Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2025, RV/3100034/2025

1. Fixkostenzuschuss - Rückerstattungsanspruch aufgrund einer Vergütung nach dem Epidemiegesetz 2. Keine Bindung der Abgabenbehörde an einen Verzicht auf die Rückforderung durch die COFAG

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
Die im Anhang zur Verordnung BGBl. II 225/2020 enthaltenen "Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)" sind als integraler Bestandteil der Verordnung rechtsverbindlich, wohingegen die vom BMF veröffentlichten „Fragen und Antworten zum Fixkostenzuschuss“ (FAQs) keine Rechtsquelle, sondern lediglich einen Auslegungsbehelf zur oben angeführten Verordnung darstellen.
Soweit eine Partei zu Unrecht finanzielle Leistungen auf Grundlage einer in § 2 Abs. 9 COFAG-NoAG aufgezählten Verordnung erhalten hat, entstand am ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch des Bundes gegenüber dieser Partei. Das Entstehen dieses Anspruchs ist grundsätzlich unabhängig vom Schicksal des vormals zivilrechtlichen Rückforderungsanspruches der COFAG, soweit nicht einer der Ausnahmefälle des § 18 Abs. 1 COFAG-NoAG vorliegt.
Wenn für denselben Zeitraum sowohl ein Fixkostenzuschuss als auch eine Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG ausgezahlt wurde, ist die Vergütung gemäß § 32 EpiG vom Fixkostenzuschuss abzuziehen. Es kommt nicht darauf an, welche dieser Leistungen zuerst beantragt oder ausgezahlt wurde.
Ein Verzicht der COFAG auf eine Rückforderung kann das Entstehen eines öffentlich-rechtlichen Rückerstattungsanspruches nicht verhindern. Es ist nämlich unmöglich, dass aus einem solchen Verzicht Ansprüche auf den Bund übergehen, weshalb der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 2 COFAG-NoAG schon deshalb nicht erfüllt sein kann.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rattacher - Simma Steuerberatungs GmbH, Maximilianstraße 13, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückerstattung eines Fixkostenzuschusses nach § 15 Abs. 2 COFAG-NoAG, Steuernummer ***Bf1-StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde von der beschwerdeführenden Partei (bfP) den von der COFAG geleisteten Fixkostenzuschuss für den Zeitraum bis in Höhe von 34.685,34 € zurückgefordert. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, da die bfP für denselben Zeitraum sowohl einen Fixkostenzuschuss als auch eine Vergütung nach dem Epidemiegesetz erhalten habe, sei letztere von ersterem abzuziehen, sodass im Ergebnis kein Anspruch auf einen Fixkostenzuschuss verbleibe. Gleichzeitig erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Verzinsung des gegenständlichen Rückerstattungsbetrages (dieser ist aber Gegenstand der gesonderten Entscheidung des ).

Gegen beide Bescheide wendet sich die am rechtzeitig eingebrachte Beschwerde der bfP. Darin wendet sie hinsichtlich des Rückforderungsbescheides ein, dass auf den gegenständlichen Rückforderungsanspruch bereits durch die COFAG verzichtet worden sei; er sei daher nicht auf den Bund übergegangen und könne daher von der Behörde gar nicht geltend gemacht werden. Im Übrigen sei die Rückforderung auch unrechtmäßig, da keine Doppelförderung vorliege, zumal der Fixkostenzuschuss bei der Berechnung des Verdienstentgangs nach dem Epidemiegesetz berücksichtigt worden sei. In der Beschwerde beantragte die bfP das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde - wie beantragt ohne vorherige Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Auf Aufforderung des Gerichts erstattete die belangte Behörde am ergänzendes Vorbringen hinsichtlich des von der bfP geltend gemachten Verzichts auf die gegenständliche Rückforderung durch die COFAG. Zusammengefasst brachte sie diesbezüglich vor, der Gesetzgeber habe mit dem COFAG-NoAG eine eigenständige Beurteilung des Rückerstattungsanspruchs intendiert; eine Bindung an allfällige Überlegungen der COFAG bestehe mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nicht. Dieses Vorbringen wurde vom Gericht umgehend dem steuerlichen Vertreter der bfP weitergeleitet, welcher sich vorbehielt, darauf in der mündlichen Verhandlung zu replizieren.

