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Normenprüfung (VfGH) – Einzel - Beschluss, BFG vom 14.04.2025, RN/3100001/2025

StabAbgG: Antrag gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG) an den Verfassungsgerichtshof

Beachte

Beim VfGH anhängig zur Zl. G 64/2025.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Günter Wellinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 19, 1010 Wien, gegen die von der belangten Behörde Finanzamt für Großbetriebe zu Steuernummer ***BF1StNr17*** am ausgefertigten Bescheide über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2022 und gegen den am von derselben Behörde ausgefertigten Bescheid über die Festsetzung die Stabilitätsabgabe für das Jahr 2023 beschlossen:

Spruch

I. Das Bundesfinanzgericht stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den

Antrag

in § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 die Wortfolge "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als" und das Wort "bestehen" aufzuheben (Hauptantrag),

in eventu
§ 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 aufzuheben (1. Eventualantrag),

in eventu
§ 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 aufzuheben (2. Eventualantrag),

weil diese Bestimmungen gegen den Gleichheitssatz (Art 2 StGG, Art 7 BVG) sowie gegen die Eigentumsfreiheit (Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK) verstoßen.

II. Gemäß § 62 Abs 3 VfGG wird mit der Fortführung des Beschwerdeverfahrens GZ RV/3100591/2024 (fortgesetztes Verfahren zu GZ RV/3100153/2024) bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Begründung

1. Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) ist ein Kreditinstitut im Sinne des § 1 BWG und unterliegt dem Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG). Als Mitglied des ***Sektor1*** ist die Beschwerdeführerin der ***Bank-AG1*** (kurz: ***BAG1***) als Zentralinstitut angeschlossen. Damit hat sie gemäß § 27a BWG zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen (Liquidationsverbund iSd § 27a BWG). Die Bf muss dazu bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat (der dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört) eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen halten.

Die Beschwerdeführerin (Bf) hat in den Jahren 2017 bis 2023 beim Zentralinstitut ***Bank-AG1*** (***BAG1***) eine Liquiditätsreserve im Sinne des § 27a BWG in folgendem Ausmaß gehalten:

2017: € 72.302.000,00
2018: € 78.390.000,00
2019: € 85.307.000,00
2020: € 92.527.000,00
2021: € 103.089.000,00
2022: € 113.243.000,00
2023: € 130.583.250,20

Die Abgabenbehörde erließ bekämpfte Bescheide über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023, in denen die Stabilitätsabgabe ohne Abzug der Verpflichtung gegenüber Kreditinstituten gemäß § 27a BWG festgesetzt wurde.

1.1. BFG-Erkenntnis im ersten Rechtsgang

Das Bundesfinanzgericht gab mit Erkenntnis (Beilage 1), den Beschwerden der Beschwerdeführerin vom und statt, änderte die angefochtenen Bescheide im Sinne der Beschwerdeanträge ab (Spruchpunkt I) und setzte die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Stabilitätsabgabe (neu) fest (Spruchpunkt II). Weiters ließ das Bundesfinanzgericht die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu (Spruchpunkt III).

Dagegen erhob die belangte Behörde Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof.

1.2. VwGH-Erkenntnis

Der Verwaltungsgerichtshof gab mit Erkenntnis (Beilage 2), der Amtsrevision der belangten Behörde statt und hob das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

Begründend führt der VwGH auf das Wesentliche zusammengefasst aus:

  • Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist nach § 2 Abs 1 StabAbgG die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in Abs 2 genannten Beträge.

  • Nach § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG ist die Bemessungsgrundlage um Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten zu vermindern, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses nach Teil 6 der VO (EU) 573/2013 entstanden sind.

  • Aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses entstehe keine Verpflichtung des Kreditinstituts, das die Liquiditätsreserve geleistet hat, sondern eine Verpflichtung jenes Kreditinstituts, an das diese Liquiditätsreserve geleistet wurde (also des Zentralinstituts). Das Zentralinstitut müsse im Bedarfsfall rasch und ohne administrative Hindernisse Liquiditätsunterstützung gewährleisten, die auch über den Betrag der entgegengenommenen Einlagen hinausgehen soll.

  • Lediglich eine derartige Verpflichtung des Zentralinstituts, die gegenüber dem einlegenden Kreditinstitut besteht, sei aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses entstanden und könnte daher nach § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG die Bemessungsgrundlage vermindern.

  • Da eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut bestehen, könne die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbunds eintreten, weil nur in jenem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), andererseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können.

  • Eine solche Verminderung der Bemessungsgrundlage werde daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.

  • Bei einem zweistufigen Bankenverbund würden hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vorliegen. Eine Verminderung der Bemessungsgrundlage sei insofern unzulässig.

Zusammengefasst hat der VwGH entschieden, dass § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor (dh auch im ggst Fall) nicht anwendbar sei.

Das Fehlen einer Kürzungsbestimmung für den zweistufigen (***PI1***-)Sektor ist verfassungswidrig, weil es zu einer ungerechtfertigten Doppelbelastung der Beschwerdeführerin und zu einer Doppelbesteuerung im ***Sektor1*** kommt. Die Beschwerdeführerin ist gesetzlich verpflichtet, aus einem Teil der von ihr als Einlagen entgegengenommenen Gelder eine Liquiditätsreserve zu bilden und bei ihrem Zentralinstitut (der ***Bank-AG1***, kurz: ***BAG1***) zu halten, wodurch diese Einlagen im Umfang der Liquiditätsreservehaltungspflicht ihrer Disposition und damit dem allgemeinen Bankgeschäftsrisiko entzogen sind. Diese Einlagen unterliegen bereits auf Ebene der ***BAG1*** (Zentralinstitut) der Stabilitätsabgabe. Zugleich wäre die bei der ***BAG1*** gehaltene Liquiditätsreserve auch bei der Beschwerdeführerin mit Stabilitätsabgabe belastet. Derselbe Euro wäre sohin zweimal besteuert: Einmal bei der ***BAG1*** (Zentralinstitut), ein zweites Mal bei der Beschwerdeführerin (Primärinstitut).

2. Präjudizialität

Ein Gericht kann den Antrag auf Aufhebung (bestimmter Stellen) eines Gesetzes nur dann stellen, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache anzuwenden oder wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist. Der Antrag muss darlegen, inwiefern das Gericht das Gesetz anzuwenden und welche Auswirkungen die Entscheidung des VfGH auf die beim Gericht anhängige Rechtssache hätte (§ 62 Abs 2 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 - VfGG, BGBl 1953/85 idgF).

Allerdings ist der VfGH nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichts in der Hauptsache vorgreifen würde. Nach der stRsp des VfGH darf daher ein Antrag iSd Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl 1930/1 idgF) nur dann mangels Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichts im Anlassfall bildet (zB VfSlg 10.640/1985; 12.189/1989; 15.237/1998; 16.245/2001; 16.927/2003).

Erschließt sich der Inhalt einer Norm aus dem Zusammenspiel zwischen einem Grundtatbestand und einem oder mehreren Ausnahmetatbeständen, sind nach stRsp des VfGH sowohl der Grundtatbestand als auch die Ausnahmetatbestände präjudiziell (VfSlg 14.805/1997; 15.267/1998; 15.299/1998; 15.316/1998; 15.391/1998; 16.203/2001; 16.223/2001; 20.224/2017; ).

Dies gilt auch, wenn der Anlassfall selbst nur den Grundtatbestand, nicht aber auch den Ausnahmetatbestand erfüllt, weil es für das Eintreten der Rechtsfolge des Grundtatbestands erforderlich ist, dass der Ausnahmetatbestand nicht erfüllt ist. Der VfGH sieht den Ausnahmetatbestand als "negatives Tatbestandselement" des gesamten Tatbestands (vgl VfSlg 14.805/1997; 15.267/1998).

Es sind daher sowohl der Grundtatbestand als auch der Ausnahmetatbestand entscheidungswesentlich und damit präjudiziell.

Das ist hier der Fall:

§ 1 StabAbgG unterwirft den Betrieb von Kreditinstituten der Stabilitätsabgabe.

Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist gem § 2 Abs 1 StabAbgG die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG festgelegten Abzugsposten. Abzugsfähig sind ua (i) gedeckte Einlagen, (ii) gezeichnetes Kapital und Rücklagen, (iii) Verbindlichkeiten, für die eine Haftung des Bundes nach dem AFFG (Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981, BGBl 1981/2016 idgF besteht, sowie (iv) Verbindlichkeiten aufgrund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt. Weiters berechtigt § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG bestimmte steuerpflichtige Kreditinstitute, die Bilanzsumme um die Liquiditätsreserve zu vermindern.

Daraus folgt:

  • Die unkonsolidierte Bilanzsumme (§ 2 Abs 1 StabAbgG) ist der Grundtatbestand.

  • Die Kürzungstatbestände des § 2 Abs 2 (insb Z 3a) StabAbgG sind die Ausnahmetatbestände.

Die Kürzungstatbestände des § 2 Abs 2 (insb Z 3a) StabAbgG stehen in systematischem Zusammenhang mit dem Grundtatbestand des § 2 Abs 1 StabAbgG (dh der unkonsolidierten Bilanzsumme), weil sich erst aus ihrem Zusammenspiel die konkrete Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe für das jeweilige steuerpflichtige Kreditinstitut ergibt. MaW: Erst durch Berücksichtigung der Kürzungstatbestände erschließt sich der normative Gehalt des Grundtatbestands, nämlich die Höhe der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Mit den angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde die Stabilitätsabgabe der Bf für die Jahre 2017 bis 2023 neu festgesetzt. Die Bescheide wurden angefochten, weil die belangte Behörde die unkonsolidierte Bilanzsumme nicht gem § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG um die beim Zentralinstitut der Bf (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindert hat.

Das Bundesfinanzgericht hat daher im ggst Verfahren zu beurteilen, ob die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 korrekt ermittelt hat. Insb ist zu prüfen, ob die Bf die unkonsolidierte Bilanzsumme um die Liquiditätsreserve (§ 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG) vermindern darf. Dabei hat es sowohl den Grundtatbestand als auch die Abzugstatbestände anzuwenden.

§ 1, § 2 Abs 1 und § 2 Abs 2 (insb Z 3a) StabAbgG sind präjudiziell.

3.1. Rechtslage

§ 2 Abs 1 und 2 StabAbgG idgF lauten:

"(1) Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme (Abs 2) des Kreditinstitutes, vermindert um die in Abs 2 genannten Beträge. Für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres zugrunde zu legen, das im Jahr 2010 endet. Ab dem darauf folgenden Kalenderjahr ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres, das im Jahr vor dem Kalenderjahr endet, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist, zugrunde zu legen.

(2) Die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme errechnet sich aus dem arithmetischen Mittel der für die ersten drei Kalendervierteljahre des Geschäftsjahres übermittelten Aufstellung über die Kapital- und Gruppensolvenz, die im Rahmen des Meldewesens (§ 74 BWG) ermittelt wird, und der Bilanzsumme des Jahresabschlusses des Geschäftsjahres. Die Bilanzsumme des Kreditinstitutes ist nach den Vorschriften des § 43 ff BWG und der Anlage 2 zu § 43 BWG zu ermitteln. Die Bilanzsumme des Jahresabschlusses und die Vermögensausweise gemäß § 74 BWG sind dabei jeweils um folgende Beträge zu vermindern:

1. Gedeckte Einlagen gemäß § 7 Abs 1 Z 5 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG), BGBl I Nr 117/2015;

2. gezeichnetes Kapital und Rücklagen;

(Anm: Z 3 gemäß § 9 Abs 2 außer Kraft getreten)

3a.Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt;

4. Verbindlichkeiten und andere Passivposten von Kreditinstituten, die der Europäischen Kommission nach den unionsrechtlichen Vorschriften über staatliche Beihilfen gemäß Art 107 ff AEUV einen Abwicklungs- oder Restrukturierungsplan vorzulegen haben, sofern das Kreditinstitut abgewickelt wird und kein Neugeschäft abgeschlossen werden darf; dies umfasst auch Verbindlichkeiten von Kreditinstituten aus Anleiheemissionen, deren Gegenwert solchen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt wurde und diese Transaktion Teil des Restrukturierungsplanes ist;

5. Verbindlichkeiten, für die der Bund Haftungen nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981, (AFFG), BGBl Nr 216/1981, übernommen hat sowie Verbindlichkeiten aus Guthaben des Bundes auf den gemäß § 5 AFFG und § 7 des Ausfuhrförderungsgesetzes, (AusfFG), BGBl Nr 215/1981, eingerichteten Konten;

6. Verbindlichkeiten auf Grund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt, soweit sie in der Bilanzsumme enthalten sind.

7. Verbindlichkeiten der 'Österreichischer Exportfonds' GmbH, die der Refinanzierung von Rechtsgeschäften mit Haftung des Bundes gemäß den §§ 1 und 2 AusfFG dienen;

8. Verbindlichkeiten der Oesterreichische Entwicklungsbank AG, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 9 Abs 2 AusfFG eingegangen worden sind."

§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG enthalten weitere (Begleit-)Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage.

3.2. Liquiditätsverbünde gemäß § 27a BVG

§ 27a BWG verpflichtet Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, zur Teilnahme an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs zur Sicherung der Finanzmarktstabilität.

Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 % der gesamten Euro-Einlagen zu halten.

§ 27a BWG gilt ausschließlich für dezentrale Sektoren. Dabei ist zwischen

  • zweistufig organisierten Sektoren (***PI1***- und ***PI3***Sektor; jeweils mit Primärinstituten und einem Zentralinstitut) und

  • dem einzigen dreistufig organisierten ***Sektor (***PI2*** -> ***Bank2*** -> ***Bank3***)

zu unterscheiden (es handelt sich hier um einen "historisch vorgefundenen Zustand", vgl zB ErläutRV 313 BlgNR 23. GP 5).

