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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2025, RV/7102460/2023

Eine Leistung (hier: Pachtablöse) gilt nur dann als Gegenleistung, wenn die in einem kausalen, inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks steht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PAJEK Rechtsanwalts GmbH, Plankengasse 7/2/27, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2017, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das XYZ ist Eigentümer der Liegenschaft EZ-1 in der KG-K.

Die Grundstücke Nr. 1066/359 und 1066/360 der Liegenschaft EZ-1 in der KG-K, im Ausmaß von 1.332 m², waren verpachtet. Die Pächterin war Eigentümerin des auf dem Pachtgrundstück befindlichen Superädifikates.

Kaufvertrag und Ablösevereinbarung

Mit Vertrag vom , abgeschlossen zwischen der Pächterin, als Veräußerin, und der B-GmbH, als Erwerberin, wurde das Superädifikat um einen Kaufpreis von € 50.000,00 veräußert und für die Aufgabe des Pachtrechtes ein Ablösebetrag in Höhe von € 190.000 vereinbart.

Die Grunderwerbsteuer für den Kauf des Superädifikates wurde von der Vertragserrichterin zur Erfassungsnummer 10-2016 selbstberechnet.

Baurechtsvertrag

Am 30.11./ unterzeichneten die Beschwerdeführerin (kurz: Bf), als Bauberechtigte, und das XYZ, als Baurechtsgeber, einen Baurechtsvertrag. Darin wurde der Bf ein Baurecht an dem oben bezeichneten Grundstück ab dem auf die Dauer von 60 Jahren eingeräumt. In Vertragspunkt IV. wurde ein jährlicher Bauzins von € 20.446,20 vereinbart.

Selbstberechnung

Die Grunderwerbsteuer für den Baurechtsvertrag wurde vom Vertragserrichter von der Gegenleistung (18facher Bauzins) in Höhe von € 368.031,60 selbstberechnet.

Außenprüfung

Das Finanzamt führte beim Selbstabrechner eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO durch. Gegenstand der Prüfung war ua. die Grunderwerbsteuer für den Zeitraum bis .

Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Pachtablöse in Höhe von € 190.000,00, die von der B-GmbH im März 2016 entrichtet wurde, eine zusätzliche Gegenleistung für den Erwerb des Baurechtes durch die Bf darstellen würde. Der Grundstückswert beträgt € 566.282,55 und sei höher als die Gegenleistung (der 18fache Bauzins + Pachtablöse = € 558.031,60), weshalb dieser als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

Angefochtener Bescheid

Das Finanzamt Österreich schloss sich der Auffassung der Prüferin an und setzte die Grunderwerbsteuer gemäß § 201 BAO vom Grundstückswert in Höhe von € 566.282,55 unter Anrechnung des selbstberechneten Betrages - entsprechend fest und begründete dies wie folgt:

"Der Bescheid ergeht aufgrund der unrichtigen Selbstberechnung. Die Selbstberechnung erfolgte vom kapitalisierten Baurechtzins.

Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, aber mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.

Der Grundstückswert ist entweder als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gern. § 53 Abs. 2BewG 1955, BGBl 148/1955 in der geltenden Fassung, und des (anteiligen)Wertes des Gebäudes oder in Höhe eines vom geeigneten Immobilienpreisspiegels abgeleiteten Wertes zu berechnen.

Der Grundstückswert, berechnet nach der Pauschalwertmethode mit dem Programm des BMF, beträgt € 566.282,55 {Bodenwert € 21,8019 pro qm).

Gegenleistung ist der kapitalisierte Baurechtszins in Höhe von € 368.031,60 + € 190.000,00 Pachtablöse (laut Vertrag vom , Erf. Nr. 10-2016) = € 558.031,60.

Da der Grundstückswert höher ist als die Gegenleistung, ist dieser gem. § 4 Abs. 1 GrEStG für die Bemessung der Grunderwerbsteuer heranzuziehen."

Beschwerde

Innerhalb offener Frist wurde Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass der Abgabenanspruch mit Ablauf des Jahres 2016 entstanden ist. Es würden keine nach außen erkennbare Amtshandlungen im Verjährungszeitraum vorliegen, weshalb das Recht die Abgabe festzusetzen im Jahr 2022 verjährt ist.

Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass am der Prüfungsauftrag überreicht wurde und das Abverlangen der Unterlagen begonnen hätte. Aufgrund der abverlangten Listen der Geschäftsfälle sei der gegenständliche Baurechtsvertrag am zur Prüfung ausgewählt worden. Eine Verjährung sei daher nicht eingetreten.

