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VwGH 25.11.1954, 3077/52

VwGH 25.11.1954, 3077/52

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Zuwendungen an Religionsgemeinschaften sind von der Erbschaftssteuer nicht befreit. Wenn die Empfängerin nicht ausschließlich mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgt, sondern wie eine israelitische Kultusgemeinde auch die Abhaltung des Gottesdienstes und die Erteilung des

Religionsunterrichtes zur Aufgabe hat, unterliegt sie auch nicht bloß dem ermäßigten Steuersatz. -

Die Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 6 ErbStG ist auf den Fall nicht anwendbar, daß der Vorerbe den Gegenstand der Nachbarschaft dem Nacherben zugleich mit anderen Vermögensgegenständen auf Grund eines einheitlichen Vertrages gegen Entgelt überläßt. -

Die Übertragung eines Vermögensgegenstandes gegen Leibrente kann keine Schenkungssteuerpflicht begründen, wenn nicht die Umstände des einzelnen Falles erkennen lassen, daß die Leistung und

Gegenleistung in einem Mißverhältnis stehen müssen.

Zur Ermittlung der Bereicherung, nach der die Schenkungsteuer bei einer freigebigen Zuwendung zu bemessen ist, sind auch nachträgliche Erhöhungen der Gegenleistung zu berücksichtigen.
Normen
RS 2
Auf die Bemessung der Grunderwerbsteuer ist der sogenannte Urkundengrundsatz des § 17 GebG NICHT anzuwenden.
Norm
RS 3
Die Übertragung einer Liegenschaft gegen Leibrente kann für die Bemessung der Grunderwerbsteuer zum Teil als unentgeltlich zu behandeln sein.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller als Vorsitzenden und die Räte Dr. Ondraczek, Dr.Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der I K gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , GV 21-125/7-111-1952, betreffend Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

B B war Eigentümerin mehrerer Häuser in Graz, nämlich der Liegenschaften E.Z. A und B Grundbuch L, E.Z. C, Grundbuch Gr und E.Z. D, Grundbuch I; von diesen Liegenschaften hatte sie im Jahre 1937 von ihrem vorverstorbenen Ehegatten je einen Hälfteanteil der Liegenschaften E.Z. D, Grundbuch I, E.Z. A, Grundbuch L und E.Z. C, Grundbuch G, mit der Beschränkung durch eine fideikommissarische Substitution geerbt, derzufolge nach ihrem Ableben diese drei Liegenschaftshälften je zu einer Hälfte, also je zu einem Viertelanteile der ganzen Liegenschaft an die G K und an den I F in G übergehen sollten. Die genannten Liegenschaften wurden ihr während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft entzogen, in der Folge aber auf Grund der Rückstellungsgesetze wieder zurückgestellt. Nach der Rückstellung verkaufte sie die Liegenschaft E.Z. D, Grundbuch I, - wie sich aus den Akten ergibt durch Vermittlung der Beschwerdeführerin - um den Preis von 65.000 S.