Der ***Sektor1*** als zweistufiger Sektor besteht aus den ***PI1*** als Primärinstituten und der ***Bank-AG1*** (***BAG1***) als Zentralinstitut, dem die ***PI1*** angeschlossen sind. Im ***Sektor1*** ist eine Liquiditätsreserve zu halten, nämlich jene der ***PI1*** bei der ***BAG1***. Im dreistufigen Sektor sind die ***Bank2*** Zentralinstitute für die angeschlossenen ***PI2*** (Primärbanken). Die ***Bank3*** (kurz: ***B3***) ist wiederum Zentralinstitut für die ***Bank2***. Die ***Bank2*** sind somit gleichzeitig Zentralinstitute (für die und gegenüber der unterste(n) Ebene, das sind die einzelnen ***PI2***) und angeschlossene Institute (gegenüber der ***B3***). Daraus folgt, dass im dreistufigen Sektor zwei Liquiditätsreserven zu halten sind: Die ***PI2*** halten bei den ***Bank2*** und die ***Bank2*** halten bei der ***B3*** jeweils eine Liquiditätsreserve. Diese beiden Liquiditätsreserven sind jedoch voneinander getrennt (s unten Pkt 3.4.5).

Andere Banken des Sektors "Banken und Bankiers" sowie Hypothekenbanken werden von § 27a BWG nicht erfasst und müssen keine Liquiditätsverbünde bilden, weil es sich jeweils um eigenständige Institute handelt, die keinem sektoralen Zentralinstitut angeschlossen sind. Sie müssen daher auch keine Liquiditätsreserve bei einem anderen Kreditinstitut halten.

Sinn und Zweck der Liquiditätsreservehaltung im Liquiditätsverbund ist ein Liquiditätsausgleich in dezentralen Sektoren über eine Pooling-Lösung: Die Liquiditätsreserven der angeschlossenen Kreditinstitute werden zentral (beim jeweiligen Zentralinstitut) gepoolt, im Bedarfsfall abgerufen und im Liquiditätsausgleichssystem dort eingesetzt, wo aktuell Liquidität benötigt wird. Dies hat für dezentrale Sektoren einen stabilisierenden Effekt und insb den Vorteil, einen Liquiditätsbedarf sehr rasch und unbürokratisch im gesamten Sektor abdecken zu können [vgl Blume in Dellinger (Hrsg), Bankwesengesetz - Kommentar10 (2020) § 27a Rz 2].

Dementsprechend judizieren VfGH und VwGH:

  • Der Liquiditätsverbund ist eine Risiko- bzw Solidargemeinschaft, innerhalb der die Zahlungsfähigkeit der Mitglieder gesichert wird (vgl VfSlg 13.471/1993).

  • Der Liquiditätsausgleich nach § 27a BWG sichert zum einen jedem einzelnen teilnehmenden Institut Liquidität im Bedarfs- und Notfall, verringert die Gefahr eines übermäßigen Rückgriffs auf Marktliquidität und damit auch die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleistet einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöht dadurch zum anderen in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems (vgl ).

Für den ggst Fall folgt daraus:

Als sog Primärinstitut ist die Bf - ebenso wie die weiteren 46 ***PI1*** - der ***Bank-AG1*** (***BAG1***) als Zentralinstitut angeschlossen und damit Teil des dezentralen zweistufigen ***Sektor1***.

Die Bf ist daher gem § 27a BWG verpflichtet, einen Teil der von ihr gehaltenen Einlagen bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) als Liquiditätsreserve zu halten. Die als Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut weiterveranlagten Gelder (die die Bf von ihren Kunden erhielt) sind ihrer Disposition und damit dem allgemeinen Bankgeschäftsrisiko entzogen. Die ***BAG1*** ist verpflichtet, die Liquiditätsreserve in hochliquide Aktiva zu veranlagen, damit sie jederzeit rasch zur Verfügung steht.

3.3. Die Stabilitätsabgabe

Der Betrieb von Kreditinstituten unterliegt der Stabilitätsabgabe (§ 1 Satz 1 StabAbgG).

Die Stabilitätsabgabe soll laut Gesetzgeber sowie Bundesregierung (vgl die Stellungnahme der BReg im VfGH-Verfahren Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011: Es sei ein Anliegen des Gesetzgebers gewesen, risikoarme Bankgeschäfte zu begünstigen und risikoreiche Bankgeschäfte zu verteuern. Der Einlagensicherung unterliegende Spareinlagen seien typischerweise risikoarm.) ua die Finanzmarktstabilität fördern, "indem risikoreichere Finanzierungsinstrumente besteuert werden" (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 7).

Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG festgelegten Abzugsposten. Abzugsfähig sind ua (i) gedeckte Einlagen, (ii) gezeichnetes Kapital und Rücklagen, (iii) Verbindlichkeiten, für die eine Haftung des Bundes nach dem AFFG besteht, (iv) Verbindlichkeiten aufgrund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt.

Aus der Typologie dieser Abzugstatbestände folgt: Risikoarme Bilanzpositionen werden von der Bilanzsumme abgezogen und folglich nicht mit Stabilitätsabgabe belastet.

Im Jahr 2016 hat der Gesetzgeber das StabAbgG novelliert (BGBl I 2016/117), um den Entwicklungen im wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld von Banken Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hebt hervor, dass Kreditinstitute seit 2015 (i) den Europäischen Abwicklungsfonds sowie (ii) nationale Einlagensicherungsfonds mit Geldmitteln auszustatten haben. Diese Fonds tragen zur Stabilisierung im Fall künftiger Krisen bei. Durch diese Maßnahmen wurde mittlerweile eine deutliche Abmilderung des mit Sicherungs- oder Abwicklungsfällen bisher verbundenen budgetären Risikos erzielt. Ergänzend sei an dieser Stelle auch auf die EU-Abwicklungsrichtlinie (BRRD, RL 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) und das darauf basierende BaSAG (Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken, BGBl I 2014/98 idgF) verwiesen: Auf dieser Grundlage wurden der FMA als Abwicklungsbehörde zahlreiche Abwicklungsinstrumente (Unternehmensveräußerung, Brückeninstitut, Ausgliederung von Vermögenswerten, Gläubigerbeteiligung) zur Verfügung gestellt (vgl §§ 74ff BaSAG). Zudem sieht § 44 BaSAG Frühinterventionsmaßnahmen vor, um eine weitere Verschlechterung der Finanzlage des betreffenden Kreditinstituts frühzeitig zu vermeiden (ErläutRV 361 BlgNR 25. GP 1). Ziel des Abwicklungsregimes der BRRD und des BaSAG ist es, die Finanzmarktstabilität zu wahren und öffentliche Mittel zu schützen (ErläutRV 361 BlgNR 25. GP 1; vgl auch § 48 Abs 2 Z 3 BaSAG, wonach der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln als eines der Abwicklungsziele festgelegt ist). Die Kosten für die Steuerzahler sollen so gering wie möglich gehalten werden (Erwägungsgrund 5 zur RL 2014/59/EU). Folgerichtig konstatiert der Gesetzgeber, dass die Ziele der Stabilitätsabgabe daher schon durch diese Maßnahmen weitgehend erreicht wurden (ErläutRV 1352 BlgNR 25. GP 3)

Ebenso wie die Stabilitätsabgabe dienen auch Liquiditätsverbünde der Sicherung der Finanzmarktstabilität:

  • Liquiditätsverbünde verringern die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleisten einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöhen dadurch in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems (vgl ).

  • Die beim Zentralinstitut zu haltende Liquiditätsreserve zielt auf die Realisierung einer ausreichenden Liquiditätsvorsorge und auf die Sicherung des dezentralen Sektors ab (VfSlg 13.471/1993; ErläutRV 844 BlgNR 14. GP 44). Damit wird auch insgesamt die Finanzmarktstabilität erhöht und die Wahrscheinlichkeit eines Bail-Out durch den Steuerzahler reduziert.

  • Die Liquiditätsreserve ist der Disposition des Primärinstituts entzogen und damit der Möglichkeit einer risikoreichen Veranlagung, die der Gesetzgeber mit der Stabilitätsabgabe belasten wollte.

  • Die Liquiditätsreserve dient ebenso wie gezeichnetes Kapital und Rücklagen als Risikopuffer.

  • Auch der VfGH erkennt in seiner bisherigen Rsp zur Stabilitätsabgabe den besonderen stabilisierenden Effekt dezentraler Sektoren: Die Steuerbefreiung von Kleinstkreditinstituten ist laut VfGH unproblematisch, weil "deren Probleme in der Regel sektoral gelöst werden" (VfGH-Erk Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011).

Kurzum: Eine Besteuerung der Liquiditätsreserve widerspricht aufgrund der damit verbundenen finanziellen Doppelbelastung von Kreditinstituten gerade dem Gedanken der Finanzmarktstabilität.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen Abzugstatbestand für die Liquiditätsreserve normiert hat. Ziel dieser Vorschrift ist es, eine Doppelbesteuerung im Bankenverbund zu vermeiden (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 106).

Allerdings hat der VwGH im ggst Fall mit Erkenntnis vom () entschieden, dass § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor nicht anwendbar sei. Dadurch kommt es zu einer Doppelbelastung der Bf (dieselben Einlagen unterliegen der Liquiditätsreservehaltungspflicht und der Stabilitätsabgabe) und zu einer Doppelbesteuerung der Liquiditätsreserve im zweistufigen ***Sektor1*** (einmal auf Ebene der ***BAG1***, einmal auf Ebene der Bf).

Das Fehlen eines Kürzungstatbestands für den zweistufigen Sektor führt aufgrund des sachlichen Zusammenhangs zur Verfassungswidrigkeit der gesamten Regelung über die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe. § 2 StabAbgG verstößt

Im Einzelnen:

3.4. Verstoß gegen das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz

Der Gleichheitssatz ist die wichtigste Schranke für die Steuergesetzgebung (Pöschl, Gleichheitsrechte, in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer (Hrsg), Handbuch der Grundrechte Bd VII/12 (2014) Rz 60). Er setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl VfSlg 17.807/2006).

Für dieses Sachlichkeitsgebot hat der VfGH die Formel entwickelt, dass eine gesetzliche Regelung auf einem vernünftigen Grund beruhen muss und nicht unverhältnismäßig sein darf (vgl zB VfSlg 17.026/2003; 16.080/2001; 14.650/1996). Dies führt zu einer Prüfung dahingehend, ob die für eine bestimmte Regelung ins Treffen geführte (externe) Zielsetzung und ihre Umsetzung ggü der für den betroffenen Einzelnen damit verbundenen Benachteiligung verhältnismäßig ist (vgl zB VfSlg 17.807/2006; 17.315/2004).

3.4.1. Die Besteuerung der Liquiditätsreserve ist mehrfach systemwidrig

3.4.1.1. System der Abzugstatbestände des § 2 Abs 2 StabAbgG

Bei näherer Betrachtung der Abzugstatbestände wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiedurch ein Ordnungssystem geschaffen und den Katalog der Abzugsposten nicht beliebig, sondern nach Risikogesichtspunkten ausgestaltet hat.

In allen Fällen handelt es sich um risikoarme Bilanzpositionen (gedeckte Einlagen; gezeichnetes Kapital und Rücklagen; Verbindlichkeiten, für die eine Haftung des Bundes nach dem AFFG besteht; Verbindlichkeiten aufgrund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt; usw).

Dies untermauern - wie bereits festgehalten - die Gesetzesmaterialien, wonach "risikoreichere Finanzierungsinstrumente besteuert werden [sollen], wodurch indirekt auch die systemische Finanzmarktstabilität gefördert wird" (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 7). Ebenso hebt die Bundesregierung dieses Ziel hervor (vgl die Stellungnahme der BReg im VfGH-Verfahren Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011: Es sei ein Anliegen des Gesetzgebers gewesen, risikoarme Bankgeschäfte zu begünstigen und risikoreiche Bankgeschäfte zu verteuern; der Einlagensicherung unterliegende Spareinlagen seien typischerweise risikoarm).

Es ist daher offensichtlich, dass der Gesetzgeber mit § 2 Abs 2 StabAbgG ein Ordnungssystem geschaffen hat, und zwar ein System der Abzugsfähigkeit wegen geringen Risikos.

Es mag sein, dass der Gesetzgeber laut VfGH nicht verpflichtet sei, die Bemessungsgrundlage nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln (VfSlg 19.598/2011). Daraus folgt jedoch nicht, dass er ein dennoch geschaffenes Ordnungssystem widersprüchlich und inkonsequent ausgestalten dürfe. Dies verbietet der Gleichheitssatz (Vgl zB VfSlg 19.666/2012, wonach das System der Gerichtsgebühren in sich konsistent ausgestaltet sein muss; ebenso VfSlg 10.823/1986 zum Geflügelwirtschaftsgesetz). Wenn der Gesetzgeber steuerliche Begünstigungen nach einem bestimmten System gewährleistet (hier: Abzug risikoloser bzw risikoarmer Posten von der Bilanzsumme), bedarf ein Abweichen von einem solchen System einer sachlichen Rechtfertigung [Verfassungswidrigkeit der Ausnahme des Heiratsguts von der Begünstigung: VfSlg 11.368/1987; Gleichheitswidrigkeit des Ausschlusses von Freiberuflern von der steuerlichen Begünstigung entnommener Gewinne, vgl VfSlg 18.030/2006; Gleichheitswidrigkeit des generellen Ausschlusses der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Dienstjubiläumsgelder im EStG 1988 idF des SteuerreformG 1993, vgl VfSlg 15.040/1997; Berka in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) B-VG Art 7 Rz 60; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) Rz 1662].

