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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 30.10.2025, RV/2100979/2018

§ 278 Abs 1 lit b iVm § 85 Abs 2 BAO: Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen, Beschwerde gilt als zurückgenommen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache RA Dr. X.X. als MV im Konkurverfahren der N.N.2 GmbH (vormals N.N.1 GmbH, davor N.N. GmbH) , Adr. MV, über die Beschwerde vom (eingegangen bei der belangten Behörde am ) gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung (nunmehr: Finanzamt Österreich, Dienststelle Steiermark Mitte) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2009 und 2010, sowie Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2009 und 2010,
Steuernummer xxx, beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Beschwerdeführer ist der Masseverwalter im Insolvenzverfahren der mittlerweile im Konkurs befindliche N.N.2 GmbH, vormals N.N.1 GmbH, davor N.N. GmbH [in Folge bezeichnet als N.N.-GmbH]. Die "N.N. GmbH" wurde mit Gesellschaftsvertrag vom Datum1 errichtete und wurde am Datum2 ins Firmenbuch zur Firmenbuchnummer FN1 eingetragen. Deren Geschäftszweig war laut Gesellschaftsvertrag vom Datum1 "die Verwertung von Immobilien, insbesondere des Objektes Adresse Ort1". Weiters war sie berechtigt, "gleichartige oder ähnliche Betriebe zu erwerben, sich an solchen in jeder Form zu beteiligen, den Geschäftsbetrieb auf verwandte Zweige jeder Art auszudehnen, die Geschäftsführung an anderen Unternehmungen zu übernehmen und alles zu tun, was zur Erreichung und Förderung des Gesellschaftszweckes mittelbar oder unmittelbar erforderlich oder dienlich ist."
Im Beschwerdezeitraum 2009-2013 waren als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen: ZZ (schied am Datum6 aus), QQ (übertrug mit Datum7 seine Anteile an die CC Holding GmbH, FN2, welche zu 100% in seinem Eigentum stand), die CC" Holding GmbH (bis November 2011) und die DD Holding GmbH (bis November 2011), FN3.
Als Geschäftsführer waren während des Beschwerdezeitraumes Herr ZZ (bis November 2012) und Herr QQ eingetragen.
Die N.N.-GmbH war alleinige unbeschränkt haftende Gesellschafterin der jeweils mit Datum3 errichteten (eingetragen im Firmenbuch jeweils am Datum4)
"Objekt 1 GmbH & Co KG", FiBuNr FN4,
"Objekt 2 GmbH & Co KG", FiBuNr FN5, und
"Objekt 3 GmbH & Co KG", FiBuNr FN6
[in Folge bezeichnet als "KGs"].

Mit Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom , ABNr xyz, ordnete die belangte Behörde bei der Gesellschaft eine Außenprüfung gem. § 147 BAO betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für 2009 und 2010 und eine Nachschau betreffend Umsatzsteuer 1-11/2011 durch Organe der Großbetriebsprüfung Graz an.

In einem weiteren Prüfungsauftrag vom , ABNr zyx, wurde eine Außenprüfung betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für 2011 und 2012 und eine Nachschau betreffend Umsatzsteuer 2013 und 2014 angeordnet.

In einem Schreiben vom wurde angeordnet, dass Prüfungsorgane des Finanzamtes Graz-Stadt mit der Prüfungshandlung beauftragt und die Beauftragung der bisherigen Organe widerrufen werde. Ebenso wurde am dem zuständigen steuerlichen Vertreter die Anordnung vom und der Prüfungsauftrag vom vorgelegt.

Am fand eine Hausdurchsuchung in den Örtlichkeiten der sog. "QQ Gruppe" statt, zu der die N.N.-GmbH gehörte.

Mit Prüfungsauftrag vom , ABNr zyx, wurde das Verfahren betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer auf die Jahre 2009 bis 2014 ausgedehnt und in eine Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG geändert. Weiters erging ein Nachschauftrag betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016.

