Wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des UStG bei Wohnungsvermietung
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/15/0015. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100417/2015 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl über die Beschwerde der Frau bfadr gegen den Bescheid des FA Bregenz vom , betreffend Umsatzsteuer 2011 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abgabe sind dem Ende der Entscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Kaufvertrag vom 28.10./ hat die Beschwerdeführerin eine Investorenwohnung mit einer Fläche von 75,31 m² gekauft.
Diese Wohnung wurde im Jahr 2011 fertiggestellt. Die Schlussrechnung stammt vom .
Mit Mietvertrag vom hat die Beschwerdeführerin diese Investorenwohnung vermietet. Der Mietzins hat 466,92 € pro Monat, das sind 6,20 € pro m², zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Die Bestandnehmerin ist zur Kosten der laufenden Betriebskosten verpflichtet und muss eine monatliche Betriebskostenakontozahlung in Höhe von 96,00 € inkl USt bezahlen. Für den PKW-Abstellplatz musste die Bestandnehmerin ein Miete von 45,00 € zuzüglich 20% USt bezahlen.
Die Beschwerdeführerin hat für die Anschaffung der Investorenwohnung ein Wohnbauförderungsdarlehen in Höhe von 60.200,00 € erhalten.
Dieser Sachverhalt ist unstrittig.
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2011 beantragte die Beschwerdeführerin die Behandlung der Vermietungserlöse als umsatzsteuerpflichtig und somit die Vorsteuer für die Anschaffung der Investorenwohnung.
Das Finanzamt Bregenz hat nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 mit 0,00 € festgesetzt, da die Vermietung der Investorenwohnung einkommensteuerrechltich und in der Folge auch umsatzsteuerrechtlich Liebhaberei darstelle und daher umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich sei.
In der Berufung und im Vorlageantrag wurde vorgebracht, dass es sich um keine Liebhaberei handle.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde II. Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Die gegenständliche Berufung ist daher als eine Beschwerde zu behandeln.
§ 10 Abs 5 der Neubauförderungsrichtlinie 2011 des Landes vorarlberg lautet:
"Die Miete (ohne Betriebskosten und USt.) darf bis zur gänzlichen Darlehenstilgung 6,20 € pro m² Nutzfläche nicht übersteigen. Diese Mietzinsobergrenze gilt absolut. sie schließt alle Nebenflächen wie Balkone, Terassen, Keller usw. mit ein. Das Mietentgelt ist unabhängig von allfälligen Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen. Sie darf auch nicht durch Abgeltungen für allfällige Wohnungseinrichtungen überschritten werden. Für Autoabstellplätze kann eine monatliche Nettomiete von höchstens 30,00 €, für Carports von 45,00 €, für Garagen und Tiefgarageneinstellplätze von höchstens 60,00 € verlangt werden. Das Mietentgelt kann nach dem Lebenhaltungskosten- oder Verbraucherpreisindex wertgesichert werden."
Die von der Beschwerdeführerin verrechnete Miete für die Wohnung und den Carport beträgt das nach den Neubauförderungsrichtlinien 2011 zulässige Maximum. Auf Grund der Neubauförderungsrichtlinien 2011, deren Einhaltung für den Erhalt eines Wohnbauförderungsdarlehens notwendig ist, konnte die Beschwerdeführerin aber höchstens die von ihr verlangte Miete erzielen. Die von der Beschwerdeführerin verlangte Miete ist daher fremdüblich.
Mit Erkenntnis vom , 2010/15/0107, hat sich der VwGH in dem Fall einer Kleinlandwirtschaft mit Tierzucht stillschweigend von der Rechtsansicht verabschiedet, wonach für die umsatzsteuerliche Liebhabereibeurteilung von (typisch der Lebensführung zuzurechnenden) Betätigungen im Sinne des § 1 Abs 2 Liebhabereiverordnung das Kriterium der objektiven Ertragsfähigkeit (wie bei der ertragsteuerlichen Liebhaberei) maßgeblich ist. Stattdessen ist nun das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (im Erkenntnisfall: 6. MwSt-RL) zu prüfen. Dazu ist ein Vergleich anzustellen, wie sich die näheren Umstände, unter denen der Steuerpflichtige die Betätigung ausübt, mit jenen Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, verhalten (marktkonformes Verhalten). Das (steuerliche) Ergebnis der Tätigkeit ist daher umsatzsteuerlich nicht (mehr) relevant (Rauscher in SWK 22/2013, 989).
Da das Finanzamt die Festsetzung der Umsatzsteuer mit 0,00 € mit dem Vorliegen steuerrechtlicher Liebhaberei begründet hat, vermag diese Begründung den Umsatzsteuerbescheid nicht zu tragen, da laut der neuen Rechtsprechung des VwGH bei marktkonformem Verhalten der Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Tätigkeit iSd Richtlinien 77/338/EWG und 2006/112/EG auch bei einkommensteuerrechtlicher Liebhaberei vorliegt.
Da die Beschwerdeführerin die Wohnung zu einem marktkonformen Mietzins vermietet hat, liegt trotz einkommensteuerrechtlicher Liebhaberei eine wirtschaftliche (=unternehmerische) Tätigkeit iSd UStG vor. Der Berufung war daher stattzugeben.
Die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 errechnet sich daher folgendermaßen:
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Bemessungsgrundlage | Umsatzsteuer | |
Steuerbarer Umsatz | 1.907,31 | |
20% Normalsteuersatz | 359,46 | 71,89 |
10% ermäßigter Steuersatz | 1.547,85 | 154,79 |
Vorsteuern | 41.516,97 | 41.516,97 |
Gutschrift | 41.290,29 |
Zulässigkeit einer Revision
Eine ordentliche Revision ist unzulässig, da sich der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2010/15/0107, im Fall einer Kleinlandwirtschaft mit Tierzucht stillschweigend von der Rechtsansicht verabschiedet hat, wonach für die umsatzsteuerliche Liebhabereibeurteilung von (typisch der Lebensführung zuzurechnenden) Betätigungen im Sinne des § 1 Abs 2 Liebhabereiverordnung das Kriterium der objektiven Ertragsfähigkeit (wie bei der ertragsteuerlichen Liebhaberei) maßgeblich ist.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Zitiert/besprochen in | Kopf/Treichl in BFGjournal 2014, 379 StExp 2014/278 Sadlo in ÖStZ 2015/468 Mayr/Pfeiffer in SWK 18/2015, 804 Arnoldi in taxlex 2015, 122 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100338.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at