4. Abschnitt Unterbringung ohne Verlangen
§ 9. Vorführung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen des § 3 Z 1 für gegeben erachten, zur Untersuchung zu einem Arzt im Sinn des § 8 Abs. 1 zu bringen oder diesen der Amtshandlung beizuziehen.
(2) Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder die Verbringung zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung im Sinn des § 8 in eine psychiatrische Abteilung bringen, wenn
1. die Beiziehung eines Arztes nach § 8 Abs. 1 für die betroffene Person, insbesondere wegen der damit verbundenen Wartezeit oder Wegstrecken, unzumutbar ist,
2. sie von einem Facharzt oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie beigezogen werden, der nachvollziehbar im Rahmen seiner Behandlung oder Betreuung der betroffenen Person die Voraussetzungen des § 3 für gegeben erachtet,
3. sie von einem Notarzt beigezogen werden, der nachvollziehbar im Rahmen seiner Behandlung der betroffenen Person die Voraussetzungen des § 3 für gegeben erachtet,
4. ein ohne Verlangen untergebrachter Patient nicht länger als sieben Tage der psychiatrischen Abteilung eigenmächtig ferngeblieben ist und der Abteilungsleiter die Voraussetzungen des § 3 weiterhin für gegeben erachtet,
5. ein ohne Verlangen untergebrachter Patient nicht länger als sieben Tage in einer anderen Abteilung oder in einer anderen Krankenanstalt behandelt wurde und nun nicht freiwillig in die psychiatrische Abteilung zurückkehrt, obwohl der Abteilungsleiter die Voraussetzungen des § 3 weiterhin für gegeben erachtet, oder
6. Gefahr im Verzug vorliegt.
(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen, unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen. Sie sind ermächtigt, die Vorführung mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen. Die psychiatrische Abteilung, in die die betroffene Person gebracht werden soll, ist vom Rettungsdienst vorab zu verständigen. Wird kein Rettungsdienst beigezogen, so haben die vorführenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die psychiatrische Abteilung vorab zu verständigen.
(5) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind – wenn die betroffene Person nach entsprechender Belehrung nicht widerspricht – ermächtigt, von deren Vorführung in die psychiatrische Abteilung einen Angehörigen, der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt oder für sie sorgt, zu verständigen. Die betroffene Person hat das Recht, dass auf ihr Verlangen unverzüglich ein Angehöriger, ein gewählter Vertreter, ein gesetzlicher Vertreter oder eine von ihr namhaft gemachte Person von der Amtshandlung verständigt wird.
(6) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, in einem Bericht über die Amtshandlung die Gründe, die zur Annahme des Vorliegens einer psychischen Krankheit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden Gefährdung geführt haben, bei Gefährdung anderer, ob gegebenenfalls ein Betretungs- und Annäherungsverbot gemäß § 38a Abs. 1 SPG oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382c oder 382d EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde, die vorführende Sicherheitsdienststelle und die Sicherheitsbehörde, der die Amtshandlung zuzurechnen ist, anzuführen.
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