Die Schlussbesprechung gem. § 149 BAO fand am statt. Der Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom ist in den eigentlichen Außenprüfungsbericht und einer Beilage zum Außenprüfungsbericht unterteilt.
Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren wurde bzgl. Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer im Bericht auf Seite 14 auf die Feststellungen der Textziffern "Tz. 2, 3, 4, 5, 6, 7 u.a." verwiesen.

Aufgrund der vom Prüfer getroffenen Feststellungen erließ die belangte Behörde mit die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens btr. Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009 und 2010. Zur Begründung der Wiederaufnahme wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien, verwiesen.

Die N.N.-GmbH erhob durch die steuerliche Vertretung mit Schreiben vom , eingegangen bei der belangten Behörde am , u.a. Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide.
Weiters wurde in derselben Beschwerde auch Beschwerde gegen Bescheide der N.N.-GmbH
als Rechtsnachfolgerin der Objekt 1 GmbH & Co KG,
als Rechtsnachfolgerin der Objekt 2 GmbH & Co KG, und
als Rechtsnachfolgerin der Objekt 3 GmbH & Co KG
erhoben. Diese Bescheide waren alle datiert mit .
Dabei handelte es sich pro KG jeweils um den
Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2010,
Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2011,
Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2012,
Umsatzsteuerbescheid 2010,
Umsatzsteuerbescheid 2011,
Umsatzsteuerbescheid 2012.
Hinsichtlich der Begründung wurde eine Nachreichung bis spätestens angekündigt.

Mit Mängelbehebungsbescheid vom wurde die N.N.-GmbH aufgefordert folgende Mängel zu beheben: "Die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden; Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden; Eine ausführliche Begründung."
Der Bescheid wurde der N.N.-GmbH am zugestellt.

Die N.N.-GmbH erstatte durch ihre steuerliche Vertretung mit Schreiben vom ein Antwortschreiben zum Mängelbehebungsauftrag [in Folge bezeichnet als Mängelbehebungsschreiben].
Nach hier nicht gegenständlichen Ausführungen in Abschnitt A zu den KGs wurde unter Abschnitt "B. Anfechtungserklärung" beantragt, die Beschwerde mangels tauglicher Anfechtungsobjekte als unzulässig zurückzuweisen.
In eventu wurden die angefochtenen Bescheide vom in vollem Umfang (ihrem gesamten Inhalt nach) angefochten. Die N.N.-GmbH beantragte - nach Ausführungen zu den Primär- und Eventualanträgen - unter Abschnitt B Pkt. 2.2. die Bescheide ersatzlos zu beheben. Eine solche Erklärung werde als ausreichend erachtet, und weiters: "Um völlig sicher zu gehen, beantragen wir unter Hinweis auf dieses Erkenntnis, die mit den angefochtenen Bescheiden vorgeschriebenen Steuern auf Null zu stellen."
In Punkt "C. Beantragte Änderungen" wurde als bereits mitbeantwortet auf die Ausführungen zu Abschnitt B. verwiesen
Unter Abschnitt "D. Begründung" wurde nach Verweis, dass aufgrund eines Auslandsaufenthaltes von Herr QQ, die ausführliche Begründung nicht schon jetzt vorgelegt werden könne und von einem gänzlichen Fehlen einer Begründung erst dann zu sprechen sei, wenn das Rechtsmittel keine Ansatzpunkte dafür erkennen lasse, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheids gelegen sein solle, was hier ausgeschlossen sei, in Folge zu den Tz 3 bis Tz 15 des Außenprüfungsberichts Stellung genommen.

