Richtlinie des BMF vom 07.11.2014, BMF-010103/0166-IV/4/2014

13. Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO)

13.1. Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit

1330Vollstreckbarkeit setzt voraus:

  • Die Nichtentrichtung der Abgabe bis zum Fälligkeitstag und

  • grundsätzlich die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe. Solange jedoch bei Selbstbemessungsabgaben die Voraussetzungen für eine Bescheiderteilung gemäß § 201 BAO, § 202 BAO oder vergleichbaren Bestimmungen in einzelnen Abgabengesetzen (zB § 21 Abs. 3 UStG 1994) nicht vorliegen, tritt an die Stelle eines bescheidmäßig festgesetzten Abgabenbetrages der vom Abgabepflichtigen selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag.

1331Eine Bekanntgabe im vorerwähnten Sinn kann zB im Weg einer Verrechnungsweisung (§ 214 Abs. 4 BAO) oder einer Umsatzsteuervoranmeldung ohne Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung erfolgen; diesfalls ist die Abgabe in der der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Höhe vollstreckbar. Eine Bekanntgabe iSd § 226 BAO wäre auch im Rahmen eines Zahlungserleichterungsansuchens denkbar, wenn der Abgabepflichtige etwa der Abgabenbehörde meldet, dass er einen bestimmten Umsatzsteuervorauszahlungsbetrag schuldet, für den er eine Stundung begehrt. Weitere (berichtigende) Mitteilungen, die Anlass für eine Bescheiderteilung bieten, stellen keine Bekanntgabe iSd § 226 BAO dar.

1332Vollstreckungsmaßnahmen (Maßnahmen zur zwangsweisen Einbringung) setzen den Eintritt der Vollstreckbarkeit voraus. Bei Gesamtschuldverhältnissen tritt bezüglich einer Abgabe bei nicht gleichzeitiger Inanspruchnahme der einzelnen Schuldner die Fälligkeit und damit auch die Vollstreckbarkeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein.

13.2. Wiederaufleben der Vollstreckbarkeit

1333Durch den Widerruf einer Löschung oder Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten (§ 235 Abs. 3 BAO oder § 236 Abs. 3 BAO) lebt die Vollstreckbarkeit wieder auf; gleichzeitig tritt aber wegen der Nachfristen im § 235 Abs. 3 BAO und im § 236 Abs. 3 BAO auf Grund des § 230 Abs. 2 BAO eine Hemmung der Einbringung ein. Gleiches gilt für bereits entrichtete Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt wurde (§ 212a Abs. 6 BAO): Wird eine entrichtete Abgabe in die Aussetzung der Einhebung einbezogen, so wird sie gutgeschrieben und gilt daher als nicht entrichtet.

1334Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind, wie sich aus § 5 Abs. 2 AbgEO ergibt, von der Abgabenbehörde zwangsweise einzubringen, soweit die Einbringung nicht gehemmt (§ 230 BAO) oder nicht ausgesetzt (§ 231 BAO) ist, § 242 BAO nicht Anwendung findet oder andere gesetzliche Vorschriften der Vollstreckung nicht entgegenstehen (zB Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 85 VfGG oder § 30 VwGG). Die Abgaben können nach Maßgabe des § 3 AbgEO im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht werden.

13.3. Exekutionstitel

1335Exekutionstitel hinsichtlich vollstreckbar gewordener Abgaben ist sowohl für das finanz-behördliche als auch für das gerichtliche Vollstreckungsverfahren gemäß § 229 BAO der Rückstandsausweis.

13.3.1. Exekutionstitel ausländischer Abgabenbehörden

1336Auf Grund ausdrücklicher zwischenstaatlicher Vereinbarungen (zB mit Deutschland, Frankreich, Norwegen, Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika) sowie aufgrund des § 10 Abs. 1 EU-VAHG sind Exekutionstitel ausländischer Abgabenbehörden in Österreich unter der Voraussetzung vollstreckbar, dass von der zuständigen österreichischen Abgabenbehörde bescheidmäßig eine Vollstreckbarkeitserklärung erlassen wird.

1337Die ersuchte Behörde ist an die in der (ausländischen) Rückstandsanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit im Verein mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird, gebunden (VwGH 17.2.1995, 93/17/0087; VwGH 21.5.1997, 96/14/0129).

Randzahlen 1338 bis 1359: derzeit frei


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
07.11.2014
Betroffene Normen:
§ 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 202 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 212a Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 235 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 236 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Schlagworte:
EU-VAHG - Selbstberechnungsabgaben - zwangsweise Einbringung - aufschiebende Wirkung - Vollstreckbarkeit - Nichtentrichtung - Fälligkeitstag - Selbstbemessungsabgaben - bekanntgegebener Betrag - bekanntgegebene Beträge - Bekanntgabe - Verrechnungsweisung - Umsatzsteuervoranmeldung - Vollstreckungsmaßnahmen - Gesamtschuldverhältnis - Wiederaufleben der Vollstreckbarkeit - Widerruf - Hemmung der Einbringung - Vollstreckungsverfahren - Exekutionstitel - Rückstandsausweis - ausländische Abgabenbehörden - Vollstreckungsamtshilfe - Vollstreckbarkeitserklärung - Unanfechtbarkeit
Stammfassung:
05 2202/1-IV/5/03

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAA-76459