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VwGH 27.05.2025, Ro 2024/15/0018

VwGH 27.05.2025, Ro 2024/15/0018

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AbgÄG 2012
EStG 1988 §124b Z227
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litc idF 2012/I/112
EStG 1988 §2 Abs3 Z6
EStG 1988 §28
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2
RS 1
Stellte eine in der Vergangenheit erfolgte "Vermietung" einkommensteuerlich Liebhaberei dar und wird in der Folge die Vermietung in Form einer Einkunftsquelle betrieben, liegt eine "erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften" vor, sodass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 idF AbgÄG 2012 erfüllt sein können.
Normen
RS 2
Verwendet der Gebäudeeigentümer einen Teil eines ansonsten vermieteten oder für private Wohnzwecke genutzten Gebäudes für eigene betriebliche Zwecke, so gehört dieser Teil zu seinem Betriebsvermögen, soweit er nicht von untergeordnetem Ausmaß ist. Werden Gebäudeteile unterschiedlich genutzt, die einen betrieblich, die anderen privat bzw. für eine außerbetriebliche Einkunftsquelle, so erfolgt aus einkommensteuerlicher Sicht eine Aufteilung des Gebäudes in einen betrieblichen und einen privaten Teil; für Zwecke dieser Aufteilung des Gebäudes ist dabei grundsätzlich jeder Raum als betrieblicher oder als privater Raum einzustufen (vgl. ; , 2009/15/0100). Für jenen Teil des Gebäudes, der zum Betriebsvermögen zählt, wird die AfA in den §§ 7 und 8 EStG 1988 geregelt. Dient der nicht zum Betriebsvermögen zählende Teil des Gebäudes der Erzielung von außerbetrieblichen Einkünften, insbesondere von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wird die AfA durch § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 geregelt, was bei der AfA-Bemessung beispielsweise zu einer anderen Nutzungsdauer führen kann als für den betrieblichen Gebäudeteil (vgl. ). Wird ein Gebäude nur zum Teil vermietet und zum anderen Teil für eigene Wohnzwecke verwendet, so steht die AfA nur hinsichtlich des vermieteten Gebäudeteils zu.
Normen
RS 3
Werden Reparaturen auf ein Wohnhaus getätigt, das teilweise vermietet und teilweise privat genutzt wird, hängt die Anerkennung von Werbungskosten davon ab, ob die Aufwendungen dem vermieteten Teil (der Einkunftsquelle bzw. mehreren Einkunftsquellen) oder einer privat genutzten Wohnung zugeordnet werden können oder ob sie allenfalls beiden Bereichen zuzurechnen sind (vgl. z.B. ).
Normen
RS 4
Was das Einkommensteuergesetz unter dem Begriff "Grundstück" verstanden wissen will, ist unter Bedachtnahme auf den Zweck der jeweiligen Gesetzesbestimmung und die Gesetzessystematik zu ermitteln. Wenn die Norm des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 das (zum nicht steuerverfangene) "Grundstück" und dessen fiktive Anschaffungskosten nennt, ist damit jedenfalls nicht Grund und Boden, sondern ein Gebäude gemeint, weil diese Gesetzesbestimmung ja die Bemessungsgrundlage einer AfA festlegen will. Darüber hinaus folgt aus dem Umstand, wonach räumliche Teile eines Gebäudes in Bezug auf die Abschreibung ein unterschiedliches Schicksal haben können (Teile des Betriebsvermögens, vermietete Teile, nicht der Einkunftserzielung gewidmete Teile), dass § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 auch auf (bloße) Teile eines Gebäudes Anwendung finden kann.
Normen
AbgÄG 2012
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litc
EStG 1988 §6 Z5 litc
VwRallg
RS 5
Auch wenn die Regelung der Einlagebewertung in § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 von "Gebäuden", die zum nicht steuerverfangen waren, spricht, kommt diese Bewertung auch dann zur Anwendung, wenn (bloß) ein Teil eines Gebäudes des Altvermögens in ein Betriebsvermögen eingelegt wird. Die Erläuterungen zum AbgÄG 2012 (ErlRV 1960 BlgNR 24. GP 23) zeigen den engen systematischen Zusammenhang zwischen § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 einerseits und § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 andererseits auf. Insbesondere aus diesem systematischen Zusammenhang folgt unzweifelhaft, dass die letztgenannte Bestimmung auch dann zur Anwendung kommt, wenn bloß in Bezug auf einen Teil eines Gebäudes die erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften erfolgt, soweit die Voraussetzung erfüllt ist, dass zum keine Steuerverfangenheit vorlag. Dem steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 von einem "Grundstück" spricht. Der Beginn der Verwendung für betriebliche Zwecke und die damit bewirkte Einlage iSd § 6 Z 5 EStG 1988 korrespondieren dabei mit der "erstmaligen Verwendung zur Erzielung von Einkünften", auf die § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 abstellt. Wie für einen räumlichen Gebäudeteil die Einlagebewertung des § 6 Z 5 EStG 1988 unabhängig von der Nutzung anderer Gebäudeteile zur Anwendung kommt, ist die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 für eine Wohnung eines Gebäudes somit nicht von der Nutzung anderer Wohnungen desselben Gebäudes abhängig.
Norm
RS 6
Eine Konstellation, in der ein Gebäude zum nur teilweise nicht steuerverfangen ("Altvermögen") ist und schon deshalb bei dessen erstmaliger Verwendung zur Erzielung von Einkünften (nach dem ) nur teilweise in den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 fällt, kann etwa vorliegen, wenn ein ideeller Anteil an einer bebauten Liegenschaft so früh entgeltlich erworben worden ist, dass zum eine Steuerverfangenheit nicht mehr gegeben war ("Altvermögen"), während der andere ideelle Anteil an der Liegenschaft erst nach dem gekauft wurde. Eine solche Konstellation kann beispielsweise auch dann vorliegen, wenn ein zum nicht mehr steuerverfangenes Gebäude ("Altvermögen") nach dem um ein neues Stockwerk aufgestockt wird, sodass dieser räumliche Teil des einheitlichen Gebäudes nicht mehr dem "Altvermögen" zurechenbar ist.

