VwGH vom 22.03.2023, Ra 2022/13/0084
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamts für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100628/2019, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2012 bis 2016 sowie Festsetzung Umsatzsteuer 1/2017 bis 12/2017 (mitbeteiligte Partei: p AG in W, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Umsatzsteuer 2012 bis 2016 sowie Festsetzung Umsatzsteuer 1-9/2017 und Umsatzsteuer 11-12/2017) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1In der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich einer Außenprüfung vom wurde u.a. ausgeführt, die mitbeteiligte Partei sei nach § 1 Abs. 1 Z 6 BWG zur Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln wie Kreditkarten berechtigt und habe von dieser Berechtigung Gebrauch gemacht. Sie verfüge jedoch nicht über die personellen und infrastrukturellen Ressourcen für das Kreditkartengeschäft. Deshalb habe sich die mitbeteiligte Partei ab dem Wirtschaftsjahr 2013 der Leistungen der in Deutschland ansässigen A GmbH bedient, um die Vielzahl der Arbeitsschritte, die im Zusammenhang mit dem Kreditkartengeschäft erforderlich seien, von der A GmbH durchführen und abwickeln zu lassen. Die A GmbH habe eine termingerechte und fehlerlose Abwicklung sämtlicher Leistungen, die mit dem Kreditkartengeschäft verbunden seien, geschuldet (Gesamtpaket). Das Interesse der mitbeteiligten Partei am Erhalt einer Paketlösung komme bereits in der Präambel des Dienstleistungsvertrages zum Ausdruck, mit dem die mitbeteiligte Partei die A GmbH mit den Dienstleistungen für das Kreditkarten-Management und „Issuing Processing Services“ (Abwicklung der vom Herausgeber einer Kreditkarte wahrzunehmenden Dienstleistungen) beauftragt habe. Ohne dieses Gesamtpaket könne die mitbeteiligte Partei ihre Bankdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditkartengeschäft gegenüber dem Kunden nicht erbringen. Die A GmbH berücksichtige sämtliche Eventualitäten und Risiken des Kreditkartengeschäfts und Anpassungserfordernisse, um auf diese rechtzeitig zu reagieren sowie angemessene Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen. Die A GmbH entscheide aufgrund der tatsächlich anfallenden Kreditkartentransaktionen autonom, welche der nachstehend beschriebenen Dienstleistungen durchgeführt werden müssten, um eine reibungslose Abwicklung des Kreditkartengeschäfts der mitbeteiligten Partei zu gewährleisten. Die A GmbH erbringe die Dienstleistungen gegenüber den Kunden der mitbeteiligten Partei im Namen und für Rechnung der mitbeteiligten Partei, die mitbeteiligte Partei erbringe demgegenüber nur Nebenleistungen, wie z.B. generelle Beauskunftungen (wie funktioniert eine Kreditkarte, wie melde ich mich an) an potentielle Kreditkartenkunden und speichere die Kundenunterlagen im System der A GmbH ab. Die A GmbH habe die an die mitbeteiligte Partei verrechneten Umsätze gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d deutsches UStG als Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr steuerfrei behandelt. Die Prüfer seien jedoch der Ansicht, dass die A GmbH im vorliegenden Fall weder selbst unmittelbar Belastungen bzw. Gutschriften auf den betreffenden Kundenkonten durchführe noch eine solche Belastung bzw. Gutschrift anordne, da der Kreditkartenkunde die Entscheidung darüber habe, ob sein Konto zugunsten des Kontos eines Dritten belastet werden dürfe. Die Autorisierung (Genehmigung oder Ablehnung von Kundentransaktionen) erfülle nicht eine für die Übertragung des Eigentums von Geldern spezifische und wesentliche Funktion. Der von der A GmbH monatlich übermittelte Lastschrift-Datenträger sei lediglich eine Art Zahlungsaufforderung in elektronischer Form. Diese diene dazu, die beteiligten Zahlungsinstitute darüber zu informieren, die entsprechende Geldübertragung in die Wege zu leiten. Daraus sei ersichtlich, dass die A GmbH nicht die Verantwortung bzw. Haftung für die Vornahme der rechtlichen und finanziellen Veränderungen habe, welche die Steuerfreiheit charakterisiere. Die Leistungen seien daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig; es komme gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 zu einem Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger.
2Mit Bescheiden vom 16. bzw. setzte das Finanzamt Umsatzsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie für 1/2017 bis 12/2017 fest. In der Begründung verwies das Finanzamt jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung.
3Die mitbeteiligte Partei erhob (u.a.) gegen diese Bescheide Beschwerde. Die Beschwerde wurde antragsgemäß ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
4Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht (u.a.) der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2012 bis 2016 sowie 1/2017 bis 12/2017 Folge und änderte die Bescheide ab. Es sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei verfüge über eine Konzession nach dem Bankwesengesetz. Sie sei demnach berechtigt, Bankgeschäfte durch Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln wie Kreditkarten zu betreiben. Die zentrale Geschäftstätigkeit der mitbeteiligten Partei liege in der seit 2009 erfolgenden Ausgabe und Verwaltung einer Kreditkarte; diese Tätigkeit gründe sich im Wesentlichen auf von der Muttergesellschaft gesetzte Bestrebungen der Stärkung der Kundenbindung. Die mitbeteiligte Partei stehe in ständiger Vertragsbeziehung zu einer Kreditkartenorganisation.