In der mündlichen Verhandlung am verwiesen beide Parteien im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen. Die bfP brachte ergänzend vor, der Verzicht durch die COFAG sei eine "zivilrechtliche Vereinbarung" im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 COFAG-NoAG, weshalb kein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch entstanden sei.

2. Sachverhalt

Die bfP führt unter anderem einen Skibusbetrieb, der während der COVID-19-Pandemie vom behördlichen Betretungsverbot betroffen war.

Im April 2020 stellte die bfP bei der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG. Mangels konkreter Berechnungsvorschriften wurde dieser Antrag ohne zahlenmäßige Konkretisierung der begehrten Vergütung gestellt. Für die bfP war ferner zu diesem Zeitpunkt nicht klar, ob überhaupt ein Anspruch auf eine solche Vergütung bestand; aufgrund der kurzen Frist gemäß § 33 EpiG wurde er vorsichtshalber dennoch gestellt. Dieser Antrag wurde von der zuständigen Behörde zunächst für längere Zeit nicht bearbeitet, zumal höchstgerichtliche Judikatur abgewartet wurde.

Am beantragte die bfP außerdem bei der COFAG einen Fixkostenzuschuss in Höhe von 34.685,34 € für den Zeitraum bis . In diesem Antrag wies die bfP nicht darauf hin, dass sie bereits eine Vergütung des Verdienstentgangs nach dem Epidemiegesetz bei der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** beantragt hatte. Der Fixkostenzuschuss wurde am wie beantragt von der COFAG ausbezahlt (Eingang bei der bfP am ).

Mit Eingabe vom bei der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** hat die bfP ihr ursprüngliches Begehren auf Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 EpiG mit einer Berechnung anhand des Epidemiegesetz-Berechnungstools (Berechnung entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. II 329/2020) dahingehend konkretisiert, dass nunmehr für den Zeitraum bis eine Vergütung in Höhe von 39.470,03 € beantragt wurde. Diese Vergütung bezieht sich nur auf den vom behördlichen Betretungsverbot betroffenen Skibusbetrieb und nicht das gesamte Unternehmen der bfP.

Bei dieser Berechnung wurde der Fixkostenzuschuss in Höhe von 965,22 € anteilig von der beantragten Vergütung gemäß § 32 EpiG abgezogen. Dieser Betrag ergibt sich, indem die bfP zunächst den Anteil des Fixkostenzuschusses, der auf den Skibusbetrieb entfällt, mit 16 % des gesamten Fixkostenzuschusses geschätzt und dann den Anteil des Förderzeitraums des Fixkostenzuschusses ermittelt hat, der sich mit dem Zeitraum deckt, für den eine Vergütung nach § 32 EpiG beantragt wurde. Dabei ging die bfP davon aus, dass eine Überschneidung an 16 Tagen ( bis ) des insgesamt 92 Tage dauernden Förderzeitraums des Fixkostenzuschusses vorliegt:

34.685,34 € (gesamter Fixkostenzuschuss) x 16 % x 16/92 = 965,16 €
Die geringfügige Abweichung vom tatsächlich herangezogenen Betrag von 965,22 € ist auf eine abweichende Rundung zurückzuführen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***Bezirk*** vom wurde der bfP schließlich wie beantragt eine Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG für den Zeitraum bis in Höhe von 39.470,03 € zugesprochen. Der erhaltene Fixkostenzuschuss wurde dabei in der oben angeführten Art und Weise berücksichtigt.

Von August bis Oktober 2023 führte die belangte Behörde bei der bfP eine Prüfung des Fixkostenzuschusses nach § 6 Abs. 2 COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz durch. Die Behörde gelangte dabei - wie auch im nunmehrigen Verfahren - zum Ergebnis, dass die Vergütung nach § 32 EpiG vom Fixkostenzuschuss abzuziehen sei und somit kein Anspruch auf einen Fixkostenzuschuss bestehe.