Am hat Frau B (in der Folge Veräusserin genannt) mit der Beschwerdeführerin einen schriftlichen Leibrentenvertrag geschlossen. Sie übertrug ihr die Liegenschaft E.Z. A und B Grundbuch L und E.Z. C, Grundbuch G, ins Eigentum - Einheitswert dieser Liegenschaften: 220.400 S und überliess ihr auch den Kaufpreis, der für die Liegenschaft E.Z. D, Grundbuch I, erzielt worden war. Die Veräusserin erklärte, sie habe sich zu diesem Schritt „im Sinne der seinerzeitigen Widmung ihres Ehegatten .... und im Sinne des von ihm im Testament ausgesprochenen Wunsches, dass auch die ihr nicht im Erbwege zugefallenen Realitäten nach ihrem Tode jüdischen Korporationen zufallen“, entschlossen. Die Beschwerdeführerin übernahm als Entgelt die Bezahlung einer monatlichen Rente von 1200 S, die wertgesichert wurde; ferner die Bezahlung der Einkommensteuer und der Vermögensteuer für diesen Rentenbezug. Ihr wurde das Recht eingeräumt, zur Gewinnung der Mittel zur Bezahlung der Leibrente die Liegenschaften zu verkaufen, aber auch nach ihrer Wahl bei einer Versicherungsgesellschaft einen Leibrentenvertrag zugunsten der Veräusserin abzuschliessen, der dieser die gleichen Rechte wie der vorliegende Leibrentenvertrag sichere. Wenn aber zur Beschaffung des für die Leibrentenverpflichtung erforderlichen Kapitals nicht die Veräusserung aller Häuser erforderlich sei, solle die Beschwerdeführerin verpflichtet sein, die nicht in Anspruch genommenen Häuser (mit Ausnahme der fideikommissarisch den jüdischen Wohltätigkeitsvereinen gewidmeten) der Veräusserin zurückzuübertragen. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz ermittelte die aus dieser Vereinbarung sich ergebende Gegenleistung der Beschwerdeführerin auf Grund des § 16 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes vom , D.RGBl. I S. 1035 mit Rücksicht auf das Alter der Veräusserin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (72 Jahre) mit dem 7,5 fachen der Leibrente samt der darauf entfallenden Einkommensteuer zuzüglich übernommener Hypotheken (die es mit 50.000 S bewertete) mit dem Gesamtbetrage von 166.700 S. Es teilte diese Gegenleistung auf die Liegenschaften und auf den Barbetrag von 65.000 S verhältnismässig auf und ermittelte so die Bemessungsgrundlage für einen seiner Ansicht nach entgeltlichen und einen seiner Ansicht nach unentgeltlichen Teil der Grundstücksübertragung und belegte den entgeltlichen Teil mit einer Grunderwerbsteuer von 8 %, den unentgeltlichen Teil mit einer solchen von 3 %. Von dem seiner Ansicht nach entgeltlichen Teil der Überlassung der 65.000 S (das waren seiner Berechnung nach 32.224 S) schrieb es eine 2 %ige Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 Tarifpost 17 Z. 4 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 184/1946, GG.). vor. Schliesslich stellte es die Summe der Einheitswerte der Liegenschaften und des Barbetrages (insgesamt 285.400 S) der Gegenleistung von 166.700 S gegenüber und schrieb es vom Unterschiedsbetrage von 118.700 S eine 26 %ige Erbschaftsteuer nach Steuerklasse V des § 9 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG.) vor.

Die Beschwerdeführerin bestritt in der gegen die Festsetzung der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer erhobenen Berufung, dass eine Schenkung vorliege. Der Leibrentenvertrag sei nach der Systematik des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches nicht eine Schenkung, sondern ein Glücksvertrag; eine etwa nach den Wertungsgrundsätzen des Steuerrechtes ermittelte Mehrleistung sei also nicht als Schenkung aufzufassen. Aber auch eine Mehrleistung liege steuerlich nicht vor. Die Beschwerdeführerin verwies auf Eingaben vom 24. Jänner und , wonach sie sich in Zusatzverträgen noch zu einer Reihe anderer Leistungen habe verpflichten müssen. Diese hätten in der Bezahlung eines Barbetrages von 10.000 S, in der Zahlung einer Vermögensabgabe von 43.815 S, in der Entrichtung des Besatzungskostenbeitrages vom Einkommen, in der Zahlung rückständiger Vermögensteuern (2662 S), in der Übernahme einer Schuld für geleistete Ziegelabfuhr (2.500 S) und in den Kosten für die Überführung der Leiche der Veräusserin von Wien nach Graz nach ihrem Ableben in der Höhe von 2.200 S bestanden. Selbst wenn bei Zurechnung dieser weiteren Belastungen noch ein Mehrbetrag übrigbleibe, könne dieser Mehrbetrag mit Rücksicht auf die im Vertrag ausgesprochene Rückgabeverpflichtung nicht als Schenkung angesehen werden. Ausserdem sei eines der übertragenen Häuser bombenbeschädigt, seien die Häuser ertragslos und habe sich im Jahre 1939 bei zwei der Häuser ein Verlust (35.376 S) ergeben. Eine Schenkung bei schon durch das Bestehen einer fidelkommissarischen Substitution zugunsten des I F - des Rechtsnachfolgers des Wohltätigkeitsvereines - ausgeschlossen.