Für den ggst Fall bedeutet das:

Die Liquiditätsreserve, die zur Sicherung der Finanzmarktstabilität eingeführt wurde, ist zweifelsfrei risikoarm (vgl Pkt 3.2 und 3.3).

Indem im zweistufigen ***Sektor1*** ein Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe ausgeschlossen ist, liegt ein Abgehen vom bestehenden Ordnungssystem vor.

Eine sachliche Rechtfertigung ist dafür nicht ersichtlich und liegt auch nicht vor.

3.4.1.2. System Finanzmarktstabilität

Ein Ordnungssystem lässt sich nicht nur im Ausnahmekatalog des § 2 Abs 2 StabAbgG erblicken, sondern auch in jenen Wertungen, die dem System der Finanzmarktstabilität zugrunde liegen [Holoubek in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018), B-VG Art 7 Abs 1, Rz 147].

Die Rechtsordnung sieht mehrere - von ihrer Zielsetzung und ihren Wertungen gleichgerichtete - Instrumente vor:

  • Die Stabilitätsabgabe wurde mit dem Ziel eingeführt, Kreditinstitute an den Kosten der staatlich finanzierten Bankenrettungsmaßnahmen zu beteiligen. Diese Abgabe soll eine allgemeine Sicherungsmaßnahme für die Leistungen des Staates in Zeiten von Finanzkrisen bilden (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP. 6f). Auch der VfGH hält fest, dass vom Bankensektor gewisse Risiken ausgehen, die die Erhebung einer Stabilitätsabgabe zur Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich machen können.

  • Ziel der Einlagensicherung ist der Funktions- und Gläubigerschutz [Oppitz, Bankrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II4 (2019) 115]. Einlagensicherungssysteme dienen dazu, Kontoinhaber zu schützen und im Falle des Ausfalls einer Bank, insb bei deren Insolvenz, die Erstattung von Einlagen an diese Kontoinhaber sicherzustellen (ErläutRV 686 BlgNR 25. GP 1). Kreditinstitute mit Sitz in Österreich, die Einlagen entgegennehmen, haben der einheitlichen Sicherungseinrichtung anzugehören, widrigenfalls ihre Konzession zur Entgegennahme von Einlagen erlischt (§ 8 Abs 1 und 3 ESAEG).

  • Die Liquiditätsverbünde iSd § 27a BWG sichern jedem einzelnen teilnehmenden Institut Liquidität im Bedarfs- und Notfall, verringern die Gefahr eines übermäßigen Rückgriffs auf Marktliquidität und damit auch die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleisten einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöhen dadurch zum anderen in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems ().

Die Wertung des Gesetzgebers ist bei all diesen Maßnahmen dieselbe, nämlich die Finanzmarktstabilität zu steigern und die Wahrscheinlichkeit eines Bail-Out durch den Steuerzahler zu reduzieren.

Angesichts dieser Wertung ist die Besteuerung der Liquiditätsreserve, die erheblich zur Finanzmarktstabilität in Österreich beiträgt, ein offenkundig unsachlicher Systembruch (maW: "Stabilitätsabgabe für eine Stabilitätsmaßnahme"): Jene risikoarmen Maßnahmen, die die Finanzmarktstabilität fördern (hier: die gesetzliche Pflicht zur Haltung der Liquiditätsreserve), sollen nicht zusätzlich durch eine Besteuerung belastet werden.

Eine Besteuerung der Liquiditätsreserve ist sachfremd und damit gleichheitswidrig. Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitssatz gehalten, Wertungen in nach einheitlichen Prinzipien geregelten Bereichen durchzuhalten [Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, ÖZW 1991, 72 (74f)]. Wertungswidersprüche sind zu vermeiden (Holoubek in Korinek/Holoubek, B-VG Art 7 Abs 1, Rz 151).

3.4.2. Gleichheitswidrige Unterscheidung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung

Wie bereits festgehalten, haben der Liquiditätsverbund nach § 27a BWG und das Einlagensicherungssystem nach ESAEG zwei Gemeinsamkeiten:

  • Beide dienen dem Gläubigerschutz und der Finanzmarktstabilität (vgl Pkt 3.2 und 3.4.1.2).

  • Beide sind von den angeschlossenen bzw zugehörigen Kreditinstituten zu "finanzieren": Gem § 27a BWG haben die angeschlossenen Kreditinstitute Liquiditätsreserve in einem bestimmten, gesetzlich festgelegten Ausmaß aus ihren Spareinlagen sowie sonstigen Euro-Einlagen beim Zentralinstitut zu halten. Gem § 21 Abs 1 ESAEG haben Kreditinstitute jährlich Beiträge an die (Einlagen-)Sicherungseinrichtung zu leisten. In beiden Fällen wird Liquidität gepoolt: Hier beim Zentralinstitut, dort bei der (Einlagen-)Sicherungseinrichtung.

Für die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe gilt: Die gedeckten Einlagen sind gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG von der Bilanzsumme abzuziehen.

Nach den Gesetzesmaterialien soll damit "eine Doppelbelastung dieser Einlagen durch die Einlagensicherung und die Bankenabgabe vermieden werden" [ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 105 (eigene Hervorhebung)]. Dies hebt auch der VfGH in seinem Erk Stabilitätsabgabe I hervor (der Gesetzgeber dürfe berücksichtigen, "dass die Einlagensicherung […] in erster Linie vom [Banken-] Sektor selbst zu gewährleisten ist").

Das Gleiche muss auch für die Liquiditätsreserve gelten:

Bereits die gesetzliche Verpflichtung nach § 27a BWG zur Haltung der Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut begründet eine Last für das verpflichtete Primärinstitut.

Da die Einlagen, auf die die Liquiditätsreserve zu leisten ist, zusätzlich noch der Steuerpflicht unterliegen, führt dies zu einer Doppelbelastung dieser Einlagen. Darin liegt wiederum eine sachwidrige Inkonsistenz der gesetzlichen Ausgestaltung des Stabilitätsabgaberegimes, weil einmal eine Doppelbelastung verhindert wird und das andere Mal diese ohne sachliche Begründung herbeigeführt wird.

Auch wenn dem Gesetzgeber ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bei Normierung der Kürzungstatbestände zukommen mag, bedeutet das nicht, dass er dabei nicht durch den Gleichheitssatz gebunden wäre. Erlaubt ihm sein Gestaltungsspielraum die Einführung einer Ausnahme, verpflichtet ihn der Gleichheitssatz eine weitere Ausnahme für ähnlich gelagerte Fälle vorzusehen [Beiser, Materielles Verfassungsverständnis im Abgabenrecht, FS Wimmer (2008) 23 (40)].

3.4.3. Fehlender Abzug der Liquiditätsreserve führt zu sachwidriger Besteuerung gedeckter Einlagen

Gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG ist die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe um die gedeckten Einlagen zu vermindern. Die gedeckten Einlagen unterliegen damit nicht der Stabilitätsabgabe.

Dem vom Gesetzgeber damit verfolgten Ziel der Vermeidung der Doppelbelastung der gedeckten Einlagen (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP. 217) wäre jedoch nicht entsprochen, wenn die Liquiditätsreserve nicht von der Bilanzsumme abgezogen werden kann:

Die Liquiditätsreserve wird nämlich gem § 27a BWG zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildet (arg "10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14% der gesamten Euro-Einlagen"; § 27a BWG unterscheidet nicht zwischen gedeckten und nicht-gedeckten Einlagen).

Aufgrund der Besteuerung der Liquiditätsreserve werden auch Teile der gedeckten Einlagen von der Stabilitätsabgabe erfasst, obwohl diese gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG vollständig abzugsfähig sind. Auf der Ebene des Zentralinstituts kommt es zu einer Besteuerung (eines Teils) der gedeckten Einlagen der Primärinstitute, weil diese in der Liquiditätsreserve enthalten sind.

Dies führt zum sachwidrigen Ergebnis, wonach der Gesetzgeber eine Ausnahme von der Steuerpflicht für die gedeckten Einlagen in Z 1 schafft, um diese gleich in der übernächsten Z 3a wieder teilweise zu beseitigen. Dies bewirkt eine Doppelbelastung der gedeckten Einlagen, die der Gesetzgeber gerade ausschließen wollte. Die Ausnahme des § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG ist für den Teil der gedeckten Einlagen, für den Liquiditätsreserve zu halten ist, faktisch unwirksam (Vgl VfSlg 2546/1953).

3.4.4. Doppelbesteuerung nicht gedeckter Einlagen und Benachteiligung ggü Aktienbanken gleichheitswidrig

Die Besteuerung der Liquiditätsreserve führt auch zu Gleichheitswidrigkeiten iZm den nicht gedeckten Einlagen:

In zweistufig organisierten Sektoren werden die nicht gedeckten Einlagen auf Ebene des Primärinstituts mit der Stabilitätsabgabe besteuert. Da sich die Liquiditätsreserve auch aus einem Teil der nicht gedeckten Einlagen speist, unterliegen diese nicht gedeckten Einlagen ein zweites Mal auf Ebene des Zentralinstituts der Stabilitätsabgabe. Dies widerspricht dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, eine Doppelbesteuerung im Bankenverbund zu vermeiden.

Weiters liegt eine gleichheitswidrige Benachteiligung ggü Kreditinstituten vor, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind. Mangels Verpflichtung zur Bildung einer Liquiditätsreserve müssen diese die Stabilitätsabgabe auf die nicht gedeckten Einlagen nur einmal abführen.

Neben dem Prinzip der Einmalbesteuerung folgt aus dem Gleichheitssatz auch das Prinzip der gleichmäßigen Belastung aller Abgabepflichtigen (Beiser in FS Wimmer 40). Dem widerspricht das StabAbgG, weil auf die Besonderheiten von Kreditinstituten in dezentralen Sektoren nicht hinreichend Rücksicht genommen wird: Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber, wesentlich Ungleiches ungleich zu regeln (Pöschl, in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer Rz 35; Holoubek in Korinek/Holoubek, B-VG Art 7 Abs 1, Rz 122; VfSlg 11.641/1988). Unterscheiden sich zwei Fallgruppen in Punkten, die im gegebenen Regelungszusammenhang relevant sind, dann ist dem Gleichheitssatz gerade nicht genüge getan, wenn diese beiden Fallgruppen gleich behandelt werden. Sie müssen in angemessener Weise verschieden behandelt werden [Ruppe, Verfassungsrechtliche Schranken der Gesetzgebung im Steuerrecht, in Achatz/Ehrke-Rabel/Heinrich/Leitner/Taucher (Hrsg), Finanzverfassung und Rechtsstaat (2007) 185 (197f)]. Die Bf ist Teil eines dezentralen Sektors und daher gem § 27a BWG gesetzlich verpflichtet, eine Liquiditätsreserve bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) zu halten. Sonstige Kreditinstitute des Sektors Banken und Bankiers trifft keine solche gesetzliche Pflicht. Indem die Liquiditätsreserve die Bemessungsgrundlage der Bf für die Stabilitätsabgabe wie jede Bilanzposition einer sonstigen Aktienbank erhöht, führt dies zu einer unzulässigen schematischen Gleichbehandlung. Um den wesentlichen Unterschieden zwischen Kreditinstituten eines dezentralen Sektors einerseits und sonstigen Aktienbanken andererseits Rechnung zu tragen, ist die beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve von der Bilanzsumme der Bf abzuziehen.

Hinzu kommt: Im Hinblick auf das steuerrechtliche Leistungsfähigkeitsprinzip hat der VfGH eine erhöhte Mindestkörperschaftssteuer für umsatzstarke Unternehmen als gleichheitswidrig erkannt, weil dadurch umsatzstarke Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher, solche mit höheren Erträgen relativ geringer besteuert wurden (VfSlg 15.060/1997). Überträgt man diese Gedanken des VfGH auf die im vorliegenden Fall vom Gesetzgeber mit der Stabilitätsabgabe verfolgten Lenkungseffekte [Besteuerung "risikoreicherer Finanzierungsinstrumente"; "Reduzierung der Bilanzsumme und damit der Größe der Banken […], was dem Ziel der Finanzmarktstabilität Rechnung trägt" (vgl ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 105), wird die Gleichheitswidrigkeit offensichtlich: Durch die Besteuerung der Liquiditätsreserve werden im Ergebnis Kreditinstitute, die zur Haltung der Liquiditätsreserve gesetzlich verpflichtet sind und damit in besonderem Maß zur Finanzmarktstabilität beitragen, höher besteuert als solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Es besteht kein vernünftiger und sachlicher Grund, weshalb Kreditinstitute dezentraler Sektoren höher belastet werden sollen als sonstige Aktienbanken.

3.4.5. Gleichheitswidrige Benachteiligung des ***Sektor1*** ggü einem dreistufigen Sektor

Wie in Pkt 3.2 dargelegt, sind im ***Sektor - dem einzigen dreistufigen Sektor in Österreich - zwei unterschiedliche Liquiditätsreserven zu bilden: Die ***PI2*** haben eine Liquiditätsreserve bei den ***Bank2*** (= Zentralinstitute für die ***PI2***) zu halten. Die ***Bank2*** haben wiederum eine Liquiditätsreserve bei der ***B3*** (= Zentralinstitut für die ***Bank2***) zu halten. Diese beiden Liquiditätsreserven haben jedoch inhaltlich nichts miteinander zu tun (dazu sogleich).

§ 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erfasst nur den Fall, dass ein Kreditinstitut gleichzeitig eine Verbindlichkeit (weil es Zentralinstitut ist) und eine Forderung hat (weil es selbst ebenso einem Zentralinstitut angeschlossen ist). Die Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut bestehen. Damit ist § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG ausschließlich im dreistufigen Sektor anwendbar ( Rz 29).

