VwGH 19.03.1984, 81/08/0061
VwGH 19.03.1984, 81/08/0061
Rechtssätze
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RS 1 | Beruht die Beschäftigung einer Person auf einer vertraglichen Verpflichtung, so hängt die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger gegenüber jener persönlichen Unabhängigkeit überwiegen, davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der rechtlichen Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. |
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RS 2 | Dass durch diese Beschäftigung nur ein geringer Teil der einer Person an sich zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch genommen wird, schließt die persönliche Abhängigkeit dieser Person während dieser und durch diese Beschäftigung nicht von vornherein aus. |
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RS 3 | Unterscheidungskräftige Kriterien der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre Beschäftigung sind nur ihre Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. |
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RS 4 | Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch die an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein. |
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RS 5 | Es kommt nicht auf das Zugeständnis der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, sondern auf ihr objektives Vorliegen an. |
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RS 6 | Zur Beurteilung der nebenberuflichen Tätigkeit einer Person als Kursleiter an einer Volkshochschule (vor der 37.Nov BGBl Nr 588/1981) unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Abhängigkeit: a) Weder die mangelnde Verpflichtung der Vertragspartner oder zumindest eines Vertragspartners noch eine einvernehmliche Festlegung der Arbeitsbedingungen im Vertrag vermag die persönliche Abhängigkeit der auf Grund dieses Vertrages unter den vereinbarten Bedingungen beschäftigten Person auszuschließen. b) Obwohl das Fehlen grundsätzlicher persönlicher Arbeitspflicht, also die Berechtigung, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte verrichten zu lassen, der persönliche Abhängigkeit ausschließt, indiziert die selbst auf längere Zeit übernommene Verpflichtung, die vereinbarten Dienstleistungen persönlich zu erbringen, nicht notwendig die persönliche Abhängigkeit. c) Irrelevant ist, dass der Kursleiter seine Vortragstätigkeit auch ohne Zuhilfenahme der Organisation der Volkshochschule hätte erbringen können, wenn er sie tatsächlich - der Vereinbarung entsprechend - mit Hilfe dieser Organisation erbracht hat. Es ist auch unmaßgeblich, ob es dem Arbeitsempfänger um die Gewinnerzielung oder ausschließlich um andere Betriebszwecke geht. Schließlich kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitsempfänger auf die Tätigkeit einer Person "angewiesen" ist, d.h. dass er den Betriebszweck nur durch ihre Heranziehung erreichen kann. d) Selbst längerfristige Bindungen einer Person an Arbeitsort und Arbeitszeit indizieren allerdings nicht notwendigerweise ihre persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger; solche Bindungen können auch aus anderen, die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten nicht ausschließenden Gründen, wie z.B. aus pädagogischen Gründen, aus Gründen der Betriebssicherheit oder aus der bloßen Art der übernommenen Arbeitsaufgabe (also auf Grund von Sachzwängen), erfließen. Solche Bindungen erweisen nur dann eine persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, wenn sie Ausfluss einer auf längere Zeit übernommenen Verpflichtung zur Arbeitsleistung sind, die ein Kontrollrecht des Arbeitsempfängers in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeit in sich schließt und deren Nichteinhaltung einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen (disziplinäre Verantwortlichkeit) darstellt. Schuldet hingegen eine Person nicht Arbeitsleistungen an sich, sondern nur einen Arbeitserfolg (ein Werk), zu dessen Vollbringung sie sich aber in einen Betrieb durch Beachtung des Betriebsortes und der Betriebszeiten eingliedern muss, oder ist sie zwar zur Erbringung regelmäßiger Dienstleistungen verpflichtet, kann sie aber ohne rechtliche Sanktionen jederzeit die Erbringung einzelner in der Gesamtverpflichtung gedeckter Leistungen ablehnen, sodass die Nichteinhaltung bestimmter Arbeitszeiten keine unmittelbare Vertragsverletzung darstellt, so besteht keine persönliche Abhängigkeit. e) Die persönliche Abhängigkeit eines Kursleiters an einer Volkshochschule ist zu bejahen, der auf Grund der getroffenen Kursvereinbarung durch jeweils längere Zeiträume zur Erbringung bestimmter Arbeitsleistungen (und nicht etwa eines jeweils abgeschlossenen Arbeitserfolges) unter Einhaltung bestimmter Arbeitszeiten an bestimmten Arbeitsorten verpflichtet war, ohne die Erbringung der einzelnen übernommenen Leistungen grundsätzlich nach eigenem Gutdünken ablehnen oder abändern zu dürfen und in bezug auf dessen Tätigkeit der Volkshochschule ein Kontrollrecht mit der letztlichen Konsequenz einer vorzeitigen Absetzung des Kurses und damit einer vorzeitigen Beendigung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses im Falle der Nichteinhaltung oder der nicht entsprechenden Ausführung der übernommenen Arbeitspflicht zustand. |
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RS 7 | Die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Person darf nicht mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein des Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gleichgesetzt werden. Sie ist vielmehr bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. |
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RS 8 | Ein Kursleiter an einer Volkshochschule, der seine vereinbarte Beschäftigung in der Eingliederung in den Betrieb der Volkshochschule, über dessen organisatorische Einrichtungen und Betriebsmittel ihm keine Verfügungsmacht zusteht, ausübt, ist demnach von der Volkshochschule auch wirtschaftlich abhängig, selbst wenn er die wichtigsten Lehrbehelfe selbst beistellt. |
Entscheidungstext
Kein Text vorhanden
Zusatzinformationen
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Sammlungsnummer | VwSlg 11361 A/1984 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1984:1981080061.X01 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-59578