Vorlageantrag

Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Beschwerdevorlage

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde samt den Teilen des Verwaltungsaktes laut Aktenverzeichnis an das Verwaltungsgericht vorgelegt.

Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Vom Verwaltungsgericht wurde ein Vorhalteverfahren unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführt.

Aus dem Prüfungsakt war kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Ablösevereinbarung der B-GmbH und dem Baurechtsvertrag ersichtlich.

Über Vorhalt gab die Bf bekannt, dass die bisherige Pächterin, die B-GmbH, auf die Pachtrechte gegenüber dem Liegenschafteigentümer verzichtet hat und das XYZ der Bf ein Baurecht an dem Grundstück mittels Vorvertrag angeboten hat.

Mit Fax vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Vereinbarung vom erwarb die B-GmbH von der damaligen Pächterin das darauf befindliche Superädifikat und das Pachtrecht an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft um den vereinbarten Kaufpreis von € 240.000,00.

Im November/Dezember 2016 vereinbarten der Grundstückseigentümer, als Baurechtsgeber, und die Bf, als Bauberechtigte, an eben diesem Grundstück ein Baurecht auf die Dauer von 60 Jahren zu bestellen. Der jährliche Bauzins beträgt € 20.446,20.

Die Grunderwerbsteuer wurde vom Vertragserrichter vom 18fachen Bauzins in Höhe von € 368.031,60 selbstberechnet.

Am hat die B-GmbH auf das Pachtrecht an der Liegenschaft verzichtet. Eine Ablösezahlung seitens der Bf an die weichende Nutzungsberechtigte wurde nicht festgestellt.

Gleichzeitig wurde der Bf ein Vorvertrag über den Abschluss eines Baurechtsvertrages angeboten.

Am wurde der Prüfungsauftrag dem Selbstabrechner zur Kenntnis gebracht und ausgefolgt. Weiters wurden Listen der Geschäftsfälle abverlangt.

Am wurde der gegenständliche Baurechtsvertrag samt Unterlagen zur Selbstberechnung zur Prüfung ausgewählt.

Am fand die Schlussbesprechung über die Außenprüfung statt.

Am wurden der angefochtene Bescheid erlassen.

Der Grundstückswert dieses Rechtes ist unstrittig und beträgt € 566.282,55.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren.

Die Aushändigung der bescheidmäßigen Ausfertigung des Prüfungsauftrages am ist durch die Unterzeichnung des Anwaltes schriftlich dokumentiert.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen ist festgehalten, dass am Listen der Geschäftsfälle abverlangt wurden. Dieses Vorbringen stimmt mit der im Verwaltungsakt einliegenden "Liste Geschäftsfälle" mit dem Datum "", auf der auch der gegenständlichen Erwerbsvorgang angeführt ist, überein.

Das Finanzamt führte weiter aus, dass der gegenständliche Vertrag am samt Unterlagen zur Prüfung ausgewählt wurde. Die Daten zur Grundstückswertberechnung wurden mündlich und per Telefon angefordert.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kommt der Begründung in der Beschwerdevorentscheidung der Charakter eines Vorhaltes zu (vgl. zB , und , Ra 2019/13/0071).

Die Bf ist den in der Beschwerdevorentscheidung erwähnten Fakten (Abverlangen der Listen der Geschäftsfälle im Dezember 2019 und der Unterlagen zum gegenständlichen Vertrag im Jänner 2020) in der Beschwerde nicht entgegengetreten, weshalb diese im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen anzunehmen sind.

Die Ablösevereinbarung vom wurde von der B-GmbH unterzeichnet. Abgesehen von der Verzichtserklärung konnte keine rechtliche Verbindung (zB Ablösevertrag) zu dem von der Bf abgeschlossenen Baurechtsvertrag festgestellt werden. Eine gesellschaftsrechtlicher Zusammenhang zwischen der B-GmbH und der Bf ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Was die rechtlichen Verhältnisse betrifft, ist auf das vom Verwaltungsgericht durchgeführte Ermittlungsverfahren zu verweisen. Dem unwidersprochenen Parteienvorbringen ist zu entnehmen, dass der Bf das Baurecht an der Liegenschaft angeboten wurde. In der Folge wurde der gegenständliche Baurechtsvertrag mit dem Grundstückseigentümer abgeschlossen.

