VwGH 25.10.1989, 85/13/0067
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Auch in Fällen, in denen Einkünfte gem § 188 BAO einheitlich und gesondert zu ermitteln sind, ist der Abgabepflichtige verhalten, diese Einkünfte im Zuge der Einkommensteuerveranlagung zu erklären. Tut er dies nicht, weil er annimmt, das Ergebnis des Feststellungsverfahrens werde ohnedies von Amts wegen gem § 295 BAO bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sein, so verstößt er gegen seine Pflichten gem § 119 BAO, wonach er die für den Bestand und Umfang seiner Abgabepflicht bedeutsamen Umstände grundsätzlich uneingeschränkt offenzulegen hat. |
Norm | BAO §303 Abs1 litb; |
RS 2 | Ausführungen zur Frage der Wiederaufnahme eines Verfahrens bei neu hervorgekommenem Beweismittel (Bestreitung des Eigentums an durch Betriebsprüfung zugerechneten Wertpapieren). |
Entscheidungstext
Beachte
Besprechung in:
ÖStZ 1990/9, 159;
AnwBl 1990/6 S 339;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des RH in B, vertreten durch Dr. Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien I, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2- 2250/2/84, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1979 und 1980, sowie Vermögensteuer zum und zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt das Aufstellen und den Handel mit Spielautomaten. Für die Jahre 1971 bis 1980 fand bei ihm eine Betriebsprüfung statt, die zu einem steuerlichen Mehrergebnis von rund S 13,200.000,-- führte. Die Betriebsprüfung wurde vor dem 30. Juni 1982 abgeschlossen (ein genaues Datum ist weder den Verwaltungsakten noch den Schriftsätzen des Verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu entnehmen). Die betreffenden Abgabenbescheide wurden unter Rechtsmittelverzicht anerkannt.
Mit Schreiben an das Finanzamt Baden vom 11. Juli 1983 beantragte der Beschwerdeführer, die Verfahren betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1979 und 1980 sowie Vermögensteuer zum 1. Jänner der Jahre 1980 und 1981 wieder aufzunehmen. Im Zuge der seinerzeitigen Betriebsprüfung seien dem Beschwerdeführer Wertpapiere (Kassenobligationen der Girozentrale) mit einem Nominale von S 4,000.000,-- "trotz Protestes" zugerechnet worden. Dies habe als ungeklärter Vermögenszuwachs im Schätzungsweg zu einer entsprechenden Erhöhung von Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer des Beschwerdeführers geführt. Auch die Zinsen seien beim Beschwerdeführer steuerlich erfaßt worden.
Wie einem Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Gernot G. vom zu entnehmen sei, gehörten die Wertpapiere jedoch der Schweizer Firma A-AG. Es werde daher beantragt, die Schätzung unter Berücksichtigung der Tatsachen, daß die genannten Wertpapiere nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien, nochmals durchzuführen.
Dem Schreiben war ein an das Kreisgericht Wr. Neustadt gerichteter Antrag der Firma A-AG beigeschlossen, in dem "um eine bestätigende Mitteilung des Gerichtes ersucht" wurde, daß das Verfügungsrecht über das Wertpapierkonto Nr. nn bei der Sparkasse P. durch keine gerichtlichen Verfügungen beschränkt sei und "daß der für die gegenständlichen Kassenobligationen der Girozentrale im Nominale von S 4,000.000,-- erlöste Betrag samt Zinsen dem Verfügungsberechtigten ausgefolgt werden kann". Sollten aber irgendwelche gerichtlichen Verfügungsbeschränkungen bezüglich des genannten Kontos bestehen, stelle die Firma A-AG als Verfügungsberechtigte über das gegenständliche Wertpapierkonto den Antrag, diese Verfügungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben und das Verfügungsrecht der Antragstellerin anzuerkennen. Die Antragstellerin habe die Kassenobligationen mit einer Laufzeit bis am bei der Sparkasse P. erworben. Die Wertpapiere seien im Depot des genannten Kreditinstitutes verblieben. Der Kauf sei als Kassageschäft abgewickelt worden. Kopien des Einzahlungsbeleges, der beiden Kontoauszüge sowie der dazugehörigen Wertpapierkassenbons würden unter einem vorgelegt.
