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VwGH 14.09.1988, 87/13/0248

VwGH 14.09.1988, 87/13/0248

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Eine nachhaltige Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn sie zwar nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber, jedoch längere Zeit hindurch entfaltet wird.
Normen
RS 2
Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist im Fall der Betätigung gegenüber nur einem einzigen Auftraggeber dann anzunehmen, wenn die Leistung ihrer Art nach geeignet ist, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen. Die Beratung eines Kaufhausunternehmens in Versicherungsfragen, Sortimentsfragen und Personalfragen sowie die Übernahme der Kontakte zu den maßgebenden Behörden und Politikern stellen Leistungen dar, die ihrer Art nach auch anderen Kaufhauseigentümern gegenüber erbracht werden können, sodaß das Entgelt dafür als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, über die Beschwerde des DDr. WP in W, vertreten durch Dr. Karl F. Engelhart, Rechtsanwalt in Wien III, Esteplatz 4/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/1-1008/87, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1984 und 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war von 1968 bis Juni 1984 Zentraldirektor der A. Aktiengesellschaft. Seit ist er Geschäftsführer der Firma L Gesellschaft mbH und bezieht aus dieser Tätigkeit auf Grund eines mit der X-Bank abgeschlossenen Vertrages vom Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der Firma S AG schloß der Beschwerdeführer einen Beratungsvertrag für die Zeit vom Juli 1984 bis März 1985. Diese Tätigkeit sollte sich auf Versicherungsfragen, Sortimentfragen, U-Bahnbau Meidling und Landstraße, Personalangelegenheiten und Kontakte zu den maßgebenden Wiener Behörden bzw. Politikern erstrecken. Für diese Leistungen wurde ein Pauschalhonorar von S 100.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer pro Monat vereinbart. Von der X-Bank hatte der Beschwerdeführer die Genehmigung für diese Beratungstätigkeit eingeholt.

In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1984 und 1985 gab der Beschwerdeführer unter den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Einkünfte aus dieser Beratungstätigkeit in der Höhe von S 500.000,-- bzw. S 400.000,-- an. Das Finanzamt behandelte diese Einkünfte schließlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und erließ am die Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1984 und 1985. Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin aus, ein Gewerbebetrieb liege nicht vor, weil die Nachhaltigkeit der Betätigung und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht gegeben seien. Er habe keine Wiederholungsabsicht gehabt. Es habe sich um einen einmaligen Auftrag gehandelt. Der Vertrag mit der X-Bank verbiete ihm zudem ausdrücklich jede andere Tätigkeit. Die Genehmigung des Beratungsvertrages mit der S AG sei nur ausnahmsweise und einmalig erteilt worden. Auch aus diesem Grunde sei ihm eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht möglich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Sie vertrat die Auffassung, auch dann, wenn der Steuerpflichtige für wenige oder nur für einen einzigen Auftraggeber tätig werde, liege eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor, wenn es sich um die Erbringung von Leistungen handle, die ihrer Art nach geeignet seien, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sei hingegen dann zu verneinen, wenn nach dem objektiven Erscheinungsbild der Tätigkeit der Schluß gerechtfertigt sei, daß nach dieser besonderen Tätigkeit seitens anderer Auftraggeber kein Bedarf bestehe. An den im Beratungsvertrag beschriebenen Leistungen bestehe allgemein großer Bedarf. Das im Vertrag mit der X-Bank enthaltene Wettbewerbsverbot spreche nicht gegen eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, zumal eine Genehmigung erteilt worden sei. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer nach seinem Ausscheiden aus der A Aktiengesellschaft den Beratungsvertrag geschlossen habe, sei davon auszugehen, daß objektiv gesehen Wiederholungsabsicht bestehe und somit auch das Erfordernis der Nachhaltigkeit der Betätigung erfüllt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GewStG 1953 ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Der Begriff des Gewerbebetriebes nach § 23 EStG 1972 ist somit auch für die Gewerbesteuer maßgebend. Gemäß § 23 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Beratungstätigkeit des Beschwerdeführers nachhaltig war und ob sie sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Eine nachhaltige Tätigkeit liegt vor, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden oder wenn die tatsächlichen Umstände auf den Beginn oder die Fortsetzung einer gewerblichen Tätigkeit hinweisen. Eine Tätigkeit ist somit nachhaltig, wenn sie mit der Absicht, sie zu wiederholen, ausgeführt wird; es kann jedoch „nachhaltig“ auch im Sinn von länger andauernd verstanden werden (siehe Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 1 Tz 49 bis 54; Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 23 Tz 10, und die dort jeweils zitierte hg. Judikatur). Eine längere Zeit hindurch ausgeübte Tätigkeit ist auch dann nachhaltig, wenn sie nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber erfolgt und keine Wiederholungsabsicht besteht (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zlen. 83/13/0158, 0164 und 0165). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer neun Monate hindurch auf Grund eines entsprechenden Vertrages als Berater für die S AG tätig war. Im Sinne der oben dargelegten Begriffsbestimmung ist seine Tätigkeit schon deshalb als nachhaltig und nicht bloß als gelegentlich zu qualifizieren. Auf die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensmängel brauchte nicht näher eingegangen zu werden, weil die unbestrittene Dauer der Beratungstätigkeit Beweisaufnahmen und Feststellungen zur Wiederholungsabsicht entbehrlich machte.

Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist gegeben, wenn jemand nach außen hin erkennbar am Wirtschaftsleben in Form des Güter- oder Leistungsaustausches teilnimmt. Dies setzt im allgemeinen die grundsätzliche und nach objektiven Kriterien zu beurteilende Bereitschaft voraus, die jeweilige Leistung jedermann anzubieten, der nach ihr Bedarf hat (siehe Philipp, a.a.O., Tz 60 bis 63; Hofstätter-Reichel, a.a.O., Tz 12, und die dort zitierte hg. Judikatur). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auch dann vor, wenn die Betätigung nur einem einzigen Auftraggeber gegenüber erfolgt. Voraussetzung ist aber, daß es sich dabei um die Erbringung einer Leistung handelt, die ihrer Art nach geeignet ist, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen. Keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr läge nur dann vor, wenn die Beschäftigung ihrer Natur nach nur Geschäftsbeziehungen zu einem einzigen Partner ermöglichen würde (siehe hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2286/71, vom , Zl. 1032/72, vom , Zlen. 32/79 und 3184/79, vom , Zl. 13/2814/79, vom , Zlen. 82/13/0078 und 0200, vom , Zl. 82/13/0180, und vom , Zlen. 83/13/0158, 0164 und 0165). Das muß aber im Beschwerdefall verneint werden, weil sich die vom Beschwerdeführer übernommene Beratungstätigkeit auf wesentliche unternehmerische Entscheidungen bei der Führung von Kaufhäusern bezieht, sodaß eine derartige Beratungstätigkeit ihrer Art nach auch anderen Kaufhauseigentümern gegenüber erbracht hätte werden können. An diesem Ergebnis vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das im Vertrag mit der X-Bank vom enthaltene Wettbewerbsverbot nichts zu ändern. Einschränkungen, die sich durch dauernde Bindungen an bestimmte Auftraggeber ergeben, schließen nämlich die Annahme der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht aus, wenn bei Lösung dieser Bindung andere Kunden gewonnen werden können (vgl. Philipp, a.a.O., Tz 62, und die dort zitierte hg. Judikatur).

Da der angefochtene Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Beratungstätigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1987130248.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-63351

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