Eine wechselseitige Bezugnahme zwischen der von den unterschiedlichen Gesellschaften abgeschlossenen Ablösevereinbarung und dem Baurechtsvertrag wurde in der Prüfung nicht festgestellt und ist dem Vorvertrag nicht zu entnehmen. Eine Beteiligung des Grundeigentümers bzw. Baurechtsgebers an der Ablösevereinbarung ist nicht aktenkundig.

Für einen "inneren" Zusammenhang zwischen diesen Verträgen bedarf aber es eines Nachweises, dass es Absprachen mit dem Liegenschaftseigentümer gegeben hat bzw. dieser an der Freimachung des Grundstücks mitgewirkt hat.

Grundsätzlich fehlt es in den Prüfungsfeststellungen an dem Nachweis eines 'inneren' Zusammenhanges zwischen den beiden Rechtsvorgängen. Der alleinige Umstand, dass es sich um das gleiche Grundstück gehandelt hat, reicht dafür nicht aus.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

In der gegenständlichen Beschwerdesache ist strittig, ob Verjährung eingetreten ist und ob die von der B-GmbH geleistete Pachtablöse eine Gegenleistung für den Erwerb des Baurechtes durch die Bf darstellt.

Verjährung

Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich (so auch bei der Grunderwerbsteuer) fünf Jahre (siehe § 207 Abs. 2 BAO).

Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

§ 209 Abs. 1 BAO hat folgenden Wortlaut:

"(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen."

Der durch das AbgÄG 2004 (BGBl I 2004/180) an Stelle des Unterbrechungstatbestandes geregelte "Verlängerungstatbestand" gilt - abgesehen von den "absoluten" Verjährungsfristen des § 209 Abs 3, 4 und 5 - für sämtliche in der BAO geregelten Verjährungsfristen (ein, drei, fünf Jahre nach § 207; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1).

Die Verlängerung um ein Jahr (dem ersten Satz des § 209 Abs 1 zufolge) erfolgt unabhängig davon, ob eine oder mehrere Amtshandlungen in der Verjährungsfrist unternommen werden sowie in welchem Jahr der Verjährungsfrist die Amtshandlung erfolgt (vgl. zB Rathgeber, SWK 2005, S 84; aM Wobisch in Arbeitsbuch Oberlaa 2005, 85; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1)

In Ritz/Koran7, § 209 Rz 1, sind dazu folgende Beispiele dargestellt:

1. (Nicht hinterzogene) Einkommensteuer 2013. Erlassung des Einkommensteuerbescheides im Jahr 2014. Die Verjährung tritt Ende 2019 ein.

2. (Nicht hinterzogene) Umsatzsteuer 2013. Erlassung des Veranlagungsbescheides im Jahr 2014. Außenprüfung im Jahr 2015. Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens im Jahr 2016. Die Verjährung tritt Ende 2019 ein.

Die verlängerungsrelevanten Amtshandlungen sind mit denselben Worten umschrieben wie bisher die Unterbrechungshandlungen. Daher ist die Judikatur (und Literatur) zu unterbrechenden Amtshandlungen (iSd § 209 Abs. 1 aF) nunmehr gleichermaßen für die zur Verlängerung der Verjährungsfrist relevanten Amtshandlungen heranziehbar (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 1).

Die Amtshandlung muss nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein (; , 92/16/0217; , 99/15/0098). Die bloße Wahrscheinlichkeit, die Erledigung habe die Sphäre der Behörde verlassen, genügt nicht ( 17/2543/80); dies gilt auch für eine "aus den Erfahrungen des täglichen Lebens im Zusammenhang mit dem üblichen amtsinternen Betrieb gefolgerte Wahrscheinlichkeit" ( 807/70). Als Amtshandlung kommt auch ein Telefongespräch in Betracht (vgl. ; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 2).

Schriftliche Erledigungen verlängern die Verjährungsfrist nur dann, wenn sie ihren Empfänger erreicht haben, diesem somit zugestellt wurden ( 15/1296/79; , 97/16/0217; für schriftliche Bescheide ; "Zustellung von Abgabenbescheiden" und , 96/17/0333; für Aufforderungen zur Einreichung von Abgabenerklärungen ; für Anfragen ; aM , wonach Umsatzsteuerbescheiden "unabhängig von ihrer rechtswirksamen Zustellung" Unterbrechungswirkung zukamen; ebenso , zu einem an eine bereits verstorbene Person gerichteten Abgabenbescheid; ebenso , für eine an eine durch Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch bereits erloschene GmbH; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 2).

Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (; , 2001/16/0364; , 2002/16/0027; , 2008/15/0090; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 3).

Gegen den Abgabenschuldner selbst muss die Amtshandlung nicht gerichtet sein (zB Anfrage an Auskunftsperson in fremder Sache, ). Die behördlichen Schritte müssen der schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person nicht zur Kenntnis gelangt sein (; , 99/15/0098; , 2004/13/0080; , 2003/17/0235), damit ihnen Verlängerungswirkung zukommt; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 4).

Die bloße Ankündigung einer Amtshandlung genügt nicht (; , 2006/15/0046; , 2010/17/0068), wie zB die Ankündigung, eine solche Amtshandlung in Hinkunft erst unternehmen zu wollen (vgl. ).

Nach Ellinger/Sutter/Urtz (BAO3, § 209 Anm 2) sind solche Ankündigungen, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind (zB im § 148 Abs. 5 für die Ankündigung einer Außenprüfung), Amtshandlungen iSd § 209 Abs 1.

Nach Tanzer (in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 209, 579) wird die bloße Ankündigung einer Amtshandlung nur verlängerungstauglich sein, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist (zB in § 148 Abs. 5) und wenn die Amtshandlung sachlich und zeitlich entsprechend dieser Ankündigung erfolgt (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 5).

Eine solche fristverlängernde Wirkung haben nur Amtshandlungen einer sachlich zuständigen Abgabenbehörde (; , 2003/17/0235; , 2006/14/0039; , 2010/16/0176; Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 209, 580; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 9).

Die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen sind abgabenbehördliche Prüfungen (zB ; , 2005/16/0037; , 2007/13/0157; , 2011/16/0070; , 2008/15/0005, 2008/15/0006; , 2010/17/0242), wie zB Lohnsteuerprüfungen (; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 13).

Eine solche Amtshandlung ist auch eine Schlussbesprechung (-0198) und ein Prüfungsbericht ().

Außenprüfungen sind aus Verjährungssicht grundsätzlich nur hinsichtlich jener Abgaben bedeutsam, die Gegenstand der Prüfung sind (; , 99/15/0098). Abweichend von diesem Grundsatz hat der VwGH (im Erk vom , 82/13/0050) anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung einer GmbH vorgenommenen Amtshandlungen auch hinsichtlich der Einkommensteuer des Gesellschafters eine solche Wirkung zuerkannt, weil dieser an der Schlussbesprechung teilgenommen hatte (strittig war verdeckte Gewinnausschüttung; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 15).

Der dem Abgabepflichtigen bekannt gegebene Prüfungsauftrag bewirkt die Verjährungsfristverlängerung, nicht jedoch bereits seine bloße Ausfertigung (Reeger/Stoll, BAO, § 209 Tz 2; ). Diese Wirkung hat auch ein Nachschauauftrag (, 0122; , 2005/16/0066; vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 18).

Die Verjährungsfrist verlängern zB an den Abgabepflichtigen gerichtete (vgl. Ritz/Koran7, § 209 Rz 22)

• Vorhalte (zB ; , 2001/16/0252; , 2005/16/0024; , 2001/14/0212; , Ra 2020/16/0021),

• Ergänzungsaufträge (; ),

• Anfragen (; , 98/17/0172, 0173; , 2003/16/0127, 0128),

• Aufforderungen

- zur Vorlage von Unterlagen (; , Ra 2020/16/0021),

Der gegenständliche Baurechtsvertrag ist im Dezember 2016 zustande gekommen. Der Abgabenanspruch ist 2016 entstanden. Die allgemeine Verjährungsfrist wäre daher im Jahr 2021 abgelaufen.

Strittig ist nun, ob die Abgabenbehörde einen Verlängerungstatbestand für das Folgejahr 2022 verwirklicht hat.

Nach § 15 Abs. 2 GrEStG idF des BBG 2011 BGBl I 2011/111, ist das Finanzamt befugt, Prüfungen hinsichtlich sämtlicher in der Anmeldung enthaltenen Angaben durchzuführen.

Darüberhinaus ist das Finanzamt insbesondere nach § 147 Abs. 1 BAO berechtigt, bei jedem, der zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen oder zur Zahlung gegen Verrechnung mit der Abgabenbehörde verpflichtet ist, jederzeit eine Außenprüfung vorzunehmen.

Eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer, die sich naturgemäß auch als unrichtig erweisen kann, steht weiteren, auf die Feststellung des - tatsächlichen - Abgabepflichtigen (gemäß § 9 GrEStG 1987) oder die Geltendmachung des Grunderwerbsteueranspruches - in materiell-rechtlich korrekter Höhe - gerichteten, Amtshandlungen der Abgabenbehörde nicht entgegen. Derartige Amtshandlungen können daher auch eine Verlängerungswirkung iSd § 209 Abs. 1 BAO entfalten. Es ist somit nicht von Relevanz, dass der Abgabenbehörde aufgrund der Anmeldung der Selbstberechnung sowohl die Verwirklichung eines Grunderwerbsteuertatbestandes als auch der - vermeintliche - Abgabepflichtige bekannt waren. Ebenso wenig relevant ist, ob die Abgabenbehörde die Möglichkeit gehabt hätte, bereits zu einem früheren Zeitpunkt oder auf andere Art und Weise Überprüfungshandlungen vorzunehmen (siehe , wonach die Möglichkeit alternativer Vorgangsweisen seitens der Behörde bedeutungslos ist; vgl. , Rechtssatznummer 2)

Der Bescheid über den Prüfungsauftrag wurde von der damals zuständigen Abgabenbehörde, dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, erstellt und dem für die Selbstabrechnung zuständigen Rechtsanwalt nachweislich ausgehändigt. Auf dem Bescheid ist als "Gegenstand der Außenprüfung" die Selbstberechnung nach § 15 Abs. 2 GrEStG für den Zeitraum - angeführt. Damit ist der Gegenstand der abgabenbehördlichen Prüfung ausreichend umschrieben.

Die Aufforderung, die Listen der Geschäftsfälle zur Verfügung zu stellen, und die weitere Urgenz im Jänner 2020, mit der die Unterlagen zum konkreten Vertrag abverlangt wurden, sind ebenfalls aktenkundig.

Die Abgabenbehörde hat somit mit diesen nach außen erkennbaren Amtshandlungen dem Bestimmtheitsgebot des § 209 Abs. 1 BAO entsprochen.

Innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist von 5 Jahren wurde daher der Verlängerungstatbestand iSd § 209 Abs. 1 BAO verwirklicht, weshalb das Recht, die Grunderwerbsteuer im Jahr 2022 festzusetzen, nicht verjährt war.

Gegenleistung

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG stehen Baurechte den Grundstücken gleich.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG idF des StRefG 2015/2016, BGBl I 118/2015, ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom Grundstückswert zu berechnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Er ist vielmehr im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist (vgl. , mwN).

Im Sinne des § 5 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer in erster Linie die Gegenleistung d.h. jede bewertbare Leistung, die der Erwerber aufwenden muss, um das Grundstück zu erhalten. Es ist somit auf denjenigen abzustellen, der die Leistung erbringt, also auf den Erwerber des Grundstücks, der die Gegenleistung (für das Grundstück) erbringt (vgl. , mwN).

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen - somit "inneren" - Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsgegenstand und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist (vgl. ; , Ra 2020/16/0018).

Werden vom Erwerber im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerbszustand des Grundstückes - beispielsweise als bebaut, freigemacht oder unbelastet - neben dem als Kaufpreis bezeichneten Betrag - an wen auch immer - weitere Leistungen erbracht, sind diese als Teil der Gegenleistung anzusehen, wenn sie mit dem Grundstückserwerb in einer finalen Verknüpfung stehen. Diese Leistungen können also auch an Dritte - somit vom Veräußerer verschiedene Personen - erbracht werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob sie auf Grundlage - vom Kaufvertrag - unterschiedlicher Verträge oder Vertragsurkunden geleistet werden (vgl. etwa ; , 2002/16/0123; , 95/16/0334, jeweils mwN).

Ist hingegen der Erwerber bereit, das Grundstück belastet durch vorhandene Nutzungsrechte zu erwerben, um in Folge diese Nutzungsrechte aufgrund selbst getroffener Vereinbarungen über die Zahlung einer entsprechenden Entschädigung mit den Nutzungsberechtigten zu beseitigen, kann diese Entschädigung nicht als Teil der Gegenleistung angesehen werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Verkäufer des Grundstücks an diesen Vereinbarungen beteiligt ist, weil in einem solchen Fall nach wie vor ein unmittelbarer, tatsächlicher und wirtschaftlicher - "innerer" - Zusammenhang der Leistung des Erwerbers mit dem Erwerb des Grundstücks gegeben ist (vgl. , , Ra 2020/16/0018).

