Verteilung einer Pensionsabfindung auf den Todesfall einer Arbeitnehmerin auf drei Jahre gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG
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RV/3100513/2024-RS1 | Eine aus Anlass des Todes eines Arbeitnehmers an die Rechtsnachfolger geleistete Pensionsabfindung kann eine Entschädigung gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 darstellen und gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 über Antrag auf drei Jahre verteilt werden. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Erbe1*** und ***Erbe2*** als Erben nach ***Erblasser***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer für 2018 mit -39.758,00 Euro festgesetzt wird.
Die Bemessungsgrundlagen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist im vorliegenden Verfahren zusammengefasst, ob die Pensionsabfindung für eine verstorbene Arbeitnehmerin eine Entschädigung gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 darstellt und der Dreijahresverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zugänglich ist.
1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen
1.1. Abgabenerklärung und -bescheid
Im Namen der Verlassenschaft nach ***Erblasser*** reichte ihr steuerlicher Vertreter am die Einkommensteuererklärung für das Todesjahr 2018 ein und beantragte gleichzeitig die Verteilung einer Pensionsabfindung in Höhe von brutto 90.326,04 € auf die Jahre 2018 bis 2020 gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988.
Nachdem die belangte Behörde zuvor am aufgrund der Bezeichnung eines nicht mehr existenten Bescheidadressaten einen Nichtbescheid erlassen hatte, führte die Behörde mit dem an die Erben als Rechtsnachfolger von ***Erblasser*** gerichteten Bescheid vom die Veranlagung zur Einkommensteuer des Jahres 2018 durch, wobei sie den Antrag auf Verteilung der Pensionsabfindung abwies. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, es liege keine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 vor, weil sich die Abfindung bereits aus der ursprünglichen Pensionszusage ergebe.
1.2. Vorangegangenes BFG-Verfahren und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Das gegenständliche Abgabenverfahren war bereits Gegenstand eines früheren Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht (Beschluss vom , RV/3100405/2020). In diesem Verfahren gelangte das Gericht zur Ansicht, dass nur gegen den Nichtbescheid vom eine (daher zurückzuweisende) Beschwerde erhoben wurde; nicht aber gegen den diesen "ersetzenden" Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom , der folglich rechtskräftig wurde.
(Grafik zum Verfahrensgang aus dem RV/3100405/2020)
Infolge dieses Beschlusses brachte die beschwerdeführende Partei (bfP) am einen Schriftsatz bei der belangten Behörde ein, der die folgenden drei Anträge enthielt:
A) Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den ESt-Bescheid 2018 vom
B) Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO; verbunden mit einer Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den ESt-Bescheid 2018 vom
C) Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist gemäß § 308 BAO, verbunden mit Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO, verbunden mit einer Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den ESt-Bescheid 2018 vom
Mit als "Zurückweisungsbescheid" bezeichneter Erledigung vom wies die belangte Behörde den Hauptantrag A) wegen Verspätung zurück.
Am gab die belangte Behörde dem Eventualantrag B) hinsichtlich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne nähere Begründung statt (Wiedereinsetzungsbescheid vom ).
1.3. Beschwerdeverfahren vor der Abgabenbehörde
In der nunmehr von der Behörde zugelassenen und als rechtzeitig erachteten Beschwerde vom führte die bfP begründend zusammengefasst aus, die aus Anlass des Todes von ***Erblasser*** geleistete Pensionsabfindung stelle eine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 dar, da sie als Ausgleich für die in Zukunft zu erwarten gewesene Firmenpension geleistet worden sei. Auch alle anderen von der Judikatur geforderten Kriterien seien erfüllt, insbesondere, dass der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wird, mindestens 7 Jahre betrage, und dass die Initiative nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sei. Auch bei der Anwendung der Dreijahresverteilung sei die im Jahr 2018 abgeführte Lohnsteuer zur Gänze in diesem Jahr anzurechnen. In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie dazu aus, es handle sich bei der gegenständlichen Pensionsabfindung gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 um Einkünfte der Rechtsnachfolger aus einer früheren nichtselbständigen Tätigkeit der Rechtsvorgängerin. Gemäß dieser Bestimmung seien solche Bezüge bei der Veranlagung der Einkommensteuer des verstorbenen Arbeitnehmers und sohin zur Gänze im Veranlagungszeitraum 2018 zu berücksichtigen. Die Dreijahresverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 würde selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen nicht in Betracht kommen, da § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 gegenüber der Verteilungsbestimmung als lex specialis anzusehen sei. Selbst wenn die Dreijahresverteilung möglich wäre, seien im Fall des Todes einer steuerpflichtigen Person während des Verteilungszeitraums alle noch offenen Teilbeträge im "letzten Veranlagungsjahr des verstorbenen Steuerpflichtigen" - sohin im Jahr seines Todes - zu erfassen, was zum selben Ergebnis führe.