Mit einem weiteren Schreiben an das Finanzamt Baden ebenfalls vom ergänzte der Beschwerdeführer seinen Wiederaufnahmeantrag in bezug auf die Einkommensteuerveranlagung 1980 wie folgt:
Der Beschwerdeführer sei Miteigentümer eines Mietobjektes. Er habe die daraus erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (S 33.007,--) bisher nicht erklärt, weil er der Meinung gewesen sei, daß die Einkünfte im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung ermittelt und ohnedies gemäß § 295 BAO zu einer Folgeänderung der Einkommensteuerbescheide führen würden. Nun habe sich aber herausgestellt, daß die Miteigentumsanteile bei den übrigen Anteilseigentümern Betriebsvermögen darstellten, sodaß die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Vermietung und Verpachtung nicht einheitlich und gesondert festzustellen seien. Diese Tatsache sei dem Beschwerdeführer erst ab bekannt und müsse als Wiederaufnahmsgrund Berücksichtigung finden.
In einer Stellungnahme zu dem Wiederaufnahmeantrag teilte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes mit, daß der Beschwerdeführer seinerzeit die Wertpapiere zweifelsfrei persönlich angeschafft habe. Dies ergebe sich aus einem Aktenvermerk des Oberrevidenten Karl Sch. (Strafsachenstelle) vom über ein um 14.10 Uhr geführtes Telefonat mit dem stellvertretenden Vorstand der Sparkasse P., Herrn H. Dieser habe mitgeteilt, daß sich 3 Sparkassenangestellte erinnern könnten, daß der Beschwerdeführer als Inhaber des Wertpapierkontos in Betracht komme. Dafür spreche, daß sich Herr H. erinnern könne, daß der Beschwerdeführer sich geweigert habe, sein Geburtsdatum anzugeben. Das Losungswort "Mutter" habe der Beschwerdeführer mit Blockschrift eigenhändig geschrieben. Auch die Bankangestellten F. und A. könnten sich an die Konteneröffnung durch den Beschwerdeführer erinnern. Weiters spreche für die Eigentümerschaft des Beschwerdeführers, daß dieser im Jahr 1979 von ihm zugerechneten Sparbüchern rund S 4,2 Mio. abgehoben habe, sodaß ihm ausreichende Mittel für den Ankauf der Wertpapiere zur Verfügung gestanden seien. Schließlich habe ermittelt werden können, daß es sich bei der Firma A-AG allem Anschein nach um eine bloße "Sitzfirma" handle. Der einzige Verwaltungsrat repräsentiere am angegebenen Firmenort 10 Unternehmungen.
Das Finanzamt wies den Wiederaufnahmeantrag betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1979 und 1980, Einkommensteuer 1979 sowie Vermögensteuer zum 1. Jänner der Jahre 1980 und 1981 ab. Der Beschwerdeführer habe nicht widerlegen können, das Wertpapierkonto persönlich eröffnet zu haben. In freier Beweiswürdigung ergebe sich daraus, daß der Beschwerdeführer Eigentümer der genannten Wertpapiere sei. Auch sei die Zurechnung der Wertpapiere vom Beschwerdeführer im Zuge der Betriebsprüfung "keineswegs im besonderen bestritten" worden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Es sei unrichtig, daß die Zurechnung der Wertpapiere im Zuge der Betriebsprüfung nicht im besonderen bestritten worden sei. Vielmehr habe die Sparkasse P. betont, daß die Zurechnung "durch das Finanzamt erfolge und durch die Sparkasse nicht bestätigt werden könnte". Auch der Beschwerdeführer und sein Vertreter hätten immer wieder betont, daß das Wertpapierkonto nicht dem Beschwerdeführer gehöre. Daß der Beschwerdeführer trotzdem einen Rechtsmittelverzicht abgegeben habe, sei auf die Äußerung des Betriebsprüfers zurückzuführen, daß sonst "der Betriebsprüfungsbericht neu gerechnet und dann ganz anders aussehen würde". Wenn nun die Firma A-AG ihr Eigentum an den Wertpapieren behaupte, so stelle dies ein neu hervorgekommenes Beweismittel dar, das im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht habe geltend gemacht werden können.
In der Folge wies das Finanzamt auch den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1980 ab. Dem Beschwerdeführer sei bereits im Jahr 1980 bekannt gewesen, daß er als Miteigentümer eines Mietwohngrundstückes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe. Er sei verpflichtet gewesen, diese Einkünfte offenzulegen, gleichgültig ob sie im Wege eines Feststellungsverfahrens oder im Zuge der Einkommensteuerveranlagung zu ermitteln gewesen wären. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer erst später Kenntnis davon erlangt habe, daß ein Feststellungsverfahren zu unterbleiben hatte, stelle daher keinen Wiederaufnahmsgrund dar.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid ebenfalls Berufung. Er habe seine Beteiligung an den Mietobjekt offengelegt. Da die Miteigentümergemeinschaft durch einen Wirtschaftstreuhänder vertreten gewesen sei, habe ihn bezüglich der Einkünfte keine weitere Offenlegungs- und Wahrheitspflicht getroffen.
