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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2025, RV/7103773/2022

Scheinrechnungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stefan Korntheuer, Putzgasse 31, 3100 St. Pölten, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

III. Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)

5Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Gesellschaftsverträgen vom jeweils wurden jeweils von Herrn VN NN als Komplementär und Herrn Name als Kommanditist insgesamt acht Kommanditgesellschaften, jeweils mit demselben Firmensitz, gegründet. Die Kommanditgesellschaften wurden jeweils am in das Firmenbuch eingetragen. Es sind dies

• die Firma 1, FN 1, StNr ***1***

• Firma2, FN 2, StNr ***2***

• die Firma3, FN 3, StNr ***3***

• die Firma4, FN 4, StNr ***4***

• die ***Bf1***, FN 1234, StNr ***BF1StNr1***

• die Firma5, FN 5, StNr ***5***

• die Firna6, FN 6, StNr ***6***

• die Firma7, FN 7, StNr. ***7***

2012 trat Name als Kommanditist sämtlicher KGs aus, Kommanditist der o.a. Gesellschaften war seither jeweils die Firma3, Kommanditist der Firma3 die Firma7. Für sämtliche KGs wurde jeweils am der Antrag auf Löschung beim Firmenbuchgericht eingebracht. Die Löschung der KGs im Firmenbuch erfolgte jeweils am 24. bzw .

Herr VN NN ist weiters (alleiniger) Geschäftsführer folgender GmbHs:

• ***8***

• ***9***

• ***10***

• ***11***

• ***12***

• ***13***

Ab Februar 2019 erfolgten über die Wirtschaftsjahre ab 2012 parallele Außenprüfungen zu sämtlichen der acht angeführten KGs, der ***8***, der ***9*** und der ***10***.

Bei diesen Außenprüfungen wurde festgestellt (vgl. Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , BP-Bericht vom ):

Laut den für die jeweiligen Gesellschaften jeweils übergebenen Unterlagen, Belege und Buchhaltungsdaten wurde der jeweils allergrößte Teil der Umsätze der einzelnen KGs mit anderen Gesellschaften im Einflussbereich NN erwirtschaftet/verrechnet. Die oben angeführten Gesellschaften verrechnen gegenseitig langfristige Leistungsbeschreibungen, ohne dass eine Leistungserbringung oder die Begleichung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge möglich gewesen wäre. Regelmäßig fanden auch keine Zahlungen zu den in Rechnung gestellten Leistungen statt, Überweisungen fanden allgemein nur in kleineren Beträgen und jeweils bloß zur Deckung der jeweiligen Bankkonten statt. Eine Gegenrechnung der Leistungen erfolgte regelm. in Form von Gutschriften oder Gutscheinen.

Mit schriftlichen Vorhalten regelmäßig aus März 2019 (jeweils umfangreiche Fragenkataloge) wurde jeweils Herr VN NN als verantwortlicher Geschäftsführer/Komplementär der Gesellschaften und Herr Mag. Stb. als deren steuerlicher Vertreter ersucht, konkrete offene Fragen aufzuklären und ersucht, die jeweiligen Leistungsbeziehungen, eingangs- als auch ausgangsseitig, anhand konkreter Unterlagen etc entsprechend nachzuweisen. Eine Beantwortung dieser umfangreichen Fragenkataloge erfolgte trotz regelmäßig eingebrachten Ansuchen auf Fristverlängerung bis dato zu den meisten Prüfungsfällen nicht. In den (wenigen) übermittelten Vorhaltsbeantwortungen werden die Fragen betreffend gegenseitiger Leistungsbeziehungen, wenn überhaupt, bloß peripher beantwortet (bspw. ***10*** und ***8***: sofern beantwortet, bloß allgemein gehaltene Ausführungen; ***9***: allgemeine Angaben über das Geschäftsmodell der GmbH; Firma7: Hinweis, dass die abgefragten Belege den Behörden bereits vorlägen und die Leistungsverrechnungen bereits geprüft und für in Ordnung befunden worden wären; etc).

