OGH 24.02.2021, 9Ob8/21y
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. ***** P*****, emeritierter Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei Dr. ***** M*****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen 57.753,65 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom , GZ 2 R 109/20x-26, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Das Urteil des Berufungsgerichts wurde dem (gemäß § 28 Abs 1 ZPO selbstvertretungsberechtigten) Kläger am zugestellt. Seine dagegen gerichtete außerordentliche Revision wurde am zur Post gegeben und langte am beim Erstgericht ein.
Rechtliche Beurteilung
[2] Gemäß § 505 Abs 2 erster Satz ZPO beträgt die Revisionsfrist vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an; sie kann nicht verlängert werden. Gemäß § 222 Abs 1 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 werden unter anderem die Notfristen im Revisionsverfahren zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Jänner gehemmt. Fällt der Anfang dieses Zeitraums in den Lauf einer solchen Notfrist oder der Beginn einer solchen Notfrist in diesen Zeitraum, so wird die Notfrist um die ganze Dauer oder um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil dieses Zeitraums verlängert. Die Verwendung der Präposition „zwischen“ in § 222 Abs 1 ZPO schließt ein Verständnis dahin, dass von dieser Formulierung auch der Anfangs- und Endtermin umfasst ist, keineswegs aus. Der 24. Dezember und der 6. Jänner sind daher jeweils mitzuzählen (s RS0127140; 1 Ob 255/12z).
[3] Wird das Urteil – wie hier – zwischen 24. Dezember und 6. Jänner zugestellt und handelt es sich um keinen Fall des § 222 Abs 2 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, beginnt die vierwöchige Rechtsmittelfrist am 7. Jänner um 00:00 Uhr und endet am 3. Februar um 24:00 Uhr (RS0036496 [T5]). Es besteht keine Grundlage dafür, erst den ersten Tag nach den Gerichtsferien als den Tag der Zustellung zu behandeln (RS0036272; zuletzt 3 Ob 228/18b mwN).
[4] Da die vierwöchige Revisionsfrist daher am Mittwoch, den , endete, ist die am zur Post gegebene außerordentliche Revision des Klägers verspätet. Sie ist zurückzuweisen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei ***** P*****, gegen die beklagte Partei ***** M*****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen 57.753,65 EUR sA, über den Antrag der klagenden Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der außerordentlichen Revision wird, soweit er an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom , 9 Ob 8/21y, wurde die außerordentliche Revision des Klägers als verspätet zurückgewiesen.
[2] Mit Schriftsatz vom , beim Obersten Gerichtshof eingelangt am , brachte der Kläger einen sowohl an das Erstgericht als auch an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 146 ZPO) und die außerordentliche Revision ein.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gemäß § 148 Abs 1 ZPO ist der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung bei dem Gericht anzubringen, bei welchen die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war. Das ist im Hinblick auf eine versäumte Rechtsmittelfrist das Erstgericht (RS0036584; RS0007129; Gitschthaler in Rechberger/Klicka5 §§ 148–149, Rz 10 mwN). Soweit der Wiedereinsetzungsantrag an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, ist er daher zurückzuweisen (RS0036584). Eine amtswegige Überweisung an das zuständige Gericht findet nicht statt (6 Ob 174/15d).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Irene Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. * P*, gegen die beklagte Partei Dr. * M*, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller, Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen 57.753,65 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 109/20x-26, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger, die Beklagte und * M* gaben als designierte Vorstandsmitglieder einer (in Gründung gewesenen und später wegen Unerreichbarkeit des Stiftungszwecks aufgelösten) Privatstiftung auf den Todesfall im Verlassenschaftsverfahren nach * P* eine bedingte Erbantrittserklärung ab. Die Privatstiftung war in einem mit „Kodizill“ betitelten Notariatsakt errichtet worden und hatte als Legat ein Gut zugewandt erhalten. Im Erbrechtsstreit wurde das alleinige Erbrecht der Tochter der Verstorbenen zum gesamten Nachlass zufolge eines Testaments festgestellt, in dem die Verstorbene (ua) der Privatstiftung weitere Vermögenswerte vermacht und die Tochter als Erbin des restlichen Nachlassvermögens berufen hatte. Die Privatstiftung (iGr) wurde zum Kostenersatz des Rechtsstreits (246.000 EUR) verpflichtet.
[2] In einem Folgeprozess wurden die Beklagte und * M* solidarisch gegenüber der Erbin zur Zahlung der Kosten des Erbrechtsstreits verpflichtet (3 Ob 247/16v).