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

Besprechung in: RdW 8/2025, S. 560 – 562;

Besprechung in: Wohnrechtliche Blätter: wobl 10/2025, S. 413-417;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Dr. G T in L, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Zollamtstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100046/2024, betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Beim Revisionswerber, der unter anderem Einkünfte aus der Vermietung eines Teiles eines aus mehreren Wohnungen bestehenden dreistöckigen Hauses erzielte, wurde eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2016 und 2017 durchgeführt.

2 Im Anschluss an die Prüfung erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017, gegen welche der Revisionswerber Beschwerden erhob.

3 Das Finanzamt wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG den Beschwerden keine Folge. Es stellte fest, dem Revisionswerber sei im Jahr 1985 von seiner Großtante ein Drittelanteil an der Liegenschaft X übertragen worden. Es habe sich um eine gemischte Schenkung gehandelt, die einkommensteuerlich als unentgeltliche Übertragung zu werten sei.

5 Die in sehr guter Lage befindliche Liegenschaft X sei mit dem gegenständlichen dreistöckigen Haus bebaut, das Ende des 19. Jahrhunderts errichtet worden sei.

6 Im Jahr 1995 seien dem Revisionswerber von seinen Eltern die verbleibenden Liegenschaftsanteile übertragen worden, und zwar ebenfalls im Wege einer als unentgeltliche Übertragung zu wertenden gemischten Schenkung. In der als Kaufvertrag bezeichneten Vereinbarung hätten sich die Eltern ein lebenslanges, entgeltliches Wohnrecht an einer 55 m² großen Wohnung, die von ihnen bereits zuvor genutzt worden sei, vorbehalten. Der Revisionswerber habe die geringfügigen Zahlungen der Eltern zunächst als Mieteinnahmen erklärt und im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Aufwendungen für die von den Eltern genutzte Wohnung als Werbungskosten berücksichtigt.