Die belangte Behörde erklärte mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2009 und 2010 gem. § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Sie haben dem Auftrag, die Mängel Ihrer Eingabe bis zum zu beheben, nicht fristgerecht entsprochen.
Daher war gemäß der oben zitierten Gesetzesstelle mit Bescheid auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt.
Der Beschwerdeantrag soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Beschwerdewerber dem Bescheid anlastet. Die Begründung der Bescheid-beschwerde (§ 250 Abs 1 lit d BAO) sowie die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (§ 250 Abs 1 lit b BAO), welche Änderungen beantragt werden (§ 250 Abs 1 lit c BAO), müssen somit einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben, wobei sich die Bestimmtheit aus der Beschwerde ergeben muss.
Es wurde gänzlich unterlassen, entsprechende Erklärungen bzw Begründungen nachzureichen.
"

Die N.N.-GmbH brachte durch ihre steuerliche Vertretung mit Eingaben vom Anträge auf Fristverlängerung für die Einbringung der Vorlageanträge ein.

Mit Bescheiden vom wurden den Anträgen stattgegeben und die Frist einmalig bis zum verlängert.

Mit dem Schreiben vom beantragte die N.N.-GmbH durch ihren steuerlichen Vertreter die Entscheidung über die Beschwerden zu St.Nr. xxx [= N.N.-GmbH], St. Nr. x [= N.N. GmbH als Rechtsnachfolger der Objekt 1 GmbH & Co KG], St. Nr. y [= N.N. GmbH als Rechtsnachfolger der Objekt 2 GmbH & Co KG] und St. Nr. z [N.N. GmbH als Rechtsnachfolger der Objekt 3 GmbH & Co KG] durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die N.N.-GmbH hielt einleitend fest, dass die Anträge der Beschwerdeschrift vom samt jener der Mängelbehebungen vom 11. Janner 2017 aufrecht blieben, und nahm zu den Beschwerdevorentscheidungen wie folgt Stellung:
Zum Vorwurf Fristablauf Mängelbehebung: Dieser sei falsch, da den Mängelbehebungsaufträgen mit eingeschriebenen Briefen vom fristgerecht entsprochen worden seien. Zudem stünden die angefochtene BVE mit sich selbst in unauflösbarem Widerspruch: Dieselbe Eingabe (Mängelbehebung) sei nach Ansicht der Behörde rechtzeitig (Spruch) und verspätet zugleich (Begründung). Ein solcher Widerspruch ziehe die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Erledigung nach sich.

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde gemäß § 265 Abs. 1 BAO dem Bundesfinanzgericht am vor. In dem im Vorlagebericht wurde um Abweisung sämtlicher Anträge ersucht, eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

Die N.N.-GmbH übermittelte mit Schreiben vom ein "Ergänzendes Vorbringen zu Vorlageantrag " an das Bundesfinanzgericht, welches aber keine Ausführungen zur Wiederaufnahme der Verfahren enthält.

Mit Eintragung vom wurde der Firmenwortlaut in N.N.1 GmbH geändert und der Gesellschaftsvertrag neu gefasst.

Mit weiterer Eintragung vom wurde abermals der Firmenwortlaut in N.N.2 GmbH geändert, der Gesellschaftsvertrag neu gefasst und als Geschäftszweig "Projektentwicklung" eingetragen.

Mit Beschluss vom Datum5 des Handelsgerichts Wien zu Gz zzz wurde über die N.N.-GmbH das Konkursverfahren eröffnet.

Im Erörterungstermin vom verwies der Richter auf den mit der Ladung übermittelten bisherigen Verfahrensgang und das Positionspapier, in welchem zu den strittigen Punkten die jeweiligen Rechtsstandpunkte der Verfahrensparteien gegenübergestellt werden.
in der Befragung des Richters und der Erörterung der Sach- und Rechtslage wurden die bekämpften Feststellungen anhand des ebenfalls mit der Ladung ausgesendeten Positionspapiers nach Tz gereiht erörtert.
U. a. verwies Herr QQ hinsichtlich der Wiederaufnahme Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009 und 2010 auf Frage des Richters, ob zu den Wiederaufnahmeverfahren 2009 und 2010 ein Vorbringen erstattet werde auf das bisherige Vorbringen, insbesondere, dass es sich hinsichtlich der USt um §19 Leistungen handle und von Seiten der belangten Behörde eine USt vorgeschrieben worden sei.
Der Vertreter der belangten Behörde verweist auf die bisherigen Ausführungen.