6Die A GmbH sei ein international tätiger Dienstleister für Zahlungsdienste, spezialisiert auf die Erbringung von Verarbeitungsleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditkartengeschäft (Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln). Im Streitzeitraum sei die A GmbH mit der mitbeteiligten Partei in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden; in diesem Zeitraum sei die A GmbH in Deutschland ansässig gewesen, in Österreich habe keine Betriebsstätte existiert. Die A GmbH verfüge selbst über keine Banklizenz und habe keine Genehmigungen, selbständig Bankgeschäfte und Überweisungen durchzuführen oder selbständig Kreditkarten auszugeben. Die A GmbH sei ein von einer Kreditkartenorganisation zertifizierter Prozessor.
7Art und Weise der Dienstleistungserbringung zwischen der mitbeteiligten Partei und der A GmbH sei durch einen Dienstleistungsvertrag samt konkreten Arbeitsanweisungen geregelt.
8Nach Zitierung von Vertragsgrundlagen schilderte das Bundesfinanzgericht den typischen Ablauf der hier zu beurteilenden Geschäftsfälle im Kreditkartengeschäft. Die mitbeteiligte Partei habe an ihre Kunden (Kreditkartenkunden) Kreditkarten ausgegeben. Den Kunden gegenüber scheine nur die mitbeteiligte Partei und ihre Muttergesellschaft, nicht aber die A GmbH auf. Im Zuge des erstmaligen Kundenannahmeprozesses speicherten Mitarbeiter der mitbeteiligten Partei die Stammdaten der einzelnen Kunden direkt im EDV-System der A GmbH ab. Habe ein Kreditkartenkunde mit seiner Kreditkarte bei einem Unternehmer (Händler oder Dienstleister) einen Bezahlvorgang vorgenommen, erfolge vom Unternehmer (über dessen „Acquiring-Dienstleister“) im elektronischen Weg an die A GmbH die Anfrage, ob die vorgelegte Kreditkarte gültig und nicht gesperrt sei und ob der Verfügungsrahmen auch bei Durchführung der beabsichtigten Transaktion eingehalten werde. Die diversen Prüfhandlungen samt Dokumentation der einzelnen Prüfschritte erfolgten durch die A GmbH. Bei positivem Prüfungsergebnis autorisiere die A GmbH die elektronische Anfrage und somit die Zahlung, indem eine Autorisierungsnummer generiert und diese im Wege der Kreditkartenorganisation an den Anfragenden (Akzeptanzstelle) übermittelt werde. Der gesamte Vorgang der Prüfung und Autorisierung samt Generierung und Übermittlung der Autorisierungsnummer an die jeweilige Akzeptanzstelle erfolge selbständig durch die A GmbH ohne jegliches Zutun durch die mitbeteiligte Partei, die in den gesamten Autorisierungsablauf nicht eingebunden sei. Derart könne die mitbeteiligte Partei auf die Autorisierung nicht einwirken; sie habe im Zeitpunkt der Autorisierung auch keinerlei Wissen bzw. keine Information über den Autorisierungs- und Zahlungsvorgang.
9Nach Durchführung des Kreditkartenzahlungsvorgangs durch den Kunden erfolge von der Kreditkartenorganisation zeitnah die Übertragung des Kaufbetrages auf das Bankkonto des jeweiligen Unternehmers. Die mitbeteiligte Partei werde daraufhin von der Kreditkartenorganisation mit der Summe aller an einem Tag durchgeführten Transaktionen belastet. Parallel dazu berechne auch die A GmbH jeweils die Tagessumme und prüfe damit die Übereinstimmung mit dem im System der Kreditkartenorganisation ausgewiesenen Betrag. Die A GmbH gliedere diese Tagessumme in die einzelnen Transaktionsbeträge auf und ordne diese den einzelnen Kreditkartenkunden zu. Die jeweiligen (buchhalterischen) Kundenverrechnungskonten, die die A GmbH für jeden einzelnen Kreditkartenkunden führe, würden von der A GmbH entsprechend belastet; direkte Kundengelder seien aber nicht über Bankkonten der A GmbH geflossen.
10Die A GmbH habe weiters die eigene Hausbank angewiesen, die jeweilige Tagessumme vom eigenen Bankkonto auf das Bankkonto der mitbeteiligten Partei (bei deren Hausbank) zu übertragen. Von der mitbeteiligten Partei sei innerhalb von ein bis drei Tagen der Auftrag an die eigene Hausbank zur Übertragung der Tagessumme vom eigenen Bankkonto auf das Bankkonto der Kreditkartenorganisation erfolgt. Zusätzlich habe die mitbeteiligte Partei am Folgetag auch wieder die Rückübertragung der Tagessumme samt den von der A GmbH verrechneten Processing-Kosten von ihrem Bankkonto auf jenes der A GmbH angewiesen (diese Vorgehensweise liege in der Grundidee des Servicepakets begründet, wonach die A GmbH das Settlement mit der Kreditkartenorganisation hätte übernehmen sollen).