7 Im Rahmen einer die Jahre 1994 bis 1996 umfassenden Außenprüfung habe das Prüfungsorgan als Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) des 1985 übertragenen Drittelanteils der Liegenschaft X den Einheitswert der Liegenschaft (1/3 von 323.000 S = 107.666,67 S davon 2 % AfA) herangezogen. Die AfA für die 1995 übertragenen Anteile habe es auf Basis fiktiver Anschaffungskosten des Gebäudes (ohne Grund und Boden) in Höhe von 5,500.000 S ermittelt (2/3 von 5,500.000 S = 3,666.667 S davon 2,5 % AfA). Für die vom Revisionswerber bewohnte Wohnung des Hauses habe es einen Privatanteil ausgeschieden.

8 Im Rahmen einer weiteren Außenprüfung, welche die Jahre 2005 bis 2008 umfasst habe, habe das Prüfungsorgan die Feststellung getroffen, die mit dem Wohnrecht der Eltern belastete Wohnung sei von vornherein nicht gewinnbringend vermietbar, weil die Ausgestaltung des entgeltlichen Wohnrechts nicht wie unter Fremden üblich erfolgt sei. Solange das Wohnrecht aufrecht sei, könne hinsichtlich dieser Wohnung keine Einkunftsquelle angenommen werden, es seien also weder Einnahmen noch Werbungskosten zu berücksichtigen.

9 Ab dem Jahr 2009 habe der Revisionswerber die den Eltern überlassene Wohnung als privat genutzt behandelt. Die AfA für die vermieteten Bereiche des Gebäudes (also das Gebäude mit Ausnahme der vom Revisionswerber und von seinen Eltern benutzten Wohnungen) habe er ab diesem Zeitpunkt zur Gänze auf der Basis fiktiver Anschaffungskosten in Höhe von 5,500.000 S (399.700,59 €) ermittelt.

10 Im Jahr 2016 habe der Revisionswerber mit der Sanierung des in Rede stehenden Gebäudes auf der Liegenschaft X begonnen. Unter anderem seien die Fassade erneuert und die Fester ausgetauscht worden. Vor Beginn der Bauarbeiten hätten sich die Eltern des Revisionswerbers bereit erklärt, für die sodann teilrenovierte Wohnung ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung eine fremdübliche Miete in Höhe von 7 € pro Quadratmeter zu bezahlen.

11 Aufgrund dieser Vereinbarung habe der Revisionswerber ab dem Jahr 2016 Einkünfte aus der Vermietung der von den Eltern genutzten Wohnung erklärt. Er sei von einer „Einlage“ dieser Wohnung ausgegangen und habe als AfA-Bemessungsgrundlage die fiktiven Anschaffungskosten dieser Wohnung in Höhe von 143.325 € in Ansatz gebracht, welche anhand des Immobilienpreisspiegels der Statistik Austria ermittelt worden seien. Dies mit der Begründung, dass die Wohnung der Eltern erstmals vermietet werde, weshalb § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 zur Anwendung komme.

12 Als Ergebnis einer die Jahre 2016 und 2017 umfassenden Außenprüfung habe das Finanzamt die AfA wie folgt berechnet: Für den 1985 erworbenen Drittelanteil sei der (seinerzeitige) Einheitswert (1/3 von umgerechnet 23.473,33 € = 7.824,44 €, davon 2 % AfA) und für die 1995 erworbenen zwei Drittel seien die (seinerzeitigen) fiktiven Anschaffungskosten des Gebäudes ohne Grund und Boden (2/3 von umgerechnet 399.700,59 € = 266.467,06 € davon 2,5 % AfA) herangezogen worden. Für die vom Revisionswerber bewohnte Wohnung des Hauses (Dachgeschoß) sei sodann ein Privatanteil von 33,14 % ausgeschieden worden.

