GewO 1994 § 365s. Verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, BGBl. I Nr. 95/2017, gültig von 18.07.2017 bis 21.07.2020

IV. Hauptstück Behörden und Verfahren

2. Besondere Verfahrensbestimmungen

§ 365s. Verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden

(1) Der Gewerbetreibende hat zusätzlich zu den in § 365p festgelegten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden

1. über angemessene Risikomanagementsysteme einschließlich risikobasierter Verfahren zu verfügen, um feststellen zu können, ob es sich bei dem Kunden oder dem wirtschaftlichen Eigentümer des Kunden um eine politisch exponierte Person handelt,

2. im Falle von Geschäftsbeziehungen zu politisch exponierten Personen die Zustimmung seiner Führungsebene einzuholen, bevor er Geschäftsbeziehungen zu diesen Personen aufnimmt oder fortführt,

3. angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Herkunft des Vermögens und der Gelder, die im Rahmen von Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen mit diesen Personen eingesetzt werden, zu bestimmen und

4. die Geschäftsbeziehung einer verstärkten fortlaufenden Überwachung zu unterziehen.

(2) Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) haben angemessene Maßnahmen zu treffen, um zu bestimmen, ob es sich bei den Begünstigten einer Lebensversicherungs- oder anderen Versicherungspolizze mit Anlagezweck und, sofern erforderlich, bei dem wirtschaftlichen Eigentümer des Begünstigten um politisch exponierte Personen handelt. Diese Maßnahmen sind spätestens zum Zeitpunkt der Auszahlung oder zum Zeitpunkt der vollständigen oder teilweisen Abtretung der Polizze zu treffen. Falls höhere Risiken ermittelt wurden, haben die Gewerbetreibenden zusätzlich zu den in § 365p vorgesehenen Sorgfaltspflichten

1. ihre Führungsebene vor Auszahlung der Versicherungserlöse zu unterrichten,

2. die gesamte Geschäftsbeziehung zu dem Versicherungsnehmer einer verstärkten Überprüfung zu unterziehen.

(3) Ist eine politisch exponierte Person nicht mehr mit einem wichtigen öffentlichen Amt in einem Mitgliedstaat oder Drittland oder mit einem wichtigen öffentlichen Amt bei einer internationalen Organisation betraut, so hat der Gewerbetreibende für mindestens zwölf Monate das von dieser Person weiterhin ausgehende Risiko zu berücksichtigen und so lange angemessene und risikoorientierte Maßnahmen zu treffen, bis davon auszugehen ist, dass diese Person kein Risiko mehr darstellt, das spezifisch für politisch exponierte Personen ist.

(4) Die in Abs. 1 bis 3 genannten Maßnahmen gelten auch für Familienmitglieder oder Personen, die politisch exponierten Personen bekanntermaßen nahestehen.

(5) Bei natürlichen oder juristischen Personen, die in von der Europäischen Kommission ermittelten Drittländern mit hohem Risiko niedergelassen sind, sowie in anderen Fällen mit erhöhten Risiken, die der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft gemäß Abs. 6 festgelegt oder der Gewerbetreibende ermittelt hat (§ 365n1), hat der Gewerbetreibende verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden anzuwenden, um diese Risiken angemessen zu beherrschen und zu mindern. Der Gewerbetreibende hat bei seiner Risikoanalyse zumindest die in der Anlage 8 zu diesem Bundesgesetz dargelegten Faktoren für ein potenziell erhöhtes Risiko sowie von den Europäischen Aufsichtsbehörden gegebene Leitlinien zu berücksichtigen. Entsprechende Unterlagen zur Risikoanalyse und deren Ergebnis sind vom Gewerbetreibenden zur jederzeitigen Einsichtnahme durch die Behörde aufzubewahren.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat aufgrund einer Risikoanalyse, die insbesondere auf Grundlage der gemäß § 365v Abs. 3 vorliegenden Daten erfolgt, für ein potenziell erhöhtes Risiko verstärkte Sorgfaltspflichten durch Verordnung festzulegen. Dabei sind zumindest die in Anlage 8 zu diesem Bundesgesetz dargelegten Faktoren für ein potenziell erhöhtes Risiko sowie von den Europäischen Aufsichtsbehörden gegebene Leitlinien zu berücksichtigen.

(7) Der Gewerbetreibende hat Hintergrund und Zweck aller komplexen und ungewöhnlich großen Transaktionen und aller ungewöhnlichen Muster von Transaktionen ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck zu untersuchen, soweit dies im angemessenen Rahmen möglich ist. Um zu bestimmen, ob diese Transaktionen oder Tätigkeiten verdächtig sind, verstärkt der Gewerbetreibende insbesondere den Umfang und die Art der Überwachung der Geschäftsbeziehung.

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

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