4.6 Befreiungen gemäß § 8 Z 2 KommStG 1993
4.6.1 Umfang der Abgabenbefreiung
563Befreit sind Vereine, soweit sie mildtätigen Zwecken und/oder gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge dienen. Hiebei sind die §§ 34 bis 37 und die §§ 39 bis 47 BAO anzuwenden. Von den allgemeinen Regelungen über die steuerliche Behandlung gemeinnütziger Körperschaften nach §§ 34 ff BAO iVm den materiellen Abgabenvorschriften unterscheidet sich die Regelung des § 8 Z 2 KommStG 1993 dadurch, dass sie ausdrücklich eine besondere Form der partiellen Abgabenbefreiung vorsieht. Anwendbar ist § 8 Z 2 KommStG 1993 nämlich, "soweit" Körperschaften bestimmten, konkret umschriebenen mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecke dienen (vgl. ). Wird ein Rechtsträger nur teilweise auf den taxativ aufgezählten Gebieten tätig, steht, soweit Körperschaften mildtätigen oder konkret umschriebenen gemeinnützigen Zwecken dienen, eine partielle Abgabenbefreiung zu.
4.6.2 Natürliche Personen und Personengesellschaften
564Bei natürlichen Personen oder Personengesellschaften handelt es sich nicht um Körperschaften im Sinne des § 8 Z 2 KommStG 1993, weshalb eine Befreiung aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist.
4.6.3 Körperschaften des privaten Rechts/Vereine
565Gemeinnützige Körperschaften privaten Rechts, welche die taxativ angeführten Befreiungsagenden, insbesondere Fürsorgeagenden, erfüllen, sind kommunalsteuerbefreit. Solche gemeinnützigen Körperschaften des privaten Rechts sind beispielsweise auch Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG; gerade Krankenanstalten werden oft gemeinnützig in Form einer Kapitalgesellschaft geführt (siehe auch Rz 567).
Zu den Körperschaften des privaten Rechts sind vor allem aber die Vereine wie ideelle Vereine, Sport- und Kulturvereine, aber auch Wirtschaftsvereine zu zählen.
4.6.4 Körperschaften öffentlichen Rechts
566Bei Körperschaften öffentlichen Rechts sind - anders als bei Vereinen und Kapitalgesellschaften - im Hinblick auf die Formulierung des § 34 Abs. 2 BAO die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen nicht körperschaftsbezogen, sondern betriebsbezogen. Es ist daher für den jeweiligen Betrieb gewerblicher Art die Anwendbarkeit des § 8 Z 2 KommStG 1993 zu prüfen.
4.6.5 Kapitalgesellschaften
567Die Prämisse, um eine Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 zu erreichen, ist, dass die Kapitalgesellschaft eine begünstigte Kapitalgesellschaft iSd §§ 34 ff BAO darstellt (zu den Voraussetzungen siehe KStR 2013 Rz 179 f).
Nur wenn diese begünstigte Kapitalgesellschaft auch eine der in § 8 Z 2 KommStG 1993 taxativ angeführten Befreiungsagenden erfüllt, ist eine Kommunalsteuerbefreiung gegeben. Unterhält eine begünstigte Kapitalgesellschaft einen entbehrlichen/einen unentbehrlichen/einen begünstigungsschädlichen Betrieb, sind Rz 576 ff zu beachten.
4.6.6 Begünstigte Zwecke
568Ausschließlich die in § 8 Z 2 KommStG 1993 taxativ aufgezählten Befreiungszwecke (sämtliche mildtätige Zwecke sowie gemeinnützige Zwecke auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge) können Tatbestandsmerkmal für eine Kommunalsteuerbefreiung sein, nicht jedoch die sonstigen in den Bestimmungen des § 35 Abs. 2 BAO angeführten gemeinnützigen Zwecke wie Volksbildung, Berufsausbildung, Körpersport usw.
Beispielhafte Aufzählungen der einzelnen begünstigten Zwecke siehe Rz 583 ff.
569Zum Begriff der Mildtätigkeit siehe Rz 28 ff.
570Zur Unmittelbarkeit der Förderung siehe Rz 120 ff.
571Das Betreiben von Kindergärten, Kinderheimen und Studentenheimen für Personen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres fällt in die Jugendfürsorge und ist von § 8 Z 2 KommStG 1993 umfasst ().