13 In der dagegen erhobenen Beschwerde sei vorgebracht worden, dass ein Gebäude, bei dem die Gebäudeteile unterschiedlich genutzt würden, von der Rechtsprechung nicht als einheitliches Wirtschaftsgut behandelt werde. Das gegenständliche Gebäude bestehe aus sechs Wohnungen, von denen eine vom Revisionswerber und eine von seinen Eltern bewohnt werde. Für die von den Eltern bewohnte Wohnung (im ersten Stock des Gebäudes) sei mit Beginn der einkommensteuerlich anzuerkennenden Vermietung im Jahr 2016 eine Bewertung nach § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 vorzunehmen gewesen.

14 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das BFG in dem die Beschwerde abweisenden Erkenntnis aus, dass sich die Wendung „Grundstück“ im § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 auf das Grundstück in seiner Gesamtheit beziehe. Das bedeute, dass dann, wenn ein Teil dieses Grundstückes bzw. Gebäudes bereits zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden sei, eine Anwendung der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 ausscheide, auch wenn in der Folge andere Gebäudeteile, die bisher nicht vermietet worden seien, erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet würden. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ergebe sich, dass einzelne Wohnungen des auf der Liegenschaft X befindlichen nicht parifizierten Gebäudes bereits vor 2016 vermietet worden seien und zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt hätten.

15 Die Eltern des Revisionswerbers hätten für die von ihnen bewohnte Wohnung ab Begründung des Wohnrechts im Jahr 1995 ein geringfügiges Entgelt entrichtet. Das BFG treffe die Feststellung, dass es sich dabei nicht um eine dem Fremdvergleich entsprechende Vermietung gehandelt habe, sondern um eine nicht fremdübliche Gestaltung. Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen seien steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen, einen eindeutigen und klaren Inhalt hätten und auch einem Fremdvergleich standhielten; diesen Voraussetzungen habe die Überlassung der Wohnung an die Eltern zunächst nicht entsprochen. Daher könne bis zur Mietvereinbarung, die zwischen dem Revisionswerber und seinen Eltern im Jahr 2016 geschlossen worden sei, in Bezug auf diese Wohnung keine ertragsteuerliche Vermietung anerkannt werden. Ab dem Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung zwischen dem Revisionswerber und seinen Eltern im Jahr 2016, in welcher sich die Eltern zur Zahlung einer fremdüblichen Miete verpflichteten, sei hingegen eine Vermietung anzuerkennen. Daher liege erst seit 2016 einkommensteuerlich eine Vermietung dieser Wohnung vor. Bis 2016 seien vier Wohnungen des Gebäudes vermietet worden, ab diesem Zeitpunkt fünf Wohnungen.

16 Dem Beschwerdebegehren, für die an die Eltern vermietete Wohnung ab 2016 eine AfA-Bemessungsgrundlage nach § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 heranzuziehen, könne nicht entsprochen werden, weil andere Wohnungen des Hauses bereits vorher vermietet gewesen seien. Die AfA für ein Gebäude sei grundsätzlich einheitlich vorzunehmen. Das auf der Liegenschaft X befindliche Haus stelle eine bautechnische Einheit dar. Die Vermietung von Wohnungen in diesem Objekt führe daher dazu, dass eine Anwendung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 auch für die bisher nicht vermietete Wohnung ausgeschlossen sei, weil das Gesetz auf das Grundstück als Gesamtheit abstelle.

17 Die Nichtanwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 habe zur Folge, dass sich an der bisherigen AfA-Bemessungsgrundlage nichts ändere. Es werde nur der bisher in Ansatz gebrachte Privatanteil (von 44,45 % auf 33,14 %) vermindert.

