GemO § 90. Genehmigungspflicht, LGBl. Nr. 29/2019, gültig von 02.04.2019 bis 02.12.2019

Viertes Hauptstück Vermögenswirtschaft und Gemeindehaushalt

V. Abschnitt Gemeinsame Bestimmungen

§ 90. Genehmigungspflicht

(1) Für folgende abgeschlossene Rechtsgeschäfte und gesetzte Maßnahmen hat die Gemeinde, soweit in Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist, die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde zu beantragen:

1. die Veräußerung von unbeweglichem Gemeindevermögen;

2. die Verpfändung und sonstige Belastung von unbeweglichem Gemeindevermögen (inkl. Dienstbarkeiten, Baurechten und Superädifikate);

3. die Aufnahme und Gewährung von Darlehen,

4. die Übernahme von Haftungen, insbesondere Bürgschaften und Garantien, der Beitritt zu Schulden und die Übernahme von Schulden sowie das Eingehen von Wechselverbindlichkeiten;

5. die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung gleichkommt (z. B. durch einen Leasingvertrag);

6. der Abschluss eines derivativen Finanzgeschäftes mit Grundgeschäft, insbesondere zum Austausch von Zinsen- und/oder Kapitalbeträgen;

7. die Errichtung, Übernahme, Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung von Einrichtungen und Unternehmen gemäß § 71b Abs. 1 sowie die Änderung des Unternehmensgegenstandes dieser Einrichtungen und Unternehmen durch die Gemeinde sind an eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde gebunden;

8. der Verzicht auf die Sicherstellung einer Forderung durch eine bestehende Hypothek sowie auf eine bestehende Dienstbarkeit oder bestehende Reallast;

9. der An- oder Verkauf von aktiven Finanzinstrumenten, außer liquide Mittel, Forderungen und Beteiligungen, sowie deren Verpfändung;

10. der An- und Verkauf von Forderungen sowie deren Verpfändung;

11. die Abgabe einer Nachstehungserklärung bezüglich der bücherlichen Rangordnung.

(2) Bei der Aufsichtsbehörde anzuzeigen, jedoch genehmigungsfrei, sind die in Abs. 1 genannten Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bei Vorliegen folgender Voraussetzungen:

1. im Fall der Z 1, wenn der Kaufpreis den ortsüblichen Preis nicht unterschreitet.; dies muss durch ein Gutachten eines Amtssachverständigen oder eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor Beschlussfassung im Gemeinderat nachgewiesen werden;

2. im Fall der Z. 1 bei der Verpfändung und sonstigen Belastung von unbeweglichem Gemeindevermögen und im Fall der Z. 3 der Wert zwei Prozent der Gesamteinnahmen des ordentlichen Gemeindevoranschlages des laufenden Haushaltsjahres nicht übersteigt. Bei Rechtsgeschäften und Maßnahmen im Sinne der Z. 3 erster Fall ist der gesamte Wert der Leistung und bei solchen im Sinne der Z. 3 zweiter Fall das 48-Fache des monatlichen Miet- oder Pachtzinses maßgebend. Wird die ortsübliche Höhe des Miet- oder Pachtzinses wesentlich unterschritten, ist bei der Berechnung auf den ortsüblichen Zins abzustellen;

3. im Fall der Z. 2 der Wert der Einzelmaßnahme, die Annuität zwei Prozent – der gesamte den Gemeindehaushalt belastende jährliche Schuldendienst jedoch höchstens zehn Prozent – der Einnahmen aus öffentlichen Abgaben (Abschnitt 92) des Voranschlages des laufenden Haushaltsjahres nicht übersteigt und durch die Annuitätenleistung der Haushaltsausgleich nicht gefährdet ist.

4. (Anm.: Z 4 ist gemäß § 108 Abs. 11 noch nicht in Kraft)

5. im Fall der Z 7 – soweit es sich nicht um die Errichtung einer Privatstiftung oder eines Unternehmens oder einer Einrichtung handelt, wenn der Anteil am Eigenkapital oder geschätzten Nettovermögen des Unternehmens bis zu 20 Prozent beträgt (sonstige Beteiligung) und die Gemeinde keine Beherrschung hat;

(3) Für die Beurteilung der Genehmigungspflicht ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(4) Die Genehmigung ist durch die Aufsichtsbehörde innerhalb von drei Monaten ab Einlangen des Genehmigungsantrages der Gemeinde zu erteilen oder zu versagen. Im Falle von Sachverhaltserhebungen (z. B. Anforderung von Urkunden) und der Wahrung des Parteiengehörs verlängert sich diese Frist auf sechs Monate. Die Genehmigung kann versagt werden, wenn das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme mit der Gefahr einer dauernden Schmälerung des Gemeindevermögens, eines negativen Nettovermögens, einer mangelnden Liquidität oder eines langfristigen Ungleichgewichtes des Ergebnishaushaltes verbunden wäre oder wenn das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme einer Bestimmung dieses Gesetzes widerspricht und die Rechtswidrigkeit nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist behoben wird. Ist das Rechtsgeschäft oder die andere Maßnahme im Haushaltskonsolidierungskonzept (§ 74b) vorgesehen, kann die Aufsichtsbehörde eine Genehmigung erteilen.

(5) Beschlüsse des Gemeinderates über Rechtsgeschäfte und andere Maßnahmen gemäß Abs. 1 werden erst mit der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde rechtswirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt entsteht für die Gemeinde keine Leistungspflicht. Die Gemeinde haftet auch nicht für einen Schaden, der nur deswegen eingetreten ist, weil die Aufsichtsbehörde die Genehmigung versagt hat. Die Tatsache, dass ein Rechtsgeschäft oder eine Maßnahme der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf und die daran geknüpften Rechtsfolgen sind in jeder über ein solches Rechtsgeschäft verfassten Urkunde anzuführen.

(6) Folgende Rechtsgeschäfte und Maßnahmen bedürfen jedenfalls keiner Genehmigung:

1. die Abschreibung von Trennstücken gemäß den § 13 bis 22 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, auf Grund eines Anmeldungsbogens (einer Beurkundung) der Vermessungsbehörde;

2. die Einräumung einer Dienstbarkeit der Errichtung, der Erhaltung und des Betriebes von Leitungen auf gemeindeeigenen Grundstücken, die dem Fernmeldewesen, der Telekommunikation, der Energieversorgung sowie der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung dienen;

3. die Gewährung von Gehaltsvorschüssen für Gemeindebedienstete.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 1/1999, LGBl. Nr. 29/2010, LGBl. Nr. 81/2010, LGBl. Nr. 125/2012, LGBl. Nr. 29/2019

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