VwGH 08.06.1995, 93/14/0197
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (162 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XV GP S 12) ist zu entnehmen, daß die gegenüber den sonstigen Bestimmungen des Entwurfes des Zustellgesetzes einschränkende Regelung des § 103 Abs 2 BAO im Hinblick auf die in Massen ergehenden, weitgehend unter Einsatz der EDV-Anlage des Bundesrechenamtes erstellten Erledigungen notwendig erscheint. |
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RS 2 | In den Fällen des § 103 Abs 2 BAO ist die Abgabenbehörde nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen (gewillkürten) Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind (Hinweis B , 90/14/0003), die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird (hier § 213 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 BAO). Dies gilt auch dann, wenn ein Rechtsanwalt einschreitet. Auch dieser muß ungeachtet des Umstandes, daß die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, auf Grund des im Abgabenverfahren anzuwendenden § 103 Abs 2 BAO eine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung abgeben, ansonsten die Abgabenbehörde nicht verpflichtet ist, Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 93/14/0174 B RS 2
(hier ohne Klammerausdruck am Ende des ersten Satzes;
Zustellung der angefochtenen Bescheide an den Bf wegen
Nichtvorliegens einer Erklärung des RA iSd § 103 Abs 2 BAO
hinsichtlich der Zustellbevollmächtigung; Einlangen der
angefochtenen Bescheide beim RA erst einige Tage später; Bf kann
sich hinsichtlich der Einhaltung der Beschwerdefrist nicht auf
diesen Zeitpunkt berufen). |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
93/14/0198
Betreff
Der VwGH hat in der Beschwerdesache 1) der A-GmbH in M und 2) des A in M, beide vertr durch RA Dr. H in M, gegen die Bescheide 1) der FLD für OÖ (Berufungssenat I), Zl 1/25/1-BK/F-1993 (1/26/1-BK/F-1993), betr Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtl der USt, KSt und GewSt für die Jahre 1983 bis 1986 (A-GmbH) sowie Einkommensteuer für die Jahre 1983 bis 1986 (A), und 2) der FLD für OÖ, Zl 35/1-4/F-1993, betr Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtl des Haftungs- und Zahlungsbescheides betr Kapitalertragsteuer für die Jahre 1983 bis 1986, beide vom , den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (teilweise durch den Berufungssenat als deren Organ) waren Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen worden. Die dagegen eingebrachten Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof waren ohne Erfolg geblieben (Erkenntnis vom , 91/14/0089, 0090, 0091).
Mit Eingabe vom stellten die Beschwerdeführer - vertreten durch ihren auch im nunmehrigen Beschwerdeverfahren einschreitenden Rechtsanwalt - einen Antrag auf Wiederaufnahme dieser Verfahren. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es sei den Beschwerdeführern durch die gleichzeitig vorgelegten Erklärungen (vom bzw vom ) zweier im abgeschlossenen Verfahren einvernommener Zeugen nunmehr möglich, den Nachweis zu erbringen, daß die Aussagen dieser Zeugen zum Großteil falsch gewesen seien.
Die jeweils belangte Behörde wies die Anträge mit den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen mit der Begründung ab, der Berufungssenat sei auch bei Kenntnis der nunmehr neu hervorgekommenen Beweismittel von der Richtigkeit der im abgeschlossenen Verfahren durchgeführten Beweiswürdigung überzeugt bzw es seien keine Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen, die geeignet seien, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen.
In einer dagegen am zur Post gegebenen Beschwerde wurde zunächst vorgebracht, die in Beschwerde gezogenen Bescheide "gelten erst mit als rechtswirksam zugestellt, an diesem Tag langten diese per Post in der Kanzlei unseres Rechtsanwaltes ein". Da der Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren durch einen Rechtsanwalt eingebracht worden sei, welcher sich auf die ihm erteilte Vollmacht berufen hätte, hätten die Entscheidungen diesem zugestellt werden müssen. § 8 Abs 1 RAO verdränge die bedeutend weiter gefaßte Bestimmung des § 83 Abs 1 BAO. In der Folge wurden die Beschwerdegründe ausgeführt.
In einer erstatteten Gegenschrift wurde ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien dem Zweitbeschwerdeführer nachweislich am in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Erstantragstellerin sowie als Zweitantragsteller zugestellt worden. Die entsprechenden Rückscheine, aus welchen dieses Zustelldatum hervorgeht, wurden mit den Verwaltungsakten vorgelegt. Da der belangten Behörde weder ein Zustellungsbevollmächtigter bekanntgegeben noch eine schriftliche Zustellvollmacht vorgelegt oder eine solche überhaupt behauptet worden sei, seien die Bescheide nicht dem Vertreter der Beschwerdeführer zugestellt worden. Die belangte Behörde beantragte diesbezüglich, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.
Gemäß § 103 Abs 2 BAO ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle, dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstreckt, die im Zug eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 leg cit zusammengefaßt verbucht wird.
Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (162 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XV. GP S 12) ist zu entnehmen, daß die gegenüber den sonstigen Bestimmungen des Entwurfes des Zustellgesetzes einschränkende Regelung des § 103 Abs 2 BAO im Hinblick auf die in Massen ergehenden, weitgehend unter Einsatz der EDV-Anlage des Bundesrechenamtes erstellten Erledigungen notwendig erscheint.
In den Fällen des § 103 Abs 2 BAO ist die Abgabenbehörde daher nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen (gewillkürten) Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind, die im Zuge eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird. Dies gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Rechtsanwalt einschreitet. Auch dieser muß ungeachtet des Umstandes, daß gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz RAO die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, auf Grund des im Abgabenverfahren anzuwendenden § 103 Abs 2 BAO eine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung abgeben, ansonsten die Abgabenbehörde nicht verpflichtet ist, Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen (vgl die hg Beschlüsse vom , 93/14/0174, und vom , 94/15/0110).
Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, die angefochtenen Bescheide den Rechtsvertretern der Beschwerdeführer zuzustellen, weshalb die Zustellung am rechtswirksam gewesen ist. Die Beschwerde ist daher infolge Verspätung gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1995:1993140197.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-65075