Abgesehen der vorgelegten Rechnungen wurden - trotz mehrmaliger Aufforderung - regelmäßig keine Grundaufzeichnungen, Verträge, Vereinbarungen oder sonstiger Schriftverkehr vorgelegt bzw. die tatsächliche Erbringung der jeweils in Rechnung gestellten Leistung nachgewiesen. Mangels Vorlage schriftlicher Vereinbarungen, einer Konkretisierung der jeweiligen Leistungsinhalte, dem nicht marktkonformem Verhalten, etc. wurden die Eingangs- und Ausgangsrechnungen, die von/an Gesellschaften im Einflussbereich NN gestellt wurden, als Scheinrechnungen gem. § 23 BAO qualifiziert. Die geltend gemachten VSt-Beträge zusammenhängend mit den betreffenden Eingangsrechnungen wurde aberkannt, ausgangsseitig wurde USt kraft Rechnungslegung gem. § 11 Abs 14 UStG festgesetzt.

Unter Berücksichtigung der im Zuge der Prüfung getroffenen Feststellungen wurden jeweils am USt- und Feststellungsbescheide gem. § 188 BAO für 2012-2018 erlassen (jeweils Erstbescheide). Die Bescheide wurden jeweils am zugestellt. Die gesonderte Bescheidbegründung (Verf67 vom ) wurde am zugestellt.

Mit Schreiben vom , eingelangt am , brachte die Bf. fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche aus der Prüfung ergangenen Bescheide ein. Begehrt wurde jeweils die erklärungsgemäße Festsetzung, begründend wurde ausgeführt:

"Die Betriebsprüfung stellt im Wesentlichen die Behauptung auf, dass unsere verrechneten Leistungen nicht erbracht worden wären; dies entspricht nicht den Tatsachen. Unter anderem wurden bei verschiedenen Finanzamtsprüfungen der Leistungsempfänger viele Leistungen auch anerkannt. Es wurde ebenso die Existenz des ordnungsgemäßen Unternehmens nachgewiesen als auch der Leistungsnachweis erbracht."

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. ersucht, entsprechende Unterlagen und Informationen zu den in den Beschwerden jeweils angeführten Aussagen nachzureichen.

Im Antwortschreiben vom weist die Bf. abermals darauf hin, dass die Leistungsverrechnungen und Leistungsnachweise den Behörden bereits mehrfach vorgelegt und bei diversen Finanzamts-Prüfungen auch anerkannt worden seien. Die Tatsache, dass ein "Ist" versteuerndes Unternehmen an ein "Soll" versteuerndes Unternehmen Leistungen verrechne, könne sicher nicht Grundlage einer Scheinrechnung sein. Die Bf. sei kein Scheinunternehmen, was etwa schon durch die seit mehr als 10 Jahren durchgehend aufrechte gültige Steuer- und UID-Nr., die gültige Firmenbuchnummer, etc. erkennbar sei.

Da - trotz abermaliger Aufforderung - keine entsprechenden Nachweise vorgelegt wurden (und auch der Vorhalt aus 2019 immer noch nicht beantwortet wurde), wurden die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom , zugestellt jeweils am , abgewiesen.

Am brachte die Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Beantragt wird die mündliche Verhandlung vor dem BFG. Im Vorlageantrag erfolgten ansonsten keine Ausführungen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom wurde eine Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und die Bf. nochmals aufgefordert, Nachweise über die von ihr bzw. an sie verrechneten Leistungen zu erbringen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin abberaumt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Gesellschaftsverträgen vom jeweils wurden jeweils von Herrn VN NN als Komplementär und Herrn Name als Kommanditist insgesamt acht Kommanditgesellschaften, jeweils mit demselben Firmensitz, gegründet. Die Kommanditgesellschaften wurden jeweils am in das Firmenbuch eingetragen. Es sind dies

• die Firma 1, FN 1, StNr ***1***

• Firma2, FN 2, StNr ***2***

• die Firma3, FN 3, StNr ***3***

• die Firma4, FN 4, StNr ***4***

• die ***Bf1***, FN 1234, StNr ***BF1StNr1***

• die Firma5, FN 5, StNr ***5***

• die Firna6, FN 6, StNr ***6***

• die Firma7, FN 7, StNr. ***7***

2012 trat Herr ***14*** als Kommanditist sämtlicher KGs aus, Kommanditist der o.a. Gesellschaften war seither jeweils die Firma3, Kommanditist der Firma3 die Firma7. Für sämtliche KGs wurde jeweils am der Antrag auf Löschung beim Firmenbuchgericht eingebracht. Die Löschung der KGs im Firmenbuch erfolgte jeweils am 24. bzw .