11Die mitbeteiligte Partei habe weiters, basierend auf von den Kreditkartenkunden bei Kreditkartenvertragsabschluss erteilten Lastschrifteinzugsermächtigungen, monatlich (etwa vier bis acht Wochen nach Tätigung des Kaufumsatzes) ihre Hausbank zum Lastschrifteinzug beauftragt. Die Gesamtsumme der monatlichen Transaktionsbeträge der einzelnen Kreditkartenkunden (deren Monatsabrechnung) sei dabei von deren Bankkonten auf das Bankkonto der mitbeteiligten Partei übertragen worden. Als Grundlage der Durchführung des Lastschrifteinzugs habe ein von der A GmbH eigenständig generiertes „Datenfile“ („SEPA-Lastschrift-File“ samt von der A GmbH erstelltem Begleitzettel) fungiert. Dieses „Datenfile“ habe weder von der durchführenden Bank noch von der mitbeteiligten Partei verändert werden können. Im „Datenfile“ hätten sich die entsprechenden Einzugsanweisungen für die einzelnen Kreditkartenkunden befunden. Am Begleitzettel, der als Kontrollmedium fungiert habe und formal die Autorisierung zur Durchführung der Lastschrifteinzüge erteilt habe, sei bloß die Gesamtsumme angeführt gewesen. Der Begleitzettel sei von zeichnungsberechtigten Mitarbeitern der mitbeteiligten Partei unterfertigt worden.
12Die A GmbH habe das erstellte „Datenfile“ samt Begleitzettel an die mitbeteiligte Partei übermittelt. Diese habe bloß kontrolliert, ob der am Begleitzettel bekanntgegebene Gesamtbetrag aller in das „Datenfile“ einbezogenen Einzeltransaktionen mit dem Betrag übereingestimmt habe, der aus dem „Datenfile-Code“ selbst ersichtlich gewesen sei. Eine weitergehende Überprüfung insbesondere der Einzeltransaktionen, aus denen dieser Gesamtbetrag zusammengesetzt gewesen sei, oder in sonstiger (technischer) Hinsicht sei nicht erfolgt. Bereits aus technischen Gründen sei der mitbeteiligten Partei keine Möglichkeit zugekommen, das „Datenfile“ zu verändern.
13Die mitbeteiligte Partei habe das „Datenfile“ samt unterfertigtem Begleitzettel an ihre Hausbank übermittelt. Diese habe nach Kontrolle der Zeichnungsberechtigung der freigebenden Personen der mitbeteiligten Partei ohne weitere inhaltliche Prüfung des „Datenfiles“ die Lastschrifteinzüge durchgeführt. Die von den Bankkonten der einzelnen Kreditkartenkunden eingezogenen Beträge habe sie dem Bankkonto der mitbeteiligten Partei gutgeschrieben.
14Für den Fall, dass ein Lastschriftbetrag vom Bankkonto eines Kreditkartenkunden (etwa mangels Kontodeckung) nicht habe eingezogen werden können, sei eine Rücklastschrift an die mitbeteiligte Partei erfolgt, welche diese an die A GmbH weitergeleitet habe. Die A GmbH habe die Forderung des Kunden im eigenen System wieder als offen ausgewiesen; sie habe sodann an den Kreditkartenkunden schriftliche Mahnungen erlassen. Seien die ersten beiden Mahnungen erfolglos geblieben, sei die Angelegenheit von der mitbeteiligten Partei an ein Inkassobüro übergeben worden.
15Im Fall von Kundenreklamationen (wenn etwa bei einem Unternehmer ein falscher Betrag verrechnet worden sei) habe der Unternehmer typischerweise vorweg den gesamten Betrag auf sein Bankkonto übertragen erhalten; in der Folge sei es zu einer Rückabwicklung gekommen. Die Reklamation sei von der mitbeteiligten Partei an die A GmbH weitergereicht worden; die A GmbH habe eigenständig die korrekte Rückabwicklung mit dem Unternehmer durchgeführt.
16Die A GmbH habe ein umfassendes Bündel an Dienstleistungen an die mitbeteiligte Partei erbracht. Dienstleistungen betreffend rein technische Aspekte (etwa für die Einrichtung und Aufrechterhaltung des Zuganges der mitbeteiligten Partei zum EDV-System der A GmbH oder Implementierungskosten) seien dabei als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden (und im Verfahren nicht strittig).
17Strittig seien jene Leistungen, die von der mitbeteiligten Partei als unecht umsatzsteuerbefreit behandelt worden seien. Diese Dienstleistungen hätten sich auf das „Processing“, das „Financial Accounting & Settlement Service“ sowie auf das „Service Center“ bezogen.