Als Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG gilt eine Leistung nur dann, wenn sie in kausalem, "innerem" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks steht (; , 2002/16/0292, 0293 uam). Die Leistung muss mit dem Erwerb des Grundstücks in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, wobei bei Beurteilung dieses Zusammenhanges vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen ist. Die Verpflichtung des Erwerbers ist dann als Gegenleistung anzusehen, wenn sie zum Übergang des Grundstücks in einer solchen Wechselbeziehung steht, dass der Veräußerer ohne die Zahlungsverpflichtung des Erwerbers das Grundstück nicht veräußert hätte und sich der Erwerber nur unter der Voraussetzung des Kaufabschlusses zur Zahlung verpflichtet hat (BFH , II 250/58 BStBl 1960/314; vgl. Ressler/Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 5 Tz 5).

Im gegenständlichen Beschwerdefall hat die B-GmbH zunächst aufgrund einer selbst getroffenen Vereinbarung über die Aufgabe des Pachtrechtes unmittelbar an die Pächterin eine Ablöse bezahlt und mit dem Liegenschaftseigentümer selbst einen Pachtvertrag abgeschlossen.

Im Oktober 2016 hat die B-GmbH auf das Pachtrecht - offenbar ohne Entgelt - verzichtet. Vom Grundstückseigentümer wurde der Bf das Baurecht in einem Vorvertrag angeboten. In der Folge hat die Bf mittels Baurechtsvertrag ein Baurecht an der Liegenschaft erworben.

Eine Wechselbeziehung zwischen Ablösevereinbarung der B-GmbH und dem Baurechtsvertrag der Bf ist nicht gegeben.

In diesem Punkt war der Beschwerde stattzugeben.

Steuerberechnung laut Erkenntnis:

Mangels 'innerem' Zusammenhang ist die von der B-GmbH geleietete Pachtablöse in Höhe von € 190.000,00 nicht Teil der Gegenleistung für den Erwerb des Baurechtes durch die Bf.

Die Gegenleistung beträgt (wie in der Selbstberechnung) € 368.031,60.

Der Grundstückswert des Baurechtes beträgt € 566.282,55.

§ 7 GrEStG idF des StRefG 2015/2016 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1)1. a) Ein Erwerb gilt als

-unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30%,

-teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30%, aber nicht mehr als 70%,

-entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70%

des Grundstückswertes beträgt.

………..

2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken

-für die ersten 250 000 Euro0,5%,

-für die nächsten 150 000 Euro2%,

-darüber hinaus3,5%

des Grundstückswertes.

Dies gilt auch bei teilentgeltlichen Erwerben, insoweit keine Gegenleistung zu erbringen ist; insoweit eine Gegenleistung zu erbringen ist, gilt Z 3.

…………….

3.In allen übrigen Fällen beträgt die Steuer 3,5%.

………………"

Im gegenständlichen Fall ergibt sich eine Gegenleistung von 65% des Grundstückswertes. Damit ist ein teilentgeltlicher Vorgang anzunehmen.

Gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG idF des StRefG 2015/2016, BGBl I 118/2015, ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung mit 3,5% und für den unentgeltlichen Teil (Grundstückswert abzüglich Gegenleistung = € 198.250,95) mit 0,5% zu berechnen.

Der Beschwerde war daher insgesamt teilweise stattzugeben.

Steuerfestsetzung laut Erkenntnis

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG wird die Steuer mit 3,5% von der Gegenleistung, sohin mit € 12.881,11, und gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG mit 0,5% vom höheren Grundstückswert in Höhe von € 198.250,95, sohin mit € 991,25, daher im Gesamtbetrag von € 13.872,36 festgesetzt.

Aufgrund der festgesetzten Abgabe in Höhe von € 13.872,36 und des selbstberechneten Betrages in Höhe von € 12.881,11 ergibt sich eine Nachforderung laut Erkenntnis von € 991,25.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene (Nachweis eines 'inneren' Zusammenhanges als weitere Gegenleistung), die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. etwa , unter Hinweis auf den Beschluss vom , Ra 2016/16/0006, mwN).

Im Übrigen konnte sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen (Verjährung, Gegenleistung) auf die im Erkenntnis zitierte (umfangreiche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.

Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.


Salzburg, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102460.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAF-72941