Mit E-Mail vom forderte die COFAG aufgrund dieser Prüfung von der bfP die Rückerstattung des gesamten Fixkostenzuschusses in Höhe von 34.685,34 €, da die Fixkosten der bfP durch anderweitige Unterstützungen der öffentlichen Hand gedeckt seien. Nachdem die bfP der Rückforderung widersprochen hatte, da keine Doppelförderung vorliege, teilte die COFAG der bfP mit E-Mail vom Folgendes mit:

"[…]nach erneuter Prüfung des Sachverhalts aufgrund der vorliegenden Informationen kann die Rückforderung mit der Kennung RF-***Nr*** in Höhe von EUR 34.685,34 als obsolet betrachtet werden. Die Rückforderung ist nicht mehr aufrecht und wird unsererseits ausgebucht."

Die gegenständliche Rückforderung wurde von der COFAG vor dem weder bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht noch lag über diese vor diesem Datum ein Exekutionstitel nach § 1 EO vor.

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den mit dem Vorbringen übereinstimmenden von der bfP übermittelten Unterlagen (E-Mail-Verkehr zwischen dem Steuerberater der bfP und der COFAG, Bescheid der BH ***Bezirk*** vom ) sowie dem Akt der belangten Behörde (Antrag auf Fixkostenzuschuss vom , Niederschrift über die Förderungsprüfung vom ) und war überdies während des gesamten Verfahrens stets unstrittig. Es liegen keine den Feststellungen widersprechende Beweisergebnisse vor. Das Gericht konnte den festgestellten Sachverhalt daher ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde legen.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Rechtslage und Vorbemerkungen

Strittig ist, ob bzw. inwieweit im vorliegenden Fall ein Rückerstattungsanspruch gemäß §§ 13 ff COFAG-NoAG gegenüber der bfP besteht.

Gemäß § 13 COFAG-NoAG iVm § 15 Abs. 1 Z 1 COFAG-NoAG entstand am ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch gegenüber der bfP, soweit diese zu Unrecht "finanzielle Leistungen" erhalten hat. Aufgrund der Systematik und des offenkundigen Zwecks des COFAG-NoAG müssen mit dem Begriff "finanzielle Leistungen" in § 13 COFAG-NoAG Geldleistungen auf Grundlage der in § 2 Abs. 9 COFAG-NoAG aufgezählten Verordnungen gemeint sein.

Die im vorliegenden Fall einschlägige Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z 1 COFAG-NoAG konkretisiert die Höhe des Rückerstattungsanspruchs dahingehend, dass dieser in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Auszahlungsbetrag und jenem Betrag, der aufgrund des verwirklichten Sachverhalts und der für den Fördervertrag maßgeblichen Verordnungen (§ 2 Abs. 9 COFAG-NoAG) zugestanden wäre, besteht.

Nach den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 COFAG-NoAG entstand in bestimmten Fällen am ausnahmsweise kein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch. Es handelt sich dabei um Ausnahmen vom Grundsatz, dass zu Unrecht erhaltene "finanzielle Leistungen" zu einem solchen Anspruch führen. Nach der Systematik der §§ 13 ff COFAG-NoAG ist folglich zuerst zu prüfen, ob sich der Auszahlungsbetrag vom tatsächlich zustehenden Betrag unterscheidet und somit grundsätzlich ein Rückerstattungsanspruch entstehen konnte. Anschließend ist zu prüfen, ob bzw. inwieweit im vorliegenden Fall ausnahmsweise - z.B. gemäß § 18 Abs. 1 COFAG-NoAG - doch kein solcher Anspruch entstanden ist.

Das gegenständliche Verfahren hat eine Rückforderung eines "Fixkostenzuschusses" (auch "Fixkostenzuschuss I" genannt) zum Gegenstand. Die hierfür relevante Verordnung ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl. II 225/2020 idgF (§ 2 Abs. 9 Z 2 COFAG-NoAG). Die im Anhang zu dieser Verordnung enthaltenen Förderrichtlinien (in der Folge: FKZ-RL) regeln im Detail, welchen Unternehmen in welcher Höhe ein solcher Zuschuss zusteht. Diese Richtlinien sind rechtlich verbindlich, da sie einen integralen Bestandteil der Verordnung bilden. Die vom BMF veröffentlichten "Fragen und Antworten zum Fixkostenzuschuss" (FAQs) stellen hingegen keine Rechtsquelle, sondern lediglich einen Auslegungsbehelf zur oben angeführten Verordnung dar.