18Der Teilbereich des „Processing“ umfasse die Abspeicherung der Kreditkartenkundenstammdaten, die Erfassung und Verarbeitung der laufenden Transaktionsumsätze (Kaufumsätze der Kreditkartenkunden bei den die Kreditkarte akzeptierenden Unternehmen; tägliches Settlement), den gesamten Autorisierungsprozess der Kreditkartenzahlung (samt eigenständiger Genehmigung oder Ablehnung einer Kreditkartenzahlung), den monatlichen kundenseitigen Lastschrifteinzugsvorgang mit der Erstellung des Datenträger-Einzugsfiles samt Begleitzettel, die Erstellung diverser Berichte und Dokumentationen sowie die Führung der Kundenverrechnungskonten (offene Forderungen, Limitverwaltung).
19Der Teilbereich „Financial Accounting & Settlement Service“ habe im Wesentlichen Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erstellung von Unterlagen für die Verbuchung der aus dem Teilbereich Processing resultierenden Forderungen, Verbindlichkeiten, Gebührenerträge und -aufwendungen, Währungsgewinne und -verluste, sowie die Erstellung von Umsatzübersichten betroffen.
20Dienstleistungen des Teilbereichs „Service Center“ hätten schließlich weitere mit dem Teilbereich „Processing“ zusammenhängende Dienstleistungen betroffen (z.B. 24 Stunden Sperrhotline; Mahnwesen von Kreditkartenkunden; Rückbuchungsverfahren bei Kundenreklamationen; Betrugsprävention).
21Die mitbeteiligte Partei habe den mit dem Kreditkartengeschäft zentral einhergehenden Verarbeitungsprozess der Zahlungen und Überweisungen mehr oder weniger gänzlich an die A GmbH ausgelagert. Die von der A GmbH erbrachten Dienstleistungen seien dem Bereich der Finanzgeschäfte zuzuordnen. Zwar habe die A GmbH - genauso wenig wie die mitbeteiligte Partei - die Verbuchungen auf den jeweiligen Bankkonten nicht selbst durchgeführt; sie habe auch nicht die formalen Freigaben/Anweisungen durchgeführt. Die erbrachten Dienstleistungen der A GmbH hätten sich aber explizit und zentral auf die Übertragung von Geldsummen bezogen.
22Mit dem aufwendig gestalteten Autorisierungsprozess sei es allein der A GmbH oblegen, Kaufumsätze von Kreditkarteninhabern freizugeben oder abzulehnen. Ohne jegliches Zutun der mitbeteiligten Partei habe die A GmbH Autorisierungsnummern generiert, habe diese in das System der Kreditkartenorganisation eingespeist und habe damit den Zahlungsvorgang eines Kreditkartenkunden (beim Unternehmer, der die Kreditkarte akzeptiert habe) autorisiert oder diesen Zahlungsvorgang abgelehnt. Der mitbeteiligten Partei sei keine Möglichkeit zugekommen, einen von der A GmbH abgelehnten Zahlungsvorgang selbst zu genehmigen.
23Die A GmbH sei auch in den Prozess des täglichen Settlements zentral eingebunden gewesen. Dabei habe die A GmbH eigenständig die an die Kreditkartenorganisation zu übertragende Tagessumme berechnet, habe die Übereinstimmung mit dem im System der Kreditkartenorganisation ausgewiesenen Betrag geprüft, habe die Tagessumme in die einzelnen Transaktionsbeträge aufgegliedert und diese den einzelnen Kreditkartenkunden zugeordnet, indem sie auf den jeweiligen Kundenverrechnungskonten entsprechende Belastungen vorgenommen habe. Darüber hinaus habe die A GmbH auch die tägliche Übertragung des vollen Betrags der Tagessumme vom eigenen Bankkonto auf das Bankkonto der mitbeteiligten Partei angewiesen.
24Auch bei der kundenseitigen Abrechnung trete der Bezug der von der A GmbH erbrachten Dienstleistungen zur Übertragung von Geldsummen zu Tage. Die unmittelbare Verbuchung (Durchführung des Lastschrifteinzugs) sei zwar durch die Hausbank der mitbeteiligten Partei erfolgt, dies formal freigegeben bzw. angewiesen durch die mitbeteiligte Partei. Sämtliche relevanten Arbeitsschritte hiefür seien aber von der A GmbH durchgeführt worden (insbesondere Erstellung des „Datenfile“ samt Begleitzettel). Das „Datenfile“, in dem sich für die einzelnen Kreditkartenkunden verbindliche Buchungsanweisungen (Einzugsanweisungen) befunden hätten, sei im von der die Einzüge vornehmenden Bank vorgegebenen Format erstellt worden und habe weder von der mitbeteiligten Partei noch von dem die Einzüge vornehmenden Bankinstitut abgeändert werden können. Das „Datenfile“ samt Begleitzettel habe die einzige und entscheidende Grundlage für die Geldsummenübertragungen gebildet.
25Der direkte Bezug zur Übertragung von Geldsummen habe auch die Teilbereiche „Financial Accounting & Settlement Service“ sowie „Service Center“ betroffen. Hervorzuheben seien dabei die von der A GmbH erbrachten Dienstleistungen betreffend einen ausgeklügelten Betrugsbekämpfungsprozess. Neben der Implementierung von diversen Vorkehrungen, um betrügerische Geldsummenübertragungen möglichst hintanzuhalten, sei es der A GmbH auch oblegen, für die Rückabwicklung von betrugsverdächtigen Umsätzen zu sorgen. Als Grundlage hiefür hätten einerseits von der A GmbH selbst entwickelte Sicherheitsvorkehrungen, anderseits von der Kreditkartenorganisation vorgegebene Betrugsbekämpfungsmaßnahmen gedient. Der bestehende Zusammenhang mit der Übertragung der Geldsummen erscheine evident.
