht einräumte. Bei dem Wert der übergebenen Sparbücher handelte es sich nach diesem Erkenntnis um das Entgelt für die eingeräumte Dienstbarkeit. Allerdings wurde im dortigen Beschwerdefall lediglich ein Teil des Kaufpreises von den Eltern finanziert. Im gegenständlichen Fall hingegen wurde der gesamte Kaufpreis durch die Eltern finanziert und die Hingabe des Geldbetrages mit einem Recht abgegolten, dessen kapitalisierter Wert deutlich niedriger ist als jener des Geldbetrages.

Die gemischte Schenkung ist ein Vertrag, der sich aus einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil zusammensetzt. Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn sich die gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung in einem offenbaren Missverhältnis gegenüberstehen und sich die Vertragsparteien dessen bewusst sind und trotzdem den Vertrag eingehen. Der Verwaltungsgerichtshof (Erk , 98/16/0241) setzt dem hinzu, dass eine gemischte Schenkung dann anzunehmen ist, wenn bei Vertragsabschluss der Parteiwille darauf gerichtet ist, dass ein Teil der zu erbringenden Leistungen als Geschenk anzunehmen ist.

Wenn die Leistung des einen Vertragsteiles in wiederkehrenden Leistungen, deren Höhe oder Zeitdauer von vornherein noch nicht feststeht, besteht, so kann nur dann von einer Schenkung gesprochen werden, wenn sich herausstellt, dass nach der Lage des Falles trotz dieser Ungewissheit sich für den einen Teil nur eine Bereicherung und für den anderen Teil auf jeden Fall nur eine Vermögenseinbuße ergebe, dass sich die Ungewissheit also nur auf das Ausmaß der Bereicherung oder Vermögenseinbuße auswirken kann. Die Vertragspartner müssen sich somit des doppelten Charakters der Leistung bewusst gewesen sein, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben. Ein krasses Missverhältnis des (gemeinen) Wertes der beiderseitigen Leistungen reicht somit für sich allein nicht aus, die Annahme einer gemischten Schenkung zu begründen; es kann jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen (vgl. , ). Bei einem auffallenden Missverhältnis darf nämlich im Einklang mit der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien dieses Missverhältnis erkannt haben (BFH II R 81/84 BStBl 1987 II 80).

Für die Feststellung, ob eine Schenkung bzw eine gemischte Schenkung vorliegt, sind nicht die Steuerwerte heranzuziehen, sondern die gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung zu vergleichen. Dabei kann der Gesamtbetrag wiederkehrender Leistungen, die von der Lebensdauer einer Person abhängen, mit einer auch nur annähernden Verlässlichkeit nur nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik errechnet werden (vgl. Fellner, Stempel- und rechtsgebühren, Rz 75 zu § 15 GebG).

Der Verkehrswert der von den Eltern erbrachten Leistung entspricht dem bezahlten Kaufpreis von € 400.000,00. Bei der Ermittlung des gemeinen Wertes des Fruchtgenussrechtes war vom Lebensalter der Eltern (Jahrgang 1949 und 1947) und von einem monatlichen Wert des Fruchtgenussrechtes von € 750,00 auszugehen. Seit der Neufassung der Bestimmung des § 16 BewG durch das BudgetbegleitG 2003, BGBl. I Nr. 71/2003 ist auch für die Ermittlung der steuerlichen Werte ausdrücklich eine Berechnung nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik angeordnet. Die vom Bf. vorgelegten Berechnungsblätter wurden mit Hilfe des vom Bundesministerium für Finanzen auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten Rentenrechners erstellt. Da dieses Berechnungsprogramm den Grundsätzen der Versicherungsmathematik entspricht, ist entsprechend der Berechnung des Bf. von einem gemeinen Wert des Fruchtgenussrechtes von € 134.627,65 auszugehen. Bei einem derartigen Missverhältnis zwischen Leistung der Eltern (€ 400.000,00) und Gegenleistung des Sohnes (Einräumung der Dienstbarkeit mit einem gemeinen Wert von € 134.627,65) ist dem Bf. zu folgen, dass den Vertragsparteien am Tage des Vertragsabschlusses die Wertdifferenz klar erkennbar war und diese Folge von den Vertragsparteien gewollt wurde. Die nach der Lage des Falles bei den Eltern auf jeden Fall eintretende Vermögenseinbuße war augenscheinlich unter Beachtung des nahen Angehörigenverhältnisses beabsichtigt, ansonsten hätten die Eltern wohl nicht den ganzen Kaufpreis, sondern nur einen dem Wert des Fruchtgenussrechtes in etwa entsprechenden Anteil des Kaufpreises im Schenkungswege getragen. Der zu erschließende Parteiwille war daher im vorliegenden Fall darauf gerichtet, dass die Eltern den Ankauf der ganzen Wohnung schenkungsweise finanzierten, der Sohn ihnen dafür als teilweise Gegenleistung ein Fruchtgenussrecht daran einräumte, während die erkennbare Wertdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung als Geschenk angesehen wurde. Wurde somit bei diesem einheitlichen Rechtsgeschäft ("Kaufpreisschenkung" gegen Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) nach dem Parteiwillen von den Eltern ein Teil der Leistung an den Sohn unentgeltlich hingegeben, dann ist von einer gemischten Schenkung auszugehen.