Das Finanzamt wies beide Berufungen mit Berufungsvorentscheidung ab. Die nichterklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung stellten keinen Wiederaufnahmsgrund dar, weil sie auf eine (möglicherweise unverschuldete) Unkenntnis von Verwaltungsvorschriften zurückzuführen sei.
Zu den erworbenen Kassenobligationen sei folgendes zu sagen:
Sie seien am (richtig wohl: ) bei der Sparkasse P. erworben und auf einem anonymen Konto deponiert worden. Die zu dem Konto gehörige Stammkarte weise in dem vom Kunden selbst auszufüllenden Teil das Geschlecht des Kunden als männlich und das Losungswort "Mutter" aus. Das für das Geburtsdatum des Kunden vorgesehene Feld weise keine Eintragung auf. Unmittelbar vor der seinerzeitigen Beschlagnahme der Karteikarten des Wertpapierkontos am habe der stellvertretende Vorstand der Sparkasse, Herr H., ein Telefongespräch mit einem Bediensteten der Steuerfahndung, Oberrevident Karl Sch. geführt. Dem darüber angefertigten Aktenvermerk sei zu entnehmen, daß sich Herr H. erinnern könne, daß der Beschwerdeführer als Inhaber des anonymen Wertpapierkontos in Betracht komme. H. habe sich insbesondere erinnern können, daß sich der Beschwerdeführer geweigert habe, sein Geburtsdatum anzugeben. Das Losungswort "Mutter" habe der Beschwerdeführer eigenhändig in Blockschrift eingesetzt. Auch zwei weiteren namentlich genannten Bankangestellten sei die Eröffnung des Kontos durch den Beschwerdeführer erinnerlich. Der Beschwerdeführer habe nicht nur das strittige Wertpapierkonto, sondern auch sein übriges unbestritten gebliebenes anonymes Vermögen mit dem Losungswort "Mutter" gesichert. Weiters sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1979 von seinen Sparbüchern rund S 4,2 Mio. abgehoben habe, sodaß ihm die Mittel für den Erwerb der Wertpapiere zur Verfügung gestanden seien. Der Vermerk in der Niederschrift vom betreffend die Beschlagnahme des Wertpapierkontos, wonach über Wunsch der Sparkasse festgehalten worden sei, daß die Zurechnung der Vermögenswerte (Wertpapiere) als Eigentum des Beschwerdeführers "auf Verantwortung der Behörde geschieht) stehe der Annahme nicht entgegen, daß die Wertpapiere dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien; die Angestellten der Sparkasse hätten damit lediglich zum Ausdruck gebracht, daß sie selbst keine derartige "Eigentumsbehauptung" aufstellen wollten. Schließlich habe festgestellt werden können, daß es sich bei der A-AG um eine reine "Domizilgesellschaft" ohne eigenen Geschäftsbetrieb handle. Außerdem sei die Gründung dieser Gesellschaft am erfolgt, also beträchtlich nach dem Zeitpunkt, zu dem die Wertpapiere erworben worden seien. Wohl habe zum Zeitpunkt des Wertpapiererwerbes eine (andere) A-AG existiert; diese sei jedoch am in "N-Treuhand AG" umbenannt worden. Am sei erneut eine Umbenennung erfolgt und zwar in "N-Holding AG".
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend brachte er unter anderem vor, daß der Aktenvermerk über das Telefongespräch eines Bediensteten der Steuerfahndungsstelle mit dem stellvertretenden Leiter der Sparkasse nicht beweiskräftig sei. Es sei durchaus möglich, daß es sich bei diesem Telefonat "um eine Falsifikation" gehandelt habe, weil gegen den Beschwerdeführer zahlreiche anonyme Anzeigen vorgelegen seien. Das Telefonat sei auch deshalb unglaubwürdig, weil der Finanzbedienstete einerseits nur mit Herrn H. gesprochen haben wollte, andererseits aber auch von Aussagen zweier anderer Sparkassenbediensteter die Rede gewesen sei. Weiters treffe es nicht zu, daß der Beschwerdeführer andere Konten, die unbestritten ihm zuzurechnen seien, mit dem Losungswort "Mutter" gesichert habe. Vielmehr habe das Losungswort "Vöslau" gelautet. Von den Sparkonten des Beschwerdeführers sei in den Jahren 1979 und 1980 kein Groschen abgehoben worden. Was die Firma A-AG anlange, so sei es durchaus möglich, daß das Eigentumsrecht an den Wertpapieren von der ursprünglichen Firma A-AG an die jetzige Firma gleichen Namens übergegangen sei, zumal es sich bei den Firmen nach Information des Beschwerdeführers um Konzerngesellschaften handle.
