3.4.2.6.7. Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern
3.4.2.6.7.1. Allgemeines
917Der Einbringende kann im Zuge der Einbringung gemäß § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG Anlagegüter sowie Verbindlichkeiten (oder Teile davon) zurückbehalten. Die Regelung bezieht sich auf zum notwendigen Betriebsvermögen gehörige Wirtschaftsgüter, die nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen nicht ohne Widmungsänderung entnommen werden können. Das Zurückbehalten stellt daher
hinsichtlich der Anlagegüter einen Entnahmetatbestand und
hinsichtlich der Verbindlichkeiten einen Einlagetatbestand
dar. Diese Tatbestände unterscheiden sich von jenen gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG nur dadurch, dass sie (an Stelle des Ansatzes einer Passiv- oder Aktivpost) durch die Nichtaufnahme des Anlagevermögens oder der Verbindlichkeit in die Einbringungsbilanz wirksam werden. Aus der Struktur der Z 3 als Sondertatbestand von Entnahmen und Einlagen ergibt sich, dass diese Regelung für einbringende Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 begrifflich keine Bedeutung haben kann.
918Voraussetzung für das Zurückbehalten ist, dass die genannten Aktiva und Passiva am Einbringungsstichtag und am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages vorhanden sind.
919Die mit dem Zurückbehalten verbundenen Wirkungen entsprechen jenen der rückwirkenden tatsächlichen Entnahmen und Einlagen. Bei einem daraus resultierenden Entnahmegewinn handelt es sich nicht um einen Teil eines Veräußerungsgewinnes, sondern um einen Entnahmegewinn (). Der sich aus der Entnahme ergebende Gewinn ist daher jenem Jahr zuzuordnen, in das der Einbringungsstichtag fällt. Hinsichtlich der steuerlichen Folgen für die Bewertung der Entnahme von Grundstücken ist dabei zu unterscheiden (siehe EStR 2000 Rz 2635 ff):
Nach dem erfolgt die Entnahme von Grundstücken iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 (Grund und Boden, Gebäude, Baurechte) zum Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme, sofern nicht eine Ausnahme vom besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 vorliegt ( § 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023).
Vor dem erfolgt die Entnahme von Grund und Boden iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 zum Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme, sofern nicht eine Ausnahme vom besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 vorliegt; die Entnahme von Gebäuden ist mit dem Teilwert zu bewerten ( § 6 Z 4 EStG 1988 idF vor AbgÄG 2023).
Beispiel:
Der Einzelunternehmer A bringt seinen gesamten Weinhandelsbetrieb zum 30.6.X1 in die A-GmbH ein. Neben Barentnahmen von 400 und der Entnahme von Wein (Anschaffungskosten = 300, Teilwert = 500) behält er das Betriebsgrundstück (Buchwert von Grund und Boden 600, des Gebäudes 1.000, Teilwert des Grund und Bodens 900, des Gebäudes 1.200) nach § 16 Abs. 5 UmgrStG zurück. A hat zum 30.6.X1 die unter § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG getätigten Sachentnahmen in Höhe von 500 (Gewinnzurechnung iHv 200) zu versteuern. Die Entnahme des Grund und Bodens erfolgt gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 zum Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme, soweit nicht eine Ausnahme vom besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 vorliegt. Die Entnahme des Betriebsgebäudes erfolgt
bei Entnahmen nach dem gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023 zum Buchwert;
bei Entnahmen vor dem gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 idF vor AbgÄG 2023 zum Teilwert, wodurch für das Gebäude ein Entnahmegewinn in Höhe von 200 zu versteuern wäre.
920Der Teilwert des als entnommen oder eingelegt geltenden zurückbehaltenen Vermögens ist bei der Bemessung der vorbehaltenen Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG mitzuberücksichtigen (siehe Rz 914 ff).
3.4.2.6.7.2. Zurückbehalten von Anlagegütern
921Das Zurückbehalten von Anlagegütern, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, darf die Eigenschaft des einzubringenden Vermögens als Betrieb oder Teilbetrieb nicht verletzen. Eine Betriebsaufspaltung im Wege des Zurückbehaltens des gesamten Anlagevermögens einschließlich nicht aktivierter Wirtschaftsgüter (zB Firmen- oder Praxiswert) kann daher nicht unter Art. III UmgrStG fallen. Das Zurückbehalten einzelner Anlagegüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, führt zu keiner Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen des § 12 UmgrStG. Dies bezieht sich in erster Linie auf das Zurückbehalten der Betriebsliegenschaft, die nach der Einbringung der übernehmenden Körperschaft (entgeltlich oder unentgeltlich) zur Nutzung überlassen wird. Zur Wirksamkeit der Nutzungsüberlassung siehe Rz 983.
922Das Zurückbehalten von Anlagegütern ist im Sinne des dem allgemeinen Ertragsteuerrechts innewohnenden Grundsatzes, dass sich die Sachentnahme aus dem Betrieb grundsätzlich auch auf das mit dem Aktivum zusammenhängende Passivum bezieht, nur mehr zusammen mit dem unmittelbar verbundenen Fremdkapital möglich. Der Zusammenhang ist nur dann unbeachtlich, wenn vom Einbringungsstichtag zurück bereits mehr als sieben Wirtschaftsjahre vergangen sind.
