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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 17.03.2025, RV/7102208/2019

§ 281a BAO - Keine Beschwerdevorentscheidung, weil Steuerberater über keine Zustellvollmacht verfügt hat

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerspezialist Steuerberatungs GmbH, Löwengasse 47A Tür 3, 1030 Wien, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO den Beschluss:

I. Gemäß § 281a BAO werden die Parteien davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes in gegenständlicher Beschwerdesache noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich weiter- bzw. rückgeleitet.

II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

1. Zu Spruchpunkt I.

Die Beschwerdeführerin hat vertreten durch ihre damalige steuerliche Vertretung ***ehemalige Vertretung*** eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom eingebracht. Auf der Beschwerde befand sich der Hinweis "Vollmacht ausgewiesen".

Aufgrund der Beschwerde wurde die als Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Erledigung vom an die Beschwerdeführerin zuhanden der ehemaligen steuerlichen Vertretung adressiert und die Zustellung am ehemaligen Kanzleisitz der ehemaligen steuerlichen Vertretung vorgenommen (vgl. die Erledigung vom sowie deren Rückschein).

In den Schreiben vom und vom wurde von der neuen steuerlichen Vertretung dargelegt, dass die ehemalige steuerliche Vertretung über keine Zustellvollmacht verfügt habe und daher die Beschwerdevorentscheidung noch nicht rechtswirksam zugestellt worden sei.

Beim Bundesfinanzgericht sind daher Zweifel hinsichtlich des Umfanges der Vollmacht der ***ehemalige Vertretung*** aufgetreten (vgl. ), weshalb bei der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der ehemaligen steuerlichen Vertretung (bei diesem handelt es sich auch um den Geschäftsführer der aktuellen steuerlichen Vertretung) nachgefragt wurde, ob die ***ehemalige Vertretung*** über eine Zustellvollmacht verfügt habe.

Aus der dem Bundesfinanzgericht übermittelten von der Beschwerdeführerin der ***ehemalige Vertretung*** erteilten Vollmacht geht hervor, dass die ***ehemalige Vertretung*** tatsächlich über keine Zustellvollmacht verfügt hat (Anm. die entsprechenden Stellen wurden gestrichen).

Weiters wurde durch die Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der ehemaligen steuerlichen Vertretung übereinstimmend mitgeteilt, dass das Original der als Beschwerdevorentscheidung bezeichneten Erledigung vom der Beschwerdeführerin nicht übermittelt wurde (vgl. die Stellungnahmen vom und vom ) wurde.

Rechtlich folgt daraus, dass die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom mangels Zustellvollmacht der ***ehemalige Vertretung*** nicht wirksam zugestellt wurde.

Darüber hinaus wurde die neue steuerliche Vertretung am mit der Vertretung bevollmächtigt und das Vollmachtsverhältnis zur ***ehemalige Vertretung*** beendet und auch die Abgabenbehörde vom Vertreterwechsel in Kenntnis gesetzt (vgl. die Stellungnahmen vom und vom , und Bescheid über die Akteneinsicht in automationsunterstützter Form vom ). Auch aus diesem Grund wäre selbst bei Vorliegen einer Zustellvollmacht der ehemaligen steuerlichen Vertretung keine wirksame Zustellung vorgenommen worden.

Mangels tatsächlichen Zukommens des Dokuments an die Beschwerdeführerin im Sinne des § 7 ZustG ist es auch zu keiner Heilung des Zustellmangels gekommen.

Daraus ergibt sich, dass im Beschwerdefall eine Beschwerdevorentscheidung noch nicht wirksam erlassen wurden.

Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

2. Zu Spruchpunkt II.

Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl , mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - , mwN) ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB ; , Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht ().

Belehrung und Hinweise

Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).

Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei ) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25a Abs. 3 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102208.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
OAAAF-66174