OGH 18.03.2024, 9Ob73/23k
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofrätin und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. R*, und 2. A*, beide vertreten durch Gabler Ortner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei E* GmbH, *, vertreten durch SRG Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 160.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 221/23k-85, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 15 Cg 76/17g-78, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teile nunmehr zu lauten hat:
„1. Die aufgrund des Kaufvertrags vom 2. 11./ zur TZ * des Bezirksgerichts * erfolgte Einverleibung des Eigentumsrechts der beklagten Partei ob dem Anteil B-LNR * an der Liegenschaft EZ *, KG *, verbunden mit Wohnungseigentum an Geschäftslokal top *, Gang-WC, ist unwirksam und Zug um Zug gegen die Zahlung von je 80.000 EUR durch die klagenden Parteien zu löschen.
2. Die beklagte Partei ist gegenüber den klagenden Parteien schuldig, den unter Punkt 1. angeführten Liegenschaftsanteil spätestens gleichzeitig mit der Löschung des für sie einverleibten Eigentumsrechts in Ansehung des unter C-LNR * für die * einverleibten Höchstbetragspfandrechts lastenfrei zu stellen.“
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Der im Spruch der Entscheidung angeführte Zweitkläger ist der eingeantwortete Erbe nach der Verlassenschaft des verstorbenen ursprünglichen Zweitklägers W*.
[2] Der Erstkläger und W* waren Eigentümer der mit Wohnungseigentum verbundenen Anteile B-LNR * und B-LNR 47 * an der Liegenschaft EZ * Grundbuch *. Am unterfertigte der Erstkläger sowohl im eigenen Namen als auch im Namen von W* eine Kaufvertragsurkunde, wonach die genannten Anteile der Beklagten um 160.000 EUR verkauft wurden. In Ansehung des Anteils B-LNR 47 handelte er dabei aufgrund einer von W* am unterfertigten Vollmachtsurkunde. Der Geschäftsführer der Beklagten unterschrieb die Vertragsurkunde am . In weiterer Folge wurde das Eigentumsrecht der Beklagten ob den in Rede stehenden Anteilen einverleibt.
[3] Im Verfahren, das sich im zweiten Rechtsgang befindet, steht fest, dass der Erstkläger sowohl im Zeitpunkt der Bevollmächtigung durch den Zweitkläger als auch bei Unterfertigung der Kaufvertragsurkunde geschäftsunfähig war, sodass der Kaufvertrag unwirksam ist.
[4] Die Kläger erhoben zuletzt ein Haupt- und mehrere Eventualbegehren. Diese zielen im Wesentlichen darauf ab, die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten für unwirksam zu erklären und zu löschen, in eventu Zug um Zug gegen die Rückzahlung des Kaufpreises von 160.000 EUR; in eventu die Beklagte zur Einwilligung in die Übertragung dieser Anteile zu verpflichten, hilfsweise auch hier Zug um Zug gegen die Zahlung von 160.000 EUR; die Einverleibung des Pfandrechts für unwirksam zu erklären und zu löschen; in eventu die Beklagte zur Bewirkung der Einverleibung der Löschung dieses Pfandrechts zu verpflichten. Zur Zug-um-Zug-Einrede der Beklagten brachten die Kläger im Wesentlichen vor, dass ihnen 76.980,97 EUR zugeflossen seien. Der Erstkläger habe nur dasjenige zurückzustellen, das bei ihm noch vorhanden oder zu seinem Vorteil verwendet worden sei. Die Kaufpreiszahlung sei beim Erstkläger jedenfalls nicht mehr vorhanden und diese sei auch nicht zu seinem Vorteil verwendet worden. Der Erstkläger habe mit dem von der Beklagten bezahlten Kaufpreis jedenfalls keine Investitionen getätigt, die seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserten, insbesondere indem er keine Anschaffungen von bleibendem Wert getätigt habe bzw sich einen Aufwand erspart habe, der ihm unter sonstigen Lebensumständen auch erwachsen wäre. Da der Kaufvertrag mit schuld- und sachenrechtlicher ex tunc-Wirkung wegfalle und die Beklagte als Eigentümerin der Liegenschaft im Grundbuch zu löschen sei, sei auch die Basis für das von den Beklagten einem Kreditinstitut eingeräumte Höchstbetragspfandrecht über 180.000 EUR ex tunc weggefallen, weshalb auch dieses zu löschen sei.
[5] Die Beklagte bestritt die Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass die Löschung ihres Eigentumsrechts an den gegenständlichen Liegenschaftsanteilen nur Zug um Zug gegen Zahlung eines den Klägern tatsächlich zugeflossenen Betrags von 210.000 EUR zu erfolgen habe. Die Beweispflicht dafür, dass der auf den geschäftsunfähigen Erstkläger entfallende Betrag bei ihm weder vorhanden noch zu seinem Nutzen verwendet worden sei, treffe den Erstkläger. Zu einer Löschung der rechtswirksam eingetragenen Pfandrechte sei sie nicht verpflichtet.