Das zeitlich beschränkte Eigentum sei in seinen Auswirkungen als Fruchtgenussrecht anzusehen und dieses Fruchtgenussrecht sei durch die Gegenleistung der Beschwerdeführerin mindestens aufgewogen. Sie begehrte, von der Vorschreibung einer Erbschaftsteuer abzusehen und die Grunderwerbsteuer entsprechend herabzusetzen.

Die Finanzlandesdirektion wies nach ergänzenden Erhebungen die Beschwerde mit Bescheid vom als unbegründet ab. Sie führte aus, dass die Beschwerdeführerin, da Leistung und Gegenleistung der beiden Vertragsteile zueinander in einem Missverhältnis stehen, zum Teil auf Kosten der Veräusserin „unentgeltlich bereichert“ worden sei. Diese teilweise unentgeltliche Überlassung sei auf ein Testament des vorverstorbenen Ehegatten der Veräusserin zurückzuführen, demzufolge die Hälfte mehrerer Liegenschaften nach dem Tode der Veräusserin zu gleichen Teilen an zwei israelitische Vereine überzugehen habe. Es könne nicht bezweifelt werden, dass diese Anordnung eine letztwillige Verfügung ist, die im Falle des Ablebens der Veräusserin hinsichtlich des in diesem Zeitpunkt vorhandenen Vermögens der Erbschaftsteuer unterlegen wäre; wenn die Veräusserin dieser Verfügung vorgegriffen habe, so bedeute dies im Enderfolg dasselbe. Hinsichtlich des Mehrwertes, - d. i. des die Gegenleistung übersteigenden Wertes - sei demnach eine Schenkung anzunehmen. Auf die Anordnung des Vertrages über eine allfällige Rückgabeverpflichtung der Beschwerdeführerin hinsichtlich eines Teiles der Liegenschaften müsse nicht Bedacht genommen werden, weil es sich hier um eine alllösende Bedingung handle. Komme es tatsächlich zu einer teilweisen Rückübertragung des übergebenen Vermögens, so könne im gegebenen Fall gemäss § 17 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (vom , D.RGBl. I S. 585, GrEStG.) eine Erstattung gewährt werden; darüber sei aber derzeit nicht zu entscheiden. Eine Verpflichtung zum Abschluss von Zusatzverträgen ergebe sich aus dem Übergabsvertrage nicht. Mangels einer aus dem Vertrag herzuleitenden Verpflichtung zur Übernahme weiterer Verbindlichkeiten könne daher auf die in der Berufung angeführten zusätzlichen Verpflichtungen bei der rechtlichen Beurteilung des Übergabsvertrages selbst nicht Bedacht genommen werden. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage seien die Einheitswerte der Liegenschaften gemäss § 22 Abs. 2 ErbStG. zugrunde gelegt worden. Die behaupteten Bombenschäden seien bereits durch Fortschreibung der Unheitswerte berücksichtigt worden. Die Belastung mehrerer Häuser mit einer fideikommissarischen Substitution zugunsten des I F sei gleichfalls gemäss § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes nicht zu berücksichtigen. Erst im Falle des Eintrittes dieser Bedingung werde die Steuerfestsetzung auf Antrag nach dem sich daraus ergebenden tatsächlichen Wert vorzunehmen sein.