Bezüglich des Antrags auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter gab der Masseverwalter nach Rücksprache und Freigabe durch Herrn QQ bekannt, dass dieser Antrag zurückgenommen wird.

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung
zu enthalten.

§ 85 Abs 2 BAO lautet:
Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Der Auftrag zur Mängelbeseitigung gemäß § 85 Abs. 2 BAO ist nicht in das Ermessen der Behörde gestellt. Entscheidet die Behörde, wenn die Voraussetzungen für eine Mängelbehebung vorliegen, ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages, etwa in Form der Abweisung wegen Unvollständigkeit, belastet sie ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit ().

Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.

In der Beschwerde [BFG-Akt OZ 16] vom (bei der belangten Behörde eingegangen am ) wurde beantragt der Beschwerde voll inhaltlich statt zu geben und unter "Begründung" darauf verwiesen, dass die Begründung nachgereicht werde. Weiters finden sich in diesem Punkt "vorsorglich" noch - für die Frage der Wiederaufnahme nicht relevante - Anmerkungen zur Vermögensübertragung nach § 142 UGB btr. der früheren KGs.

Da die Beschwerde vom nicht sämtlichen Erfordernissen des § 250 Abs 1 BAO entsprach, und diese inhaltliche Mängel iSd § 85 Abs 2 BAO darstellen, war die belangte Behörde verpflichtet, einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen.
Im Mängelbehebungsauftragsbescheid vom [BFG-Akt OZ 63] wurde der N.N.-GmbH aufgetragen, nachfolgende Mängel zu beheben, widrigenfalls die die Beschwerde als zurückgenommen gelte:
"1. Die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden.
2. Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden.
3. Eine ausführliche Begründung"
.

Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Beschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen (vgl. ).

Die belangte Behörde erklärte nach Einbringung des Mängelbehebungsschreibens der N.N.-GmbH zum Mängelbehebungsauftrag - datiert , eingegangen am - mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden als zurückgenommen [BFG-Akt OZ 20 und 21].

Das Bundesfinanzgericht führt dazu aus:

Zur Frage der fristgerechten Einbringung:
Der Mängelbehebungsauftrag wurde der N.N.-GmbH am zugestellt [BFG-Akt OZ 63, Mängelbehebungsauftrag mit Übernahmebestätigung], das Mängelbehebungsschreiben der N.N.-GmbH wurde am zur Post gegeben, langte am [BFG-Akt OZ 17, Mängelbehebungsschreiben; OZ 36, Vorlageantrag] und somit fristgerecht bei der belangten Behörde ein.

Zur inhaltlichen Beurteilung:
Im Mängelbehebungsschreiben [BFG-Akt OZ 17] der N.N.-GmbH finden sich folgende Ausführungen unter
"B. Anfechtungserklärung:"
"1. Mit Blick auf das bisher erstattete Vorbringen wird beantragt, die Beschwerde mangels tauglicher Anfechtungsobjekte als unzulässig zurückzuweisen (§ 260 Abs 1 lit a BAO).
2. Eventualiter werden die angefochtenen Bescheide des FA Graz-Umgebung vom in vollem Umfang (ihrem gesamten Inhalt nach) angefochten. Dazu im Einzelnen:
2.1. ...
[Anm. BFG: Ausführungen zu Eventualanträgen]
2.2. 2.2. Es wird beantragt, sie ersatzlos zu beheben. Eine solche Erklärung wird als ausreichend erachtet ...
Um völlig sicher zu gehen, beantragen wir unter Hinweis auf dieses Erkenntnis, die mit den angefochtenen Bescheiden vorgeschriebenen Steuern auf Null zu stellen.
"

Die im Mängelbehebungsschreiben unter Abschnitt A und Abschnitt B Punkt 1. angesprochene Frage der "untauglichen Anfechtungsobjekte" bezieht sich auf Feststellungen der Außenprüfung, die die KGs betrafen, aber in den Sachbescheiden der N.N.-GmbH miteinbezogen wurden (über diese Frage wird in einem gesonderten Verfahren vom Bundesfinanzgericht zu Gz RV/2100965/2018 abgesprochen). Diese Feststellungen sind für Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 nicht gegenständlich.