Der zweistufige (***PI1***-)Sektor wird dadurch gleichheitswidrig benachteiligt:

Aus § 27a vorletzter Satz BWG folgt, dass die bei der ***Bank2*** gehaltene Liquiditätsreserve der ***PI2*** nicht in die Bemessung jener Liquiditätsreserve einzubeziehen ist, die die ***Bank2*** selbst bei der ***B3*** zu halten hat.

Diese Änderung wurde mit BGBl I 2016/118 eingeführt. Hintergrund ist laut Gesetzesmaterialien, dass die ***Bank2*** seit dem Inkrafttreten der Delegierten VO 2015/61 [Delegierte VO 2015/61 der Kommission vom zur Ergänzung der VO (EU) Nr 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute] im Oktober 2015 verpflichtet sind, die bei ihnen gehaltene Liquiditätsreserve der ***PI2*** vollständig in Form von hochliquiden Aktiva zu veranlagen. Somit können die ***Bank2*** diese Mittel nicht mehr frei veranlagen. Für die Erfüllung ihrer eigenen Liquiditätserfordernisse dürfen die ***Bank2*** nach Art 27 der Delegierten VO die Mittel der Primärbanken auch nicht heranziehen. Eine zusätzliche Einrechnung der von den Primärbanken gehaltenen Mittel in die Berechnungsgrundlage der Liquiditätsreserve der ***Bank2*** bei der ***B3*** ist daher nicht mehr gerechtfertigt (vgl ErläutRV 1335 BlgNR 25. GP 22).


Das bedeutet:

Da die Liquiditätsreserve der ***PI2*** nicht in die Bemessungsgrundlage der Liquiditätsreserve der ***Bank2*** einzubeziehen ist, haben die beiden Liquiditätsreserven inhaltlich nichts miteinander zu tun. Die beiden Liquiditätsreserven sind vielmehr vollständig voneinander getrennt.

Ausgehend davon ist die Situation bzw das Verhältnis einerseits zwischen der Bf und der ***BAG1*** im ***Sektor1*** und andererseits zwischen der ***PI2*** und der ***Bank2*** im ***Sektor völlig gleich: Sowohl die ***BAG1*** als auch die ***Bank2*** sind verpflichtet, die bei ihnen von den jeweiligen Primärinstituten gehaltene Liquiditätsreserve in hochliquide Aktiva zu veranlagen. Dass die ***Bank2*** selbst eine Liquiditätsreserve bei der ***B3*** zu halten hat, ist für diesen Vergleich irrelevant, weil ihre eigene Liquiditätsreserveverpflichtung - wie gesagt - nicht mit jener der ***PI2*** zusammenhängt.

Dennoch ermöglicht § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, dass die ***Bank2*** die Liquiditätsreserve der ***PI2*** von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe abzieht, weil und insoweit eine Forderung an die ***B3*** besteht [dies hat auch der VwGH festgehalten ( Rz 32)].

Der Bf bzw der ***BAG1*** bleibt eine Kürzung der Bilanzsumme um die Liquiditätsreserve hingegen ausschließlich deshalb verwehrt, weil die ***BAG1*** keine Forderung an ein Zentralinstitut hat.

Das ist gleichheitswidrig, weil - wie gezeigt - die Forderung der ***Bank2*** an die ***B3*** inhaltlich nicht mit der Liquiditätsreserve der ***PI2*** zusammenhängt. Die Situation im dreistufigen ***Sektor unterscheidet sich insofern nicht vom zweistufigen ***Sektor1*** - dennoch werden diese Fälle vom Gesetzgeber unterschiedlich behandelt.

Zudem widerspricht dies dem Prinzip der gleichmäßigen Belastung aller Abgabepflichtigen (Beiser in FS Wimmer 40). Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar und liegt auch nicht vor.

3.5. Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums

Nach der stRsp des VfGH greift die Vorschreibung von Steuern und Abgaben in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechts ein [Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 (2015) Rz 1484].

Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist gem § 2 Abs 1 StabAbgG die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in Abs 2 genannten Beträge.

Mangels Kürzungsbestimmung in § 2 Abs 2 StabAbgG kann die Bilanzsumme der Bf nicht um die bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindert werden. Die Liquiditätsreserve wird somit im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor der Stabilitätsabgabe unterworfen. Dies führt zu einer erhöhten Steuerbelastung.

Eine solche Eigentumsbeschränkung ist nach der Rsp des VfGH insb unzulässig, wenn die Regelung unverhältnismäßig und unsachlich ist (Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 1485). Wie in Pkt 3.4 dargelegt, ist der fehlende Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor mehrfach unsachlich.

§ 2 StabAbgG verstößt somit auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

4. Anfechtungsumfang

4.1. Hauptantrag

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind so zu ziehen, dass der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (zB , V 83/2024). Unzulässig ist der Antrag zB dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009; 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016).

Dementsprechend beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung ausschließlich der im Folgenden hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184:

"Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der VO (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der VO (EU) N 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt".

Im Fall der auf diese Weise bereinigten Rechtslage würde die Verminderung der Bemessungsgrundlage bloß das Bestehen von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut voraussetzen, nicht aber auch das Bestehen von Verpflichtungen gegenüber einem Primärinstitut. Somit könnten (auch) stabilitätsabgabepflichtige Primärinstitute eines zweistufigen (***PI1***-)Sektors die unkonsolidierte Bilanzsumme um die beim jeweiligen Zentralinstitut (im ggst Fall: ***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindern.

Die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte würde bedeuten:

  • Die sachfremde (Doppel-)Besteuerung der Liquiditätsreserve wäre beseitigt (und damit dem in § 2 Abs 2 StabAbgG geschaffenen System der Abzugsfähigkeit risikoarmer Bilanzpositionen sowie dem System der Finanzmarktstabilität Rechnung getragen).

  • Die verfassungswidrige Besteuerung von Teilen der gedeckten Einlagen wäre beseitigt, weil die zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildete Liquiditätsreserve unbesteuert bliebe.

  • Die verfassungswidrige Benachteiligung ggü stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören, wäre behoben.

  • Weiters wäre die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung hergestellt.

  • Schließlich käme es zur verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem dreistufigen Sektor angehören, und von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem zweistufigen Sektor angehören.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten: Durch die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte käme es auch nicht zu einer Änderung der Höhe der von der Bemessungsgrundlage abzuziehenden Beträge, weil diese bereits nach der geltenden Rechtslage mit der Höhe von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut oder einem anderen Kreditinstitut beschränkt sind und nach der vorgeschlagenen bereinigten Rechtslage weiterhin beschränkt blieben. Der so verbleibende Gesetzesteil bekäme keinen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Inhalt.

4.2. 1. Eventualantrag

Nach stRsp des VfGH sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung zudem so zu ziehen, dass auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst werden (zB , V 83/2024). Im Gesetzesprüfungsverfahren darf daher der Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001; 16.365/2001; 18.142/2007; 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat alle Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es obliegt dann dem VfGH, zu entscheiden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002; 19.496/2011; 19.684/2012; 19.903/2014; ).

Vor diesem Hintergrund beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof für den Fall, dass der unter Pkt 4.1 dargelegte Aufhebungsumfang zu eng gewählt sein sollte, in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 als verfassungswidrig.

So könnte die Ansicht vertreten werden, dass zwischen § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG insoweit ein untrennbarer Zusammenhang besteht, als § 2 Abs 1 StabAbgG anordnet, dass als Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, heranzuziehen ist, wobei § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen der abzugsfähigen Beträge konkretisiert. Der normative Gehalt von § 2 Abs 1 StabAbgG ließe sich bei dieser Sichtweise nur aus einer Zusammenschau mit § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 und § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erschließen.

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich nach stRsp des VfGH weiters, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, die zu Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften führen würde, indem der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt nach der Rsp des VfGH zB dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN), oder wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001; 19.413/2011; ; , G 444/2015; VfSlg 20.082/2016).

Im Fall der Aufhebung von § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG als untrennbare Einheit blieben im Wesentlichen einerseits bloß für sich betrachtet inhaltsleere, nach der geltenden verfassungswidrigen Rechtslage von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe in Abzug zu bringende Umschreibungen von Beträgen (§ 2 Abs 2 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 8 StabAbgG) übrig. Andererseits blieben in diesem Fall zudem bloß Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe übrig (§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG), wodurch § 2 StabAbgG ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer und unanwendbarer Inhalt gegeben werden würde (vgl VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016). Dieser Sichtweise folgend stehen auch die übrigen Bestimmungen des § 2 StabAbgG mit § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG in einem untrennbaren Zusammenhang.

Auch im Fall der Aufhebung von § 2 StabAbgG würde die Verfassungswidrigkeit vollständig beseitigt werden, weil durch eine Aufhebung von § 2 StabAbgG zwar weiterhin die Pflicht zur Entrichtung der Stabilitätsabgabe bestünde (§ 1 StabAbgG).

Mangels Möglichkeit der Berechnung der Bemessungsgrundlage würde die Liquiditätsreserve aber jedenfalls nicht der Stabilitätsabgabe unterliegen.

4.3. 2. Eventualantrag

Schließlich beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111, weil die Ansicht vertreten werden könnte, dass § 2 und § 1 StabAbgG insoweit eine untrennbare Einheit bilden, als durch die Aufhebung bloß von § 2 StabAbgG nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift (§ 1 StabAbgG) zu unterstellender Fall vorliegt und damit der im Gesetzesbestand verbleibende Rest unanwendbar werden würde (VfSlg 16.869/2003 mwN). So bestünde im Fall des Verbleibs von § 1 StabAbgG im Gesetzesbestand zwar weiterhin die Abgabepflicht, allerdings wäre aufgrund der Aufhebung von § 2 StabAbgG das Ausmaß der Abgabepflicht nicht mehr bestimmbar (auch nicht in Zusammenschau mit § 3 StabAbgG, der zwar die Höhe der Stabilitätsabgabe bestimmt, sich dabei jedoch auf die in § 2 geregelte Ermittlung der Bemessungsgrundlage bezieht).

Wenngleich der dadurch in Frage kommende Aufhebungsumfang (§§ 2 und 1 StabAbgG) weit wirkt, ist festzuhalten, dass eine zu weite Fassung des Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag solche untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, kann dies im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung führen (vgl VfSlg 19.746/2013; 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies - wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind - im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (VfSlg 18.298/2007; 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr - vgl noch VfSlg 14.342/1995; 15.664/1999; 15.928/2000; 16.304/2001; 16.532/2002; 18.235/2007 - zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

5. Auswirkungen der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache

Eine Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof würde sich wie folgt auf die beim Bundesfinanzgericht anhängige Rechtssache auswirken:

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 im Umfang der Hauptanregung auf, wäre die von der Bf bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve von der unkonsolidierten Bilanzsumme abzuziehen. Das Bundesfinanzgericht hätte die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 entsprechend geringer festgesetzt wird.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (1. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 jeweils mit EUR 0 festgesetzt wird, weil die Höhe der Bemessungsgrundlage (und damit die Höhe der Stabilitätsabgabe) nicht mehr ermittelt werden könnte.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 und § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (2. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide mangels Abgabepflicht ersatzlos zu beheben.

1. Erkenntnis .

2. Erkenntnis .

Innsbruck, am

4.1. Hauptantrag

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind so zu ziehen, dass der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (zB , V 83/2024). Unzulässig ist der Antrag zB dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009; 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016).

Dementsprechend beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung ausschließlich der im Folgenden hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184:

"Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der VO (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der VO (EU) N 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt".

Im Fall der auf diese Weise bereinigten Rechtslage würde die Verminderung der Bemessungsgrundlage bloß das Bestehen von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut voraussetzen, nicht aber auch das Bestehen von Verpflichtungen gegenüber einem Primärinstitut. Somit könnten (auch) stabilitätsabgabepflichtige Primärinstitute eines zweistufigen (***PI1***-)Sektors die unkonsolidierte Bilanzsumme um die beim jeweiligen Zentralinstitut (im ggst Fall: ***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindern.

Die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte würde bedeuten:

  • Die sachfremde (Doppel-)Besteuerung der Liquiditätsreserve wäre beseitigt (und damit dem in § 2 Abs 2 StabAbgG geschaffenen System der Abzugsfähigkeit risikoarmer Bilanzpositionen sowie dem System der Finanzmarktstabilität Rechnung getragen).

  • Die verfassungswidrige Besteuerung von Teilen der gedeckten Einlagen wäre beseitigt, weil die zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildete Liquiditätsreserve unbesteuert bliebe.

  • Die verfassungswidrige Benachteiligung ggü stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören, wäre behoben.

  • Weiters wäre die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung hergestellt.

  • Schließlich käme es zur verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem dreistufigen Sektor angehören, und von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem zweistufigen Sektor angehören.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten: Durch die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte käme es auch nicht zu einer Änderung der Höhe der von der Bemessungsgrundlage abzuziehenden Beträge, weil diese bereits nach der geltenden Rechtslage mit der Höhe von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut oder einem anderen Kreditinstitut beschränkt sind und nach der vorgeschlagenen bereinigten Rechtslage weiterhin beschränkt blieben. Der so verbleibende Gesetzesteil bekäme keinen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Inhalt.

4.2. 1. Eventualantrag

Nach stRsp des VfGH sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung zudem so zu ziehen, dass auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst werden (zB , V 83/2024). Im Gesetzesprüfungsverfahren darf daher der Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001; 16.365/2001; 18.142/2007; 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat alle Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es obliegt dann dem VfGH, zu entscheiden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002; 19.496/2011; 19.684/2012; 19.903/2014; ).