18 Eine ordentliche Revision erklärte das BFG für zulässig, weil keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob eine erstmalige Vermietung iSd § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 bei einem nicht parifizierten Gebäude mit mehreren Wohneinheiten vorliege, wenn bereits eine von mehreren Wohneinheiten des Hauses früher zur Erzielung von Einkünften verwendet worden sei (gebäudebezogene Betrachtungsweise), oder ob auf die jeweilige Wohnung abzustellen sei.

19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

20 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

21 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Die Revision ist zulässig und begründet.

23 § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 idF ab dem Abgabenänderungsgesetz 2012 (AbgÄG 2012), BGBl I Nr. 112/2012, lautet:

„Wird ein zum nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu Grunde zu legen.“

24 § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 idF AbgÄG 2012 ist gemäß § 124b Z 227 EStG 1988 anzuwenden, wenn die erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften nach dem erfolgt.

25 Stellte eine in der Vergangenheit erfolgte „Vermietung“ einkommensteuerlich Liebhaberei dar und wird in der Folge die Vermietung in Form einer Einkunftsquelle betrieben, liegt eine „erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften“ vor, sodass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 idF AbgÄG 2012 erfüllt sein können (Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, EStG65, § 16 Abs. 1 Z 8 Tz 83).

26 Der Revisionswerber hat einen ideellen Drittelanteil an der Liegenschaft X im Jahr 1985 durch einen unentgeltlichen Vorgang erworben und unmittelbar zur Erzielung außerbetriebliche Einkünfte verwendet. Diesbezüglich stellt gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b der Stammfassung des EStG 1988 und § 114 Abs. 4 EStG 1988 (auch) für die Streitjahre 2016 und 2017 der seinerzeitige Einheitswert (anteilig) die Bemessungsgrundlage der AfA dar (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 152).

27 Den verbleibenden ideellen Zweidrittelanteil an der Liegenschaft hat der Revisionswerber im Jahr 1995 durch einen unentgeltlichen Vorgang erworben und unmittelbar zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte verwendet. Diesbezüglich stellen gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b der Stammfassung des EStG 1988 aufgrund eines entsprechenden Antrags des Revisionswerbers die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes im Jahr 1995 auch für die Streitjahre 2016 und 2017 (anteilig) die Bemessungsgrundlage der AfA dar (vgl. wiederum Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 152; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 28 Tz 41.3).

28 Das BFG geht davon aus, dass die von den Eltern des Revisionswerbers benutzte Wohnung im gegenständlichen Gebäude ab 2016 erstmals zur Erzielung von Einkünften verwendet worden ist. Strittig ist, ob bei einem (nicht parifizierten) Gebäude mit mehreren Wohneinheiten, von denen einige schon vor 2013, eine aber erstmalig nach dem vermietet wird, in Bezug auf letztere ein Anwendungsfall des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 idF ab dem AbgÄG 2012 vorliegt, soweit dieses Gebäude am nicht steuerverfangen („Altvermögen“) war.

29 Verwendet der Gebäudeeigentümer einen Teil eines ansonsten vermieteten oder für private Wohnzwecke genutzten Gebäudes für eigene betriebliche Zwecke, so gehört dieser Teil zu seinem Betriebsvermögen, soweit er nicht von untergeordnetem Ausmaß ist (vgl. Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG30, § 4 Abs. 1 Tz 54 ff; Bodis/Hammerl/Weigand in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG23, § 28 Tz 103). Werden Gebäudeteile unterschiedlich genutzt, die einen betrieblich, die anderen privat bzw. für eine außerbetriebliche Einkunftsquelle, so erfolgt aus einkommensteuerlicher Sicht eine Aufteilung des Gebäudes in einen betrieblichen und einen privaten Teil; für Zwecke dieser Aufteilung des Gebäudes ist dabei grundsätzlich jeder Raum als betrieblicher oder als privater Raum einzustufen (vgl. ; , 2009/15/0100; sowie Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG30, § 4 Abs. 1 Tz 58).

