VwGH 12.10.1993, 93/07/0116
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Mit dem Begriff des Instanzenzuges ist die Vorstellung von Überordnungsverhältnissen und Unterordnungsverhältnissen von Verwaltungsbehörden verbunden, ebenso die eines Rechtsmittels, mit dem von einer oberen Instanz die Abänderung (Aufhebung) eines von einer Unterbehörde erlassenen Bescheides begehrt wird (B , VfSlg 4671/1964). Eine Entscheidung des Landeshauptmannes als Rechtsmittelbehörde liegt daher nur dann vor, wenn der Landeshauptmann über einen Bescheid einer im Instanzenzug untergeordneten Behörde entschieden hat (hier: Landeshauptmann entscheidet gemäß § 85 Abs 1 WRG als erstinstanzliche Behörde, da keine Behördeneigenschaft der Wassergenossenschaft). |
Normen | AVG §1; EGVG Art2 Abs1; EO §7 Abs4; VVG §3 Abs2; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §34 Abs1; WRG 1959 §74 Abs2; WRG 1959 §77 Abs3; WRG 1959 §84; WRG 1959 §85 Abs1; |
RS 2 | Wassergenossenschaften sind auch funktionell keine Behörden, das Gesetz sieht eine Bescheiderlassung durch Organe der Wassergenossenschaft nicht vor. Ihre Organe besorgen daher auch nicht iSd Art II Abs 1 EGVG 1950 behördliche Aufgaben. - Auch das Recht, gem § 84 WRG Rückstandsausweise auszustellen und diese mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung zu versehen, ändert daran nichts, weil es sich dabei nicht um Bescheide handelt (Hinweis E , 849/49, VwSlg 2252 A/ 1951; E , 80/54, VwSlg 3714 A/1955; E , 1250/73; E 1223/80). - Soweit die zwischen einer Wassergenossenschaft und ihrem Mitglied über einen Rückstandsausweis und seine Vollstreckbarkeit bestehenden Differenzen nicht im Rahmen der diese Verhältnisse regelnden Organisationsnormen der Genossenschaft (§ 77 Abs 3 WRG) beigelegt werden, ist für die Erledigung der Einwendungen gegen einen Exekutionstitel bzw eines Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung die Wasserrechtsbehörde zuständig; erst deren Entscheidung hat in Bescheidform zu ergehen und ermöglicht in der Folge nach Erschöpfung des verwaltungsrechtlichen Instanzenzuges die Anrufung des VwGH gem Art 131 Abs 1 B-VG. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 82/07/0003 B VwSlg 10659 A/1982 RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, in der Beschwerdesache der F-ges.mbH in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 1/01-27.311/24-1993, betreffend Wasseranschlußbeitrag, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde unter Berufung auf die §§ 81 Abs. 3 und 85 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) den Antrag der beschwerdeführenden Partei, den von der Wassergenossenschaft U. ausgestellten Rückstandsausweis vom "als verfrüht aufzuheben" und festzustellen, daß die Vorschreibung einer Anschlußgebühr erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses von 16 Wohnobjekten an die Wasserversorgungsanlage der Wassergenossenschaft U. rechtens sei, abgewiesen. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß dagegen kein ordentliches Rechtsmittel zulässig sei. Die belangte Behörde wurde dabei als Aufsichtsbehörde über die Wassergenossenschaft U. tätig.
Das WRG 1959 enthält keine Bestimmungen über den Instanzenzug in solchen Angelegenheiten; dieser richtet sich daher nach Artikel 103 Abs. 4 B-VG. Danach endet in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Instanzenzug, sofern der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hat und nicht durch Bundesgesetz ausnahmsweise aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich anderes bestimmt ist, beim Landeshauptmann; steht die Entscheidung in erster Instanz dem Landeshauptmann zu, so geht der Instanzenzug in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung, wenn nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt ist, bis zum zuständigen Bundesminister.
Mit dem Begriff des Instanzenzuges ist die Vorstellung von Über- und Unterordnungsverhältnissen von Verwaltungsbehörden verbunden, ebenso die eines Rechtsmittels, mit dem von einer oberen Instanz die Abänderung (Aufhebung) eines von einer Unterbehörde erlassenen Bescheides begehrt wird (VfSlg. 4671). Eine Entscheidung des Landeshauptmannes als Rechtsmittelbehörde liegt daher nur dann vor, wenn der Landeshauptmann über einen Bescheid einer im Instanzenzug untergeordneten Behörde entschieden hat.
Erledigungen einer Wassergenossenschaft (wie Kostenvorschreibungen, Rückstandsausweise u. dgl.) sind keine Bescheide, da Wassergenossenschaften kein Recht zur Bescheiderlassung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 07/3722/80 und vom , Zlen. 82/07/0003, 0004). Im Beschwerdefall hat der Landeshauptmann von Salzburg daher nicht als Rechtsmittelbehörde, sondern im Gründe des § 85 Abs. 1 WRG in erster Instanz entschieden. Gegen diese Entscheidung ist - ungeachtet der im Bescheid enthaltenen negativen Rechtsmittelbelehrung - die Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zulässig, sodaß der Instanzenzug nicht erschöpft ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §1; AVG §63 Abs1; B-VG Art103 Abs4; EGVG Art2 Abs1; EO §7 Abs4; VVG §3 Abs2; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §34 Abs1; VwRallg; WRG 1959 §74 Abs2; WRG 1959 §77 Abs3; WRG 1959 §84; WRG 1959 §85 Abs1; |
Schlagworte | Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Instanzenzug Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen ist Instanzenzug Zuständigkeit Allgemein Instanzenzug Zurechnung von Organhandlungen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1993:1993070116.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-65012