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VwGH 08.04.1988, 88/18/0046

VwGH 08.04.1988, 88/18/0046

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AVG §59 Abs1;
RS 1
Der Umstand, daß eine Gesetzesstelle, die für die Entscheidung allenfalls hätte maßgebend sein können, im Spruch des Bescheides nicht angeführt ist, besagt für sich allein noch nicht, daß die Entscheidung nicht auf Grund dieser Gesetzesstelle ergangen sein konnte. Es wäre immerhin denkbar, daß aus der Begründung des Bescheides oder aus dem sonstigen Akteninhalt erkennbar ist, daß sich die Behörde bei ihrer Schlußfassung tatsächlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat und deren Anführung nur aus Versehen oder aus Beweggründen, aus denen sich in der Frage des Bescheidwillens nichts ableiten läßt, unterblieben ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0739/66 E VwSlg 7051 A/1967 RS 3
Normen
KAG 1957 §3 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs2;
KAG 1957 §3 Abs4;
KAG 1957 §4 Abs1;
KAG 1957 §4 Abs2;
KAG Stmk 1957 §3 Abs1;
KAG Stmk 1957 §4 Abs4;
KAG Stmk 1957 §5 Abs1;
KAG Stmk 1957 §6 Abs2;
KAG Stmk 1957 §8 Abs3;
VwRallg Sanitätsbehördliche Genehmigung;
RS 2
Der Begriff "die sanitätsbehördliche Genehmigung" weist zahlreiche rechtliche Unklarkeiten auf. Zunächst erscheint dieser Begriff als solcher nicht im KAG. Hingegen kommt an einigen Stellen dieses Gesetzes der Begriff der "sanitären Aufsicht" vor, so im § 4 Abs 4 oder im § 8 Abs 3 Stmk KAG, wonach also der Landeshauptmann nicht aber die LReg Aufgaben der sanitären Aufsicht zu erfüllen hat. Mangels einer allgemeinen verfassungrechtlichen oder der einfachgesetzlichen Definition des Begriffes "Sanitätsbehörde, santitätsbehördlich" (Hinweis auf die ganz verschiedene Verwendung dieser Begriffe in Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts 2, Seite 561, 577, 617, 746f) kann eine "sanitätsbehördliche Genehmigung" nicht die nach § 3 Stmk KAG erforderliche Errichtungsbewilligung ersetzen.
Normen
KAG 1957 §4 Abs1;
KAG 1957 §4 Abs2;
KAG Stmk 1957 §3 Abs1;
KAG Stmk 1957 §5 Abs1;
KAG Stmk 1957 §6 Abs2;
RS 3
Auch für die Schaffung neuer Betriebsbereiche innerhalb einer Krankenanstalt ist nach den § 3 Abs 1, § 5 Abs 1 und § 6 Abs 2 und 3 Stmk KAG sowohl eine Errichtungsbewilligung als auch eine Betriebsbewilligung erforderlich. Für die Annahme, § 6 Stmk KAG regle eine "Bewilligung sui generis", bietet weder der Wortlaut dieser Bestimmung noch sein Zusammenhang mit den übrigen Gesetzesbestimmungen eine Grundlage.
Normen
AVG §52;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
RS 4
Das Bemühen, die Beweiskraft eines Gutachtens im Verfahren vor dem VwGH zu erschüttern, kann nur dann von Erfolg begleitet sein, wenn hervorkäme, daß sich das Gutachten auf einen unrichtigen oder mangelhaft erhobenen Befund gründet, in sich widerspruchsvoll ist oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0446/50 E VwSlg 3315 A/1954 RS 1
Normen
AVG §52;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
RS 5
Das Gutachten eines Amtsachverständigen kann ohne Vorlage eines Gutachtens eines privaten Sachverständigen mit der Behauptung, es widerspreche den Erfahrungen der Wissenschaft nur dann von einer Partei mit Erfolg bekämpft werden, wenn erwiesen wird, daß das Vorbringen dieser Partei selbst auf dem Niveau eines wissenschaftlichen Gutachtens steht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0353/67 E VwSlg 7615 A/1969 RS 3
Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
RS 6
Die Behörde hat sich auch mit Einwendungen gegen ein Sachverständigengutachten, dessen Schlüssigkeit im Bereiche der allgemeinen Lebenserfahrungen bekämpft wird, auseinanderzusetzen, wiewohl sich diese nicht auf gleicher wissenschaftlicher Ebene bewegen und auch nicht durch ein von der Partei selbst beigebrachtes Gegengutachten belegt wurden (Hinweis E , 353/67, VwSlg 7615 A/1969).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0985/73 E VwSlg 8556 A/1974 RS 3
Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
KAG Stmk 1957;
RS 7
Das Gesetz schreibt nicht eine räumliche Mindestgrösse eines Intensivbereiches vor. Eine räumliche Beengtheit kann daher keinen Grund zur Versagung der Bewilligung für einen Intensivbereich darstellen (hier: auch Sachverständige haben keine räumliche Mindestgröße vorgeschrieben).
Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
