Handbuch Familienrecht
2. Aufl. 2020
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S. 2I. Familie – Historische Begrifflichkeiten und moderne Realitäten
Die wohl anachronistische Norm des österr Familienrechts ist mittels Teilaufhebung durch den VfGH quasi Geschichte geworden, bildete jedoch mehr als zwei Jahrhunderte eine manifeste Basis des gesamten familienrechtlichen Bestandes. Gem § 44 ABGB idStF 1811 gründeten sich Familien-Verhältnisse auf den Ehevertrag, in welchem „zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beystand zu leisten“, erklären. Trotz dieser Anordnung wurden aber bereits im 19. Jh Ehen von Menschen im nicht mehr fortpflanzungsfähigen Alter geschlossen und wurde die im Rahmen der ehelichen Gestaltungsautonomie getroffene Vereinbarung, kinderlos bleiben zu wollen, unproblematisch anerkannt. Der grundrechtliche Schutz des Familienlebens besteht gem Art 8 EMRK nicht nur hinsichtlich der Ehe, sondern für viele andere Formen bestehender oder erst zu fördernder sozialer bzw intimer Beziehungen. Das Verlöbnis (§ 45 ABGB) als vorläufiges, nicht durchsetzbares, aber allenfalls Schadenersatzansprüche auslösendes Eheversprechen ist mittlerweile mehr von historischer B...