Vor diesem Hintergrund beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof für den Fall, dass der unter Pkt 4.1 dargelegte Aufhebungsumfang zu eng gewählt sein sollte, in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 als verfassungswidrig.

So könnte die Ansicht vertreten werden, dass zwischen § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG insoweit ein untrennbarer Zusammenhang besteht, als § 2 Abs 1 StabAbgG anordnet, dass als Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, heranzuziehen ist, wobei § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen der abzugsfähigen Beträge konkretisiert. Der normative Gehalt von § 2 Abs 1 StabAbgG ließe sich bei dieser Sichtweise nur aus einer Zusammenschau mit § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 und § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erschließen.

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich nach stRsp des VfGH weiters, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, die zu Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften führen würde, indem der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt nach der Rsp des VfGH zB dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN), oder wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001; 19.413/2011; ; , G 444/2015; VfSlg 20.082/2016).

Im Fall der Aufhebung von § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG als untrennbare Einheit blieben im Wesentlichen einerseits bloß für sich betrachtet inhaltsleere, nach der geltenden verfassungswidrigen Rechtslage von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe in Abzug zu bringende Umschreibungen von Beträgen (§ 2 Abs 2 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 8 StabAbgG) übrig. Andererseits blieben in diesem Fall zudem bloß Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe übrig (§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG), wodurch § 2 StabAbgG ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer und unanwendbarer Inhalt gegeben werden würde (vgl VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016). Dieser Sichtweise folgend stehen auch die übrigen Bestimmungen des § 2 StabAbgG mit § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG in einem untrennbaren Zusammenhang.

Auch im Fall der Aufhebung von § 2 StabAbgG würde die Verfassungswidrigkeit vollständig beseitigt werden, weil durch eine Aufhebung von § 2 StabAbgG zwar weiterhin die Pflicht zur Entrichtung der Stabilitätsabgabe bestünde (§ 1 StabAbgG).

Mangels Möglichkeit der Berechnung der Bemessungsgrundlage würde die Liquiditätsreserve aber jedenfalls nicht der Stabilitätsabgabe unterliegen.

4.3. 2. Eventualantrag

Schließlich beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111, weil die Ansicht vertreten werden könnte, dass § 2 und § 1 StabAbgG insoweit eine untrennbare Einheit bilden, als durch die Aufhebung bloß von § 2 StabAbgG nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift (§ 1 StabAbgG) zu unterstellender Fall vorliegt und damit der im Gesetzesbestand verbleibende Rest unanwendbar werden würde (VfSlg 16.869/2003 mwN). So bestünde im Fall des Verbleibs von § 1 StabAbgG im Gesetzesbestand zwar weiterhin die Abgabepflicht, allerdings wäre aufgrund der Aufhebung von § 2 StabAbgG das Ausmaß der Abgabepflicht nicht mehr bestimmbar (auch nicht in Zusammenschau mit § 3 StabAbgG, der zwar die Höhe der Stabilitätsabgabe bestimmt, sich dabei jedoch auf die in § 2 geregelte Ermittlung der Bemessungsgrundlage bezieht).

Wenngleich der dadurch in Frage kommende Aufhebungsumfang (§§ 2 und 1 StabAbgG) weit wirkt, ist festzuhalten, dass eine zu weite Fassung des Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag solche untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, kann dies im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung führen (vgl VfSlg 19.746/2013; 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies - wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind - im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (VfSlg 18.298/2007; 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr - vgl noch VfSlg 14.342/1995; 15.664/1999; 15.928/2000; 16.304/2001; 16.532/2002; 18.235/2007 - zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

5. Auswirkungen der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache

Eine Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof würde sich wie folgt auf die beim Bundesfinanzgericht anhängige Rechtssache auswirken:

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 im Umfang der Hauptanregung auf, wäre die von der Bf bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve von der unkonsolidierten Bilanzsumme abzuziehen. Das Bundesfinanzgericht hätte die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 entsprechend geringer festgesetzt wird.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (1. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 jeweils mit EUR 0 festgesetzt wird, weil die Höhe der Bemessungsgrundlage (und damit die Höhe der Stabilitätsabgabe) nicht mehr ermittelt werden könnte.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 und § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (2. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide mangels Abgabepflicht ersatzlos zu beheben.

1. Erkenntnis .

2. Erkenntnis .

Innsbruck, am

3. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 2 StabAbgG

3.1. Rechtslage

§ 2 Abs 1 und 2 StabAbgG idgF lauten:

"(1) Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme (Abs 2) des Kreditinstitutes, vermindert um die in Abs 2 genannten Beträge. Für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres zugrunde zu legen, das im Jahr 2010 endet. Ab dem darauf folgenden Kalenderjahr ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres, das im Jahr vor dem Kalenderjahr endet, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist, zugrunde zu legen.

(2) Die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme errechnet sich aus dem arithmetischen Mittel der für die ersten drei Kalendervierteljahre des Geschäftsjahres übermittelten Aufstellung über die Kapital- und Gruppensolvenz, die im Rahmen des Meldewesens (§ 74 BWG) ermittelt wird, und der Bilanzsumme des Jahresabschlusses des Geschäftsjahres. Die Bilanzsumme des Kreditinstitutes ist nach den Vorschriften des § 43 ff BWG und der Anlage 2 zu § 43 BWG zu ermitteln. Die Bilanzsumme des Jahresabschlusses und die Vermögensausweise gemäß § 74 BWG sind dabei jeweils um folgende Beträge zu vermindern:

1. Gedeckte Einlagen gemäß § 7 Abs 1 Z 5 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG), BGBl I Nr 117/2015;

2. gezeichnetes Kapital und Rücklagen;

(Anm: Z 3 gemäß § 9 Abs 2 außer Kraft getreten)

3a.Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt;

4. Verbindlichkeiten und andere Passivposten von Kreditinstituten, die der Europäischen Kommission nach den unionsrechtlichen Vorschriften über staatliche Beihilfen gemäß Art 107 ff AEUV einen Abwicklungs- oder Restrukturierungsplan vorzulegen haben, sofern das Kreditinstitut abgewickelt wird und kein Neugeschäft abgeschlossen werden darf; dies umfasst auch Verbindlichkeiten von Kreditinstituten aus Anleiheemissionen, deren Gegenwert solchen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt wurde und diese Transaktion Teil des Restrukturierungsplanes ist;

5. Verbindlichkeiten, für die der Bund Haftungen nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981, (AFFG), BGBl Nr 216/1981, übernommen hat sowie Verbindlichkeiten aus Guthaben des Bundes auf den gemäß § 5 AFFG und § 7 des Ausfuhrförderungsgesetzes, (AusfFG), BGBl Nr 215/1981, eingerichteten Konten;

6. Verbindlichkeiten auf Grund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt, soweit sie in der Bilanzsumme enthalten sind.

7. Verbindlichkeiten der 'Österreichischer Exportfonds' GmbH, die der Refinanzierung von Rechtsgeschäften mit Haftung des Bundes gemäß den §§ 1 und 2 AusfFG dienen;

8. Verbindlichkeiten der Oesterreichische Entwicklungsbank AG, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 9 Abs 2 AusfFG eingegangen worden sind."

§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG enthalten weitere (Begleit-)Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage.

3.2. Liquiditätsverbünde gemäß § 27a BVG

§ 27a BWG verpflichtet Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, zur Teilnahme an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs zur Sicherung der Finanzmarktstabilität.

Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 % der gesamten Euro-Einlagen zu halten.

§ 27a BWG gilt ausschließlich für dezentrale Sektoren. Dabei ist zwischen

  • zweistufig organisierten Sektoren (***PI1***- und ***PI3***Sektor; jeweils mit Primärinstituten und einem Zentralinstitut) und

  • dem einzigen dreistufig organisierten ***Sektor (***PI2*** -> ***Bank2*** -> ***Bank3***)

zu unterscheiden (es handelt sich hier um einen "historisch vorgefundenen Zustand", vgl zB ErläutRV 313 BlgNR 23. GP 5).

Der ***Sektor1*** als zweistufiger Sektor besteht aus den ***PI1*** als Primärinstituten und der ***Bank-AG1*** (***BAG1***) als Zentralinstitut, dem die ***PI1*** angeschlossen sind. Im ***Sektor1*** ist eine Liquiditätsreserve zu halten, nämlich jene der ***PI1*** bei der ***BAG1***. Im dreistufigen Sektor sind die ***Bank2*** Zentralinstitute für die angeschlossenen ***PI2*** (Primärbanken). Die ***Bank3*** (kurz: ***B3***) ist wiederum Zentralinstitut für die ***Bank2***. Die ***Bank2*** sind somit gleichzeitig Zentralinstitute (für die und gegenüber der unterste(n) Ebene, das sind die einzelnen ***PI2***) und angeschlossene Institute (gegenüber der ***B3***). Daraus folgt, dass im dreistufigen Sektor zwei Liquiditätsreserven zu halten sind: Die ***PI2*** halten bei den ***Bank2*** und die ***Bank2*** halten bei der ***B3*** jeweils eine Liquiditätsreserve. Diese beiden Liquiditätsreserven sind jedoch voneinander getrennt (s unten Pkt 3.4.5).

Andere Banken des Sektors "Banken und Bankiers" sowie Hypothekenbanken werden von § 27a BWG nicht erfasst und müssen keine Liquiditätsverbünde bilden, weil es sich jeweils um eigenständige Institute handelt, die keinem sektoralen Zentralinstitut angeschlossen sind. Sie müssen daher auch keine Liquiditätsreserve bei einem anderen Kreditinstitut halten.

Sinn und Zweck der Liquiditätsreservehaltung im Liquiditätsverbund ist ein Liquiditätsausgleich in dezentralen Sektoren über eine Pooling-Lösung: Die Liquiditätsreserven der angeschlossenen Kreditinstitute werden zentral (beim jeweiligen Zentralinstitut) gepoolt, im Bedarfsfall abgerufen und im Liquiditätsausgleichssystem dort eingesetzt, wo aktuell Liquidität benötigt wird. Dies hat für dezentrale Sektoren einen stabilisierenden Effekt und insb den Vorteil, einen Liquiditätsbedarf sehr rasch und unbürokratisch im gesamten Sektor abdecken zu können [vgl Blume in Dellinger (Hrsg), Bankwesengesetz - Kommentar10 (2020) § 27a Rz 2].

Dementsprechend judizieren VfGH und VwGH:

  • Der Liquiditätsverbund ist eine Risiko- bzw Solidargemeinschaft, innerhalb der die Zahlungsfähigkeit der Mitglieder gesichert wird (vgl VfSlg 13.471/1993).

  • Der Liquiditätsausgleich nach § 27a BWG sichert zum einen jedem einzelnen teilnehmenden Institut Liquidität im Bedarfs- und Notfall, verringert die Gefahr eines übermäßigen Rückgriffs auf Marktliquidität und damit auch die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleistet einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöht dadurch zum anderen in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems (vgl ).

Für den ggst Fall folgt daraus:

Als sog Primärinstitut ist die Bf - ebenso wie die weiteren 46 ***PI1*** - der ***Bank-AG1*** (***BAG1***) als Zentralinstitut angeschlossen und damit Teil des dezentralen zweistufigen ***Sektor1***.

Die Bf ist daher gem § 27a BWG verpflichtet, einen Teil der von ihr gehaltenen Einlagen bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) als Liquiditätsreserve zu halten. Die als Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut weiterveranlagten Gelder (die die Bf von ihren Kunden erhielt) sind ihrer Disposition und damit dem allgemeinen Bankgeschäftsrisiko entzogen. Die ***BAG1*** ist verpflichtet, die Liquiditätsreserve in hochliquide Aktiva zu veranlagen, damit sie jederzeit rasch zur Verfügung steht.

3.3. Die Stabilitätsabgabe

Der Betrieb von Kreditinstituten unterliegt der Stabilitätsabgabe (§ 1 Satz 1 StabAbgG).

Die Stabilitätsabgabe soll laut Gesetzgeber sowie Bundesregierung (vgl die Stellungnahme der BReg im VfGH-Verfahren Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011: Es sei ein Anliegen des Gesetzgebers gewesen, risikoarme Bankgeschäfte zu begünstigen und risikoreiche Bankgeschäfte zu verteuern. Der Einlagensicherung unterliegende Spareinlagen seien typischerweise risikoarm.) ua die Finanzmarktstabilität fördern, "indem risikoreichere Finanzierungsinstrumente besteuert werden" (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 7).

Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG festgelegten Abzugsposten. Abzugsfähig sind ua (i) gedeckte Einlagen, (ii) gezeichnetes Kapital und Rücklagen, (iii) Verbindlichkeiten, für die eine Haftung des Bundes nach dem AFFG besteht, (iv) Verbindlichkeiten aufgrund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt.

Aus der Typologie dieser Abzugstatbestände folgt: Risikoarme Bilanzpositionen werden von der Bilanzsumme abgezogen und folglich nicht mit Stabilitätsabgabe belastet.