KAG 1957 §3 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs2;
KAG 1957 §3 Abs4;
KAG Stmk 1957 §5 Abs1;
RS 8
Ausführungen darüber, dass das Vorhandensein nur EINES Perfusors sowie die Unmöglichkeit, die Behandlungsmethoden der Peritoneal - oder Hämodialyse, der Hämoperfusion und der Blutreinigung sowie Plasmaseperationen durchzuführen, den med. Sachverständigen nicht veranlasste, Bedenken gegen die Bewilligung eines Intensivbereiches auszusprechen.
Normen
ABGB §174 Abs1;
ABGB §6;
ABGB §914;
VwRallg;
RS 9
Dem Zeitwort "erscheinen" kommt im vorliegenden Zusammenhang (hier: im Bescheid wird ausgedrückt, bestimmte festgestellte Umstände "erscheinen" ausreichend) gleiches Gewicht zu wie dem Hilfszeitwort "sein".
Normen
AVG §59 Abs1;
KAG Stmk 1957 §11 Abs1;
VwRallg;
RS 10
Handelt es sich bei der im Spruch eines Bescheides angeführten Auflage nur um eine Paraphrase eines Gesetzestextes (hier: § 11 Abs 1 Stmk KAG), so stellt die Auflage eine den zu beurteilenden Sachverhalt nur in rechtlich ungenügender Weise erfassende Leerformel dar.
Normen
KAG 1957 §8 Abs1;
KAG Stmk 1957 §11 Abs1;
RS 11
Ärztliche Hilfe ist in der Anstalt nicht jederzeit sofort gegeben, wenn nur EIN Facharzt (hier: für Anästhesieologie) zur Verfügung steht, welcher im Verhinderungsfall nicht immer durch einen gleichartig qualifizierten Arzt vertreten wird.
Normen
KAG 1957 §8 Abs1;
KAG Stmk 1957 §11 Abs1;
RS 12
Ärztliche Hilfe ist in der Anstalt auch dann jederzeit sofort erreichbar, wenn ein Arzt nicht ständig auf der Station anwesend ist, soferne er jederzeit erreichbar ist.
Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
KAG Stmk 1957;
RS 13
Es ist eine von einem med. Gutachter zu lösende Frage, ob auf einer medizinischen Intensivstation ärztliche Hilfe in Form eines Facharztes für Anästhesiologie jederzeit sofort gegeben sein muss.
Normen
ÄrzteG 1984 §2 Abs3;
KAG 1957 §8 Abs1;
KAG Stmk 1957 §11 Abs1;
RS 14
Die Begründung, dass nach entsprechender Kurzausbildung auch Turnusärzte zur Behandlung von Intensivpatienten eingesetzt werden, steht in keinem erkennbaren Widerspruch zu § 2 Abs 3 Ärztegesetz 1984, weil in keiner Weise gesagt wird, Turnusärzte hätten die Intensivpatienten selbstständig und ohne Anleitung und Aufsicht der Fachärzte zu behandeln.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Böhler, über die Beschwerde des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst, Wien III, Radetzkystraße 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 12-86 Ra 1/3-1987, betreffend Erteilung der "sanitätsbehördlichen Genehmigung" und Betriebsbewilligung für den Intensivbereich der chirurgischen und der medizinischen Abteilung des Landeskrankenhauses Bad Radkersburg (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H., Graz, Joanneumring 18), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte die Steiermärkische Landesregierung unter Berufung auf § 6 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 5 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 78/1957, in der Fassung der 8. Novelle, LGBl. Nr. 7/1986 (KALG) der mitbeteiligten Partei als Rechtsträger des Landeskrankenhauses Bad Radkersburg die sanitätsbehördliche Genehmigung und die Betriebsbewilligung für den Intensivbereich der chirurgischen Abteilung (drei Aufwachbetten und zwei Intensivbetten) und für den Intensivbereich der medizinischen Abteilung (drei Intensivbetten) des genannten Krankenhauses unter 32 Auflagen, wobei eine Erfüllungsfrist bis festgesetzt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bundesminister für Gesundheit und öffentlichen Dienst unter Berufung auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und Art. 15 Abs. 8 B-VG Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Bescheid werde seinem ganzen Umfang nach angefochten, da eine nicht der Rechtslage entsprechende Bewilligung erteilt worden sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Partei hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdelegitimation des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst ist gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gegeben, weil eine objektive Rechtsverletzung in einer Angelegenheit des Art. 12 B-VG (Vollziehung des Grundsatzgesetzes Bundesgesetz über Krankenanstalten, BGBl. Nr. 1/1957 - KAG - und des Ausführungsgesetzes des Bundeslandes Steiermark - KALG - behauptet wird und die Parteien den Bescheid im Instanzenzug nicht mehr anfechten können.