26Die A GmbH habe autonom und in eigener Verantwortung entschieden, welche der vertraglich vereinbarten Dienstleistungen hätten durchgeführt werden müssen, um eine reibungslose Abwicklung des Kreditkartengeschäfts zu gewährleisten. Die von der A GmbH übernommene Leistungsverpflichtung habe auch die Berücksichtigung sämtlicher Eventualitäten und Risiken des Kreditkartengeschäfts umfasst.
27Mit Ausnahme der unmittelbaren Verbuchung auf den Bankkonten bzw. der formalen Freigabe/bloßen Anweisung der Geldsummenübertragungen habe das Dienstleistungsbündel der A GmbH den gesamten Bereich des Verarbeitungsprozesses von Zahlungen und Überweisungen mehr oder weniger vollständig abgedeckt. Sämtliche erforderliche Funktionen, Arbeitsschritte und Prozesse seien von der A GmbH eigenverantwortlich in einem Gesamtpaket erbracht worden. Eine Aufspaltung des objektiv einen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bildenden Dienstleistungsbündels würde sich als wirklichkeitsfremd erweisen.
28Die von der mitbeteiligten Partei selbständig ausgeführten Dienstleistungen hätten sich hingegen im Wesentlichen auf die Kreditgewährung samt damit zusammenhängenden Compliance- und Revisionstätigkeiten, auf die Bereiche Kundendienst und Marketing, sowie auf die formelle Freigabe bzw. bloße Anweisung von Geldsummenübertragungen beschränkt.
29Betreffend die Übertragung von Geldsummen habe sich der Beitrag der mitbeteiligten Partei im Wesentlichen in der formalen Freigabe bzw. bloßen Anweisung der Geldsummenübertragungen (tägliches Settlement gegenüber der Kreditkartenorganisation; monatlicher kundenseitiger Lastschrifteinzugsvorgang) beschränkt. Die Buchungen auf den Bankkonten seien von der Hausbank der mitbeteiligten Partei vorgenommen worden. Der von der mitbeteiligten Partei eigenständig ausgeführte (nicht ausgelagerte) Leistungsbeitrag erweise sich im Verhältnis zu dem von der A GmbH erbrachten Leistungsbeitrag sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht als untergeordnet.
30Die der A GmbH vertraglich zugewiesene Haftung und Verantwortlichkeit habe sich auf die schuldhafte Verletzung vertragswesentlicher Pflichten in einer für das Erreichen des Vertragszweckes gefährdenden Weise bezogen. Im Hinblick auf die vertragswesentlichen Pflichten habe sich die Verantwortlichkeit der A GmbH nicht bloß auf technische Aspekte beschränkt, sondern habe sich letztlich auf die erfolgreiche Übertragung von Geldsummen bezogen.
31Schließlich sei auf das von der A GmbH im Zuge der täglichen Überweisung der Tagessumme vom eigenen Bankkonto auf jenes der mitbeteiligten Partei zu verweisen; für den Zeitraum bis zur am Folgetag angewiesenen Rückübertragung habe die A GmbH das Risiko einer allfällig eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der mitbeteiligten Partei zu tragen gehabt.
32Im Verhältnis zwischen der A GmbH und der mitbeteiligten Partei lägen keine Schwierigkeiten vor, die Bemessungsgrundlage bzw. die Höhe der Umsatzsteuer zu ermitteln. Eine allfällige Verrechnung von Umsatzsteuer würde zu einer effektiven Kostenbelastung der mitbeteiligten Partei führen. Die Überwälzung auf die Kreditkartenkunden erscheine naheliegend und würde eine entsprechende Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits nach sich ziehen.
33Die Leistungen der A GmbH seien gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich ausgeführt worden. Eine (allenfalls bestehende) Steuerschuld sei gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 auf die mitbeteiligte Partei übergegangen.
34Die mitbeteiligte Partei, die ihrerseits Bankgeschäfte erbracht habe und sohin nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt sei, habe die strittigen Leistungen als unecht steuerbefreit iSd § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 betrachtet.
35Im vorliegenden Fall habe die die Kreditkarte ausgebende mitbeteiligte Partei den damit einhergehenden Funktionsbereich der Kreditgewährung an sich genommen; sie habe auch die Bereiche Kundendienst und Marketing eigenständig wahrgenommen. Den Verarbeitungsprozess von Zahlungen und Überweisungen habe sie jedoch mehr oder weniger zur Gänze an den darauf spezialisierten Zahlungsdienstleister A GmbH ausgelagert.