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind in § 8 Z 2 KommStG 1993 nicht angeführt und können weder unter den Begriff der Familienfürsorge noch unter Krankenfürsorge oder Gesundheitspflege subsumiert werden (vgl. ).
Unter die Befreiungsbestimmung des § 8 Z 2 KommStG 1993 können auch Einrichtungen zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen fallen, deren Zielsetzung in der Wiedereingliederung von Personen mit psychischen oder sozialen Defiziten am Arbeitsmarkt liegt.
Im Bereich der Straffälligen- und Opferhilfe handelt es sich um Personen, die zu einem erheblichen Teil persönlich oder materiell hilfsbedürftig sind. Die Unterstützung dieser hilfsbedürftigen Personen kann auch durch Dienstleistungen oder Beratungen erfolgen ().
572Eine gemeinnützig betriebene Krankenanstalt dient stets den in § 8 Z 2 KommStG 1993 für die Steuerbefreiung vorausgesetzten Zwecken. Ist eine Anstalt nicht als gemeinnützige Krankenanstalt anerkannt, ist nach den Kriterien des § 8 Z 2 KommStG 1993 zu prüfen, ob diese Anstalt den dort genannten Zwecken dient ().
Ausbildungsstätten für Krankenpflege, welche nichtdurch eine Krankenanstalt, sondern durch Vereine, Kapitalgesellschaften usw., organisatorisch abgesondert von der Krankenanstalt geführt werden, dienen primär der Ausbildung und nicht der Krankenpflege und sind daher nicht unter die Befreiungssachverhalte des § 8 Z 2 KommStG 1993 wie Gesundheitspflege und Krankenfürsorge zu subsumieren.
573Der Betrieb einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht kann nicht unter § 8 Z 2 KommStG 1993 subsumiert werden ().
Ebenso sind Vereinigungen, welche beispielsweise Psychologen ausbilden oder Arzneimittel produzieren, nicht von der Befreiungsbestimmung erfasst, da diese nicht unter die Gesundheitspflege oder Krankenfürsorge im eigentlichen Sinn zu subsumieren sind.
574Eine Fremdverköstigung als solche, auch wenn sie (zum Teil) gemeinnützigen Vereinigungen gegenüber erbracht werden sollte, kann nicht als eine Betätigung für gemeinnützige Zwecke angesehen werden. Das ergibt sich schon daraus, dass mit der Bereitstellung von Speisen für derartige Einrichtungen ein gemeinnütziger Zweck dieser Einrichtungen nicht unmittelbar gefördert wird, wie dies in §§ 34 und 40 Abs. 1 BAO, auf welche Bestimmungen § 8 Z 2 KommStG 1993 verweist, als Voraussetzung für steuerliche Begünstigungen normiert wird ().
575Das Tatbestandsmerkmal der Jugendfürsorge iSd § 8 Z 2 KommStG 1993 ist weder durch die Definitionen in den Kinder- und Jugendhilfegesetzen der Länder begrenzt noch auf Minderjährige beschränkt. Von der Befreiungsbestimmung erfasst sind gemeinnützige auf dem Gebiet der "sozialen Fürsorge" tätige Unternehmen. Die Altersobergrenze liegt bei Personen, die das 27. Lebensjahr nicht vollendet haben ().
Geht es unabhängig von konkreten medizinischen oder therapeutischen Bedürfnissen lediglich um die Entfaltung sportlicher Betätigung, ist Körpersport vom Tatbestandsmerkmal der gemeinnützigen Zwecke auf dem Gebiet der Gesundheitspflege nicht umfasst (vgl. ).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 Werbeabgabegesetz 2000, BGBl. I Nr. 29/2000 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 §§ 34 bis 37 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 39 bis 47 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Z 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 34 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 35 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 179 f VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 576 ff VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 583 ff VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 28 ff VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 120 ff |
Schlagworte: | Auslegungsbehelf - Vereine - Betriebe gewerblicher Art - Körperschaften öffentlichen Rechts - Mildtätige Zwecke - Gesundheitspflege - Kinderfürsorge - Jugendfürsorge - Familienfürsorge - Krankenfürsorge - Behindertenfürsorge - Blindenfürsorge - Altenfürsorge - Kindergärten - Horte - Kinderheime - Schülerheime - Studentenheime - Internate |
Stammfassung: | 06 5004/10-IV/6/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAA-76463