Am brachte die bfP gegen diese Beschwerdevorentscheidung rechtzeitig einen Vorlageantrag ein. Darin wiederholte sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und wies insbesondere darauf hin, dass sich aus den von der Behörde angeführten Gesetzesstellen nicht ergebe, dass zwingend eine Versteuerung der gesamten Abfindung im Veranlagungsjahr des Todes der Abgabepflichtigen zu erfolgen habe.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, ohne dabei neues Vorbringen zu erstatten.
1.4. Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht
Die beantragte mündliche Verhandlung fand am statt.
Der Vertreter der bfP brachte im Rahmen der Verhandlung ergänzend vor, dass das von der Behörde argumentierte Vorliegen von nichtselbständigen Einkünften die Annahme einer Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 nicht ausschließe. Aus dem Umstand, dass in § 37 Abs. 4 Z 7 lit. a EStG 1988 betreffend die Dreijahresverteilung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ausdrücklich normiert wurde, dass der Tod des Steuerpflichtigen die Verteilung vorzeitig beendet, sei zu schließen, dass der Tod des Steuerpflichtigen im Anwendungsbereich anderer Verteilungsbestimmungen, die keine solche Regel beinhalten, keine solche Wirkung entfalte.
Die belangte Behörde wiederholte im Rahmen der Verhandlung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Die mündliche Verhandlung wurde mit dem Beschluss gemäß § 277 Abs. 4 BAO geschlossen, dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.
2. Sachverhalt
Die am xx.xx.1980 geborene ***Erblasser*** verstarb am xx.xx.2018 eines natürlichen Todes. Sie stand zu diesem Zeitpunkt seit zumindest xx.xx.2004 in einem Dienstverhältnis als leitende Angestellte (seit 2009 Prokuristin) zur ***Arbeitgeber-GmbH***, mit deren Geschäftsführer ***Arbeitgeber-GF*** sie seit xxxx verheiratet war. Ihre Erben sind die gemeinsamen, zum Entscheidungszeitpunkt noch minderjährigen Kinder ***Erbe1*** (xxxx geboren) und ***Erbe2*** (xxxx geboren). Die Einantwortung erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***BG-Ort*** vom , Gz. ***Gz***, rechtskräftig seit .
Mit xx.xx.2004 erteilte ihr die ***Arbeitgeber-GmbH*** eine "schriftliche, rechtsverbindliche und unwiderrufliche" Pensionszusage (direkte Leistungszusage nach dem Betriebspensionsgesetz), die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
"§ 3Alterspension
1. Der Begünstigten gebührt Alterspension ab Vollendung des 60. Lebensjahres, wenn sie nachweislich die Voraussetzungen für die Gewährung der gesetzlichen Alterspension erfüllt und aus den Diensten des Unternehmens ausscheidet.
2. Die monatliche Alterspension beträgt € 2.300,-. […]
3. Die Höhe der Alterspension ist mit 80 % des Aktivbezuges bzw. unter Einrechnung der gesetzlichen Pension mit 100 % des letzten Aktivbezuges limitiert.
§ 4Vorzeitige Alterspension
1. Der Begünstigten gebührt vorzeitige Alterspension, wenn sie nachweislich die Voraussetzungen für die Gewährung der vorzeitigen Alterspension gemäß §253b ASVG oder sonstiger gleichwertiger gesetzlicher Vorschriften erfüllt und aus den Diensten des Unternehmens ausscheidet.
2. Die vorzeitigte Alterspension wird versicherungstechnisch gekürzt. Sie wird lebenslang gewährt.
3. Im Falle des Ablebens der Begünstigten während des Dienstverhältnisses überträgt das Unternehmen die zu diesem Zeitpunkt gültigen Kapitalwerte aus Wertpapieren und Rückdeckungsversicherung an die Hinterbliebenen der Begünstigten."
Nach ihrem Tod leistete die ***Arbeitgeber-GmbH*** im Jahr 2018 gemäß § 4 Abs. 3 dieser Pensionszusage eine Zahlung in Höhe von 90.326,04 € an die nunmehrigen Erben.
Die Initiative für die Erteilung der gegenständlichen Zusage ging nicht von ***Erblasser*** aus; auch die tatsächliche Auszahlung wurde von ihr in keiner Weise beeinflusst.
3. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt des Aktes der Abgabenbehörde, insbesondere der Pensionszusage der ***Arbeitgeber-GmbH*** vom xx.xx.2004, den für das Jahr 2018 übermittelten Lohnzetteln sowie dem Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes ***BG-Ort*** vom , Gz. ***Gz*** und dem vom erkennenden Gericht amtswegig angefertigten historischen Firmenbuchauszug der ***Arbeitgeber-GmbH*** (FN ***FN***). Überdies wurde der festgestellte Sachverhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung besprochen und wurden dagegen keine Einwendungen vorgebracht; insbesondere bestritt die belangte Behörde auch nicht die glaubwürdig von der bfP vorgebrachten Umstände, dass die Initiative für die Erteilung der gegenständlichen Pensionszusage nicht von ***Erblasser*** ausging und sie auch eines natürlichen Todes gestorben war.
Das Gericht konnte den festgestellten Sachverhalt daher ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde legen.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Vorauszuschicken ist, dass die Behörde die Erledigung vom , mit welcher das Hauptbegehren A) zurückgewiesen wurde, in rechtswidriger Weise nicht als Beschwerdevorentscheidung, sondern als "Zurückweisungsbescheid" bezeichnet und mit einer mangelhaften Rechtsmittelbelehrung versehen hat, die zwar auf einen Bescheid, aber nicht auf eine Beschwerdevorentscheidung zutreffen würde. Liegt keine Beschwerdevorentscheidung über das Hauptbegehren A) vor, hätte dies grundsätzlich die Unzuständigkeit der Behörde zur Entscheidung über das Eventualbegehren B) sowie infolgedessen die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zur Entscheidung über die Beschwerde zur Folge (vgl. ). Aus dem Spruch der Erledigung vom und ihrer Begründung, die sich ausdrücklich auf § 260 BAO bezieht, geht jedoch eindeutig hervor, dass es sich bei dieser Erledigung tatsächlich um eine Beschwerdevorentscheidung handelt. Die fehlerhafte Bezeichnung und Rechtsmittelbelehrung bleiben somit in diesem Verfahren folgenlos.
In materieller Hinsicht wird erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 sind über Antrag Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen, wenn der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wird, mindestens sieben Jahre beträgt. Dabei ist das erste Drittel im Veranlagungsjahr anzusetzen, dem der Vorgang zuzurechnen ist.
Ein hierauf gerichteter Antrag liegt unzweifelhaft vor. Strittig ist, ob die im Jahr 2018 an die Rechtsnachfolger geleistete Zahlung in Höhe von 90.326,04 € gemäß § 4 Abs. 3 der Pensionszusage vom xx.xx.2004 eine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 darstellt und die Verteilungsregel des § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 folglich überhaupt anwendbar ist.
Pensionsabfindungen der hier gegenständlichen Art sind als "Schadensausgleich" für den Verlust eines Pensionsanwartschaftsrechtes zu werten und liegen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes. Derartige Kapitalzahlungen zur Abfindung von Pensionsansprüchen kommen daher als begünstigte Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 in Betracht (vgl. ).
Keine begünstigte Entschädigung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Schaden freiwillig herbeigeführt hat (); das ist aber insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Schaden ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen eintritt. Ein Schaden wird auch dann nicht freiwillig herbeigeführt, wenn der Steuerpflichtige mit dem Schädiger eine Vereinbarung über die Entschädigung schließt. Hierbei darf lediglich nicht die Initiative vom Steuerpflichtigen ausgehen (; , 91/14/0006).
Nach den Feststellungen ging die Initiative zur Erteilung der gegenständlichen Pensionszusage, welche die Leistung einer Abfindung im Todesfall bereits vorsah, aber nicht von der Steuerpflichtigen aus. Aufgrund des festgestellten natürlichen Todes der Steuerpflichtigen kann auch ausgeschlossen werden, dass sie das schädigende Ereignis selbst freiwillig herbeigeführt hätte. Auch der Umstand, dass die Abfindung bereits in der ursprünglichen Pensionszusage erwähnt war, hindert nicht die Einstufung als Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (Ebner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 [2024] § 32 Tz 36).
Die gegenständliche Zahlung von 90.326,04 € gemäß § 4 Abs. 3 der Pensionszusage vom xx.xx.2004 stellt folglich eine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 dar.
Dass das weitere Tatbestandmerkmal des § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, wonach der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wurde, mindestens sieben Jahre beträgt, erfüllt ist, war stets unstrittig. Es liegen daher alle Tatbestandsmerkmale des § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 vor, weshalb die Pensionsabfindung in Höhe von 90.326,04 € beginnend mit dem Jahr 2018 gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen ist. Im Jahr 2018 sind daher von der geleisteten Pensionsabfindung nur 30.108,68 € (ein Drittel des Gesamtbetrages) als Einkünfte zu erfassen.
Die im Jahr 2018 für die bfP einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer ist hingegen nicht zu verteilen, sondern zur Gänze im Jahr 2018 anzurechnen ().
Nicht gefolgt werden kann dem Argument der belangten Behörde, § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sei als lex specialis zu § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 anzusehen und schließe im vorliegenden Fall die Dreijahresverteilung aus.