In einer Stellungnahme vom bestätigte Karl Sch. nochmals den Inhalt des Telefongespräches vom . Bezüglich der Identität des stellvertretenden Sparkassenvorstandes hätten keine Bedenken bestanden (und bestünden nach wie vor keine Bedenken), weil er sich im Zuge des Gespräches über verschiedene - für die Sache selbst bedeutungslose und daher nicht festgehaltene -
Details der Amtshandlungen informiert gezeigt habe. Außerdem habe am ein weiteres Telefonat mit Herrn H. stattgefunden, bei dem der Inhalt des Telefonates vom vollinhaltlich bestätigt worden sei.
Die belangte Behörde wies beide Berufungen des Beschwerdeführers ab. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Der Beschwerdeführer hat zunächst als Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht, daß er erst durch ein Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Gernot G. vom bzw. durch einen Antrag vom an das Kreisgericht Wr. Neustadt Kenntnis davon erlangt habe, wer Eigentümer jener Wertpapiere im Nominale von S 4 Mio. gewesen sei, die ihm im Zuge der Betriebsprüfung für die Jahre 1979 und 1980 gegen seinen Willen zugerechnet worden waren. Da nichts dafür spricht, daß den Beschwerdeführer ein Verschulden daran träfe, dieses Beweismittel nicht schon im abgeschlossenen Verfahren geltend gemacht zu haben, käme es in der Tat als Wiederaufnahmsgrund in Betracht, sofern die weitere gesetzliche Voraussetzung zuträfe, daß die Kenntnis von diesem Beweismittel allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die belangte Behörde bestreitet dies im Ergebnis zu Recht. Sowohl im Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Gernot G. als auch im Antrag an das Kreisgericht Wr. Neustadt wird behauptet, daß die am bestandene Firma A-AG mit Sitz in Zug die strittigen Kassenobligationen im Nominale von S 4 Mio. bei der Sparkasse P. am erworben habe. Den Feststellungen der belangten Behörde, daß diese Firma zum Zeitpunkt des Erwerbes noch nicht bestanden habe, sondern erst am gegründet worden sei, hält der Beschwerdeführer entgegen, es sei "durchaus denkbar", daß die Wertpapiere von einer anderen (später umbenannten) A- AG angeschafft worden und in der Folge auf die später gegündete A-AG übertragen worden seien. Damit wird aber der Widerspruch nicht entkräftet, wonach laut Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Gernot G. und Antrag an das Kreisgericht Wr. Neustadt seinerzeitiger Erwerber und nunmehriger angeblicher Eigentümer ident gewesen seien. Da dieser Widerspruch dem Beschwerdeführer bereits in der Berufungsvorentscheidung vorgehalten worden war, erweist sich auch die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge als unbegründet, ihm sei keine Gelegenheit geboten worden "Details hinsichtlich der Firmengeschichte der A-AG" als bloße Domizilsgesellschaft vorzubringen.
