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VwGH 17.09.1997, 97/13/0014

VwGH 17.09.1997, 97/13/0014

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
In den Fällen des § 103 Abs 2 BAO ist die Abgabenbehörde nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen (gewillkürten) Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind (Hinweis B , 90/14/0003), die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird (hier § 213 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 BAO). Dies gilt auch dann, wenn ein Rechtsanwalt einschreitet. Auch dieser muß ungeachtet des Umstandes, daß die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, auf Grund des im Abgabenverfahren anzuwendenden § 103 Abs 2 BAO eine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung abgeben, ansonsten die Abgabenbehörde nicht verpflichtet ist, Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH B 1994/03/08 93/14/0174 2 (hier Umsatzsteuer betroffen)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache der W. Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 86/1/3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-96/2170/01, betreffend Festsetzung eines Verspätungszuschlages, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens liegt eine am von der Beschwerdeführerin ausgestellte Vollmacht an Rechtsanwalt Dr. Gerhard W., welche diesen im Sinne des gebräuchlichen Rechtsanwaltsvollmachtsformulares dazu bevollmächtigt, sie vor Gerichten, auch gemäß § 31 ZPO und §§ 39 ff sowie 455 StPO, vor allen anderen Behörden, auch gemäß § 26 AVG und § 83 BAO und außerbehördlich zu vertreten, Zustellungen aller Art, auch zu eigenen Handen (Postvollmacht) anzunehmen. Desgleichen liegt in den Akten eine von der Beschwerdeführerin der

P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. am ausgestellte Vollmacht, mit welcher diese Gesellschaft bevollmächtigt wird, die Beschwerdeführerin in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten und für sie Eingaben, Steuererklärungen etc. zu unterfertigen, Akteneinsicht zu nehmen, sowie alles dem Bevollmächtigten in ihrem Interesse zweckdienlich Erscheinende zu verfügen. Gleichzeitig wird die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde erklärt, welche nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen seien.

Dem nunmehr angefochtenen Bescheid liegt ein Streit zwischen der Beschwerdeführerin und der Abgabenbehörde über die Frage zugrunde, ob eine von der Beschwerdeführerin am auf dem Telefaxwege dem Finanzamt übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1995, die nach telefonischem Hinweis durch das Finanzamt von der Beschwerdeführerin am an das Finanzamt zur Post gegeben worden war, als rechtzeitig erstattet anzusehen war und das Finanzamt daher nicht zur Vorschreibung eines Verspätungszuschlages nach § 135 BAO berechtigte (Auffassung der Beschwerdeführerin) oder ob das Gegenteil zutrifft (Auffassung der belangten Behörde). Die Beschwerdeführerin hatte gegen den Verspätungszuschlag eine Berufung erhoben, welche von Rechtsanwalt Dr. Gerhard W. verfaßt und unterfertigt worden war, wobei sich im Rubrum des Berufungsschriftsatzes unter der Nennung des vertretenden Rechtsanwaltes der Vermerk findet:

"Vollmacht, einschließlich Zustellvollmacht erteilt, (nur für dieses Verfahren)."

Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard W., einen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz; auch in diesem Antrag findet sich hinsichtlich der Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes der nämliche Vermerk wie in der Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Der Berufungsbescheid ist seiner Adressierung nach an die Beschwerdeführerin zu Handen P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m. b.H. gerichtet und enthält im Kopf des Entscheidungsspruches den Hinweis auf das Bevollmächtigungsverhältnis durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard W. Der Adressierung des angefochtenen Bescheides entsprechend wurde dieser an die Beschwerdeführerin zu Handen P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. an deren Abgabestelle am durch Ausfolgung an einen Arbeitnehmer der Wirtschaftstreuhandgesellschaft zugestellt.

In der nach den vom Verwaltungsgerichtshof gepflogenen Erhebungen am zur Post gegebenen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde als dessen Zustelldatum der genannt, wovon ausgehend die Beschwerde rechtzeitig erhoben schien.

Nachdem die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf das tatsächliche Zustelldatum des angefochtenen Bescheides schon mit dem hingewiesen hatte, lud der Gerichtshof die Parteien des Verfahrens dazu ein, zur Wirksamkeit der am erfolgten Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Wirtschaftstreuhandgesellschaft ungeachtet der ausgewiesenen Vertretung der Beschwerdeführerin im Verfahren durch einen Rechtsanwalt Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde verwies unter Wiedervorlage der Akten auf die in diesen nunmehr einliegenden Vollmachten, deren Inhalten nach die Zustellung des angefochtenen Bescheides am an die P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m. b.H. nach Maßgabe der hg. Beschlüsse vom , 93/14/0174, und vom , 94/15/0110, als wirksam anzusehen sei. Die Beschwerdeführerin machte von der ihr eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung binnen der vom Gerichtshof gesetzten Frist keinen Gebrauch.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen von der belangten Behörde zitierten Beschlüssen ausgesprochen hat, ist die Abgabenbehörde in den Fällen des § 103 Abs. 2 BAO nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen gewillkürten Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird, dem Bevollmächtigten zuzustellen sind. Bei der Umsatzsteuer handelt es sich um eine solche Abgabe.

Sachverhaltsbezogen entsprach die in den Akten einliegende Vollmacht der P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. vom der Bedingung des § 103 Abs. 2 BAO, während die in den Verfahrenserklärungen des einschreitenden Rechtsanwaltes Dr. Gerhard W. erklärte Beschränkung der Zustellvollmacht "nur für dieses Verfahren" aus dem Grunde des § 103 Abs. 2 BAO als Zustellvollmacht nicht wirken konnte.

Da die Zustellung des in Beschwerde gezogenen Bescheides an die P. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. der Beschwerdeführerin gegenüber somit wirksam war und aktenkundig schon am erfolgte, erweist sich die erst am zur Post gegebene Beschwerde als außerhalb der Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG erhoben, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1997:1997130014.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-65650