36Zumal Geldsummen zwischen Bankkonten übertragen und damit Änderungen der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen Auftraggeber und Empfänger auf der einen Seite und zwischen deren jeweiligen Banken auf der anderen Seite bewirkt worden seien, seien jedenfalls Überweisungen iSd § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 vorgelegen. Diese Befreiungsbestimmung sei nicht auf Dienstleistungen eingeschränkt, die die Geldsummenübertragung an sich bzw. den diesbezüglichen Anweisungsvorgang betreffen. Auch dass die A GmbH keine Bank sei, sei für die Anwendung der Befreiungsbestimmung unschädlich.
37Das von der A GmbH erbrachte Dienstleistungsbündel sei als ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes im Sinne der Rechtsprechung zu verstehen. Es sei insoweit auch von einer einheitlichen Leistung auszugehen. Der Hauptzweck des von der A GmbH erbrachten Leistungsbündels sei in der umfassenden Erbringung sämtlicher Funktionen, Arbeitsschritte und Prozesse gelegen, um den mit dem Kreditkartengeschäft einhergehenden Verarbeitungsprozess der Zahlungen und Überweisungen reibungslos abzuwickeln. In diesem Sinne sei von einer von der A GmbH erbrachten einheitlichen Leistung auszugehen, die mehr oder weniger das gesamte Funktionsspektrum des Zahlungs- und Überweisungsverkehrs im Kreditkartengeschäft umfasst habe. Im Falle einer vorgenommenen Auslagerung von Leistungen sei es für die Anwendung der Befreiungsbestimmung nicht erforderlich, dass diese Leistungen vollständig ausgelagert seien.
38Die Dienstleistungen der A GmbH seien insoweit auch spezifisch und wesentlich gewesen. Sie seien über eine bloße Vorstufe zur Durchführung von Überweisungen hinausgegangen. Die von der A GmbH erbrachten Leistungen hätten gegenüber jenen, die von der mitbeteiligten Partei erbracht worden seien, weitaus überwogen. Damit lägen auch nicht bloß materielle, technische oder administrative Dienstleistungen vor. Auch vollständig im Wege der elektronischen Datenverarbeitung ausgeführte Finanzdienstleistungen seien von der Anwendung der Steuerbefreiung nicht ausgeschlossen. Die Verantwortlichkeit sei im vorliegenden Fall auch nicht auf technische Aspekte beschränkt. Insbesondere sei die Haftung für fehlgeschlagene oder annullierte Lastschriften nicht ausgeschlossen worden. Eine Beurteilung, die Institute, die ihre Zahlungs- und Überweisungsverarbeitungsprozesse auslagerten bzw. zukauften, schlechter stellen würde, als tendenziell größere Mitbewerber, die derartige Prozesse vollumfänglich selbst erbringen könnten, würde zu unbilligen Benachteiligungen führen und den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verletzen.
39Es seien daher die angefochtenen Bescheide - wie näher dargestellt - abzuändern gewesen.
40Gegen dieses Erkenntnis, soweit es Umsatzsteuer 2012 bis 2016 sowie 1-9/2017 und 11-12/2017 betrifft, wendet sich die vorliegende Revision des Finanzamts. Zur Zulässigkeit wird insbesondere geltend gemacht, es bestehe keine abschließende höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Auslagerung des die Abwicklung des Kreditkartengeschäfts betreffenden „Processings“ sowie der damit verbundenen Serviceleistungen unter die Befreiung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 zu subsumieren sei.
41Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
42Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
43Die Revision ist zulässig und begründet.
44Gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr einschließlich Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie das Inkasso von Handelspapieren steuerfrei.
45Diese Bestimmung hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 135 Abs. 1 Buchstabe d der Richtlinie 2006/112/EG (zuvor Art. 13 Teil B Buchstabe d Z 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Demnach befreien die Mitgliedstaaten die Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen von der Steuer.
46Im Erkenntnis vom , Ro 2018/13/0017, führte der Verwaltungsgerichtshof zur auch hier zu beurteilenden Befreiungsbestimmung aus:
„35 Die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 ist - richtlinienkonform - im Sinne der Rechtsprechung des EuGH auszulegen (vgl. - zu § 6 Abs. 1 Z 8 lit. f UStG 1994 - , Rz 9; vgl. auch deutscher Bundesfinanzhof , XI R 35/14, Rz 19).
36 Danach sind die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen - damals - nach Art. 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen ( SDC, C-2/95, Rn. 20). Die Befreiungen stellen autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts (Unionsrechts) dar, die im Gesamtzusammenhang des durch die Richtlinie eingeführten gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu sehen sind (EuGH SDC, Rn. 21; vgl. auch DPAS, C-5/17, Rn. 28 f, mwN).
37 Die befreiten Umsätze sind durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der Leistung definiert (EuGH SDC, Rn. 32; EuGH DPAS, Rn. 31).
38 Die Überweisung ist ein Vorgang, der in der Ausführung eines Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes besteht. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie zu einer Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger auf der einen Seite und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite sowie gegebenenfalls zwischen den Banken führt. Der Vorgang, der zu dieser Änderung führt, ist allein die Übertragung der Gelder zwischen den Konten unabhängig von deren Grund. Da die Überweisung nur ein Mittel zur Übertragung der Gelder ist, sind die funktionellen Aspekte für die Frage entscheidend, ob ein Vorgang eine Überweisung im Sinne dieser Bestimmung darstellt (EuGH SDC, Rn. 53; EuGH DPAS, Rn. 33).