30 Für jenen Teil des Gebäudes, der zum Betriebsvermögen zählt, wird die AfA in den §§ 7 und 8 EStG 1988 geregelt. Dient der nicht zum Betriebsvermögen zählende Teil des Gebäudes der Erzielung von außerbetrieblichen Einkünften, insbesondere von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wird die AfA durch § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 geregelt, was bei der AfA-Bemessung beispielsweise zu einer anderen Nutzungsdauer führen kann als für den betrieblichen Gebäudeteil (vgl. ).

31 Wird ein Gebäude nur zum Teil vermietet und zum anderen Teil für eigene Wohnzwecke verwendet, so steht die AfA nur hinsichtlich des vermieteten Gebäudeteils zu (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 28 Tz 44.2; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 16 Tz 167).

32 Werden beispielsweise Reparaturen auf ein Wohnhaus getätigt, das teilweise vermietet und teilweise privat genutzt wird, hängt die Anerkennung von Werbungskosten davon ab, ob die Aufwendungen dem vermieteten Teil (der Einkunftsquelle bzw. mehreren Einkunftsquellen) oder einer privat genutzten Wohnung zugeordnet werden können oder ob sie allenfalls beiden Bereichen zuzurechnen sind (vgl. z.B. ).

33 Was das Einkommensteuergesetz unter dem Begriff „Grundstück“ verstanden wissen will, ist unter Bedachtnahme auf den Zweck der jeweiligen Gesetzesbestimmung und die Gesetzessystematik zu ermitteln (vgl. Bodis/Schlager, Die Reform der Grundstücksbesteuerung im EStG, in SWK-Spezial 10 Jahre ImmoESt, 3 [6]). Wenn die Norm des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 das (zum nicht steuerverfangene) „Grundstück“ und dessen fiktive Anschaffungskosten nennt, ist damit jedenfalls nicht Grund und Boden, sondern ein Gebäude gemeint, weil diese Gesetzesbestimmung ja die Bemessungsgrundlage einer AfA festlegen will (vgl. Sutter/Pfalz, in Hofstätter/Reichel, EStG65, § 16 Abs. 1 Z 8 Tz 71). Darüber hinaus folgt aus dem Umstand, wonach - wie oben dargestellt - räumliche Teile eines Gebäudes in Bezug auf die Abschreibung ein unterschiedliches Schicksal haben können (Teile des Betriebsvermögens, vermietete Teile, nicht der Einkunftserzielung gewidmete Teile), dass § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 auch auf (bloße) Teile eines Gebäudes Anwendung finden kann.

34 Ein für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage wesentlicher Umstand ergibt sich aus dem AbgÄG 2012 (samt den ErlRV) selbst.

35 Die Bewertung der Einlagen in das Betriebsvermögen regelt die Z 5 des § 6 EStG 1988. Mit dem AbgÄG 2012 wurde § 6 Z 5 EStG 1988 novelliert und dabei in der lit. c normiert:

„Abweichend von lit. b sind Gebäude und grundstücksgleiche Rechte im Sinne des § 30 Abs. 1, die zum nicht steuerverfangen waren, stets mit dem Teilwert zum Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen.“

36 Zugleich wurde mit dem AbgÄG 2012 die hier in Rede stehende Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 geschaffen, die ebenfalls zum nicht steuerverfangene Grundstücke iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 betrifft und auf die erstmalige Zuführung zu außerbetrieblichen Einkünften abstellt.

37 In den Erläuterungen zum AbgÄG 2012 wird zu § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 auf den Zusammenhang mit § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 verwiesen und unter anderem ausgeführt (vgl. ErlRV 1960 BlgNR 24. GP 23):

„Analog zur Regelung hinsichtlich der Einlage ins Betriebsvermögen soll auch die AfA-Bemessungsgrundlage bei erstmaliger Nutzung zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte (VuV) eines bereits früher angeschafften Gebäudes geregelt werden. [...]