Herr VN NN ist weiters (alleiniger) Geschäftsführer folgender GmbHs:

• ***8***

• ***9***

• ***10***

• ***11***

• ***12***

• ***13***

Laut den für die jeweiligen Gesellschaften jeweils übergebenen Unterlagen, Belege und Buchhaltungsdaten wurde der jeweils allergrößte Teil der Umsätze der einzelnen KGs mit anderen Gesellschaften im Einflussbereich NN erwirtschaftet/verrechnet. Die oben angeführten Gesellschaften verrechnen gegenseitig langfristige Leistungsbeschreibungen, ohne dass eine Leistungserbringung oder die Begleichung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge möglich gewesen wäre. Regelmäßig fanden auch keine Zahlungen zu den in Rechnung gestellten Leistungen statt, Überweisungen fanden allgemein nur in kleineren Beträgen und jeweils bloß zur Deckung der jeweiligen Bankkonten statt. Eine Gegenrechnung der Leistungen erfolgte regelmäßig in Form von Gutschriften oder Gutscheinen.

Abgesehen der vorgelegten Rechnungen wurden - trotz mehrmaliger Aufforderung - regelmäßig keine Grundaufzeichnungen, Verträge, Vereinbarungen oder sonstiger Schriftverkehr vorgelegt bzw. die tatsächliche Erbringung der jeweils in Rechnung gestellten Leistung nachgewiesen.

Die Bf. hat seit ihrer Gründung keine am freien Markt nachhaltigen unternehmerischen Tätigkeiten durchgeführt. Die Bf. diente ausschließlich zur Rechnungslegung zu Unternehmen, die dem "Machthaberbereich" von Herrn VN NN zuzurechnen sind.

Mit den ausgestellten Rechnungen wurden Scheinleistungen abgerechnet.

Die Rechnungslegungen seit Gründung der Bf. sowohl eingangs- als auch ausgangsseitig zu den Unternehmen im "Machthaberbereich" von Herrn VN NN dienten alleine, um Vorsteuer zu lukrieren und Umsatzsteuerzahllasten bei den rechnungsempfangenden Gesellschaften zu minimieren.

Die Rechnungslegungen konnten seitens der Bf. wie auch den jeweiligen "Vertragspartnern" jeweils nur durch Herrn VN NN durchgeführt worden sein. Die finanziellen Verhältnisse aller involvierten Gesellschaften, dass diese die in Rechnung gestellten Beträge gar nicht zahlen hätte können, da die KGs keine innere Ertragskraft und über kein Vermögen verfügen, war Herrn VN NN bekannt.

Konkret betrifft dies folgende Rechnungen:

Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung

Hinsichtlich der Ausgangsrechnungen 14001 vom an die ***9*** (Tz 12), 15003 vom an die ***8*** (Tz 16), 15004 vom an die ***13*** (Tz 17) und 15007 vom an die ***13*** (Tz 18) und den Gutschriftsrechnungen 12005, 12004, 12003, 12001, 11008, 11006 jeweils vom , jeweils an die ***15*** (Tz 05 bis 10) und 12001 vom an die ***16*** (Tz 11) wurde USt kraft Rechnungslegung festgesetzt.

Nichtanerkennung Vorsteuerbeträge

Hinsichtlich folgender Eingangsrechnungen wurde jeweils die geltend gemachte Vorsteuer nicht anerkannt und gekürzt:

ER 12239 von der ***16*** vom (Tz 04),

Mit dieser Eingangsrechnung vom 12239 wurde der Bf. folgendes in Rechnung gestellt:

"Laut Vereinbarung erlauben wir uns folgende Positionen in Rechnung zu stellen:

Kunde ***.cc Online Werbepakte auf News und Projektwebsiten, WerbebannerWerbeteaser, PR Beiträge, Newspostings, Banner auf Websiten in Newsletter"

Es konnten keinerlei Unterlagen zu diesen Leistungen vorgelegt werden.