[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in modifizierter Form statt und sprach aus, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an den verfahrensgegenständlichen Liegenschaftsanteilen für unwirksam erklärt werde und Zug um Zug gegen die Zahlung von 76.980,97 EUR durch die Zweitklägerin zu löschen sei (Spruchpunkt 1.). Darüber hinaus sei die Beklagte schuldig, diese Liegenschaftsanteile spätestens gleichzeitig mit der Löschung lastenfrei zu stellen (Spruchpunkt 2.).
[7] Seiner Entscheidung legte es folgende Feststellungen zugrunde: Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kaufpreis für die gegenständlichen Liegenschaftsanteile 160.000 EUR überstieg. Für die Kaufpreiszahlung wurde eine anwaltliche Treuhandabwicklung vorgenommen, wobei auf dem Treuhandkonto der Erstkläger und W* als Begünstigte eingetragen wurden. Aus dem Treuhanderlag von 160.000 EUR ist dem Erstkläger und W* nach Abzug der Immobilienertragssteuer jeweils ein Betrag von 76.980,97 EUR zugekommen.
[8] Der Erstkläger erhielt den Betrag auf sein Girokonto überwiesen und behob am 10.000 EUR, am 1.400 EUR und 14.000 EUR, am 9.600 EUR, am 6.000 EUR und 3.000 EUR, am 1. 2 .2017 1.600 EUR, am 200 EUR und 600 EUR, am 500 EUR, am 1.700 EUR und am 15.000 EUR, daher im Zeitraum bis insgesamt 63.600 EUR. Im Zeitpunkt der Klagebeantwortung im hg Parallelverfahren 15 Cg 71/17x am wies das Konto des Erstklägers 76,56 EUR auf. Es kann nicht festgestellt werden, wofür der Erstkläger den ihm zugekommenen Kaufpreisteil verwendet hat. Insbesondere kann weder festgestellt werden, dass dieser derart verwendet wurde, dass er sich in Vermögenswerten oder einer Verbesserung der Lebensumstände oder in einem sonstigen Nutzen des Erstklägers niedergeschlagen hätte, noch dass der Erstkläger mit dem ihm zugekommenen Kaufpreisteil eigene Schulden oder Schulden von ihm zuzurechnenden Unternehmen wie der D* GmbH oder der E* GmbH getilgt hat.
[9] Die Beklagte ließ auf den gegenständlichen Miteigentumsanteilen ein Pfandrecht mit einem Höchstbetrag von 180.000 EUR für die * intabulieren.
[10] Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass der Erstkläger nicht zur Rückzahlung des ihm aus dem Verkauf zugeflossenen Betrags von 76.980,97 EUR verpflichtet sei. Der Beklagten sei der Beweis, dass sich dieser Betrag in den Vermögenswerten oder in einer Verbesserung der Lebensumstände oder in einem sonstigen Nutzen des Erstklägers niedergeschlagen hätte, nicht gelungen. Der Anspruch der Beklagten auf Lastenfreistellung gründe sich auf § 877 ABGB. Da es der Beklagten obliege, wie sie diese Lastenfreistellung zu bewerkstelligen hätten, sei dem Begehren auf Lastenfreistellung in modifizierter Form stattzugeben gewesen.
[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung in dessen Spruchpunkt II.1. dahin ab, dass es die den Erstkläger betreffende Zug-um-Zug-Verpflichtung mit 3.019,03 EUR festsetzte (Spruchpunkt III.1.) und jene des Zweitbeklagten mit 80.000 EUR. Den Spruchpunkt II.2. des Ersturteils bestätigte es mit der Maßgabe, dass das von der geschuldeten Lastenfreistellung betroffene Höchstbetragspfandrecht im Spruch individualisiert wurde (Spruchpunkt III.2.). Nach der jüngeren Judikatur sei die Beklagte (der Kondiktionsgläubiger) beweispflichtig dafür, dass der Kaufpreisanteil beim Erstkläger noch vorhanden oder zu seinem Vorteil verwendet worden sei. Dieser Beweis sei der Beklagten nicht gelungen. Selbst wenn man die ältere Rechtsprechungslinie heranziehe, wonach diese Beweispflicht (unter Berücksichtigung einer Beweiserleichterung) den Geschäftsunfähigen treffe, sei dem Erstkläger dieser Beweis gelungen, weil jedenfalls nicht feststehe, dass sich das dem Erstkläger zugeflossene Geld in Vermögenswerten oder einer Verbesserung der Lebensumstände oder einem sonstigen Nutzen niedergeschlagen hätte. Beide Kläger seien jedoch bereicherungsrechtlich verpflichtet, im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags die vom Treuhänder für beide Verkäufer entrichtete Immobilienertragssteuer von je 3.019,03 EUR zurückzuzahlen. Die Verkäufer seien durch die Zahlung der Steuer von einer auf § 30b EStG beruhenden Steuerschuld befreit worden und könnten nach der ex tunc wirkenden Rückabwicklung des Kaufvertrags, die aufgrund dieses Prozesses vorzunehmen sei, gemäß § 295a BAO eine Rückerstattung dieser Steuer erwirken. Auch wenn sich der Wortlaut des Spruchs mit keinem der von den Klägern erhobenen Begehren exakt decke, sei es unzweifelhaft, dass die Kläger im Ergebnis eine derartige von den Beklagten vorzunehmende Lastenfreistellung, die sich auf § 877 ABGB gründe, anstrebten. Mit der Modifizierung des Begehrens auf Lastenfreistellung habe das Erstgericht daher nicht gegen § 405 ZPO verstoßen. Die ordentliche Revision wurde mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zugelassen.
