OGH 25.06.2021, 8ObA28/21g
Rechtssatz
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Normen | |
RS0133719 | Ob eine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ vorliegt, richtet sich danach, ob eine neue Willensübereinkunft beider Vertragspartner über die Schaffung eines Konkurrenzverbots und/oder die Sanktion seiner Verletzung gegeben ist. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag. Bianca Hammer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Putz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R* K*, vertreten durch Mag. Mariella Hackl, Rechtsanwältin in Kirchbach-Zerlach, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 10.195,71 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 6 Ra 75/20a-20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Im Dienstvertrag vom wurde folgende Konkurrenzklausel vereinbart: „Dem Arbeitnehmer ist es verboten, für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses in dem Geschäftszweig des Arbeitgebers (Verpackungsmaterial und Verpackungsmaschinen) selbstständig, direkt oder indirekt als Berater noch als Vermittler noch Konsulent im unmittelbaren Wettbewerb tätig zu sein oder auf welche Art auch immer sich an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder für dieses tätig zu sein. Diese Vereinbarung ist ein wesentlicher Bestandteil für das Zustandekommen dieses Dienstverhältnisses. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer gegen die Konkurrenzklausel verstößt, ist er verpflichtet, an die Firma eine Vertragsstrafe in Höhe von 12 Monatsgehältern zu zahlen.“
[2] Das Dienstverhältnis wurde mit Auflösungsvereinbarung vom beendet, deren Punkt 4. lautet: „Ergänzung zu Punkt 11. Konkurrenzklausel des Dienstvertrags: Herrn K* ist es verboten, für die Dauer von 1 Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses in dem Geschäftszweig des Arbeitgebers (Verpackungsmaterial und Verpackungsmaschinen) selbstständig oder unselbstständig, direkt oder indirekt als Berater noch Vermittler noch Konsulent im unmittelbaren Wettbewerb tätig zu sein oder auf welche Art auch immer sich an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder für dieses tätig zu sein. Für den Fall, dass Herr K* gegen diesen Punkt verstößt, ist er verpflichtet, an die Firma eine Vertragsstrafe in Höhe von sechs Nettomonatsentgelten (inkl. Prämien, Provisionen, etc.) bei sofortiger Fälligkeit zu zahlen. Sofern im Falle des Verstoßes von Herrn K* gegen diesen Punkt (iVm Punkt 11 des Dienstvertrages) noch Abfertigungsansprüche aushaften, werden die noch nicht an Herrn K* ausbezahlten Monatsentgelte zur Gänze vom Arbeitgeber einbehalten und auf die Vertragsstrafe angerechnet.“
[3] Die Vorinstanzen verneinten, dass es sich bei Punkt 4. der Auflösungsvereinbarung um eine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ iSv Art X Abs 2 Z 10 oder 13 AngG handelt und brachten aus diesem Grund § 36 Abs 2 AngG in der – keine „Entgeltgrenze“ (statt vieler Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 [2018] § 36 AngG Rz 89 f) enthaltenden – Fassung BGBl I 2001/98 zur Anwendung. Dies bedarf keiner Korrektur:
Rechtliche Beurteilung
[4] Aus Art X Abs 2 Z 10 und 13 AngG folgt, dass § 36 AngG idF der Novelle BGBl I 2006/35 bzw der Novelle BGBl I 2015/152 nur für nach dem Inkrafttreten des jeweiligen Gesetzes „neu abgeschlossene Vereinbarungen über eine Konkurrenzklausel“ gilt. Sowohl in der Fassung der einen als auch anderen Novelle wirkt § 36 AngG demnach nicht zurück (jeweils zur erstgenannten Novelle: 9 ObA 7/08g = RIS-Justiz RS0123134; AB 1215 BlgNR 22. GP 3). Mit anderen Worten sind bereits vor dem Inkrafttreten der einen oder anderen Novelle getroffene Vereinbarungen über eine Konkurrenzklausel weiterhin nach der früheren Rechtslage zu beurteilen (idS Resch in Löschnigg,AngG10 [2016] § 36 Rz 49 f; Preyer in Kuras, Handbuch Arbeitsrecht [2021] Kap 6.6.4.1 ua).
[5] Ob eine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ im Sinne der genannten Übergangsregelungen vorliegt, ist wie die Frage, ob ein Neuerungsvertrag iSd §§ 1376 ff ABGB vorliegt (RS0032502 [T8]), stets eine solche des Einzelfalls. Die Antwort bestimmt sich danach, ob eine neue Willensübereinkunft beider Vertragspartner über die Schaffung eines Konkurrenzverbots und/oder die Sanktion seiner Verletzung gegeben ist (vgl betreffend Ausbildungskostenrückersatz 9 ObA 105/18h [Pkt 6]). Dies ist selbstredend der Fall, wenn erstmals eine Konkurrenzklausel vereinbart wird. War bereits eine Konkurrenzklausel vorhanden und wird diese unverändert in einen neuen Dienstvertrag (oder den Auflösungsvertrag) überführt, liegt in der Regel keine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ im Sinne der Übergangsregelungen vor (idS Resch in Löschnigg, AngG10 § 36 Rz 48; Wasinger, Wirksamkeitsvoraussetzungen und Grenzen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote, in Leitner/Kreiner/Wasinger, Konkurrenzklausel [2018] 8 [26]). Wird eine inhaltlich abweichende Konkurrenzklausel vereinbart, so liegt nicht automatisch ein Neuabschluss einer solchen im Sinne der Übergangsregelungen vor (so aber Wasinger aaO), sondern es ist hier zu differenzieren, ob die vorgenommenen Änderungen so massiv sind, dass sie materiell auf das Bild eines Neuabschlusses hinauslaufen (so zur Frage, was „neu abgeschlossene Pauschalentgelt-
vereinbarungen“ im Sinne der vergleichbaren Übergangsregelung des § 19 Abs 1 Z 34 AVRAG sind, Schrank, Neue Grundgehaltsangabe und All-in-Klauseln – nur bessere Transparenz? RdW 2016/29 [35]). Keine Schaffung, sondern im Gegenteil eine Reduktion einer Konkurrenzklausel liegt hingegen vor, wenn die bereits bestehende Konkurrenzklausel, sei es in Hinsicht auf das Konkurrenzverbot, sei es in Hinsicht auf die Vertragsstrafe, bloß abgemildert wird, weshalb es hier bei der Maßgeblichkeit der alten Rechtslage bleibt.
[6] Die Vorinstanzen haben zutreffend hervorgehoben, dass im Jahr 2018 die Konkurrenzklausel in Hinsicht auf die Länge des Konkurrenzverbots und die Höhe der Vertragsstrafe für den Kläger bloß abgemildert wurde. Insofern kann keine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ im Sinne der Übergangsregelungen angenommen werden. Eine Ausweitung haben die Vorinstanzen aber in vertretbarer Auslegung (vgl RS0112106) der 2002 vereinbarten Konkurrenzklausel verneint, indem sie die Ansicht vertraten, bereits diese habe sich auf eine unselbstständige Tätigkeit erstreckt, weil sie dem Kläger auch verbot, „auf welche Art auch immer sich an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder für dieses tätig zu sein“.
[7] Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität werden in der außerordentlichen Revision nicht zur Darstellung gebracht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2021:E132476 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-69434