Im Jahr 2016 hat der Gesetzgeber das StabAbgG novelliert (BGBl I 2016/117), um den Entwicklungen im wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld von Banken Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hebt hervor, dass Kreditinstitute seit 2015 (i) den Europäischen Abwicklungsfonds sowie (ii) nationale Einlagensicherungsfonds mit Geldmitteln auszustatten haben. Diese Fonds tragen zur Stabilisierung im Fall künftiger Krisen bei. Durch diese Maßnahmen wurde mittlerweile eine deutliche Abmilderung des mit Sicherungs- oder Abwicklungsfällen bisher verbundenen budgetären Risikos erzielt. Ergänzend sei an dieser Stelle auch auf die EU-Abwicklungsrichtlinie (BRRD, RL 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) und das darauf basierende BaSAG (Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken, BGBl I 2014/98 idgF) verwiesen: Auf dieser Grundlage wurden der FMA als Abwicklungsbehörde zahlreiche Abwicklungsinstrumente (Unternehmensveräußerung, Brückeninstitut, Ausgliederung von Vermögenswerten, Gläubigerbeteiligung) zur Verfügung gestellt (vgl §§ 74ff BaSAG). Zudem sieht § 44 BaSAG Frühinterventionsmaßnahmen vor, um eine weitere Verschlechterung der Finanzlage des betreffenden Kreditinstituts frühzeitig zu vermeiden (ErläutRV 361 BlgNR 25. GP 1). Ziel des Abwicklungsregimes der BRRD und des BaSAG ist es, die Finanzmarktstabilität zu wahren und öffentliche Mittel zu schützen (ErläutRV 361 BlgNR 25. GP 1; vgl auch § 48 Abs 2 Z 3 BaSAG, wonach der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln als eines der Abwicklungsziele festgelegt ist). Die Kosten für die Steuerzahler sollen so gering wie möglich gehalten werden (Erwägungsgrund 5 zur RL 2014/59/EU). Folgerichtig konstatiert der Gesetzgeber, dass die Ziele der Stabilitätsabgabe daher schon durch diese Maßnahmen weitgehend erreicht wurden (ErläutRV 1352 BlgNR 25. GP 3)

Ebenso wie die Stabilitätsabgabe dienen auch Liquiditätsverbünde der Sicherung der Finanzmarktstabilität:

  • Liquiditätsverbünde verringern die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleisten einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöhen dadurch in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems (vgl ).

  • Die beim Zentralinstitut zu haltende Liquiditätsreserve zielt auf die Realisierung einer ausreichenden Liquiditätsvorsorge und auf die Sicherung des dezentralen Sektors ab (VfSlg 13.471/1993; ErläutRV 844 BlgNR 14. GP 44). Damit wird auch insgesamt die Finanzmarktstabilität erhöht und die Wahrscheinlichkeit eines Bail-Out durch den Steuerzahler reduziert.

  • Die Liquiditätsreserve ist der Disposition des Primärinstituts entzogen und damit der Möglichkeit einer risikoreichen Veranlagung, die der Gesetzgeber mit der Stabilitätsabgabe belasten wollte.

  • Die Liquiditätsreserve dient ebenso wie gezeichnetes Kapital und Rücklagen als Risikopuffer.

  • Auch der VfGH erkennt in seiner bisherigen Rsp zur Stabilitätsabgabe den besonderen stabilisierenden Effekt dezentraler Sektoren: Die Steuerbefreiung von Kleinstkreditinstituten ist laut VfGH unproblematisch, weil "deren Probleme in der Regel sektoral gelöst werden" (VfGH-Erk Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011).

Kurzum: Eine Besteuerung der Liquiditätsreserve widerspricht aufgrund der damit verbundenen finanziellen Doppelbelastung von Kreditinstituten gerade dem Gedanken der Finanzmarktstabilität.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen Abzugstatbestand für die Liquiditätsreserve normiert hat. Ziel dieser Vorschrift ist es, eine Doppelbesteuerung im Bankenverbund zu vermeiden (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 106).

Allerdings hat der VwGH im ggst Fall mit Erkenntnis vom () entschieden, dass § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor nicht anwendbar sei. Dadurch kommt es zu einer Doppelbelastung der Bf (dieselben Einlagen unterliegen der Liquiditätsreservehaltungspflicht und der Stabilitätsabgabe) und zu einer Doppelbesteuerung der Liquiditätsreserve im zweistufigen ***Sektor1*** (einmal auf Ebene der ***BAG1***, einmal auf Ebene der Bf).

Das Fehlen eines Kürzungstatbestands für den zweistufigen Sektor führt aufgrund des sachlichen Zusammenhangs zur Verfassungswidrigkeit der gesamten Regelung über die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe. § 2 StabAbgG verstößt

Im Einzelnen:

3.4. Verstoß gegen das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz

Der Gleichheitssatz ist die wichtigste Schranke für die Steuergesetzgebung (Pöschl, Gleichheitsrechte, in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer (Hrsg), Handbuch der Grundrechte Bd VII/12 (2014) Rz 60). Er setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl VfSlg 17.807/2006).

Für dieses Sachlichkeitsgebot hat der VfGH die Formel entwickelt, dass eine gesetzliche Regelung auf einem vernünftigen Grund beruhen muss und nicht unverhältnismäßig sein darf (vgl zB VfSlg 17.026/2003; 16.080/2001; 14.650/1996). Dies führt zu einer Prüfung dahingehend, ob die für eine bestimmte Regelung ins Treffen geführte (externe) Zielsetzung und ihre Umsetzung ggü der für den betroffenen Einzelnen damit verbundenen Benachteiligung verhältnismäßig ist (vgl zB VfSlg 17.807/2006; 17.315/2004).

3.4.1. Die Besteuerung der Liquiditätsreserve ist mehrfach systemwidrig

3.4.1.1. System der Abzugstatbestände des § 2 Abs 2 StabAbgG

Bei näherer Betrachtung der Abzugstatbestände wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiedurch ein Ordnungssystem geschaffen und den Katalog der Abzugsposten nicht beliebig, sondern nach Risikogesichtspunkten ausgestaltet hat.

In allen Fällen handelt es sich um risikoarme Bilanzpositionen (gedeckte Einlagen; gezeichnetes Kapital und Rücklagen; Verbindlichkeiten, für die eine Haftung des Bundes nach dem AFFG besteht; Verbindlichkeiten aufgrund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt; usw).

Dies untermauern - wie bereits festgehalten - die Gesetzesmaterialien, wonach "risikoreichere Finanzierungsinstrumente besteuert werden [sollen], wodurch indirekt auch die systemische Finanzmarktstabilität gefördert wird" (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 7). Ebenso hebt die Bundesregierung dieses Ziel hervor (vgl die Stellungnahme der BReg im VfGH-Verfahren Stabilitätsabgabe I, VfSlg 19.598/2011: Es sei ein Anliegen des Gesetzgebers gewesen, risikoarme Bankgeschäfte zu begünstigen und risikoreiche Bankgeschäfte zu verteuern; der Einlagensicherung unterliegende Spareinlagen seien typischerweise risikoarm).

Es ist daher offensichtlich, dass der Gesetzgeber mit § 2 Abs 2 StabAbgG ein Ordnungssystem geschaffen hat, und zwar ein System der Abzugsfähigkeit wegen geringen Risikos.

Es mag sein, dass der Gesetzgeber laut VfGH nicht verpflichtet sei, die Bemessungsgrundlage nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln (VfSlg 19.598/2011). Daraus folgt jedoch nicht, dass er ein dennoch geschaffenes Ordnungssystem widersprüchlich und inkonsequent ausgestalten dürfe. Dies verbietet der Gleichheitssatz (Vgl zB VfSlg 19.666/2012, wonach das System der Gerichtsgebühren in sich konsistent ausgestaltet sein muss; ebenso VfSlg 10.823/1986 zum Geflügelwirtschaftsgesetz). Wenn der Gesetzgeber steuerliche Begünstigungen nach einem bestimmten System gewährleistet (hier: Abzug risikoloser bzw risikoarmer Posten von der Bilanzsumme), bedarf ein Abweichen von einem solchen System einer sachlichen Rechtfertigung [Verfassungswidrigkeit der Ausnahme des Heiratsguts von der Begünstigung: VfSlg 11.368/1987; Gleichheitswidrigkeit des Ausschlusses von Freiberuflern von der steuerlichen Begünstigung entnommener Gewinne, vgl VfSlg 18.030/2006; Gleichheitswidrigkeit des generellen Ausschlusses der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Dienstjubiläumsgelder im EStG 1988 idF des SteuerreformG 1993, vgl VfSlg 15.040/1997; Berka in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) B-VG Art 7 Rz 60; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) Rz 1662].

Für den ggst Fall bedeutet das:

Die Liquiditätsreserve, die zur Sicherung der Finanzmarktstabilität eingeführt wurde, ist zweifelsfrei risikoarm (vgl Pkt 3.2 und 3.3).

Indem im zweistufigen ***Sektor1*** ein Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe ausgeschlossen ist, liegt ein Abgehen vom bestehenden Ordnungssystem vor.

Eine sachliche Rechtfertigung ist dafür nicht ersichtlich und liegt auch nicht vor.

3.4.1.2. System Finanzmarktstabilität

Ein Ordnungssystem lässt sich nicht nur im Ausnahmekatalog des § 2 Abs 2 StabAbgG erblicken, sondern auch in jenen Wertungen, die dem System der Finanzmarktstabilität zugrunde liegen [Holoubek in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018), B-VG Art 7 Abs 1, Rz 147].

Die Rechtsordnung sieht mehrere - von ihrer Zielsetzung und ihren Wertungen gleichgerichtete - Instrumente vor:

  • Die Stabilitätsabgabe wurde mit dem Ziel eingeführt, Kreditinstitute an den Kosten der staatlich finanzierten Bankenrettungsmaßnahmen zu beteiligen. Diese Abgabe soll eine allgemeine Sicherungsmaßnahme für die Leistungen des Staates in Zeiten von Finanzkrisen bilden (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP. 6f). Auch der VfGH hält fest, dass vom Bankensektor gewisse Risiken ausgehen, die die Erhebung einer Stabilitätsabgabe zur Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich machen können.

  • Ziel der Einlagensicherung ist der Funktions- und Gläubigerschutz [Oppitz, Bankrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II4 (2019) 115]. Einlagensicherungssysteme dienen dazu, Kontoinhaber zu schützen und im Falle des Ausfalls einer Bank, insb bei deren Insolvenz, die Erstattung von Einlagen an diese Kontoinhaber sicherzustellen (ErläutRV 686 BlgNR 25. GP 1). Kreditinstitute mit Sitz in Österreich, die Einlagen entgegennehmen, haben der einheitlichen Sicherungseinrichtung anzugehören, widrigenfalls ihre Konzession zur Entgegennahme von Einlagen erlischt (§ 8 Abs 1 und 3 ESAEG).

  • Die Liquiditätsverbünde iSd § 27a BWG sichern jedem einzelnen teilnehmenden Institut Liquidität im Bedarfs- und Notfall, verringern die Gefahr eines übermäßigen Rückgriffs auf Marktliquidität und damit auch die Gefahr von Systemrisiken für den gesamten Finanzsektor, gewährleisten einen hohen Grad an Anleger- und Einlegerschutz und erhöhen dadurch zum anderen in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems ().

Die Wertung des Gesetzgebers ist bei all diesen Maßnahmen dieselbe, nämlich die Finanzmarktstabilität zu steigern und die Wahrscheinlichkeit eines Bail-Out durch den Steuerzahler zu reduzieren.

Angesichts dieser Wertung ist die Besteuerung der Liquiditätsreserve, die erheblich zur Finanzmarktstabilität in Österreich beiträgt, ein offenkundig unsachlicher Systembruch (maW: "Stabilitätsabgabe für eine Stabilitätsmaßnahme"): Jene risikoarmen Maßnahmen, die die Finanzmarktstabilität fördern (hier: die gesetzliche Pflicht zur Haltung der Liquiditätsreserve), sollen nicht zusätzlich durch eine Besteuerung belastet werden.

Eine Besteuerung der Liquiditätsreserve ist sachfremd und damit gleichheitswidrig. Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitssatz gehalten, Wertungen in nach einheitlichen Prinzipien geregelten Bereichen durchzuhalten [Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, ÖZW 1991, 72 (74f)]. Wertungswidersprüche sind zu vermeiden (Holoubek in Korinek/Holoubek, B-VG Art 7 Abs 1, Rz 151).

3.4.2. Gleichheitswidrige Unterscheidung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung

Wie bereits festgehalten, haben der Liquiditätsverbund nach § 27a BWG und das Einlagensicherungssystem nach ESAEG zwei Gemeinsamkeiten:

  • Beide dienen dem Gläubigerschutz und der Finanzmarktstabilität (vgl Pkt 3.2 und 3.4.1.2).

  • Beide sind von den angeschlossenen bzw zugehörigen Kreditinstituten zu "finanzieren": Gem § 27a BWG haben die angeschlossenen Kreditinstitute Liquiditätsreserve in einem bestimmten, gesetzlich festgelegten Ausmaß aus ihren Spareinlagen sowie sonstigen Euro-Einlagen beim Zentralinstitut zu halten. Gem § 21 Abs 1 ESAEG haben Kreditinstitute jährlich Beiträge an die (Einlagen-)Sicherungseinrichtung zu leisten. In beiden Fällen wird Liquidität gepoolt: Hier beim Zentralinstitut, dort bei der (Einlagen-)Sicherungseinrichtung.

Für die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe gilt: Die gedeckten Einlagen sind gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG von der Bilanzsumme abzuziehen.

Nach den Gesetzesmaterialien soll damit "eine Doppelbelastung dieser Einlagen durch die Einlagensicherung und die Bankenabgabe vermieden werden" [ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 105 (eigene Hervorhebung)]. Dies hebt auch der VfGH in seinem Erk Stabilitätsabgabe I hervor (der Gesetzgeber dürfe berücksichtigen, "dass die Einlagensicherung […] in erster Linie vom [Banken-] Sektor selbst zu gewährleisten ist").

Das Gleiche muss auch für die Liquiditätsreserve gelten:

Bereits die gesetzliche Verpflichtung nach § 27a BWG zur Haltung der Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut begründet eine Last für das verpflichtete Primärinstitut.

