Richtlinie des BMF vom 01.07.2002, BMF-010220/0210-IV/9/2007
1. Mineralöl

1.4. Mineralöl "im engeren Sinn" und "sonstige Mineralöle"

Beachte:

Diese Arbeitsrichtlinie enthält den letzten Stand der in der elektronischen Zolldokumentation (EZD) verlautbarten Arbeitsrichtlinie VS-1110. An der Aktualisierung dieser Arbeitsrichtlinie wird gearbeitet.

Wie bereits ausgeführt finden gemäß § 2 Abs. 8 MinStG 1995 idF des VStÄG 1996 die Mineralöl betreffenden Bestimmungen nur mehr auf bestimmte Mineralöle Anwendung, nämlich solche, bei denen eine steuerrelevante Verwendung als Treibstoff oder zum Verheizen technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Sie sind im § 2 Abs. 8 Z 1 bis 4 MinStG 1995 taxativ aufgezählt.

1.4.1. Mineralöl "im engeren Sinn"

Folgende Waren gelten als Mineralöl "im engeren Sinn" (§ 2 Abs. 8 MinStG 1995 idF des VStÄG 1996); sie wurden in obiger Konvergenzliste (siehe Abschnitt 1.0) fett markiert, sollte die KN-Änderung 2002 zu Änderungen der jeweiligen (Unter)-Positionen geführt haben, sind die neuen KN-Codes im Folgenden kursiv angeführt:

1.4.1.1. § 2 Abs. 8 Z 1 MinStG 1995

Benzol, Toluole und Xylole (KN-Codes 2707 10, 2707 20, 2707 30) sowie bestimmte andere Mischungen aromatischer Kohlenwasserstoffe (KN-Code 2707 50)

1.4.1.2. § 2 Abs. 8 Z 2 MinStG 1995

Leichtöle, mittelschwere Öle und Schweröle (KN-Codes 2710 00 11 bis 2710 00 78 bzw. 2710 11 11 bis 2710 19 69); nicht aber Schmieröle und bestimmte andere Öle der KN-Codes 2710 00 81 ff bzw. 2710 19 71 ff (zB Hydrauliköle, Motorenöle, Getriebeöle);

1.4.1.3. Ausnahme

  • Testbenzin (KN-Code 2710 00 21 bzw. 2710 11 21),

  • andere Spezialbenzine (KN-Code 2710 00 25 bzw. 2710 11 25) und

  • bestimmte mittelschwere Öle (KN-Code 2710 00 59 bzw. 2710 19 29)

sind jedoch nur Mineralöl "im engeren Sinn", wenn sie nicht in Gebinden abgefüllt sind, also als "lose Ware" befördert werden.

1.4.1.4. "lose Ware"

Die Frage, ob solche Mineralöle als "lose Ware" (insbesondere innergemeinschaftlich) befördert werden (Begleitdokument erforderlich!), ist zunächst von der ("innerstaatlichen") Frage zu unterscheiden, ob ihre unversteuerte Abgabe einen Freischein bzw. eine Steuerlagerbewilligung erfordert:

Von einer Beförderung als "lose Ware" ist jedenfalls dann auszugehen, wenn Mineralöl in Straßentankwagen, Tankschiffen oder Eisenbahnkesselwagen (also ausschließlich in der unmittelbaren Umschließung) befördert wird. Keinesfalls liegt eine Beförderung als "lose Ware" vor, wenn das Mineralöl in Kleinverpackungen für den Endverbraucher abgefüllt ist. Für die Frage, ob solches Mineralöl als "lose Ware" befördert wird, ist aber nicht die Gebindegröße entscheidend, sondern die Frage, ob Transportbehältnis und Transportmittel (Fahrzeug) ident sind, dh dass die Ware beim Empfang aus dem Transportbehältnis entnommen werden muss. Als Gebinde sind jene Behältnisse anzusehen, die vom Transportfahrzeug samt Inhalt ohne weiteres entfernt werden können.

1.4.1.5. § 2 Abs. 8 Z 3 MinStG 1995

Gasförmige Kohlenwasserstoffe der KN-Position 2711, verflüssigt und in gasförmigem Zustand (insb. Flüssiggase wie Propan, Butane, Ethylen, Propylen, Butylen und Butadien), ausgenommen Erdgas verflüssigt (KN-Code 2711 11 00) und in gasförmigem Zustand (KN-Code 2711 21 00);

1.4.1.6. § 2 Abs. 8 Z 4 MinStG 1995

  • Bestimmte gesättigte acyclische Kohlenwasserstoffe (KN-Code 2901 10),

  • Benzol (KN-Code 2902 20),

  • Toluol (KN-Code 2902 30),

  • Xylole (KN-Codes 2902 41 00, 2902 42 00 und 2902 43 00) und

  • Xylol-Isomerengemische (KN-Code 2902 44 00).

1.4.1.7. Nicht abgeschlossener Warenkreis

Der Warenkreis des Mineralöls "im engeren Sinn" ist nicht abgeschlossen. § 2 Abs. 9 MinStG 1995 enthält die Verpflichtung zur Ausdehnung des Warenkreises im Verordnungsweg, wenn dies auf EU-Ebene beschlossen wird. Diese Bestimmung tritt an die Stelle des früheren § 34 Abs. 6 MinStG 1995.