[3] In einem weiteren Verfahren wurde der Kläger als Vorstandsvorsitzender gegenüber der Erbin zur Zahlung von 140.580,93 EUR sA für die Verbindlichkeit der Privatstiftung verurteilt (Abweisung des Mehrbegehrens wegen Aufrechnungen). Der Kläger zahlte am 163.489,84 EUR an die Erbin. Die Beklagte und * M* schlossen mit der Erbin einen Vergleich, nach dem die Beklagte auf ein Legat verzichtete und der Erbin einen unbekannten Betrag zahlte.
[4] Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger einen Regressanspruch gegen die Beklagte (§ 896 ABGB) in Höhe von 57.753,65 EUR sA geltend. Dieser wurde von den Vorinstanzen nach Maßgabe des Innenverhältnisses der Vorstandsmitglieder abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
[5] In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision ist der Kläger der Ansicht, dass 1. das Urteil des Berufungsgerichts krass von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweiche, wonach mangels Vereinbarung letztlich der jeweilige Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteil jedes einzelnen Mitschuldners am Entstehen der Gesamtschuld über die Höhe der Ersatzpflicht entscheide, und dass 2. keine Feststellungen getroffen worden seien, die zum Ergebnis führen könnten, dass kein Rückgriff nach Kopfteilen (§ 896 ABGB) stattzufinden habe. Damit zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
[6] Ob und in welchem Umfang ein Rückgriffsrecht entsteht, richtet sich primär nach dem besonderen Verhältnis unter den Solidarschuldnern. Dieses besondere Verhältnis kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern beruhen, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Umständen, die im konkreten Fall ein Abweichen vom Rückgriff nach Kopfteilen rechtfertigen (1 Ob 204/12z, 1 Ob 30/13p; RS0017522 [T2, T3]). Auch die Schwere des Verschuldens kommt als „besonderes Verhältnis“ nach § 896 ABGB in Betracht (2 Ob 266/98a, 1 Ob 30/13p). Die Zurechnungsgründe können dabei bei einem Gesamtschuldner so gering ausgeprägt sein, dass er im Innenverhältnis nicht zum Ausgleich heranzuziehen ist (1 Ob 30/13p; vgl zum Mitverschulden nach § 1304 ABGB RS0027202).
[7] Die Gewichtung der Zurechnungsgründe bei Festsetzung der Regressquoten hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RS0017501 [T18]). Sie wirft daher außer bei einer auffallenden Fehlbeurteilung der zweiten Instanz regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0017501 [T19]). Eine solche Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor:
[8] Es steht fest, dass der Kläger als Rechtsanwalt (langjähriger Vertrauensanwalt der Verstorbenen) alle rechtlichen und wirtschaftlichen Dinge der Privatstiftung regeln sollte. Die beiden anderen Stiftungsvorstandsmitglieder waren rechtsunkundig und sollten sich um die Verwaltung des Forstguts kümmern bzw in der Forstkanzlei tätig sein. Der Kläger war der Rechtsansicht, dass die Privatstiftung aufgrund des Umfangs der ihr zugedachten Legate Erbin sei und klärte die beiden anderen nicht über die Legatseinsetzung auf. Im Erbrechtsstreit war er auch in Rechtsfragen ihr alleiniger Ansprechpartner. Er kommunizierte ihnen, dass die Privatstiftung den Erbrechtsstreit nicht verlieren könne, worauf sie vertrauten. Er trat ihnen gegenüber (insbesondere im Hinblick auf seine Rechtsansicht) stets sehr resolut und einschüchternd auf, sodass sie die von ihm für die Privatstiftung getroffenen Entscheidungen und Handlungen im Verfahren mangels besserer Kenntnis nicht anzweifelten und mittrugen.
[9] Wenn die Vorinstanzen hier eine Sorgfaltswidrigkeit des Klägers bejahten, weil er als (emeritierter) Rechtsanwalt und zur Führung des Verlassenschaftsverfahrens für die Privatstiftung bevollmächtigter Stiftungsvorsitzender erhöhte Sorgfaltspflichten hatte und ein gewisses Risiko eines Erbrechtsstreits erkennen und der Beklagten darlegen hätte müssen, während sie für eine Haftung der Beklagten nur geringe Zurechnungsgründe im Innenverhältnis (Mitunterfertigung der Erbantrittserklärung) erkennen konnten, so ist dies nicht weiter korrekturbedürftig. Nach den Feststellungen erfolgte im Besonderen auch kein Hinweis auf die möglichen Kostenfolgen für den Fall des Unterliegens im Erbrechtsstreit, der der Beklagten erst eine valide Einschätzung über die Einlassung der Privatstiftung (iGr) in den Erbrechtsstreit ermöglicht hätte.
[10] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00008.21Y.0224.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-69557