Zunächst erweist sich die unter Punkt a 3 der Beschwerde erhobene Rechtsrüge, es fehle hinsichtlich der beiden Intensivbereiche an der Errichtungsbewilligung, als gerechtfertigt.

Gemäß § 3 Abs. 1 KALG bedarf die Errichtung einer Krankenanstalt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Bewilligung der Landesregierung. Darüber hinaus bedarf nach § 5 Abs. 1 KALG der Betrieb einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung, welche unter anderem (lit. a) zu erteilen ist, wenn eine Errichtungsbewilligung nach § 3 vorliegt und die Krankenanstalt deren Bedingungen entsprechend errichtet und eingerichtet worden ist. Nach § 6 Abs. 2, zweiter Satz leg. cit. bedürfen wesentliche Veränderungen (ergänze: einer Krankenanstalt oder in einer Krankenanstalt) der Bewilligung der Landesregierung. Unter wesentlichen Veränderungen versteht § 6 Abs. 3 leg. cit. insbesondere Vorhaben zur Schaffung neuer Betriebsbereiche oder Maßnahmen zur Änderung des Umfanges der Krankenanstalt. Für den zu ändernden Teil der Krankenanstalt sind die Bestimmungen der §§ 3 bis 5a leg. cit. sinngemäß anzuwenden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Schaffung neuer Betriebsbereiche innerhalb der chirurgischen und innerhalb der medizinischen Abteilung. Da nach der letztzitierten Gesetzesstelle auch die Bestimmung des § 3 sinngemäß anzuwenden ist, ist somit sowohl eine Errichtungs- als auch eine Betriebsbewilligung erforderlich.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei, die beide die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides behaupten, vertreten in dieser Frage einander widersprechende, doch unrichtige Rechtsstandpunkte.