Gemäß § 15 Abs. 3 GebG idgF sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssteuergesetz fallen, sind von der Gebührenpflicht ausgenommen; dies gilt auch für Rechtsgeschäfte, sofern und insoweit diese unter das Stiftungseingangssteuergesetz fallen.

Vor dem erfolgte gemischte Schenkungen unterlagen dem ErbStG und kam daher für als gemischte Schenkung zu beurteilende Rechtsgeschäfte die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 3 GebG zur Anwendung (vgl. RV/0395-I/03). Bei einer gemischten Schenkung konnte der Inhalt des Geschäftes für Zwecke der Bemessung einer Rechtsgebühr nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgespalten und vom unentgeltlichen Teil die Schenkungssteuer, von dem entgeltlichen eine Rechtsgebühr eingehoben werden. Überwog jedoch beim gemischten Vertrag die Entgeltlichkeit, so konnte allein Rechtsgebühr zur Vorschreibung gelangen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, Rz 71 zu § 15 GebG).

Nach Fellner ist auch bei nach dem abgeschlossenen gemischten Verträgen entscheidend, ob der entgeltliche Teil gegenüber dem unentgeltlichen Teil überwiegt. Handelt es sich bei der Einräumung der Dienstbarkeit um ein überwiegend unentgeltliches Rechtsgeschäft – und zwar gleichgültig, ob der Wert der Dienstbarkeit oder der Wert der hingegebenen Sache (dem Parteiwillen entsprechend) überwiegt – so ist nach Fellner die Voraussetzung des § 33 TP 9 GebG, dass ein entgeltliches Rechtsgeschäft vorliegen muss, nicht erfüllt. Das Rechtsgeschäft unterliegt in einem solchen Fall keiner Gebühr (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, Rz 12 zu § 33 TP 9 GebG sowie Fellner, Rechtsgebühren bei gemischter Schenkung, SWK 2009, S 349).

Das BMF vertritt hingegen die Ansicht, dass nach Ablauf des beurkundete Rechtsgeschäfte, die einen Tatbestand des § 33 GebG erfüllen, Gebührenpflicht begründen; dies auch dann, wenn diese Rechtsgeschäfte der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterlägen, wären die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Z 1 und Z 2 ErbStG 1955 noch im Rechtsbestand.
Beispiel: A räumt B gegen ein Entgelt in Höhe von 10.000 ein Fruchtgenussrecht im kapitalisierten Wert von 70.000 ein. Dieser Vertrag wird am beurkundet.
Nach der Rechtslage vor dem unterlag dieses Rechtsgeschäft der Schenkungssteuer und war gemäß § 15 Abs. 3 GebG zur Gänze gebührenbefreit. Nach der Rechtslage nach dem löst der Dienstbarkeitsvertrag gemäß § 33 TP 9 GebG Gebührenpflicht aus. Bemessungsgrundlage ist im vorliegenden Fall das vereinbarte Entgelt von 10.000 (vgl. BMF-010206/0040-VI/5/2009).

Nach Arnold/Arnold sind unentgeltlich eingeräumte Dienstbarkeiten mangels Vorliegens einer Bemessungsgrundlage gebührenfrei. Erfolgt die Einräumung im Wege einer gemischten Schenkung, so bildet – mangels nunmehr gegebener gebührenrechtlicher Beachtlichkeit der Schenkungskomponente – der entgeltliche Teil die Bemessungsgrundlage (vgl. Arnold/Arnold, Rechtsgebühren, 9. Auflage, Rz 24c zu § 15).

Das Bundesfinanzgericht schließt sich dieser zuletzt genannten Ansicht an. Erfolgt die im Wege einer gemischten Schenkung eingeräumte Dienstbarkeit gegen Entgelt, so liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 TP 9 GebG vor. Als Bemessungsgrundlage ist jenes Entgelt, dass in einem Austauschverhältnis mit der Einräumung der Dienstbarkeit steht, heranzuziehen. Darüber hinausgehende Leistungen, die in Schenkungsabsicht erbracht wurden, sind hingegen nicht bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen. Nicht der gesamte hingegeben Geldbetrag von € 400.000,00 bildet daher hier den Wert des bedungenen Entgeltes für die Erwerbung des Titels der Dienstbarkeit, sondern nur der nicht „geschenkte“ Teilbetrag, dh. jener Teilbetrag der vom Sohn mit dem Fruchtgenussrecht abgegolten werden sollte. Im Ergebnis ist daher dem Eventualbegehren des Bf. zu folgen und ist als Bemessungsgrundlage für die Gebührenvorschreibung der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen kapitalisierte Wert des Fruchtgenussrechtes von € 134.627,65 anzusetzen.

Es ist der Beschwerde daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Bescheid insofern abzuändern, als die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG mit € 2.692,55 (2 % von € 134.627,65) festzusetzen ist.

VI. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig, da das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu der im gegenständlichen Fall entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, ob bei einer nach dem  im Wege einer gemischten Schenkung erfolgten Dienstbarkeitseinräumung ein Tatbestand nach § 33 TP 9 GebG verwirklicht wird, fehlt bisher eine Rechtsprechung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Leyrer/Resenig in
Leyrer/Resenig in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100131.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at