Da die Einlagen, auf die die Liquiditätsreserve zu leisten ist, zusätzlich noch der Steuerpflicht unterliegen, führt dies zu einer Doppelbelastung dieser Einlagen. Darin liegt wiederum eine sachwidrige Inkonsistenz der gesetzlichen Ausgestaltung des Stabilitätsabgaberegimes, weil einmal eine Doppelbelastung verhindert wird und das andere Mal diese ohne sachliche Begründung herbeigeführt wird.

Auch wenn dem Gesetzgeber ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bei Normierung der Kürzungstatbestände zukommen mag, bedeutet das nicht, dass er dabei nicht durch den Gleichheitssatz gebunden wäre. Erlaubt ihm sein Gestaltungsspielraum die Einführung einer Ausnahme, verpflichtet ihn der Gleichheitssatz eine weitere Ausnahme für ähnlich gelagerte Fälle vorzusehen [Beiser, Materielles Verfassungsverständnis im Abgabenrecht, FS Wimmer (2008) 23 (40)].

3.4.3. Fehlender Abzug der Liquiditätsreserve führt zu sachwidriger Besteuerung gedeckter Einlagen

Gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG ist die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe um die gedeckten Einlagen zu vermindern. Die gedeckten Einlagen unterliegen damit nicht der Stabilitätsabgabe.

Dem vom Gesetzgeber damit verfolgten Ziel der Vermeidung der Doppelbelastung der gedeckten Einlagen (ErläutRV 981 BlgNR 24. GP. 217) wäre jedoch nicht entsprochen, wenn die Liquiditätsreserve nicht von der Bilanzsumme abgezogen werden kann:

Die Liquiditätsreserve wird nämlich gem § 27a BWG zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildet (arg "10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14% der gesamten Euro-Einlagen"; § 27a BWG unterscheidet nicht zwischen gedeckten und nicht-gedeckten Einlagen).

Aufgrund der Besteuerung der Liquiditätsreserve werden auch Teile der gedeckten Einlagen von der Stabilitätsabgabe erfasst, obwohl diese gem § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG vollständig abzugsfähig sind. Auf der Ebene des Zentralinstituts kommt es zu einer Besteuerung (eines Teils) der gedeckten Einlagen der Primärinstitute, weil diese in der Liquiditätsreserve enthalten sind.

Dies führt zum sachwidrigen Ergebnis, wonach der Gesetzgeber eine Ausnahme von der Steuerpflicht für die gedeckten Einlagen in Z 1 schafft, um diese gleich in der übernächsten Z 3a wieder teilweise zu beseitigen. Dies bewirkt eine Doppelbelastung der gedeckten Einlagen, die der Gesetzgeber gerade ausschließen wollte. Die Ausnahme des § 2 Abs 2 Z 1 StabAbgG ist für den Teil der gedeckten Einlagen, für den Liquiditätsreserve zu halten ist, faktisch unwirksam (Vgl VfSlg 2546/1953).

3.4.4. Doppelbesteuerung nicht gedeckter Einlagen und Benachteiligung ggü Aktienbanken gleichheitswidrig

Die Besteuerung der Liquiditätsreserve führt auch zu Gleichheitswidrigkeiten iZm den nicht gedeckten Einlagen:

In zweistufig organisierten Sektoren werden die nicht gedeckten Einlagen auf Ebene des Primärinstituts mit der Stabilitätsabgabe besteuert. Da sich die Liquiditätsreserve auch aus einem Teil der nicht gedeckten Einlagen speist, unterliegen diese nicht gedeckten Einlagen ein zweites Mal auf Ebene des Zentralinstituts der Stabilitätsabgabe. Dies widerspricht dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, eine Doppelbesteuerung im Bankenverbund zu vermeiden.

Weiters liegt eine gleichheitswidrige Benachteiligung ggü Kreditinstituten vor, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind. Mangels Verpflichtung zur Bildung einer Liquiditätsreserve müssen diese die Stabilitätsabgabe auf die nicht gedeckten Einlagen nur einmal abführen.

Neben dem Prinzip der Einmalbesteuerung folgt aus dem Gleichheitssatz auch das Prinzip der gleichmäßigen Belastung aller Abgabepflichtigen (Beiser in FS Wimmer 40). Dem widerspricht das StabAbgG, weil auf die Besonderheiten von Kreditinstituten in dezentralen Sektoren nicht hinreichend Rücksicht genommen wird: Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber, wesentlich Ungleiches ungleich zu regeln (Pöschl, in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer Rz 35; Holoubek in Korinek/Holoubek, B-VG Art 7 Abs 1, Rz 122; VfSlg 11.641/1988). Unterscheiden sich zwei Fallgruppen in Punkten, die im gegebenen Regelungszusammenhang relevant sind, dann ist dem Gleichheitssatz gerade nicht genüge getan, wenn diese beiden Fallgruppen gleich behandelt werden. Sie müssen in angemessener Weise verschieden behandelt werden [Ruppe, Verfassungsrechtliche Schranken der Gesetzgebung im Steuerrecht, in Achatz/Ehrke-Rabel/Heinrich/Leitner/Taucher (Hrsg), Finanzverfassung und Rechtsstaat (2007) 185 (197f)]. Die Bf ist Teil eines dezentralen Sektors und daher gem § 27a BWG gesetzlich verpflichtet, eine Liquiditätsreserve bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) zu halten. Sonstige Kreditinstitute des Sektors Banken und Bankiers trifft keine solche gesetzliche Pflicht. Indem die Liquiditätsreserve die Bemessungsgrundlage der Bf für die Stabilitätsabgabe wie jede Bilanzposition einer sonstigen Aktienbank erhöht, führt dies zu einer unzulässigen schematischen Gleichbehandlung. Um den wesentlichen Unterschieden zwischen Kreditinstituten eines dezentralen Sektors einerseits und sonstigen Aktienbanken andererseits Rechnung zu tragen, ist die beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve von der Bilanzsumme der Bf abzuziehen.

Hinzu kommt: Im Hinblick auf das steuerrechtliche Leistungsfähigkeitsprinzip hat der VfGH eine erhöhte Mindestkörperschaftssteuer für umsatzstarke Unternehmen als gleichheitswidrig erkannt, weil dadurch umsatzstarke Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher, solche mit höheren Erträgen relativ geringer besteuert wurden (VfSlg 15.060/1997). Überträgt man diese Gedanken des VfGH auf die im vorliegenden Fall vom Gesetzgeber mit der Stabilitätsabgabe verfolgten Lenkungseffekte [Besteuerung "risikoreicherer Finanzierungsinstrumente"; "Reduzierung der Bilanzsumme und damit der Größe der Banken […], was dem Ziel der Finanzmarktstabilität Rechnung trägt" (vgl ErläutRV 981 BlgNR 24. GP 105), wird die Gleichheitswidrigkeit offensichtlich: Durch die Besteuerung der Liquiditätsreserve werden im Ergebnis Kreditinstitute, die zur Haltung der Liquiditätsreserve gesetzlich verpflichtet sind und damit in besonderem Maß zur Finanzmarktstabilität beitragen, höher besteuert als solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Es besteht kein vernünftiger und sachlicher Grund, weshalb Kreditinstitute dezentraler Sektoren höher belastet werden sollen als sonstige Aktienbanken.

3.4.5. Gleichheitswidrige Benachteiligung des ***Sektor1*** ggü einem dreistufigen Sektor

Wie in Pkt 3.2 dargelegt, sind im ***Sektor - dem einzigen dreistufigen Sektor in Österreich - zwei unterschiedliche Liquiditätsreserven zu bilden: Die ***PI2*** haben eine Liquiditätsreserve bei den ***Bank2*** (= Zentralinstitute für die ***PI2***) zu halten. Die ***Bank2*** haben wiederum eine Liquiditätsreserve bei der ***B3*** (= Zentralinstitut für die ***Bank2***) zu halten. Diese beiden Liquiditätsreserven haben jedoch inhaltlich nichts miteinander zu tun (dazu sogleich).

§ 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erfasst nur den Fall, dass ein Kreditinstitut gleichzeitig eine Verbindlichkeit (weil es Zentralinstitut ist) und eine Forderung hat (weil es selbst ebenso einem Zentralinstitut angeschlossen ist). Die Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut bestehen. Damit ist § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG ausschließlich im dreistufigen Sektor anwendbar ( Rz 29).

Der zweistufige (***PI1***-)Sektor wird dadurch gleichheitswidrig benachteiligt:

Aus § 27a vorletzter Satz BWG folgt, dass die bei der ***Bank2*** gehaltene Liquiditätsreserve der ***PI2*** nicht in die Bemessung jener Liquiditätsreserve einzubeziehen ist, die die ***Bank2*** selbst bei der ***B3*** zu halten hat.

Diese Änderung wurde mit BGBl I 2016/118 eingeführt. Hintergrund ist laut Gesetzesmaterialien, dass die ***Bank2*** seit dem Inkrafttreten der Delegierten VO 2015/61 [Delegierte VO 2015/61 der Kommission vom zur Ergänzung der VO (EU) Nr 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute] im Oktober 2015 verpflichtet sind, die bei ihnen gehaltene Liquiditätsreserve der ***PI2*** vollständig in Form von hochliquiden Aktiva zu veranlagen. Somit können die ***Bank2*** diese Mittel nicht mehr frei veranlagen. Für die Erfüllung ihrer eigenen Liquiditätserfordernisse dürfen die ***Bank2*** nach Art 27 der Delegierten VO die Mittel der Primärbanken auch nicht heranziehen. Eine zusätzliche Einrechnung der von den Primärbanken gehaltenen Mittel in die Berechnungsgrundlage der Liquiditätsreserve der ***Bank2*** bei der ***B3*** ist daher nicht mehr gerechtfertigt (vgl ErläutRV 1335 BlgNR 25. GP 22).


Das bedeutet:

Da die Liquiditätsreserve der ***PI2*** nicht in die Bemessungsgrundlage der Liquiditätsreserve der ***Bank2*** einzubeziehen ist, haben die beiden Liquiditätsreserven inhaltlich nichts miteinander zu tun. Die beiden Liquiditätsreserven sind vielmehr vollständig voneinander getrennt.

Ausgehend davon ist die Situation bzw das Verhältnis einerseits zwischen der Bf und der ***BAG1*** im ***Sektor1*** und andererseits zwischen der ***PI2*** und der ***Bank2*** im ***Sektor völlig gleich: Sowohl die ***BAG1*** als auch die ***Bank2*** sind verpflichtet, die bei ihnen von den jeweiligen Primärinstituten gehaltene Liquiditätsreserve in hochliquide Aktiva zu veranlagen. Dass die ***Bank2*** selbst eine Liquiditätsreserve bei der ***B3*** zu halten hat, ist für diesen Vergleich irrelevant, weil ihre eigene Liquiditätsreserveverpflichtung - wie gesagt - nicht mit jener der ***PI2*** zusammenhängt.

Dennoch ermöglicht § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, dass die ***Bank2*** die Liquiditätsreserve der ***PI2*** von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe abzieht, weil und insoweit eine Forderung an die ***B3*** besteht [dies hat auch der VwGH festgehalten ( Rz 32)].

Der Bf bzw der ***BAG1*** bleibt eine Kürzung der Bilanzsumme um die Liquiditätsreserve hingegen ausschließlich deshalb verwehrt, weil die ***BAG1*** keine Forderung an ein Zentralinstitut hat.

Das ist gleichheitswidrig, weil - wie gezeigt - die Forderung der ***Bank2*** an die ***B3*** inhaltlich nicht mit der Liquiditätsreserve der ***PI2*** zusammenhängt. Die Situation im dreistufigen ***Sektor unterscheidet sich insofern nicht vom zweistufigen ***Sektor1*** - dennoch werden diese Fälle vom Gesetzgeber unterschiedlich behandelt.

Zudem widerspricht dies dem Prinzip der gleichmäßigen Belastung aller Abgabepflichtigen (Beiser in FS Wimmer 40). Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar und liegt auch nicht vor.

3.5. Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums

Nach der stRsp des VfGH greift die Vorschreibung von Steuern und Abgaben in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechts ein [Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 (2015) Rz 1484].

Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist gem § 2 Abs 1 StabAbgG die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in Abs 2 genannten Beträge.

Mangels Kürzungsbestimmung in § 2 Abs 2 StabAbgG kann die Bilanzsumme der Bf nicht um die bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindert werden. Die Liquiditätsreserve wird somit im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor der Stabilitätsabgabe unterworfen. Dies führt zu einer erhöhten Steuerbelastung.

Eine solche Eigentumsbeschränkung ist nach der Rsp des VfGH insb unzulässig, wenn die Regelung unverhältnismäßig und unsachlich ist (Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 1485). Wie in Pkt 3.4 dargelegt, ist der fehlende Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe im dezentralen zweistufigen (***PI1***-)Sektor mehrfach unsachlich.

§ 2 StabAbgG verstößt somit auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

4. Anfechtungsumfang

4.1. Hauptantrag

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind so zu ziehen, dass der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (zB , V 83/2024). Unzulässig ist der Antrag zB dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009; 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016).

Dementsprechend beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung ausschließlich der im Folgenden hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184:

"Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der VO (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der VO (EU) N 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt".

Im Fall der auf diese Weise bereinigten Rechtslage würde die Verminderung der Bemessungsgrundlage bloß das Bestehen von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut voraussetzen, nicht aber auch das Bestehen von Verpflichtungen gegenüber einem Primärinstitut. Somit könnten (auch) stabilitätsabgabepflichtige Primärinstitute eines zweistufigen (***PI1***-)Sektors die unkonsolidierte Bilanzsumme um die beim jeweiligen Zentralinstitut (im ggst Fall: ***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindern.