Durch § 2 Abs. 10 MinStG 1995 wird der Finanzminister ermächtigt, für bestimmte Mineralöle "im engeren Sinn" mit anderen EU-Mitgliedstaaten Vereinbarungen über den Verzicht (insbesondere) auf die Verwendung von Begleitdokumenten im innergemeinschaftlichen Warenverkehr zu schließen. Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen § 34 Abs. 7 MinStG 1995. Näheres siehe Abschnitt 1.4.

1.4.2. "Sonstige" Mineralöle

Bei den "sonstigen" Mineralölen handelt es sich um Produkte, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Aufmachung kaum als Treibstoff oder als Zusatz zu Treibstoffen oder zum Verheizen geeignet sind (zB Schmiermittel) oder für solche Zwecke aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht kommen (zB Spezialöle) oder für die auf Grund zollrechtlicher Begünstigungen eine spezielle Tarifposition geschaffen wurde (zB zum Raffinieren).

Auf "sonstige" Mineralöle sind seit Inkrafttreten des VStÄG 1996 (1. September 1996) gemäß § 2 Abs. 8 MinStG 1995 grundsätzlich die mineralölsteuerrechtlichen Bestimmungen über Kraft- und Heizstoffe anzuwenden (zB Steuerschuldentstehung, Steuerbefreiungen, Aufzeichnungsvorschriften). Sie werden daher erst mit der Zweckwidmung als "Treibstoff oder zum Verheizen" bzw. mit ihrer Verwendung für einen solchen Zweck steuerpflichtig.

Erfolgte beispielsweise vor Inkrafttreten des VStÄG 1996 die Herstellung von "sonstigen" Mineralölen außerhalb eines Steuerlagers, entstand für sie mit der Herstellung die Steuerschuld (§ 21 Abs. 3 MinStG 1995). Befanden sie sich in einem Steuerlager und wurden sie aus diesem weggebracht, ohne in ein weiteres Steueraussetzungsverfahren übergeführt zu werden, entstand allein durch diese Entnahme in den freien Verkehr - unabhängig von der beabsichtigten weiteren Verwendung - die Steuerschuld. Nunmehr entsteht die Steuerschuld nur mehr, wenn die Produkte steuerrelevant verwendet werden sollen (erstmalige Abgabe im Steuergebiet zur Verwendung als Treibstoff oder zum Verheizen ) bzw. werden (Verwendung als Treibstoff oder zum Verheizen im Steuergebiet; § 21 Abs. 1 Z 5 und 6 MinStG 1995; eine weitere Steuerschuldentstehung für Kraft- und Heizstoffe regelt für die Fälle der bestimmungswidrigen Verwendung der § 21 Abs. 1 Z 4 MinStG 1995).

1.4.3. Freischeinbestimmungen auf sämtliche Mineralöle "im engeren Sinn" ausgedehnt

In Zusammenhang mit dieser Unterscheidung der Mineralöle wurde die Anwendbarkeit der Freischeinbestimmungen auf sämtliche Mineralöle "im engeren Sinn" ausgedehnt (§ 4 Abs. 1 Z 9 lit. a MinStG 1995). Früher unterlagen im Wesentlichen nur Mineralöle "mit eigenem Steuersatz" der "Freischeinpflicht", andere Mineralöle waren im Falle ihrer nicht steuerrelevanten Verwendung "formlos" steuerbefreit (§ 4 Abs. 1 Z 9 lit. a und Z 10 MinStG 1995 idF BGBl. Nr. 201/1996). Durch die Ausdehnung der "Freischeinpflicht" auf sämtliche Mineralöle "im engeren Sinn" konnte vermieden werden, dass im MinStG 1995 noch zusätzliche Warengruppen für "freischeinpflichtige" und "nicht freischeinpflichtige" Mineralöle "im engeren Sinn" mit eigenen Verfahrensregeln (neben Mineralölen "im engeren Sinn", "sonstigen" Mineralölen, gekennzeichneten Mineralölen, Kraftstoffen und Heizstoffen) bestehen. Da durch diese Änderungen die "formlose" Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z 10 MinStG 1995 jeglichen Anwendungsbereich verlor, wurde sie - wie auch die mit ihr im Zusammenhang stehenden Erstattungsbestimmungen im § 5 Abs. 3 und 4 MinStG 1995 aufgehoben.

Weiters unterliegen "sonstige" Mineralöle nicht dem Steueraussetzungsverfahren, Freischeinverfahren, oder einem besonderen Verfahren für Beförderungen im innergemeinschaftlichen Verkehr. Ausnahmsweise sind abweichende Regelungen vorgesehen (zB im Hinblick auf die Steuersätze § 3 Abs. 1 Z 9 MinStG 1995).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
01.07.2002
Schlagworte:
im engeren Sinn - sonstige Mineralöle - Testbenzin - Spezialbenzine - mittelschwere Öle
Stammfassung:
BMF-010220/0210-IV/9/2007

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
JAAAA-76466