Diese Gleichstellung setzt sich im Falle der AfA-Bemessung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c im Veräußerungsfall insoweit fort, als auch hier gemäß § 30 Abs. 6 lit. a dasselbe Besteuerungsregime zur Anwendung kommt wie bei Einlage eines derartigen Vermögens und nachfolgender betrieblicher Veräußerung (siehe dazu oben):

So kann hinsichtlich eines vermieteten Gebäudes § 30 Abs. 4 unter Zugrundelegung der fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung als Veräußerungserlös angewendet werden. Der auf den Zeitraum ab dem Beginn der Vermietung entfallende Veräußerungsgewinn ist gemäß § 30 Abs. 3 zu ermitteln, wobei allerdings an die Stelle der historischen Anschaffungskosten die fiktiven Anschaffungskosten zu Beginn der Einkünfteerzielung treten.“

38 Auch wenn die Regelung der Einlagebewertung in § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 von „Gebäuden“, die zum nicht steuerverfangen waren, spricht, kommt diese Bewertung unstrittig auch dann zur Anwendung, wenn (bloß) ein Teil eines Gebäudes des Altvermögens in ein Betriebsvermögen eingelegt wird. Die Erläuterungen zum AbgÄG 2012 zeigen den engen systematischen Zusammenhang zwischen § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 einerseits und § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 andererseits auf. Insbesondere aus diesem systematischen Zusammenhang folgt unzweifelhaft, dass die letztgenannte Bestimmung auch dann zur Anwendung kommt, wenn bloß in Bezug auf einen Teil eines Gebäudes die erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften erfolgt, soweit die Voraussetzung erfüllt ist, dass zum keine Steuerverfangenheit vorlag. Dem steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 von einem „Grundstück“ spricht.

39 Der Beginn der Verwendung für betriebliche Zwecke und die damit bewirkte Einlage iSd § 6 Z 5 EStG 1988 korrespondieren dabei mit der „erstmaligen Verwendung zur Erzielung von Einkünften“, auf die § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 abstellt. Wie für einen räumlichen Gebäudeteil die Einlagebewertung des § 6 Z 5 EStG 1988 unabhängig von der Nutzung anderer Gebäudeteile zur Anwendung kommt, ist die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 für eine Wohnung eines Gebäudes somit nicht von der Nutzung anderer Wohnungen desselben Gebäudes abhängig.

40 Ergänzend ist auf Konstellationen zu verweisen, in denen ein Gebäude zum nur teilweise nicht steuerverfangen („Altvermögen“) ist und schon deshalb bei dessen erstmaliger Verwendung zur Erzielung von Einkünften (nach dem ) nur teilweise in den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 fällt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein ideeller Anteil an einer bebauten Liegenschaft so früh entgeltlich erworben worden ist, dass zum eine Steuerverfangenheit nicht mehr gegeben war („Altvermögen“), während der andere ideelle Anteil an der Liegenschaft erst nach dem gekauft wurde. Eine solche Konstellation kann beispielsweise auch dann vorliegen, wenn ein zum nicht mehr steuerverfangenes Gebäude („Altvermögen“) nach dem um ein neues Stockwerk aufgestockt wird, sodass dieser räumliche Teil des einheitlichen Gebäudes nicht mehr dem „Altvermögen“ zurechenbar ist.

41 Indem das BFG die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 idF des AbgÄG 2012 auf die von den Eltern des Revisionswerbers bewohnte Wohnung deshalb ausgeschlossen hat, weil andere Wohnungen desselben Gebäudes bereits zu einem früheren Zeitpunkt vermietet wurden, hat es nach dem Gesagten die Rechtslage verkannt.

42 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

43 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2025:RO2024150018.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-96923