In der gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wiederholt die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Sie rügt es als Mangel, dass über ihre zusätzlichen Verpflichtungen nicht die Veräusserin und ihr Rechtsanwalt vernommen worden seien. Sie rügt auch, dass die hypothekarischen Belastungen der Liegenschaften mit insgesamt 53.500 S bei der Berechnung der Gegenleistung nicht in Anschlag gebracht worden seien. Sie verweist auf die Wertsicherungsklausel, derzufolge nunmehr die Rentenlast auf monatlich 1.500 S angewachsen sei. Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin eine Kultusgemeinde sei, deren wesentliche Pflicht die Befürsorgung und Betreuung ihrer Mitglieder ist. Ihr Vermögen werde nur im Sinne der Wohltätigkeit verwaltet und verwertet. Aus diesem Grund sei gleichfalls die Vorschreibung einer Schenkungsteuer nicht gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin stellt sodann den Antrag, die in Vorschreibung gebrachten und von uns angefochtenen Steuern und Gebühren“ abzuschreiben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Finanzamt hatte der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuern, ferner eine Schenkungsteuer und eine Rechtsgeschäftsgebühr vorgeschrieben. Im Berufungsverfahren bat die Beschwerdeführerin nur die Vorschreibung der Erbschaftsteuer und teilweise der Grunderwerbsteuer bekämpft. Die Vorschreibung der Rechtsgeschäftsgebühr ist unangefochten geblieben. Da die belangte Behörde über diese Gebührenvorschreibung also nicht abzusprechen hatte und auch nicht abgesprochen hat, konnte der Verwaltungsgerichtshof in die Erörterung der Frage, ob die Vorschreibung der Rechtsgeschäftsgebühr dem Gesetz entspricht, nicht eingehen.

Wenn die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren auch die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer begehrt hat, so hat sie allerdings übersehen, dass die Grunderwerbsteuer für unentgeltliche Übertragungen von Liegenschaften gemäss § 13 Abs. 1 GrEStG. in der Fassung des Artikels I lit. d der Grunderwerbsteuernovelle, BGB1. Nr. 185/1946, höchstens 3 % beträgt und dass dazu keine Zuschläge eingehoben werden (siehe auch Artikel II dieser Novelle). Soll also die Übertragung, wie die Beschwerdeführerin es begehrt, gänzlich oder in einem höheren Ausmasse als bisher als entgeltlich angesehen werden, dann hätte dies die Vorschreibung einer höheren Grunderwerbsteuer zur Folge. Das Begehren der Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde kann also richtig wohl nur dahin verstanden werden, dass die Beschwerdeführerin sich infolge Annahme einer teilweise unentgeltlichen Übertragung durch die Vorschreibung einer höheren Gesamtsteuer (Erbschaftsteuer plus Grunderwerbsteuer) für beschwert erachtet, als dies der Fall wäre, wenn die Übertragung als gänzlich entgeltlich angesehen würde. Bei der Untersuchung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmässigkeit ist also auch die Richtigkeit der Vorschreibung der Grunderwerbsteuer zu überprüfen.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin eine Kultusgemeinde ist und ihr Vermögen nur im Sinne der Wohltätigkeit verwaltet wird, rechtfertigt nicht eine Befreiung von der Schenkungsteuer. Für Erwerbungen durch Religionsgemeinschäften ist im geltenden Erbschaftsteuerrecht eine Befreiung nicht vorgesehen, weil § 18 Abs. 1 Z. 18 ErbStG. gemäss § 3 der 25. Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften in den Reichsgauen der Ostmark (vom , D.RGB1. I S. 1604) in Österreich nicht eingeführt worden ist. Aber auch § 10 Abs. 2 ErbStG. in der Fassung der Novelle, BGB1. Nr. 164/1946, sieht einen begünstigten Steuersatz von 5 % nur für Zuwendungen an solche inländische Stiftungen, Gesellschaften, Vereine und Anstalten vor, die ausschliesslich mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, sofern ihnen eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Da die Beschwerdeführerin nicht ausschliesslich mildtätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgt, sondern in erster Linie die Abhaltung des israelitischen Gottesdienstes und die Erteilung des Religionsunterrichtes zur Aufgabe hat und solche Zwecke nicht zu den in den §§ 17 und 18 des Steueranpassungsgesetzes angeführten mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken gehören, kann die Beschwerdeführerin für die Zuwendungen, die sie erhält, eine steuerliche Begünstigung nicht in Anspruch nehmen.