Es sprechen aber, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, noch weitere Indizien gegen die Eignung des neu hervorgekommenen Beweismittels, im Spruch anderslautende Abgabenbescheide herbeizuführen:
Laut einem Aktenvermerk des Finanzbeamten Karl Sch. vom über ein Telefongespräch mit dem Vorstandstellvertreter der Sparkasse P. Herrn H. konnten sich neben diesem noch zwei weitere Sparkassenangestellte daran erinnern, daß der Beschwerdeführer seinerzeit das Wertpapierkonto eröffnet und die Wertpapiere angeschafft hat. Insbesondere auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Angabe seines Geburtsdatums verweigerte, obwohl dieses für den Fall des Verlustes der Wertpapierkassenbons als unbedingt erforderlich angesehen wird, war dem Vorstandstellvertreter in Erinnerung geblieben. Der Beschwerdeführer hat nun nicht etwa eingewendet, er hätte die Wertpapiere im Auftrag einer dritten Person für diese erworben - eine derartige Behauptung hätte wohl auch schon im abgeschlossenen Verfahren vorgebracht werden müssen -, sondern er hat die Richtigkeit des Telefonates bzw. seines Inhaltes in Frage gestellt. Es sei nicht erwiesen, daß der Finanzbedienstete Sch. überhaupt mit dem Vorstandstellvertreter gesprochen habe; es könnte sich auch jemand für diesen ausgegeben haben, um den Beschwerdeführer anonym zu belasten. Abgesehen davon, daß diese Version an sich schon wenig wahrscheinlich ist, hat sie die belangte Behörde damit entkräftet, daß der Vorstandstellvertreter nochmals über das Telefonat befragt wurde und den Inhalt des Aktenvermerkes bestätigt hat. Die belangte Behörde konnte daher in freier Beweiswürdigung schlüssig und ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer das Wertpapierkonto eröffnet und die Wertpapiere erworben hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich Teile der Begründung der Berufungsvorentscheidung, nämlich die behauptete Abhebung von S 4,2 Mio von Sparkonten des Beschwerdeführers durch diesen und die Sicherung weiterer Konten des Beschwerdeführers mit dem Losungswort "Mutter" im zweitinstanzlichen Verfahren als unrichtig herausgestellt haben.
Ebensowenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, daß in der Niederschrift vom über die Beschlagnahmemaßnahmen bei der Sparkasse P. auf deren Wunsch festgehalten worden war, daß die Zurechnung der Wertpapiere als Eigentum des Beschwerdeführers "auf Verantwortung der Behörde geschieht". Dieser Wunsch war schon deshalb verständlich, weil aus der Sicht der Sparkasse durchaus die Möglichkeit bestanden hätte, daß der Beschwerdeführer die Wertpapiere für Rechnung einer dritten Person erworben hatte und es nicht Aufgabe der Sparkasse sein konnte, über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse an den Wertpapieren Aussagen zu treffen.
Schließlich konnte auch das Verhalten des Beschwerdeführers im abgeschlossenen Verfahren bei der Beurteilung des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Es muß nämlich als äußerst ungewöhnlich bezeichnet werden, wenn sich ein Abgabepflichtiger mit der Zurechnung von Vermögenswerten im Ausmaß von S 4 Mio. durch die Abgabenbehörde "abfindet" und einen Rechtsmittelverzicht betreffend die entsprechenden Abgabenbescheide unterschreibt, obwohl ihm diese Vermögenswerte in Wahrheit gar nicht zuzurechnen wären. Die Erklärung des Beschwerdeführers für sein diesbezügliches Verhalten, ihm sei vom Betriebsprüfer angedeutet worden, daß sonst "der Betriebsprüfungsbericht neu gerechnet und dann ganz anders aussehen würde" vermag nicht zu überzeugen. Sie gibt vielmehr Anlaß zur Vermutung, daß der Beschwerdeführer berechtigte Gründe für die Annahme hatte, weitere Ermittlungen könnten ein für ihn noch ungünstigeres Ergebnis der Betriebsprüfung zur Folge haben.
Zusammenfassend ergibt sich, daß das vom Beschwerdeführer als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachte Beweismittel nicht geeignet war, im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen.
Das zweite vom Beschwerdeführer vorgebrachte Faktum, nämlich das Unterbleiben eines Feststellungsverfahrens betreffend die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ist ebenfalls nicht geeignet, seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu begründen. Auch in Fällen, in denen Einkünfte gemäß § 188 einheitlich und gesondert zu ermitteln sind, ist der Abgabepflichtige verhalten, diese Einkünfte im Zuge der Einkommensteuerveranlagung zu erklären. Tut er dies nicht, weil er annimmt, das Ergebnis des Feststellungsverfahrens werde ohnedies von Amts wegen gemäß § 295 BAO bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sein, so verstößt er gegen seine Pflichten gemäß § 119 BAO, wonach er die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände grundsätzlich uneingeschränkt offenzulegen hat. Es kann daher keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer schuldlos gehandelt hat, wenn er die ihm bekannten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Miteigentümer einer Hausgemeinschaft dem Finanzamt im Zuge der Einkommensteuerveranlagung nicht bekannt gegeben hat. Da aber für einen tauglichen Wiederaufnahmeantrag Voraussetzung ist, daß die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet. Sie war daher in ihrer Gesamtheit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1985130067.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-61928