Für die Beurteilung, ob durch das Mängelbehebungsschreiben die Bescheidebeschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 als ursprünglich richtig eingebracht anzusehen sind, sind jedoch die Eventualanträge unter Pkt. 2 des Abschnitts B des Mängelbehebungsschreibens relevant.

Zu § 250 Abs 1 lit b BAO (Anfechtungsgegenstand):
Das ausdrückliche Begehren der ersatzlosen Behebung eines Abgabenbescheides ist eine ausreichende Erklärung iSd § 250 Abs 1 lit b und c ().
Zum Anfechtungsgegenstand wurde allerdings lediglich zu den "angefochtenen Bescheide des FA Graz-Umgebung vom ..." ein Begehren gestellt und wurde die entsprechende Passage auf Seite 4, Abschnitt B. Punkt 2., des Mängelbehebungsschreibens von der N.N.-GmbH textlich hervorgehoben (= "fett" und "kursiv" geschrieben). Bei diesen die Jahre 2010 bis 2012 betreffenden Bescheiden handelt es sich ausschließlich um jene Bescheide, welche die N.N.-GmbH als Rechtsnachfolgerin der jeweiligen KGs ansprechen ("N.N. GmbH als Rechtsnachfolger der [xxx] KG").
Zu den gegenständlichen - die N.N.-GmbH selbst betreffenden - Wiederaufnahmebescheide für die Jahre 2009 und 2010, die jeweils mit datiert sind, wurden hingegen keine Anfechtungserklärung eingebracht. Damit wurde dem Mängelbehebungsauftrag hinichtlich der Voraussetzung der Benennung des Anfechtungsgegenstandes nicht entsprochen.

Zu § 250 Abs 1 lit c BAO (Änderungsbegehren):
Wie soeben ausgeführt, ist das ausdrückliche Begehren der ersatzlosen Behebung eines Abgabenbescheids eine ausreichende Erklärung iSd § 250 Abs 1 lit c. Auf die Schlüssigkeit seiner Begründung kommt es dafür nicht an (vgl. nochmals ).
Da zu dieser Voraussetzung im Abschnitt C auf Abschnitt B des Mängelbehebungsschreiben verwiesen wurde, gilt das soeben Ausgeführte, d.h., dass zu den gegenständlichen Wiederaufnahmebescheiden für die Jahre 2009 und 2010 im Mängelbehebungsschreiben auch keine Änderungsbegehren nachgereicht wurde.

Zu § 250 Abs 1 lit d BAO (Beschwerdebegründung):
Im Abschnitt "D. Begründung" wird unter Punkt 1.4. "auf die einzelnen Teilziffern des Prüfungsbericht bezug genommen".
Da die "Teilziffern" [Anm. BFG: Korrekt "Textziffern"] den Prüfungsbericht der N.N.-GmbH betreffen, wäre die Voraussetzung der Beschwerdebegründung (nachträglich) erfüllt.
Allerdings ist festzuhalten, dass im Mängelbehebungsschreiben im gesamten Abschnitt "D. Begründung" zwar umfassende Begründungen zu den Feststellungen der Tz 3 bis Tz 15 des Außenprüfungsberichts inkl. der entsprechenden Textziffern der Beilage zum Außenprüfungsbericht, jedoch keine Ausführungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens ersichtlich sind. Auch in den anderen Abschnitten des Mängelbehebungsschreibens findet sich keine Begründung btr. der Wiederaufnahme des Verfahrens.
Da das gesamten Antwortschreiben zum Mängelbehebungsauftrag zur Wiederaufnahme keine Begründung enthält und somit nicht erkennbar ist "was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt" (Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/ Unger , BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 2023, § 250 BAO Rz 32, mit der dort angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs) ist für das Bundesfinanzgericht nicht feststellbar, worin die Unrichtigkeit der Wiederaufnahme betreffend Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009 und 2010 gelegen sein soll.
Entsprechend liegt ein gänzliches Fehlen einer Begründung vor.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass mit dem Mängelbehebungsschreiben die durch Mängelbehebungsauftrag aufgezeigten Mängel des Fehlens
des Anfechtungsgegenstands,
des Änderungsbegehrens, und
der Begründung
nicht behoben wurden.
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuer 2009 und 2010 mit Beschwerdevorentscheidungen vom zu Recht gem. § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt.

