Handbuch Familienrecht
2. Aufl. 2020
Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
S. 757I. Grundlagen
A. Prinzipien
1. Materielle Prinzipien
Das Erbrecht ist das Recht des generationenübergreifenden Vermögenstransfers. Es ist in Österreich – wie auch in den übrigen Rechtsordnungen Kontinentaleuropas – durch zwei Prinzipien geprägt, die freilich in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander stehen. Einerseits besteht Testierfreiheit, die es einer Person gestattet, mit Wirkung auf ihren Todesfall über das Vermögen zu disponieren und dabei festzulegen, wer welche Vermögenswerte erhalten soll. Die Testierfreiheit bezeichnet einen Teilbereich der Privatautonomie und lässt sich zugleich als Ausfluss des grundrechtlich geschützten Eigentumsrechts begreifen. Andererseits gilt der Grundsatz der Familienerbfolge, der in doppelter Weise verwirklicht ist. Erstens kommen die nächsten Angehörigen – also Verwandte sowie der Ehegatte/eP – als gesetzliche Erben zum Zug, wenn der Verstorbene keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat (Intestaterbfolge). Zweitens bestimmt das Prinzip der Familienerbfolge das Pflichtteilsrecht. Hiernach soll den nächsten Angehörigen jedenfalls ein bestimmter Anteil am Wert des hinterlassenen Vermögens zukommen. Das Pflichtteilsrecht ist zwingendes Rec...