39 Die Befreiungsbestimmung schließt nach ihrem Wortlaut grundsätzlich nicht aus, dass der Überweisungsvorgang in verschiedene einzelne Leistungen zerfällt, die dann ‚Umsätze im Überweisungsverkehr‘ sind (EuGH SDC, Rn. 64). Die Befreiung kann sich aber nur auf Umsätze beziehen, die ein eigenständiges Ganzes bilden, das im Großen und Ganzen die Wirkung hat, die spezifischen und wesentlichen Funktionen solcher Überweisungen insofern zu erfüllen, als es die Übertragung von Geldern bewirkt und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt, die diese Übertragung verwirklichen (EuGH DPAS, Rn. 34).
40 Eine Überweisung kann durch eine tatsächliche Übertragung von Geldern oder durch Buchungsvorgänge vorgenommen werden (EuGH DPAS, Rn. 35).
41 Die steuerbefreiten Dienstleistungen sind von der Erbringung rein materieller, technischer oder administrativer Leistungen zu unterscheiden. Zu diesem Zweck ist insbesondere der Umfang der Verantwortung des in Rede stehenden Dienstleistungserbringers zu untersuchen und namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf die spezifischen und wesentlichen Funktionen erstreckt, die die Umsätze auszeichnen (EuGH DPAS, Rn. 36).
42 Zweck der Befreiung dieser (und anderer in Art. 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten Richtlinie genannten) Finanzdienstleistungen ist es, Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden (vgl. Velvet & Steel, C-455/05, Rn. 24; EuGH DPAS, Rn. 46).
43 Dienstleistungen der elektronischen Nachrichtenübermittlung, mit denen Zahlungsanweisungen in geschützter und zuverlässiger Weise von einem Finanzinstitut an das andere übermittelt werden und deren einziger Zweck in der Übertragung von Daten besteht, erfüllen keine der Funktionen eines der von Art. 13 Teil B Buchstabe d Z 3 und 5 der Sechsten Richtlinie erfassten Umsätze, d.h. der Umsätze, die die Übertragung von Geld oder Wertpapieren bewirken (vgl. Nordea Pankki Suomi, C-350/10, Rn. 34).
44 Der Umstand, dass der betreffende Dienstleistungserbringer selbst unmittelbar Belastungen und/oder Gutschriften auf einem Konto oder Umbuchungen zwischen den Konten ein und desselben Inhabers vornehmen kann, lässt grundsätzlich den Schluss zu, dass die Bedingungen für eine Befreiung der betreffenden Dienstleistung von der Steuer erfüllt sind. Doch kann die bloße Tatsache, dass diese Dienstleistung nicht unmittelbar eine solche Aufgabe umfasst, nicht von vornherein ausschließen, dass sie unter die in Rede stehende Steuerbefreiung fällt (vgl. Bookit, C-607/14, Rn. 42).
45 Daraus, dass eine Dienstleistung für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, kann nicht ihre Befreiung hergeleitet werden (vgl. EuGH Bookit, Rn. 45).
46 Jemand, der Übertragungen oder die Verbuchung in den betreffenden Bankkonten nicht selbst vornimmt, sondern nur Kreditinstitute anweist, diese Übertragungen vorzunehmen, erbringt nur eine Vorstufe zu dem Umsatz im Überweisungs- oder Zahlungsverkehr (vgl. EuGH DPAS, Rn. 40 bis 42).
47 Die nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d bis f der Richtlinie 2006/112 befreiten Umsätze sind, auch wenn sie nicht unbedingt von einer Bank oder einem Kreditinstitut getätigt werden müssen, ihrer Art nach Finanzgeschäfte; Dienstleistungen administrativer Natur sind nicht befreit (vgl. EuGH DPAS, Rn. 45).“
47Gestützt auf diese Ausführungen (vgl. seither weiters insbesondere Cardpoint, C-42/18; ; deutscher Bundesfinanzhof , V R 4/19; sowie , XI R 19/19, je mit weiteren Nachweisen) teilt der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts, die hier strittigen Leistungen der A GmbH seien steuerfrei, nicht.
48Bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz für Zwecke der Mehrwertsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. Eine Leistung ist als einheitlich anzusehen, wenn zwei oder mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. Franck, C-801/19, Rn. 23 und 25). Eine einheitliche Leistung liegt dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile dagegen als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine einheitliche Leistung kann aber auch bei mehreren gleichrangigen Leistungen vorliegen (vgl. BlackRock Investment Management (UK), C-231/19, Rn. 29 f).