§ 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 normiert zunächst, dass Einkünfte aus einer ehemaligen nichtselbständigen Tätigkeit auch beim Rechtsnachfolger Einkünfte darstellen. Zusätzlich normiert diese Bestimmung:
"Wenn nach einem verstorbenen Arbeitnehmer an dessen Rechtsnachfolger kein laufender Arbeitslohn bezahlt wird, hat die Besteuerung von Bezügen auf Grund der vom Arbeitgeber beim verstorbenen Arbeitnehmer zu beachtenden Besteuerungsmerkmale zu erfolgen. Soweit solche Bezüge in die Veranlagung einzubeziehen sind, sind sie bei der Veranlagung der Einkommensteuer des verstorbenen Arbeitnehmers zu berücksichtigen."
Wenn die Behörde argumentiert, dass die gegenständliche Pensionsabfindung Einkünfte aus (ehemaliger) nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darstellen, so ist dem vollinhaltlich zuzustimmen. Diese Bestimmung regelt aber nur, bei welchem Steuersubjekt (unter welcher Steuernummer) die Einkünfte der Rechtsnachfolger aus einer ehemaligen nichtselbständigen Tätigkeit zu erfassen sind. Daraus kann im Gegensatz zur Rechtsansicht der belangten Behörde jedoch nicht abgeleitet werden, dass die gesamten Bezüge zwingend in jenem Veranlagungsjahr berücksichtigt werden müssen, in welchem der Rechtsvorgänger verstorben ist, und eine Verteilung auf mehrere Jahre daher ausgeschlossen wäre. In diesem Zusammenhang ist der bfP auch darin zuzustimmen, dass die Bestimmungen in § 37 Abs. 4 Z 7 und 8 EStG 1988 gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde sprechen: Nach diesen Bestimmungen endet die Dreijahresverteilung bestimmter land- und forstwirtschaftlicher Einkünfte grundsätzlich mit dem Tod des Steuerpflichtigen, wobei § 37 Abs. 4 Z 8 lit. a EStG 1988 (auch im Falle des Todes eines Steuerpflichtigen) ausdrücklich die Möglichkeit einer Verteilung über mehrere nach dem Todesjahr gelegene Jahre vorsieht.
In Bezug auf die Verteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 fehlt hingegen eine vergleichbare Vorschrift, woraus zu schließen ist, dass der Tod eines Steuerpflichtigen überhaupt keine Auswirkungen auf diese Verteilung haben soll. Ansonsten hätte der Gesetzgeber - wie bei der Verteilung gemäß § 37 Abs. 4 EStG 1988 - eine entsprechende Regelung vorgesehen.
Da Entschädigungen gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 im Rahmen aller Einkunftsarten und sohin auch im Rahmen von (ehemaligen) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gezahlt werden können, besteht ferner kein Widerspruch darin, gleichzeitig § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 und § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte Einkünfte, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, überdies nicht generell, sondern nur im Falle der Besteuerung mit dem festen Steuersatz von der Dreijahresverteilung des § 37 Abs. 2 EStG 1988 ausschließen (). Dieser Fall liegt jedoch nicht vor.
Nach wie vor ungeklärt ist in diesem Zusammenhang lediglich die Frage, ob die Erfassung der übrigen Drittelbeträge (in den Veranlagungsjahren 2019 und 2020) unmittelbar bei den Erben oder unter der Steuernummer der Verstorbenen (bei den Erben als Rechtsnachfolger nach ***Erblasser***) vorzunehmen ist. Dazu vertraten das BMF und die Finanzverwaltung früher die Auffassung, die Erfassung habe unmittelbar bei den Erben zu erfolgen. Nach der Entscheidung , wonach die Erfassung bei den Erben als Rechtsnachfolger (unter der Steuernummer der verstorbenen Person) zu erfolgen habe, schlossen sich das BMF und die Finanzverwaltung dieser Ansicht an (EStR 2000 Rz 7369).
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung oder höchstgerichtliche Entscheidung existiert diesbezüglich jedoch weiterhin nicht.
Mangels Relevanz für das gegenständliche, lediglich das Veranlagungsjahr 2018 betreffende Verfahren ist diese Rechtsfrage jedoch nicht vom erkennenden Gericht zu lösen. Im Jahr 2018 ist der erste Drittelbetrag nämlich gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 jedenfalls in der Veranlagung der verstorbenen Arbeitnehmerin zu berücksichtigen. Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit erkennbar, fehlt höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Dreijahresverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 auch im Falle einer Pensionsabfindung aus Anlass des Todes eines Arbeitnehmers in Anspruch genommen werden kann. Die ordentliche Revision war daher zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100513.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
VAAAF-66205