Suchen Hilfe
VwGH 24.01.1996, 93/13/0207

VwGH 24.01.1996, 93/13/0207

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
VwGG §34 Abs1;
ZustG §13 Abs4;
RS 1
Ein den Sinn des § 13 Abs 4 ZustG berücksichtigendes Verständnis führt zu dem Ergebnis, daß die Rechtmäßigkeit einer Zustellung an einen von mehreren eine Kanzleigemeinschaft bildenden Rechtsanwälten nicht davon abhängt, ob ein - nach außen gar nicht erkennbares - spezielles Vertragsverhältnis besteht. Eine Durchschnittsbetrachtung erlaubt die Annahme, daß im Zweifel jeder in einer Rechtsanwaltskanzlei anwesende Angestellte zur Entgegennahme von Schriftstücken für jeden der in Betracht kommenden Rechtsanwälte befugt ist. Der Rechtsanwalt hat nach § 13 Abs 4 ZustG die Möglichkeit, die Zustellung an bestimmte, in seiner Kanzlei tätige Angestellte durch schriftliche Erklärung gegenüber der Post auszuschließen. Damit kann er verhindern, daß an ihn adressierte Schriftstücke durch ihm gegenüber nicht vertraglich gebundene Personen, die in seinen Kanzleiräumen arbeiten, mit rechtlicher Wirksamkeit für ihn übernommen werden können (Hinweis B , 89/02/0018). Da auch ein steuerlicher Vertreter eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, ist der Bescheid an dem Tag der von einer "Angestellten des Empfängers" bestätigten Übernahme rechtswirksam zugestellt worden. Dies ungeachtet der Frage, ob es sich dabei (arbeitsvertragsrechtlich) um eine Angestellte des steuerlichen Vertreters des Abgabepflichtigen oder dessen in derselben Kanzlei tätigen Partners handelte und ungeachtet der Frage, welche der in Betracht kommenden Mitarbeiterinnen den Bescheid nun definitiv übernommen hat. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens der Sendung an den steuerlichen Vertreter des Abgabepflichtigen kommt es daher nicht mehr an.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

96/13/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl 6/3-3019/93-08, betreffend Zurückweisung einer Berufung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1) Zurückweisung der Beschwerde:

Der Beschwerdeführer erhob beim Verwaltungsgerichtshof gegen den im Spruch dieses Bescheides angeführten Bescheid Beschwerde und gab in dieser den als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides an. Bezogen auf diesen Tag war die am zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig eingebracht, sodaß der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde das Vorverfahren einleitete. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie unter Hinweis darauf, daß der angefochtene Bescheid nicht am , sondern bereits am zugestellt worden sei, die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragte.

In einer hiezu erstatteten Replik vom äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, daß von einer verspäteten Einbringung der Beschwerde keine Rede sein könne. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers erfolgt. Im Sinne des § 13 des Zustellgesetzes könne jedenfalls an Arbeitnehmer des Parteienvertreters oder aber im Sinne des § 16 des Zustellgesetzes an den Arbeitgeber des Empfängers zugestellt werden. An der Adresse des steuerlichen Vertreters befänden sich aber keine Personen, die in einem solchen Verhältnis zum steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers stünden.

Es sei daher davon auszugehen, daß Zustellungen an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers an seiner Adresse grundsätzlich nur dann wirksam seien, wenn dieser anwesend sei oder aber im Sinne des § 7 Zustellgesetz wirksam würden, wenn ihm das Schriftstück tatsächlich zugekommen sei. Es möge durchaus sein, daß der angefochtene Bescheid am - entgegen den Bestimmungen des Zustellgesetzes - an der Adresse des steuerlichen Vertreters "deponiert" worden sei, jedenfalls sei es dem steuerlichen Vertreter erst am zugekommen.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0207-7, wurde zur Prüfung der Prozeßvoraussetzungen ua angefragt, wer den angefochtenen Bescheid am übernommen und den Rückschein unterschrieben habe und aus welchen Gründen sich diese Person in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers aufgehalten habe.