Beispiel:
A bringt seinen Einzelbetrieb zum in die A-GmbH ein und möchte dabei die Betriebsliegenschaft zurückbehalten. Am Einbringungsstichtag ist ein anschaffungsbedingter Kredit in Höhe von 5.000 und aus der Herstellung einer Aufzugsanlage im Betriebsgebäude im Jahre 09 resultierender Kredit in Höhe von 12.000 offen. Sollte die Anschaffung des Betriebsgebäudes vor dem erfolgt sein, kann A die beiden Kredite miteinbringen, obwohl die Betriebsliegenschaft zurückbehalten wird, andernfalls muss A auch die beiden Kredite zurückbehalten.
923Das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens kann nicht unter § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG fallen sondern ist als Sachentnahme gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG im Wege des Ansatzes einer Passivpost darzustellen.
923aWird im Rahmen einer Betriebseinbringung nach Art. III UmgrStG ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gemäß § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG zurückbehalten, für dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein Investitionsfreibetrag nach Maßgabe von § 11 EStG 1988 idF ÖkoStRefG 2022, BGBl. I Nr. 10/2022, in Anspruch genommen wurde, hängt das Schicksal des Investitionsfreibetrages davon ab, ob die Behaltefrist für das zurückbehaltene Wirtschaftsgut am Einbringungsstichtag bereits abgelaufen ist oder nicht (zur Nachversteuerungspflicht siehe Rz 123): Ist die Behaltefrist am Einbringungsstichtag noch nicht erfüllt, ist der Investitionsfreibetrag beim Einbringenden im Wirtschaftsjahr, in dem der Einbringungsstichtag liegt, gewinnerhöhend anzusetzen.
3.4.2.6.7.3. Zurückbehalten von Verbindlichkeiten
924Das Zurückbehalten von Verbindlichkeiten und der damit verbundene Übergang in das Privatvermögen oder außerbetriebliche Vermögen des Einbringenden erhöht als Einlage den Buch- und Verkehrswert bzw. kann zum Vorliegen eines positiven Verkehrswertes führen. Da sich das verknüpfte Zurückbehalten auf kreditfinanzierte Anlagegüter beschränkt, können Verbindlichkeiten oder Rückstellungen (zB Pensionsrückstellungen) auch dann zurückbehalten werden, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit einzubringenden Aktiva stehen.
Beispiel:
Der Einzelunternehmer A möchte seinen Betrieb in eine GmbH einbringen. Sollte er die sich noch nicht mehr als sieben Jahre im Betriebsvermögen befindliche Liegenschaft zurückbehalten wollen, muss er auch den offenen anschaffungsveranlassten Finanzierungskredit zurückbehalten (Entnahme- und Einlagetatbestand). Sollte er die Betriebsliegenschaft miteinbringen, kann er dennoch den offenen anschaffungsveranlassten Finanzierungskredit zurückbehalten (Einlagetatbestand).
Ein auf die zurückbehaltene Verbindlichkeit entfallender Zinsenaufwand für Zeiträume nach dem Einbringungsstichtag kann im Hinblick auf die Zugehörigkeit der Verbindlichkeit zum Privatvermögen zu keinen (nachträglichen) Betriebsausgaben führen (; siehe auch Rz 737).
925Der Tatbestand des Zurückbehaltens ist auf den Übergang in den außerbetrieblichen Bereich abgestellt.
Natürliche Personen und Körperschaften, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen, können bei der Einbringung eines Teilbetriebes oder eines Teiles eines betrieblich oder außerbetrieblich gehaltenen Mitunternehmeranteils neben § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG auch die Verschiebetechnik des § 16 Abs. 5 Z 4 UmgrStG nutzen.
Beispiel:
Der rechnungslegungspflichtige A kann anlässlich der Einbringung eines Teilbetriebes eine zum einzubringenden Teilbetrieb gehörende Eigentumswohnung nach Z 3 zurückbehalten (Übernahme in das Privatvermögen und damit Entnahmetatbestand) oder nach Z 4 in den Restbetrieb verschieben (kein Entnahmetatbestand).
Körperschaften, die unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen und stets nur Betriebsvermögen besitzen, können § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG begrifflich nicht nutzen, bei ihnen kommt nur der Tatbestand des Verschiebens gemäß § 16 Abs. 5 Z 4 UmgrStG in Betracht (siehe Rz 926 ff).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 VAG 2016, Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 34/2015 AktG, Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 UmwG, Umwandlungsgesetz, BGBl. Nr. 304/1996 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 IPRG, IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978 GenVG, Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, BGBl. Nr. 223/1980 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 SpG, Sparkassengesetz, BGBl. Nr. 64/1979 VO 2157/2001, ABl. Nr. L 294 vom S. 1 § 12 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 13 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 14 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 15 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 16 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 17 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 18 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 19 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 20 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 21 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 22 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 7 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 30a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 11 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 7 Abs. 3 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 914 ff UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 737 UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 926 ff § 16 Abs. 5 Z 4 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 983 § 16 Abs. 5 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 6 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 123 EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2635 ff § 30 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 6 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Auslegungsbehelf - Verschmelzung - Umwandlung - Einbringung - Zusammenschluss - Realteilung - Spaltung - Fusion - merger |
Stammfassung: | 06 8603/1-IV/6/03 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAA-76461