Der Ansicht der belangten Behörde, im Spruch des Bescheides sei "die bloße Zitierung der ohnehin rechtlich verbindlichen Gesetzesbestimmungen nicht erforderlich", ist § 59 Abs. 1 AVG 1950 entgegenzuhalten, wonach im Spruch eines Bescheides unter anderem die angewendeten Gesetzesbestimmungen anzuführen sind. Nun wäre im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 7051/A) zu erwägen, ob das Fehlen der angewendeten Gesetzesstelle im Spruch allein schon eine Rechtswidrigkeit bewirke, wenn, wie die belangte Behörde behauptet, sich die angewendete Gesetzesstelle eindeutig aus der Bescheidbegründung ergebe. Gerade letzteres kann allerdings der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Wohl läßt sich der Bescheidbegründung und dem Verwaltungsakt entnehmen, daß z.B. Anhörungsverfahren nach § 4 Abs. 2 und 3 KALG durchgeführt wurden, doch ist nicht zu übersehen, daß nach dem Wortlaut des Spruches "die sanitätsbehördliche Genehmigung" erteilt worden sein soll, welcher Begriff zahlreiche rechtliche Unklarheiten aufweist. Zunächst erscheint dieser Begriff als solcher nicht im KALG. Hingegen kommt an einigen Stellen dieses Gesetzes der Begriff der "sanitären Aufsicht" vor, so im § 4 Abs. 4 (Gutachten des Landeshauptmannes, das hiezu vom Standpunkt der sanitären Aufsicht Stellung nimmt), oder im § 8 Abs. 3 (Untersagung der Weiterführung des Betriebes einer Krankenanstalt durch den Landeshauptmann aus dem Grunde der sanitären Aufsicht), wonach also der Landeshauptmann, nicht aber die Landesregierung Aufgaben der sanitären Aufsicht zu erfüllen hat. Mangels einer allgemeinen verfassungsrechtlichen oder der einfachgesetzlichen Definition des Begriffes "Sanitätsbehörde, sanitätsbehördlich" (vgl. die ganz verschiedene Verwendung dieser Begriffe in Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2, Seite 561, 577, 617, 746 f) kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, was mit dem Begriff der sanitätsbehördlichen Genehmigung im Spruch des angefochtenen Bescheides ausgedrückt werden soll. Es kann darauf hingewiesen werden, daß auch die in der mündlichen Verhandlung vom angehörten Amtssachverständigen sich diesbezüglich einer wenig eindeutigen Diktion bedienten, wenn sie feststellten, daß "vom sicherheits- und sanitätspolizeilichen Standpunkt gegen die sanitätsbehördliche Genehmigung und Betriebsbewilligung nach § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 KALG keine Bedenken" bestünden.

Die mitbeteiligte Partei verkennt in ihrer Gegenschrift sowohl Wortlaut als auch Sinn der oben zitierten Bestimmungen des KALG über die Notwendigkeit einerseits einer Errichtungs-, andererseits einer Betriebsbewilligung, wobei die erstere nach § 5 Abs. 1 lit. a leg. cit. Voraussetzung der letzteren ist.

Für die Annahme, § 6 KALG regle eine "Bewilligung sui generis", bietet weder der Wortlaut dieser Bestimmung noch sein Zusammenhang mit den übrigen Gesetzesbestimmungen eine Grundlage. Gerade die im Abs. 1 und im Abs. 3 dieses Paragraphen enthaltene Anordnung, die Bestimmungen der §§ 3 bis 5a leg. cit. seien sinngemäß anzuwenden, bedeutet eine Rezeption dieser Bestimmungen insbesondere dahin, daß sowohl eine Errichtungs- als auch eine Betriebsbewilligung auch im Falle der Verlegung einer Krankenanstalt an einen anderen Betriebsort oder im Falle wesentlicher Veränderungen erforderlich ist.

Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid, der für die wesentliche Veränderung eine Betriebsbewilligung erteilt, obwohl eine Errichtungsbewilligung nicht vorliegt, als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dazu kommt noch, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides Feststellungen über den Bedarf i.S. des § 3 Abs. 2 lit. a KALG schlechthin fehlen.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt der Verwaltungsgerichtshof zu dem weiteren Beschwerdevorbringen wie folgt Stellung:

Zur Frage, ob die für den unmittelbaren Betrieb der Krankenanstalt erforderlichen medizinischen Apparate und technischen Einrichtungen vorhanden sind (§ 5 Abs. 1 lit. b KALG), somit zu Punkt a) 1 der Beschwerde:

Vorauszuschicken ist, daß sich der Bescheid in dieser Richtung auf die Gutachten der beiden Amtssachverständigen, eines Obersanitätsrates und eines Oberbaurates, stützt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Richtigkeit eines Sachverständigengutachtens zunächst durch den Umstand erschüttert werden, daß sich das Gutachten auf einen unrichtigen oder mangelhaft erhobenen Befund gründet, in sich widerspruchsvoll ist oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruht (vgl. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3315/A). Darüber hinaus kann das Gutachten eines Amtssachverständigen nur dann von einer Partei mit der Behauptung, es widerspreche den Erfahrungen der Wissenschaft, mit Erfolg bekämpft werden, wenn das Vorbringen der Partei selbst auf dem Niveau eines wissenschaftlichen Gutachtens steht (vgl. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 7615/A). Zum Vorbringen allerdings, ein Gutachten stehe mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Lebenserfahrungen in Widerspruch, bedarf es nicht der Vorlage eines widersprechenden Sachverständigengutachtens (vgl. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 8556/A).

Von diesen Standpunkten ausgehend, ist zu den einzelnen Rügen der Beschwerde zu sagen:

Dem Mangel eines Defibrillators ist durch Punkt 31 der Auflagen vorgebeugt, wonach für jeden der Bereiche ein solcher bis anzuschaffen war. Da weder das Gesetz noch die Gutachten der beiden Sachverständigen eine bestimmte räumliche Mindestgröße der Intensivbereiche vorschreiben, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, daß die auch im angefochtenen Bescheid (Seite 8 und 9) erwähnte räumliche Beengtheit einen Grund zur Versagung der Bewilligung darstellen würde. Auch der Umstand, daß im medizinischen Intensivbereich nur ein Perfusor zur Verfügung steht, veranlaßte den medizinischen Sachverständigen nicht, Bedenken gegen die Bewilligung auszusprechen. Das gleiche gilt für die von der Beschwerde beklagte Unmöglichkeit, die Behandlungsmethoden der Peritoneal oder Hämodialyse, der Hämoperfusion und der Blutreinigung sowie Plasmaseperationen durchzuführen. Daß die Ermöglichung solcher Vorgänge Bewilligungsvoraussetzung wäre, läßt sich dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht entnehmen.

Sofern die Beschwerde an mehreren Stellen bemängelt, der angefochtene Bescheid spreche davon, bestimmte festgestellte Umstände "erschienen" ausreichend und ränge sich nicht zur Aussage durch, sie "seien" ausreichend, so vermag der Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht des allgemeinen, manchmal auch vom Gesetzgeber eingehaltenen Sprachgebrauches (zu letzterem vergleiche z.B. § 174 Abs. 1 ABGB: "... wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und zur selbständigen und gehörigen Besorgung seiner Angelegenheiten reif erscheint" - vgl. hiezu Welser, Die Neuordnung der Geschäftsfähigkeit und ihre Problematik, Versicherungsrundschau 1973, 161, Fußnote 34) nicht zu erkennen, daß dem Zeitwort "erscheinen" im vorliegenden Zusammenhang weniger Gewicht zukomme als dem Hilfszeitwort "sein".

Zur Rüge der mangelnden Ausstattung mit Ärzten:

Gemäß § 10 Abs. 1 KALG darf der ärztliche Dienst in Krankenanstalten nur von Ärzten versehen werden, die nach den Vorschriften des Ärztegesetzes zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind. Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. muß der ärztliche Dienst so eingerichtet sein, daß ärztliche Hilfe in der Anstalt jederzeit sofort gegeben ist.