Hierauf antwortete der Beschwerdeführer am , daß dies ohne Kenntnis des Rückscheines nicht definitiv gesagt werden könne. In Frage kämen Mag. R oder dessen drei damals beschäftigte Mitarbeiterinnen. Die angeführten, als Übernehmer des angefochtenen Bescheides in Frage kommenden Personen hätten sich deswegen in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers aufgehalten, weil Mag. R "dort seine eigene Kanzlei" betreibe. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer "vorsichtshalber" einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welcher jedoch keine Angaben zu seiner Rechtzeitigkeit enthielt.

Dem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Rückschein ist eine mit Unterschrift bestätigte Übernahme des Schriftstückes am zu entnehmen, wobei von den neben dem Übernahmebestätigungsfeld angeführten Varianten zur Präzisierung, von wem die Übernahme erfolgt sei, die Angabe "Arbeitnehmer des Empfängers" angekreuzt ist.

Gemäß § 13 Abs 4 Zustellgesetz ist, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden; durch Organe der Post darf an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich bei der Post verlangt hat. Die Behörde hat Angestellte des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer zuvor der Behörde schriftlich abgegebenen Erklärung des Parteienvertreters durch einen Vermerk auf der Sendung oder dem Rückschein von der Zustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

In seinem Beschluß vom , 89/02/0018, hat der Gerichtshof zu § 13 Abs 4 ZustellG ausgesprochen, daß ein den Sinn des Gesetzes berücksichtigendes Verständnis zu dem Ergebnis führt, daß die Rechtmäßigkeit einer Zustellung an einen von mehreren eine Kanzleigemeinschaft bildenden Rechtsanwälten nicht davon abhängt, ob ein - nach außen gar nicht erkennbares - spezielles Vertragsverhältnis besteht. Eine Durchschnittsbetrachtung erlaubt die Annahme, daß im Zweifel jeder in einer Rechtsanwaltskanzlei anwesende Angestellte zur Entgegennahme von Schriftstücken für jeden der in Betracht kommenden Rechtsanwälte befugt ist. Der Rechtsanwalt hat nach § 13 Abs 4 Zustellgesetz die Möglichkeit, die Zustellung an bestimmte, in seiner Kanzlei tätige Angestellte durch schriftliche Erklärung gegenüber der Post auszuschließen. Damit kann er verhindern, daß an ihn adressierte Schriftstücke durch ihm gegenüber nicht vertraglich gebundene Personen, die in seinen Kanzleiräumen arbeiten, mit rechtlicher Wirksamkeit für ihn übernommen werden können.

Da auch ein steuerlicher Vertreter eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, ist diese Ansicht auch im gegenständlichen Fall sachverhaltsbezogen mit der Wirkung von Bedeutung, daß der angefochtene Bescheid an dem Tag der von einer "Angestellten des Empfängers" bestätigten Übernahme rechtswirksam zugestellt wurde. Dies ungeachtet der Frage, ob es sich dabei (arbeitsvertragsrechtlich) um eine Angestellte des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers oder dessen in derselben Kanzlei tätigen Partners handelte und ungeachtet der Frage, welche der in Betracht kommenden Mitarbeiterinnen des Mag. R den angefochtenen Bescheid nun definitiv übernommen hat. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens der Sendung an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers kommt es daher nicht mehr an.

Ausgehend von diesem Tag, dem , erweist sich die am zur Post gegebene Beschwerde aber als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen war.

2) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch Angaben zu enthalten, die die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Antragstellung gemäß § 46 Abs 3 erster Satz VwGG ermöglichen. Das Fehlen dieser Angaben nimmt dem Wiedereinsetzungsbegehren den Charakter eines dem Gesetz entsprechenden Wiedereinsetzungsantrages. Dabei handelt es sich um einen keiner Verbesserung zugänglichen inhaltlichen Mangel, weshalb ein solcher Antrag zurückzuweisen ist (vgl den hg Beschluß vom , 95/13/0114, mwN).

Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthält solche Angaben jedoch nicht, weshalb er ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
VwGG §34 Abs1;
ZustG §13 Abs4;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1996:1993130207.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-65066