4.2. Beurteilung des Anspruchs der bfP auf einen Fixkostenzuschuss

Punkt 4.4 der FKZ-RL enthält verschiedene Bestimmungen zur Berechnung des Fixkostenzuschusses. Punkt 4.4.5 der FKZ-RL lautet wie folgt:

"Der Fixkostenzuschuss ist um Zuwendungen von Gebietskörperschaften, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise und dem damit in Verbindung stehenden wirtschaftlichen Schaden geleistet werden, zu vermindern. Dies gilt auch für Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz. Zahlungen im Zusammenhang mit Kurzarbeit sind nicht in Abzug zu bringen. Ausgenommen von der Gegenrechnung sind Zahlungen aus den Härtefallfonds."

Es ist nicht klar, ob der Begriff "Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz" in dieser Bestimmung auch die gegenständliche Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 EpiG umfasst, da sich der Begriff "Entschädigung" im Epidemiegesetz grundsätzlich auf die Entschädigung gemäß § 29 EpiG bezieht (vgl. insbesondere § 33 EpiG). Andererseits wird der Begriff "Entschädigung" auch in § 32 Abs. 4 EpiG in Bezug auf die Vergütung verwendet: "Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen."

Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da kein Zweifel daran bestehen kann, dass die Vergütung für den Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG das alternative in Punkt 4.4.5 der FKZ-RL angeführte Tatbestandsmerkmal "Zuwendungen von Gebietskörperschaften, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise und dem damit in Verbindung stehenden wirtschaftlichen Schaden geleistet werden" erfüllt.

Die von der bfP vorgenommene Berechnung des Fixkostenzuschusses ergab eine Höhe von 34.685,34 €. Da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der erhaltenen Vergütung nach § 32 EpiG in Höhe von 39.470,03 € wissen konnte, wurde diese von der bfP nicht berücksichtigt.

Das Bundesfinanzgericht hat allerdings grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zu entscheiden, welche im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt (vgl. ; , Ra 2019/16/0136). Daher kommt es nicht darauf an, ob die Vergütung nach § 32 EpiG vor oder nach Auszahlung des Fixkostenzuschusses geleistet wurde; sie ist vom erkennenden Gericht jedenfalls zu berücksichtigen.

Der klare Wortlaut von Punkt 4.4.5 der FKZ-RL ordnet an, dass die Vergütung nach § 32 EpiG vom Fixkostenzuschuss abzuziehen ist. Obwohl dies nicht explizit als Tatbestandsmerkmal angeführt ist, geht das erkennende Gericht aufgrund der Zeitraumbezogenheit der gegenständlichen Leistungen davon aus, dass ein solcher Abzug nur zu erfolgen hat, soweit der Zeitraum, für den eine Vergütung nach § 32 EpiG geleistet wird, innerhalb eines Zeitraumes liegt, für den ein Fixkostenzuschuss gewährt wurde. Im vorliegenden Fall liegt der Zeitraum, für den eine Vergütung nach dem Epidemiegesetz gewährt wurde ( bis ) zur Gänze innerhalb des Zeitraumes, für den der Fixkostenzuschuss gewährt wurde ( bis ), sodass die gesamte Vergütung nach § 32 EpiG vom Fixkostenzuschuss abzuziehen ist. Da die Vergütung nach § 32 EpiG den berechneten Fixkostenzuschuss übersteigt, verbleibt nach dem gebotenen Abzug kein Anspruch auf einen Fixkostenzuschuss.

Wenn die bfP argumentiert, es liege keine Doppelförderung vor, weshalb die Kürzung des Fixkostenzuschusses nicht sachgerecht sei, so wird diese Ansicht vom erkennenden Gericht nicht geteilt: Nach dem in Punkt 4.4.5 der FKZ-RL klar zum Ausdruck kommenden Willen des Verordnungsgebers soll ein Fixkostenzuschuss nur insoweit ausgezahlt werden, als dieser allfällige andere Zuschüsse der öffentlichen Hand - insbesondere auch Leistungen nach dem Epidemiegesetz - übersteigt. Eine nicht intendierte Doppelförderung liegt daher immer vor, wenn eine solche Leistung nach dem Epidemiegesetz bei der Auszahlung des Fixkostenzuschusses - aus welchem Grund auch immer - nicht berücksichtigt wurde. Dass der ausgezahlte Fixkostenzuschuss bei der Berechnung der Vergütung nach § 32 EpiG (anteilig) berücksichtigt wurde, ändert daran nichts.