49Dass die hier strittigen Leistungen (für sich) ein derartiges Leistungsbündel betreffen, ist unbestritten. Ob darüber hinaus auch die weiteren Leistungen, die von der A GmbH an die mitbeteiligte Partei erbracht wurden (diese wurden von der mitbeteiligten Partei gesondert und als steuerpflichtig behandelt), im Rahmen dieses Leistungsbündels einheitlich zu behandeln wären, kann hier offen bleiben; es sei aber darauf verwiesen, dass nicht ohne Weiteres erkennbar ist, dass etwa die Einrichtung und Aufrechterhaltung des Zugangs zum EDV-System der A GmbH (ohne weitere Leistungen der A GmbH) einen eigenen Zweck erfüllt hätte und demnach gesondert zu beurteilen wäre. Die A GmbH erbrachte aber auch bei gesonderter Beurteilung nur der strittigen Leistungen eine Vielzahl von einzelnen Handlungen und Leistungen, die als einheitliche Leistung zu beurteilen ist.
50Besteht eine einheitliche Leistung aus einer Hauptleistung und einer Nebenleistung, so teilt die Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Hauptleistung. Handelt es sich hingegen um gleichrangige Leistungen, die aber objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, so kann diese Leistung im Hinblick auf die Mehrwertsteuer nur als Ganzes berücksichtigt werden; sie wird daher im Allgemeinen nicht von einer (eng auszulegenden) Befreiungsbestimmung erfasst (vgl. Deutsche Bank, C-44/11, Rn. 19, 21 und 43). Bei einer komplexen einheitlichen Leistung sind sämtliche Umstände, unter denen der Umsatz abgewickelt wird, zu berücksichtigen, um dessen charakteristische Bestandteile zu ermitteln und darunter die dominierenden Bestandteile zu bestimmen (vgl. Mesto Zamberk, C-18/12, Rn. 29).
51Dass ein Teil der erbrachten Leistungen (insbesondere die „Autorisierung“ der Transaktion) die Hauptleistung, ein anderer Teil aber Nebenleistungen seien, ist nicht erkennbar. Wie auch das Bundesfinanzgericht ausführt, war es der Hauptzweck des von der A GmbH erbrachten Leistungsbündels, sämtliche Funktionen, Arbeitsschritte und Prozesse umfassend zu erbringen, um den mit dem Kreditkartengeschäft einhergehenden Verarbeitungsprozess der Zahlungen und Überweisungen reibungslos abzuwickeln. Für die mitbeteiligte Partei war die Erbringung der Gesamtheit der Leistungen durch die A GmbH für ihre eigenen Leistungen erforderlich. Alle diese Leistungen waren für sie unerlässlich; eine Hauptleistung, denen Nebenleistungen gegenüber gestanden wären, liegt damit nicht vor.
52Der Kernbereich des Überweisungsvorgangs (Ausführung des Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes; unmittelbare Belastungen und/oder Gutschriften auf einem Konto oder Umbuchungen zwischen den Konten) wurde von der A GmbH nicht erbracht. Es wurden aber - wie bereits ausgeführt - von der A GmbH Funktionen, Arbeitsschritte und Prozesse umfassend erbracht, um den mit dem Kreditkartengeschäft einhergehenden Verarbeitungsprozess der Zahlungen und Überweisungen reibungslos abzuwickeln. Im Vordergrund der Leistungserbringung der A GmbH steht sohin nicht die Vornahme der Zahlungen und Überweisungen selbst, sondern deren „Verarbeitungsprozess“. Diese Leistungen sind aber nicht durch den Geldtransfer geprägt, es handelt sich vielmehr um Leistungen, die der Übertragung einer Geldsumme von einem Konto auf ein anderes unter Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation vor- oder nachgelagert sind oder diesen Vorgang lediglich unterstützend begleiten.
53Auch der Zweck der Regelung gebietet im vorliegenden Fall nicht die Steuerfreiheit der von der A GmbH zu erbringenden Leistungen. Wie das Bundesfinanzgericht insbesondere ausführt, bestehen im vorliegenden Fall keine Schwierigkeiten, die Bemessungsgrundlage (Entgelt der A GmbH für diese Leistungen) zu ermitteln.
54Die einheitliche Leistung (Leistungsbündel) der A GmbH kann somit nicht von der Befreiungsbestimmung erfasst werden (vgl. in diesem Sinne zu einem ähnlich gelagerten Fall auch BFH , V R 4/19).
55Wenn das Bundesfinanzgericht im Übrigen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , K und DBKAG (C-58/20 und C-59/20), verweist, ist zu bemerken, dass dort die Leistung der „Verwaltung“ zu beurteilen war. Unter diesen Begriff können aber insbesondere auch Leistungen fallen, die Änderungen der rechtlichen oder finanziellen Situation (worauf es im vorliegenden Fall ankommt) nicht bewirken (vgl. z.B. GfBk, C-275/11, Rn. 26).
56Soweit das Bundesfinanzgericht die Steuerfreiheit schließlich auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität stützt, ist zu erwidern, dass dieser Grundsatz eine Auslegungsregel für die Mehrwertsteuerrichtlinie und keine gegenüber den Bestimmungen dieser Richtlinie höherrangige Norm ist. Dieser Grundsatz kann es daher nicht erlauben, den Geltungsbereich einer Befreiung auszuweiten (vgl. z.B. BlackRock Investment Management (UK), C-231/19, Rn. 51).
57Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022130084.L00 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.