[12] In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass die Verpflichtung zur Löschung des Eigentumsrechts Zug um Zug gegen Zahlung von 80.000 EUR durch den Erstkläger und von 80.000 EUR durch den Zweitkläger zu erfolgen habe. In eventu wurde ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.
[13] Die Kläger beantragten in ihrer vom Senat freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.
[14]
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Urteile der Vorinstanzen korrekturbedürftig sind; sie ist auch teilweise berechtigt.
[15] 1.1. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist (§ 1424 Satz 2 ABGB). Ist das Bezahlte daher noch vorhanden oder ist es zwar nicht mehr vorhanden, wurde indes zum Nutzen des Geschäftsunfähigen verwendet, dann hat die Zahlung an den Geschäftsunfähigen ausnahmsweise Tilgungswirkung. Nach der Rechtsprechung wird diese Bestimmung im Wege der Analogie auch auf Bereicherungsansprüche gegen Personen, die in ihrer Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt sind, angewendet (RS0048088 [T1]).
[16] 1.2. Wird Bereicherung eines Geschäftsunfähigen auf Grund eines mit ihm abgeschlossenen, aber ungültigen Geschäftes geltend gemacht, hat der Kläger den Eintritt der Bereicherung, der Beklagte aber zu beweisen, dass diese weggefallen sei, weil das Gut nicht mehr in seinen Händen ist oder nicht zu seinem Vorteil verwendet wurde (RS0048088; (Mair in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5 § 1424 ABGB Rz 4). Nach der Rechtsprechung verbietet es jedoch die Schwierigkeit, die Erfüllung negativer Tatbestandsvoraussetzungen nachzuweisen, vom Geschäftsunfähigen bei der Geltendmachung eines Anspruchs nach § 1424 Satz 2 ABGB den strikten Nachweis zu fordern, was vom Empfangenen nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. Es genügt die Widerlegung jener Umstände, die für die Erzielung eines Nutzens im Sinne des § 1424 Satz 2 ABGB sprechen. So könnte etwa der Beweispflicht dadurch genügt werden, dass ein großer Geldbetrag innerhalb eines kurzen Zeitraums ausgegeben wurde, ohne sich in Vermögenswerten oder einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände des Betroffenen niedergeschlagen zu haben (RS0116399; Mair in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5 § 1424 ABGB Rz 4). Von der Rechtsprechung wurde aber klargestellt, dass es sich dabei nur um eine Beweiserleichterung, nicht aber um die Umkehr der Beweislast handelt (RS0116399 [T2]). Der Geschäftsunfähige wird nur vom strikten Nachweis befreit, was vom Empfangenen nicht zu seinen Nutzen verwendet wurde (3 Ob 69/20y Pkt 2.3; (Stabentheiner/Kolbitsch-Franz in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1424 Rz 9).
[17] 1.3. Eine gegenteilige neuere Judikaturlinie liegt nicht vor. Die dem Rechtssatz RS0014647 [T2] zugrunde liegenden Entscheidungen 1 Ob 91/15m und 6 Ob 8/18x tragen diese vom Berufungsgericht vertretene Ansicht nicht. Vielmehr ergänzen sie die ständige Rechtsprechung zur Beweispflicht des Geschäftsunfähigen insofern, als der Kondiktionsgläubiger neben seiner eigenen Entreicherung auch die Begründung eines Vorteils durch die konkrete Leistung, dh, den Eintritt der Bereicherung des Geschäftsunfähigen nach den jeweiligen Umständen zur Zeit der Erbringung der Leistung, behaupten und beweisen muss. Dies wird bei Geldleistungen regelmäßig zu bejahen sein. An der Beweispflicht des Geschäftsunfähigen, dass die Bereicherung weggefallen sei, weil das Gut nicht mehr in seinen Händen ist oder nicht zu seinem Vorteil verwendet wurde, ändert dies freilich nichts.