Der Differenzbetrag gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 COFAG-NoAG beträgt daher 34.685,34 €.

4.3. Verhältnis zum vormals privatrechtlichen Rückforderungsanspruch der COFAG

Die bfP hat unter anderem eingewendet, dass der Anspruch der Rückforderung einer allenfalls zu Unrecht bezogenen Beihilfe im vorliegenden Fall nicht gemäß § 6 Abs. 1 COFAG-NoAG auf den Bund übergegangen sein konnte, da der Anspruch bereits zuvor infolge eines Verzichts durch die COFAG mit E-Mail vom erloschen sei.

Dieser Ansicht tritt das Gericht nicht bei. Eisenberger/Holzmann (COFAG-NoAG Kommentar, § 6 Rz K1) erblicken einen Widerspruch zwischen der Anordnung des § 6 Abs. 1 COFAG-NoAG, wonach sämtliche Rechte und Pflichten der COFAG aus Förderverträgen mit unverändert auf den Bund übergehen, und der Bestimmung des § 13 COFAG-NoAG zum Entstehen des öffentlich-rechtlichen Rückerstattungsanspruchs. Das Gericht erblick hierin jedoch keine unlösbare Normenkollision, sondern sieht die Bestimmungen der §§ 13 ff COFAG-NoAG als leges speciales zu dem in § 6 Abs. 1 COFAG-NoAG normierten Grundsatz an.

Das Entstehen eines öffentlich-rechtlichen Rückerstattungsanspruches ist demnach abschließend in den §§ 13 ff COFAG-NoAG geregelt. Diese Bestimmungen sehen nicht die Umwandlung eines privatrechtlichen in einen öffentlich-rechtlichen Anspruch vor. Vielmehr entstand ein solcher Anspruch nach § 13 COFAG-NoAG iVm § 15 Abs. 1 Z 1 COFAG-NoAG am neu, sofern § 18 Abs. 1 COFAG-NoAG nicht im Einzelfall entgegensteht. Wenn ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch entstanden ist, erlosch gemäß § 18 Abs. 2 COFAG-NoAG insoweit der vormalige privatrechtliche Anspruch. Darüber hinaus besteht aber kein Zusammenhang zwischen dem vormaligen privatrechtlichen Anspruch der COFAG und dem nunmehrigen öffentlich-rechtlichem Rückerstattungsanspruch des Bundes.

Es ist dem Gesetz insbesondere auch nicht zu entnehmen, dass ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch nur dann entstehen sollte, wenn unmittelbar vor dem noch ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch der COFAG bestanden hat. Dies ist insbesondere am letzten Satz des § 14 Abs. 2 COFAG-NoAG erkennbar: "Der Rückerstattungsanspruch vermindert sich um jene Beträge, die vom Vertragspartner darauf bereits an die COFAG oder den Bund geleistet wurden."

Ginge man - wie die bfP - davon aus, dass ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch nur insoweit entstanden sein konnte, als im Zeitpunkt des "Übergangs" noch ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch der COFAG bestanden hat, wäre diese Bestimmung unnötig: Wenn nämlich die Rückzahlung von zu Unrecht ausgezahlten Förderungen aufgrund von Rückforderungen der COFAG verhinderte, dass insoweit überhaupt ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch entstünde, wäre diese Bestimmung inhaltsleer, da es diesfalls von vornherein keinen Rückerstattungsanspruch gäbe, der vermindert werden könnte.

Auch die Regelung der Verjährung in § 15 Abs. 4 COFAG-NoAG nimmt keinerlei Bezug auf die zivilrechtliche Verjährung, woraus zu schließen ist, dass ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch auch dann am entstanden ist, wenn der privatrechtliche Rückforderungsanspruch der COFAG zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt war.

Der öffentlich-rechtliche Rückerstattungsanspruch ist demnach grundsätzlich unabhängig vom zivilrechtlichen Schicksal des vormals privatrechtlichen Rückforderungsanspruches der COFAG. Folglich kann das Entstehen des öffentlich-rechtlichen Rückerstattungsanspruchs nicht schon allein durch einen allfälligen Verzicht der COFAG auf die Rückforderung verhindert werden.