M15014 vom der ***9*** (Tz 13),

Mit dieser Eingangsrechnung wurde der Bf. folgendes verrechnet:

"Web2.at, Adviews TKP 30, Web2 Netzwerk Adiviews 237.300

Schaltzeitraum 2015 Jänner - Sept. Web2.at"

Es konnten keinerlei Unterlagen zu diesen Leistungen vorgelegt werden und konnten auch keine Angaben gemacht werden, auf welcher Plattform diese Einschaltungen erfolgten.

16042 vom der ***9*** (Tz 20),

Sachverhalt wie bei M 15014

16084 vom von der ***9*** (Tz 21)

Sachverhalt wie bei M 15014

und

13038 vom von der ***13*** (Tz 22).

In Rechnung gestellt wurde der Bf. "Online Marketing Banner Platzierung auf Website für 1-12/2016"

Es konnten keine Unterlagen dazu vorgelegt werden bzw. wurde nicht angegeben, welche Marketingmaßnahme konkret gesetzt wurde und wer namentlich für beide Vertragsparteien aufgetreten ist.

Mit den angeführten Eingangsrechnungen wurden somit - jeweils für einen längerfristigen Zeitraum - (pauschale) Online-Werbeleistungen verrechnet.

Die Bf. verfügte weder zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechnungslegung, noch zu irgendeinem Zeitpunkt davor oder danach über Mittel, die jeweils in Rechnung gestellten Beträge in Höhe von EUR 3.000 bis 60.000 überhaupt begleichen zu können

Den Rechnungen liegen sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitigkeine tatsächlichen Leistungsbeziehungen zugrunde.

Für die Firma Firma7 wurde die Rechtsansicht der Finanzverwaltung bereits vom Bundesfinanzgericht () bestätigt, ebenso für die Firma Firma2, ()

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde zu sämtlichen nicht anerkannten Rechnungen keinerlei weitere Unterlagen wie Verträge, sonstiger Schriftverkehr, Vereinbarungen, Grundaufzeichnungen, etc. vorgelegt, die sowohl die erbrachten Leistungen als auch die an sie in Rechnung gestellten Leistungen belegen würden.

Die Bf. wurde im Laufe des Verfahrens durch die Amtspartei mehrfach, zuletzt durch das Bundesfinanzgericht in der Ladung zur mündlichen Verhandlung, aufgefordert, Unterlagen über die von ihr bzw. an sie verrechneten Leistungen zu erbringen.

Da diesen Aufforderungen nicht nachgekommen wurde, erscheint es der Richterin richtig und nachvollziehbar, diese Leistungen als Scheinhandlungen zu qualifizieren, für die Scheinrechnungen ausgestellt wurden und für die Scheinrechnungen von anderen beteiligten Firmen erhalten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zur Parteistellung der Bf.

Eine Personengesellschaft des Unternehmensrechtes (wie gegenständlich eine KG) verliert ihre Parteifähigkeit erst mit ihrer Beendigung. Ihre Auflösung und die Löschung ihrer Firma im Firmenbuch beeinträchtigt ihre Parteifähigkeit solange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (). Da im gegenständlichen Fall die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2012 bis 2018 und die Feststellungsverfahren dieser Jahre noch anhängig waren, ist die Bf. parteifähig. Adressat ist die Bf., vertreten durch ihren einzigen vertretungsbefugten Komplementär VN NN (vgl. § 81 Abs. 1 BAO).

Zur Steuerschuld gem. § 11 Abs. 14 UStG 1994:

§ 11 Abs. 1 UStG 1994 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautet:

"Führt der Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 aus, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen. Führt er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, aus, ist er verpflichtet, Rechnungen auszustellen. […].

Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist- die folgenden Angaben enthalten:

1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;

2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;

3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (zB Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;

5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und den anzuwendenden Steuersatz, im Falle einer Steuerbefreiung einen Hinweis, dass für diese Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt;

6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.

Weiters hat die Rechnung folgende Angaben zu enthalten:

- das Ausstellungsdatum;

- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;

- soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer."

§ 11 Abs. 14 UStG 1994 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautet:

"Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag."

Nach der Rechtsprechung des VwGH () hat die Steuerschuld nach § 11 Abs 14 UStG 1994 zur Voraussetzung, dass eine solche Rechnung erstellt wird, die formal die Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 erfüllt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 99/15/0238, VwSlg. 7823/F). Der Zweck der Regelung des § 11 Abs 14 UStG 1994 liegt darin, einem unberechtigten Vorsteuerabzug - eine Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug - vorzubeugen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0062, vom , 2000/15/0085, sowie Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Tz 147). Das Entstehen der Steuerschuld auf Grund der Rechnungslegung nach § 11 Abs 14 UStG 1994 ist von der Steuerschuld kraft tatsächlicher Leistungserbringung nach § 1 Abs 1 UStG 1994 zu unterscheiden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 2003/15/0122, und vom , 2000/14/0095).

Nach Mayr/Ungericht, UStG4 § 11 Anm 33 mwN ist es ausreichend, wenn das Dokument die wesentlichen Merkmale der Rechnung enthält und damit abstrakt die Gefahr eines Vorsteuerabzuges begründet wird. Das Erfüllen der formalen Voraussetzungen des § 11 Abs 1 UStG 1994 kann nur bedeuten, dass die Rechnungsmerkmale abstrakt vorhanden, nicht aber, dass sie inhaltlich korrekt sein müssen.

Nach Ruppe/Achatz, UStG5 § 11 Tz 147, kommen Dokumente, die formell nicht alle Merkmale einer Rechnung im Sinne des § 11 Abs 1 UStG 1994 aufweisen, nicht als Rechnung im Sinne des Abs 14 in Betracht: Da sie schon aus diesem Grund nicht als Grundlage eines Vorsteuerabzuges dienen, kann ein Missbrauch nicht in Betracht kommen. Ist für ein mangelhaftes Abrechnungsdokument schon formell keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug gegeben, bedarf es des Korrektivs einer Steuerschuld nicht. Soweit unrichtige Rechnungen zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist das Entstehen einer Steuerschuld für den Aussteller der Rechnung hingegen jedenfalls verhältnismäßig.

Der EuGH führte in der Rechtssache Stadeco vom , C-566/07, folgendes aus:

26 Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist, diese Steuer schuldet. Insbesondere schuldet sie die auf einer Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer unabhängig davon, ob sie aufgrund eines mehrwertsteuerpflichtigen Umsatzes verpflichtet ist, diese zu entrichten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Genius, 342/87, Slg. 1989, 4227, Randnr. 19, vom , Schmeink & Cofreth und Strobel, C 454/98, Slg. 2000, I 6973, Randnr. 53, sowie vom , Reemtsma Cigarettenfabriken, C 35/05, Slg. 2007, I 2425, Randnr. 23).

28 Mit der Regelung in Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, wonach die in einer Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer unabhängig davon geschuldet wird, ob aufgrund eines mehrwertsteuerpflichtigen Umsatzes die Pflicht besteht, diese zu entrichten, soll der Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht zum Vorsteuerabzug nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie ergeben kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Schmeink & Cofreth und Strobel, Randnrn. 57 und 61, vom , Karageorgou u. a., C 78/02 bis C 80/02, Slg. 2003, I 13295, Randnrn. 50 und 53, sowie Reemtsma Cigarettenfabriken, Randnr. 23).

29 Selbst wenn dieses Abzugsrecht nur für diejenigen Steuern besteht, die mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz in Zusammenhang stehen (vgl. Urteil Genius, Randnr. 13), ist die Gefährdung des Steueraufkommens grundsätzlich nicht vollständig beseitigt, solange der Adressat einer Rechnung, in der die Mehrwertsteuer zu Unrecht ausgewiesen ist, diese noch dazu nutzen kann, das Abzugsrecht nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil Schmeink & Cofreth und Strobel, Randnr. 57).