Die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte würde bedeuten:

  • Die sachfremde (Doppel-)Besteuerung der Liquiditätsreserve wäre beseitigt (und damit dem in § 2 Abs 2 StabAbgG geschaffenen System der Abzugsfähigkeit risikoarmer Bilanzpositionen sowie dem System der Finanzmarktstabilität Rechnung getragen).

  • Die verfassungswidrige Besteuerung von Teilen der gedeckten Einlagen wäre beseitigt, weil die zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildete Liquiditätsreserve unbesteuert bliebe.

  • Die verfassungswidrige Benachteiligung ggü stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören, wäre behoben.

  • Weiters wäre die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung hergestellt.

  • Schließlich käme es zur verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem dreistufigen Sektor angehören, und von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem zweistufigen Sektor angehören.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten: Durch die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte käme es auch nicht zu einer Änderung der Höhe der von der Bemessungsgrundlage abzuziehenden Beträge, weil diese bereits nach der geltenden Rechtslage mit der Höhe von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut oder einem anderen Kreditinstitut beschränkt sind und nach der vorgeschlagenen bereinigten Rechtslage weiterhin beschränkt blieben. Der so verbleibende Gesetzesteil bekäme keinen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Inhalt.

4.2. 1. Eventualantrag

Nach stRsp des VfGH sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung zudem so zu ziehen, dass auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst werden (zB , V 83/2024). Im Gesetzesprüfungsverfahren darf daher der Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001; 16.365/2001; 18.142/2007; 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat alle Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es obliegt dann dem VfGH, zu entscheiden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002; 19.496/2011; 19.684/2012; 19.903/2014; ).

Vor diesem Hintergrund beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof für den Fall, dass der unter Pkt 4.1 dargelegte Aufhebungsumfang zu eng gewählt sein sollte, in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 als verfassungswidrig.

So könnte die Ansicht vertreten werden, dass zwischen § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG insoweit ein untrennbarer Zusammenhang besteht, als § 2 Abs 1 StabAbgG anordnet, dass als Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, heranzuziehen ist, wobei § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen der abzugsfähigen Beträge konkretisiert. Der normative Gehalt von § 2 Abs 1 StabAbgG ließe sich bei dieser Sichtweise nur aus einer Zusammenschau mit § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 und § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erschließen.

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich nach stRsp des VfGH weiters, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, die zu Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften führen würde, indem der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt nach der Rsp des VfGH zB dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN), oder wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001; 19.413/2011; ; , G 444/2015; VfSlg 20.082/2016).

Im Fall der Aufhebung von § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG als untrennbare Einheit blieben im Wesentlichen einerseits bloß für sich betrachtet inhaltsleere, nach der geltenden verfassungswidrigen Rechtslage von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe in Abzug zu bringende Umschreibungen von Beträgen (§ 2 Abs 2 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 8 StabAbgG) übrig. Andererseits blieben in diesem Fall zudem bloß Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe übrig (§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG), wodurch § 2 StabAbgG ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer und unanwendbarer Inhalt gegeben werden würde (vgl VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016). Dieser Sichtweise folgend stehen auch die übrigen Bestimmungen des § 2 StabAbgG mit § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG in einem untrennbaren Zusammenhang.

Auch im Fall der Aufhebung von § 2 StabAbgG würde die Verfassungswidrigkeit vollständig beseitigt werden, weil durch eine Aufhebung von § 2 StabAbgG zwar weiterhin die Pflicht zur Entrichtung der Stabilitätsabgabe bestünde (§ 1 StabAbgG).

Mangels Möglichkeit der Berechnung der Bemessungsgrundlage würde die Liquiditätsreserve aber jedenfalls nicht der Stabilitätsabgabe unterliegen.

4.3. 2. Eventualantrag

Schließlich beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111, weil die Ansicht vertreten werden könnte, dass § 2 und § 1 StabAbgG insoweit eine untrennbare Einheit bilden, als durch die Aufhebung bloß von § 2 StabAbgG nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift (§ 1 StabAbgG) zu unterstellender Fall vorliegt und damit der im Gesetzesbestand verbleibende Rest unanwendbar werden würde (VfSlg 16.869/2003 mwN). So bestünde im Fall des Verbleibs von § 1 StabAbgG im Gesetzesbestand zwar weiterhin die Abgabepflicht, allerdings wäre aufgrund der Aufhebung von § 2 StabAbgG das Ausmaß der Abgabepflicht nicht mehr bestimmbar (auch nicht in Zusammenschau mit § 3 StabAbgG, der zwar die Höhe der Stabilitätsabgabe bestimmt, sich dabei jedoch auf die in § 2 geregelte Ermittlung der Bemessungsgrundlage bezieht).

Wenngleich der dadurch in Frage kommende Aufhebungsumfang (§§ 2 und 1 StabAbgG) weit wirkt, ist festzuhalten, dass eine zu weite Fassung des Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag solche untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, kann dies im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung führen (vgl VfSlg 19.746/2013; 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies - wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind - im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (VfSlg 18.298/2007; 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr - vgl noch VfSlg 14.342/1995; 15.664/1999; 15.928/2000; 16.304/2001; 16.532/2002; 18.235/2007 - zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

5. Auswirkungen der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache

Eine Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof würde sich wie folgt auf die beim Bundesfinanzgericht anhängige Rechtssache auswirken:

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 im Umfang der Hauptanregung auf, wäre die von der Bf bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve von der unkonsolidierten Bilanzsumme abzuziehen. Das Bundesfinanzgericht hätte die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 entsprechend geringer festgesetzt wird.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (1. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 jeweils mit EUR 0 festgesetzt wird, weil die Höhe der Bemessungsgrundlage (und damit die Höhe der Stabilitätsabgabe) nicht mehr ermittelt werden könnte.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 und § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (2. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide mangels Abgabepflicht ersatzlos zu beheben.

1. Erkenntnis .

2. Erkenntnis .

Innsbruck, am

4.1. Hauptantrag

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind so zu ziehen, dass der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (zB , V 83/2024). Unzulässig ist der Antrag zB dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009; 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016).

Dementsprechend beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung ausschließlich der im Folgenden hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184:

"Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der VO (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der VO (EU) N 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt".

Im Fall der auf diese Weise bereinigten Rechtslage würde die Verminderung der Bemessungsgrundlage bloß das Bestehen von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut voraussetzen, nicht aber auch das Bestehen von Verpflichtungen gegenüber einem Primärinstitut. Somit könnten (auch) stabilitätsabgabepflichtige Primärinstitute eines zweistufigen (***PI1***-)Sektors die unkonsolidierte Bilanzsumme um die beim jeweiligen Zentralinstitut (im ggst Fall: ***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve vermindern.

Die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte würde bedeuten:

  • Die sachfremde (Doppel-)Besteuerung der Liquiditätsreserve wäre beseitigt (und damit dem in § 2 Abs 2 StabAbgG geschaffenen System der Abzugsfähigkeit risikoarmer Bilanzpositionen sowie dem System der Finanzmarktstabilität Rechnung getragen).

  • Die verfassungswidrige Besteuerung von Teilen der gedeckten Einlagen wäre beseitigt, weil die zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildete Liquiditätsreserve unbesteuert bliebe.

  • Die verfassungswidrige Benachteiligung ggü stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören, wäre behoben.

  • Weiters wäre die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung zwischen Liquiditätsverbund und Einlagensicherung hergestellt.

  • Schließlich käme es zur verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem dreistufigen Sektor angehören, und von stabilitätsabgabepflichtigen Kreditinstituten, die einem zweistufigen Sektor angehören.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten: Durch die Aufhebung der hervorgehobenen Wortfolgen bzw Worte käme es auch nicht zu einer Änderung der Höhe der von der Bemessungsgrundlage abzuziehenden Beträge, weil diese bereits nach der geltenden Rechtslage mit der Höhe von Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut oder einem anderen Kreditinstitut beschränkt sind und nach der vorgeschlagenen bereinigten Rechtslage weiterhin beschränkt blieben. Der so verbleibende Gesetzesteil bekäme keinen völlig veränderten, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Inhalt.

4.2. 1. Eventualantrag

Nach stRsp des VfGH sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung zudem so zu ziehen, dass auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst werden (zB , V 83/2024). Im Gesetzesprüfungsverfahren darf daher der Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001; 16.365/2001; 18.142/2007; 19.496/2011). Das antragstellende Gericht hat alle Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es obliegt dann dem VfGH, zu entscheiden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002; 19.496/2011; 19.684/2012; 19.903/2014; ).

Vor diesem Hintergrund beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof für den Fall, dass der unter Pkt 4.1 dargelegte Aufhebungsumfang zu eng gewählt sein sollte, in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 als verfassungswidrig.

So könnte die Ansicht vertreten werden, dass zwischen § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG insoweit ein untrennbarer Zusammenhang besteht, als § 2 Abs 1 StabAbgG anordnet, dass als Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des Kreditinstituts, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, heranzuziehen ist, wobei § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG einen der abzugsfähigen Beträge konkretisiert. Der normative Gehalt von § 2 Abs 1 StabAbgG ließe sich bei dieser Sichtweise nur aus einer Zusammenschau mit § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 und § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG erschließen.

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich nach stRsp des VfGH weiters, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, die zu Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften führen würde, indem der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt nach der Rsp des VfGH zB dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN), oder wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001; 19.413/2011; ; , G 444/2015; VfSlg 20.082/2016).

Im Fall der Aufhebung von § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG als untrennbare Einheit blieben im Wesentlichen einerseits bloß für sich betrachtet inhaltsleere, nach der geltenden verfassungswidrigen Rechtslage von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe in Abzug zu bringende Umschreibungen von Beträgen (§ 2 Abs 2 Z 1 und 2 sowie Z 4 bis 8 StabAbgG) übrig. Andererseits blieben in diesem Fall zudem bloß Regelungen für Sonderkonstellationen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe übrig (§ 2 Abs 3 bis 6 StabAbgG), wodurch § 2 StabAbgG ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer und unanwendbarer Inhalt gegeben werden würde (vgl VfSlg 18.839/2009; 19.841/2014; 19.972/2015; 20.102/2016). Dieser Sichtweise folgend stehen auch die übrigen Bestimmungen des § 2 StabAbgG mit § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, § 2 Abs 2 Sätze 1 bis 3 StabAbgG und § 2 Abs 1 StabAbgG in einem untrennbaren Zusammenhang.

Auch im Fall der Aufhebung von § 2 StabAbgG würde die Verfassungswidrigkeit vollständig beseitigt werden, weil durch eine Aufhebung von § 2 StabAbgG zwar weiterhin die Pflicht zur Entrichtung der Stabilitätsabgabe bestünde (§ 1 StabAbgG).

Mangels Möglichkeit der Berechnung der Bemessungsgrundlage würde die Liquiditätsreserve aber jedenfalls nicht der Stabilitätsabgabe unterliegen.

4.3. 2. Eventualantrag

Schließlich beantragt das Bundesfinanzgericht beim Verfassungsgerichtshof in eventu die Aufhebung von § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111, weil die Ansicht vertreten werden könnte, dass § 2 und § 1 StabAbgG insoweit eine untrennbare Einheit bilden, als durch die Aufhebung bloß von § 2 StabAbgG nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift (§ 1 StabAbgG) zu unterstellender Fall vorliegt und damit der im Gesetzesbestand verbleibende Rest unanwendbar werden würde (VfSlg 16.869/2003 mwN). So bestünde im Fall des Verbleibs von § 1 StabAbgG im Gesetzesbestand zwar weiterhin die Abgabepflicht, allerdings wäre aufgrund der Aufhebung von § 2 StabAbgG das Ausmaß der Abgabepflicht nicht mehr bestimmbar (auch nicht in Zusammenschau mit § 3 StabAbgG, der zwar die Höhe der Stabilitätsabgabe bestimmt, sich dabei jedoch auf die in § 2 geregelte Ermittlung der Bemessungsgrundlage bezieht).

Wenngleich der dadurch in Frage kommende Aufhebungsumfang (§§ 2 und 1 StabAbgG) weit wirkt, ist festzuhalten, dass eine zu weite Fassung des Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag solche untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, kann dies im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung führen (vgl VfSlg 19.746/2013; 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies - wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind - im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (VfSlg 18.298/2007; 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr - vgl noch VfSlg 14.342/1995; 15.664/1999; 15.928/2000; 16.304/2001; 16.532/2002; 18.235/2007 - zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

5. Auswirkungen der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache

Eine Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof würde sich wie folgt auf die beim Bundesfinanzgericht anhängige Rechtssache auswirken:

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 im Umfang der Hauptanregung auf, wäre die von der Bf bei ihrem Zentralinstitut (***BAG1***) gehaltene Liquiditätsreserve von der unkonsolidierten Bilanzsumme abzuziehen. Das Bundesfinanzgericht hätte die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 entsprechend geringer festgesetzt wird.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (1. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 jeweils mit EUR 0 festgesetzt wird, weil die Höhe der Bemessungsgrundlage (und damit die Höhe der Stabilitätsabgabe) nicht mehr ermittelt werden könnte.

  • Hebt der Verfassungsgerichtshof § 1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 und § 2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 auf (2. Eventualbegehren), hätte das Bundesfinanzgericht die angefochtenen Bescheide mangels Abgabepflicht ersatzlos zu beheben.

1. Erkenntnis .

2. Erkenntnis .

Innsbruck, am

6. Innehaltung des Verfahrens

Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf § 62 Abs 3 VfGG.


Rechtsbelehrung

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 VwGG 1985, § 88a Abs. 3 VfGG 1953).

Beilagen

1. Erkenntnis .

2. Erkenntnis .

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RN.3100001.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAF-79738