4.4. Zu den Ausnahmen gemäß § 18 Abs. 1 COFAG-NoAG

§ 18 Abs. 1 COFAG-NoAG schließt in bestimmten Fällen das Entstehen eines öffentlich-rechtlichen Rückerstattungsanspruches aus:

"Der öffentlich-rechtliche Rückerstattungsanspruch entsteht nicht, soweit von der COFAG vor dem bereits

1. der Betrag gemäß § 14 Abs. 2 gegenüber dem Vertragspartner bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht wurde oder über diesen ein Exekutionstitel nach § 1 EO, RGBl. Nr. 79/1896 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 147/2021, vorliegt oder

2. eine zivilrechtliche Vereinbarung über die Rückforderung einer finanziellen Leistung mit dem Vertragspartner abgeschlossen wurde und die Ansprüche daraus auf den Bund übergegangen sind (§ 6 Abs. 1). Die Rückzahlung aufgrund eines negativen Auszahlungsteilbetrages (§ 2 Abs. 6) gilt nicht als zivilrechtliche Vereinbarung."

Der Tatbestand in § 18 Abs. 1 Z 1 COFAG-NoAG ist nach den Feststellungen nicht erfüllt.

Die bfP hat eingewendet, der Verzicht der COFAG stelle eine "zivilrechtliche Vereinbarung" im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 COFAG-NoAG dar, weshalb im vorliegenden Fall kein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch entstanden sei.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass ein Verzicht (§ 1444 ABGB) von der herrschenden zivilrechtlichen Rechtsprechung als zweiseitiges Rechtsgeschäft bzw. Vertrag angesehen wird (Holly in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.07 § 1444, Rz 13 und Fußnote 66 mit weiteren Nachweisen). Ein Verzicht bedarf auch keiner besonderen Form (Holly aaO, Rz 16). Demnach könnte auch ein Verzicht per E-Mail grundsätzlich eine "zivilrechtliche Vereinbarung" darstellen.

Ob die gegenständliche E-Mail der COFAG vom jedoch tatsächlich eine Verzichtserklärung darstellt, ist unklar. Nach der zivilrechtlichen Judikatur ist bei einem zweifelhaften Inhalt ein Verzicht grundsätzlich nicht zu vermuten. Ein Verzichtswille kann nur angenommen werden, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorliegen und die festgestellten Tatsachen keinen Zweifel über den Verzichtswillen offen lassen (). Eine bloße Wissenserklärung, keine Ansprüche (mehr) zu haben, ist nachträglich widerlegbar und daher kein Verzicht (Holly aaO, Rz 5/3; P. Bydlinski in Bydlinski/Perner/Spitzer, ABGB7, § 1444 Rz 4).

Letztlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben. Selbst, wenn man im vorliegenden Fall einen Verzicht durch die COFAG annähme, könnte dieser den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 2 COFAG-NoAG nämlich niemals erfüllen: Diese Bestimmung setzt nämlich nicht nur voraus, dass eine zivilrechtliche Vereinbarung abgeschlossen wurde, sondern sie fordert darüber hinaus, dass "die Ansprüche daraus auf den Bund übergegangen sind". Aus einem Verzicht seitens der COFAG auf eine Rückforderung können jedoch niemals Ansprüche auf den Bund übergehen. Die Bestimmung bezieht sich daher offenbar auf andere Arten von zivilrechtlichen Vereinbarungen wie z.B. Ratenzahlungsvereinbarungen (vgl. die Erläuterungen zum Initiativantrag 4070/A, BlgNR XXVII. GP).

Insgesamt erweist sich der angefochtene Bescheid daher als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

4.5. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu den in den Abschnitten 4.1. bis 4.4. dieses Erkenntnisses behandelten Rechtsfragen liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weshalb die Revision zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 13 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
§ 14 Abs. 2 Z 1 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
§ 15 Abs. 1 Z 1 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
§ 18 Abs. 1 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
§ 18 Abs. 1 Z 2 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
Anlage 1 Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl. II Nr. 225/2020
§ 32 EpiG, Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950
§ 6 Abs. 1 COFAG-NoAG, COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2024
§ 1444 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100034.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAF-72954