Zum Einwand im Vorlageantrag [BFG-Akt OZ 36] auf Seite 4, dass die angefochtenen Beschwerdevorentscheidungen [BFG-Akt OZ 20 und 21] mit sich selbst in unauflösbarem Widerspruch stünden (contradictio per se), da dieselbe Eingabe (Mangelbehebung) nach Ansicht der Behörde rechtzeitig (Spruch) und verspätet zugleich (Begründung) sei und ein solcher Widerspruch die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Erledigung nach sich ziehe, ist auszuführen:
Diesem Vorbringen ist insoweit zuzustimmen, als die Begründung an Deutlichkeit zu wünschen übrig lässt und bei separater Betrachtung lediglich der ersten beide Sätzen im ersten Absatz der Begründung der jeweiligen Beschwerdevorentscheidung auf eine verspätete Einbringung des Antwortschreibens zum Mängelbehebungsauftrag rückgeschlossen werden kann.
Allerdings ist festzustellen, dass die Formulierung der Zurücknahme weil dem Auftrag "nicht fristgerecht entsprochen" wurde nicht als eigener, von der restlichen Begründung losgelöster, Begründungsteil, sondern iZm mit den folgenden Textierungen zu lesen ist.
Dementsprechend wird im Folgeabsatz festgehalten, was aus dem Beschwerdeantrag zu erkennen sein muss ("Der Beschwerdeantrag soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, ..."), und dass im Antwortschreiben auf den Mängelbehebungsauftrag gänzlich unterlassen worden sei, entsprechende Erklärungen bzw. Begründungen nachzureichen.
In der Gesamtschau der Begründung wird für das Bundesfinanzgericht aus dem Satz "Sie haben dem Auftrag, die Mängel Ihrer Eingabe bis zum zu beheben, nicht fristgerecht entsprochen" erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass nach Ansicht der belangten Behörde im - innerhalb der von der Behörde vorgegebenen Frist - vorgelegten Antwortschreiben keine Erklärungen bzw. Begründungen nachgereicht wurden, deshalb die inhaltlichen Mängel nicht behoben und damit dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen wurde.
Wäre von der belangten Behörde tatsächlich eine Verspätung angenommen worden, hätten die Ausführungen nach dem zweiten Satz, die sich ausschließlich mit den inhaltlichen Voraussetzungen des Beschwerdeantrags auseinandersetzen, überflüssig.
Dem Einwand, dass ein unauflösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung bestehe, kann daher nicht gefolgt werden.

Zufolge § 264 Abs 3 BAO gilt durch die rechtzeitige Einbringung des Vorlageantrages die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt.

Wurde einem Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde - nach Ansicht derselben - nicht entsprochen und wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen erklärt, so hat das Bundesfinanzgericht, sofern es die Rechtsansicht der belangten Behörde teilt, nach Stellung eines Vorlageantrages, die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs 1 lit b BAO als zurückgenommen zu erklären (vgl. ).
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdebegehren ist dem Bundesfinanzgericht in einem derartigen Fall verwehrt.

Der Ausspruch, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der unzureichenden Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt im Beschwerdefall keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Zudem folgt die Judikatur der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (; ).
Die (ordentliche) Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100979.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAG-11270