30 Verfügt der Steuerpflichtige gemäß dieser Bestimmung über eine Rechnung nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie, kann er bei der Finanzverwaltung sein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen. Wie die niederländische und die deutsche Regierung ausgeführt haben, ist nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung aufgrund komplexer Umstände und Rechtsbeziehungen nicht rechtzeitig feststellen kann, dass andere Erwägungen einer Ausübung des Abzugsrechts entgegenstehen.

31 Da die Gefährdung des Steueraufkommens, die sich daraus ergeben könnte, dass der Adressat der Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug ausübt, in dem Mitgliedstaat besteht, dessen Mehrwertsteuer in der fraglichen Rechnung ausgewiesen ist, wird die Mehrwertsteuer gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie in diesem Mitgliedstaat geschuldet.

Nach der Entscheidung des BFH V R 39/09 genügt es, wenn ein Abrechnungsdokument die elementaren Rechnungsmerkmale formal enthält und den Empfänger des Dokumentes zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzuges verleiten kann.

Das Bundesfinanzgericht geht im Sinne der angeführten Rechtsprechung des EuGH und in weiterer Folge des BFH davon aus, dass § 11 Abs 14 UStG 1994 im Wesentlichen eine Gefährdungshaftung normiert. Sobald eine formal vollständige Rechnung oder ein Beleg, bei dem die Gefahr eines unberechtigten Vorsteuerabzuges besteht, vorliegen, entsteht spiegelbildlich auch eine Steuerschuld kraft Rechnung.

Im gegenständlichen Fall wurde im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgestellt, dass die in Rechnung gestellten Leistungen von der Bf. nicht erbracht wurden.

Analog zu den Ausführungen des GZ. RV/5101246/2015, zur Firma 1 2011 ist auch bei gegenständlicher Gesellschaft und im gegenständlich relevanten Zeitraum 2012-2018 davon auszugehen, dass

1. die fakturierten Leistungen mangels personeller sowie sachlicher Möglichkeiten nicht erbracht wurden,

2. auch der Umstand des Fehlens jeglicher nachvollziehbarer Vereinbarung zwischen den nahestehenden angeblichen Leistungspartnern bezüglich dieser Leistungen gegen das tatsächliche Vorliegen der Leistungen spricht,

3. die KG mangels nach Außen erkennbaren Tätigkeiten zur nachhaltigen Einnahmenserzielung oder zur Vorbereitung derartiger Tätigkeiten nicht Unternehmer iSd § 2 UStG 1994 war und

4. die KG die in einer zumindest formal vollständigen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung schuldet.

Für das Bundesfinanzgericht ist es erwiesen, dass die Ausstellerin der Rechnung (= Bf.) und die Rechnungsempfängerin, die den unberechtigten Vorsteuerabzug vorgenommen hat, zusammengespielt haben und damit eine Gefährdung des Steueraufkommens aufgrund des unberechtigten Vorsteuerabzuges aufgetreten ist. Eine Berichtigung der Rechnung durch die Bf. ist nicht erfolgt.

Zur Versagung des Vorsteuerabzuges:

Nach § 12 Abs 1 Z 1 lit a UStG 1994 kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Die der Bf. in Rechnung gestellten Leistungen wurden zu keinem Zeitpunkt erbracht, eine Erbringung der Leistungen war auch niemals intendiert gewesen (und wäre auch aufgrund der jeweils vorhandenen Infrastruktur und Anzahl der Mitarbeiter gar nicht möglich gewesen).

Die im Rechenwerk der Bf. verbuchten Vorsteuerbeträge waren zu versagen, da das einzige Ziel der ausgestellten und verbuchten Rechnungen die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs bzw. die Verkürzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen bei der Bf. war.

Zu den Feststellungsbescheiden:

Die Änderungen ergeben sich aus der Nichtanerkennung der oben dargestellten und verrechneten Leistungen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor, es waren Fragen der Sachverhaltsebene zu klären.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103773.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAF-72986