Mit Recht rügt die Beschwerde, daß die Auflage unter Punkt 15 nur eine Paraphrase des letztzitierten Gesetzestextes darstellt und somit eine den zu beurteilenden Sachverhalt nur in rechtlich ungenügender Weise erfassende Leerformel ist.

Hinsichtlich des chirurgischen Intensivbereiches findet sich in der Begründung (Seite 8) die Feststellung, der diensthabende Chirurg sowie der Anästhesist seien jederzeit erreichbar. Diese Feststellung wird jedoch durch die darauf folgende Feststellung in ihrer i.S. des § 11 Abs. 1 KALG zu verstehenden Bedeutung eingeschränkt, es stünde nur ein Facharzt für Anästhesiologie zur Verfügung, welcher im Verhinderungsfall nicht immer durch einen gleichartig qualifizierten Arzt vertreten werde. Somit ergibt sich aus diesem Teil der Bescheidbegründung der Schluß, daß ärztliche Hilfe auf dem Gebiet der Anästhesiologie eben nicht jederzeit sofort gegeben sei.

Hinsichtlich des Intensivbereiches Medizin findet sich (Seite 10) die Feststellung, es sei jederzeit ein "intensivmedizinisch ausgebildeter Arzt" erreichbar, nicht jedoch ständig auf der Station anwesend. Das entspricht der Anforderung des § 11 Abs. 1 KALG. Auf der medizinischen Intensivstation steht aber nach der Begründung des angefochtenen Bescheides kein Facharzt für Anästhesiologie zur Verfügung; es wird nicht einmal davon gesprochen, daß ein solcher wenigstens "erreichbar" sei. Ob im internmedizinischen Bereich ein solcher Facharzt i.S. des § 11 Abs. 1 KALG erforderlich ist, läßt sich dem Amtsgutachten nicht entnehmen.

Sofern die Begründung (Seite 8) ausführt, nach entsprechender Kurzausbildung würden auch Turnusärzte zur Behandlung der Intensivpatienten eingesetzt, so steht dies in keinem erkennbaren Widerspruch zu § 2 Abs. 3 des Ärztegesetzes 1984, wonach Turnusärzte lediglich zur unselbständigen Ausübung der im § 1 Abs. 2 und 3 leg. cit. umschriebenen Tätigkeiten in Krankenanstalten unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte berechtigt sind, weil in keiner Weise gesagt wird, Turnusärzte hätten die Intensivpatienten selbständig und ohne Anleitung und Aufsicht der Fachärzte zu behandeln.

Der Verwaltungsgerichtshof ist abschließend nicht der Meinung, daß die Setzung einer Frist zur Erfüllung der Auflagen dem Gesetz widerspricht; sieht doch § 18 Abs. 2 KALG die Setzung einer unerstreckbaren Frist von höchstens einem Jahr durch die Landesregierung zur Behebung von Mängeln unter der Sanktion der Zurücknahme der Betriebsbewilligung vor.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ABGB §174 Abs1;
ABGB §6;
ABGB §914;
ÄrzteG 1984 §2 Abs3;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs2;
KAG 1957 §3 Abs4;
KAG 1957 §4 Abs1;
KAG 1957 §4 Abs2;
KAG 1957 §8 Abs1;
KAG Stmk 1957 §11 Abs1;
KAG Stmk 1957 §3 Abs1;
KAG Stmk 1957 §4 Abs4;
KAG Stmk 1957 §5 Abs1;
KAG Stmk 1957 §6 Abs2;
KAG Stmk 1957 §8 Abs3;
KAG Stmk 1957;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
VwRallg Sanitätsbehördliche Genehmigung;
VwRallg;
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger
Sachverhalt Sachverständiger Gutachten
Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes Fachgebiet
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung
Begründung Begründungsmangel
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt
Anforderung an ein Gutachten
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
Gutachten Überprüfung durch VwGH
Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens
Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht
Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1988180046.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-64204