[18] 1.4. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen ist dem Erstkläger dieser Beweis – auch unter Berücksichtigung der erwähnten Beweiserleichterung – nicht gelungen. Unstrittig ist, dass dem Erstkläger zwischen und in mehreren Teilbeträgen insgesamt 76.980,97 EUR auf sein Konto zugezählt wurde (ON 51). Nun steht zwar fest, dass der Erstkläger im Zeitraum bis insgesamt 63.600 EUR von seinem Bankkonto behob und der Kontostand am nur mehr 76,56 EUR betrug. Es steht jedoch insbesondere nicht fest, dass die innerhalb eines kurzen Zeitraums abgehobenen Geldbeträge verwendet wurden, ohne dass sie sich in Vermögenswerten oder einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände oder in einem sonstigen Nutzen des Erstklägers niedergeschlagen hätten. Die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang getroffenen negativen Feststellungen gehen daher zu Lasten des Erstklägers. Würde bereits die bloße Abhebung des Geldbetrags vom Konto des Geschäftsunfähigen eine Rückforderung unter Berücksichtigung der erwähnten Beweiserleichterung regelmäßig ausschließen, käme es faktisch zu der von der Rechtsprechung nicht gewünschten Beweislastumkehr zu Lasten des Kondiktionsgläubigers.
[19] 1.5. Der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Rückübertragung der Liegenschaftsanteile besteht gegenüber dem geschäftsunfähigen Erstkläger daher mit 80.000 EUR.
[20] 2. Zu Unrecht bekämpft die Revisionswerberin unter den Revisionsgründen des § 503 Z 1, Z 2 und Z 4 ZPO hingegen ihre Verpflichtung zur Lastenfreistellung (Spruchpunkt III.2. des Berufungsurteils).
[21] 2.1.1. Die Revisionswerberin behauptet zunächst, dass das Berufungsgericht ihren in der Berufung gerügten Verstoß des Erstgerichts gegen § 405 ZPO (hier: Zuspruch eines aliuds) nicht als berechtigt angesehen habe.
[22] 2.1.2. Nach der Rechtsprechung stellt ein Verstoß gegen § 405 ZPO eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Sinne des § 503 Z 2 ZPO dar (RS0041089 [T1]). Hat das Berufungsgericht – wie hier – einen Verstoß des Erstgerichts gegen § 405 ZPO verneint, kann er mit Revision nicht mehr angefochten werden (RS0041117).
[23] 2.2. Die Verpflichtung zur Lastenfreistellung sei nach Ansicht der Revision aber auch im Hinblick auf die Entscheidung 6 Ob 651/93 unzulässig. Danach sei eine Klärung des Schicksals der Hypothekarforderung mangels ausreichender Feststellungen über die Höhe der aushaftenden Forderung zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht möglich.
Dazu hat der Senat erwogen:
[24] 2.2.1. Gemäß § 877 ABGB hat, wer die Aufhebung eines Vertrags aus Mangel der Einwilligung verlangt, auch alles zurückzustellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erlangt hat. Stehen beiden Teilen Rückforderungsansprüche zu, so brauchen diese nur Zug um Zug erfüllt zu werden (RS0016321 [T1]). Nach § 877 ABGB besteht ein Anspruch auf Lastenfreistellung einer Liegenschaft insoweit, als die nunmehrige Belastung den Stand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses übersteigt (3 Ob 345/99b).
[25] 2.2.2. Anders als in dem der Entscheidung 6 Ob 651/93 zugrunde liegenden Sachverhalt haben im vorliegenden Fall die Kläger ihre Liegenschaftsanteile lastenfrei an die Beklagte verkauft. Es ist daher unerheblich, in welcher Höhe das von der Beklagten intabulierte Pfandrecht zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch aushaftete. Allfällige Aufwendungen der Beklagten als Kreditnehmerin im Zusammenhang mit der (teilweisen) Tilgung ihrer Verbindlichkeit vermögen keine Bereicherung der Kläger zu begründen. Die von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren behaupteten Zahlungen der Betriebskosten für den Zeitraum bis sind keine Aufwendungen, die die Beklagte für die Kläger getätigt hat. Deren Ersatz nach § 331 ABGB wurde von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren auch nie gefordert.
[26] Der Revision der Beklagten war daher teilweise Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Erstkläger zur Zug-um-Zug-Leistung in Höhe von 80.000 EUR zu verpflichten war.
[27] Da das Berufungsgericht die Kostenentscheidung gemäß § 52 ZPO vorbehalten hat, ist auch vom Obersten Gerichtshof keine Kostenentscheidung zu treffen (§ 52 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00073.23K.0415.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-67699