Gemäss§ 3 Abs. 1 ErbStG. gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes:

„I. Jede Schenkung im Sinne des bürgerlichän Rechtes;

2. Jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; ....

6. Was ein Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt herausgibt.“

Nach der unbestrittenen Aktenlage hat die Veräusserin von ihrem verstorbenen Ehegatten die Eigentumshälfte dreier Häuser geerbt und waren zwei jüdische Vereine als Nachvermächtnisnehmer auf diese drei Hälfteanteile eingesetzt. Wenn nun die Beschwerdeführerin Vermögensgegenstände, die mit einer fideikommissarischen Substitution rechtsgültig belastet sind, mit Rücksicht auf diese Substitution dem Nacherben (Nachvermächtnisnehmer) vor Eintritt des Substitutionsfalles herausgegeben hat, so würde dies an sich nach § 33 Abs. 1 Z. 6 ErbStG. als ein Vorgang anzusehen sein, der die Erbschaftsteuerpflicht (Schenkungsteuerpflicht) auslöst. Es steht jedoch dem Nacherben frei, nach Eintritt des Vorerbfalles auf die Nacherbschaft gegenüber dem Vorerben zu verzichten und so ist es auch rechtlich durchaus möglich und zulässig, dass der Nacherbe den Gegenstand der Nacherbschaft vom Vorerben gegen Entgelt erwirbt. Wenn nun der Vorerbe dem Nachvermächtnisnehmer nicht nur Gegenstände überträgt, die Gegenstände dieses Nachvermächtnisses sind, sondern auch Gegenstände, auf deren künftige Übertragung der Nachvermächtnisnehmer keinen Anspruch hat und wenn er vom Nachvermächtnisnehmer sich eine einheitliche Leibrente und die Übernahme sonstiger Leistungen als Gegenleistung ausbedingt, wäre es offenbar widersinnig, diese Übertragung in eine der Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 1 Z. 6 ErbStG. unterliegende unentgeltliche vorzeitige Herausgabe des Nachvermächtnisses und in eine davon unabhängige nach den sonstigen steuerrechtlichen Vorschriften zu beurteilende Übertragung anderer Vermögensgegenstände aufzuspalten, sofern dies nicht etwa nach dem Willen der Parteien ausdrücklich beabsichtigt ist. Die belangte Behörde hat auch im vorliegenden Falle die Übertragung der gesamten Liegenschaften und des Barbetrages von 65.000 S als einen einheitlichen Vorgang gewertet, für den eine einheitliche Gegenleistung übernommen worden ist. Untersuchungen darüber, ob im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die fideikommissarische Substitution überhaupt noch zu Recht bestand und wer aus dieser etwa berechtigt war (vgl. § 615 Abs. 1 ABGB.), haben sich somit für die belangte Behörde wie für den Verwaltungsgerichtshof erübrigt. Es bleibt daher nur zu untersuchen, ob anlässlich der gesamten Übertragung der Liegenschaften und des Geldbetrages eine Schenkungsteuer in Frage kam und in welcher Höhe eine solche eingehoben werden konnte.

Der vorliegende Vertrag stellt sich seinem Wesen nach als Leibrentenvertrag dar, den das bürgerliche Recht (§ 1284 ABGB.) unter die Glücksverträge einreiht. Ein solcher Vertrag ist also keine Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes. Da die Dauer des Bezuges der Leibrente (einer Lebensrente!) beim Vertragsabschluss ungewiss ist, wird in der Regel der Fälle beim Vertragsabschluss nicht erkennbar sein, ob einer der Vertragsteile durch diesen Vertrag im Endergebnis bereichert sein wird, geschweige denn, welcher der beiden Teile es ist und wie hoch seine Bereicherung ist. Es fehlt somit auch für die Regel der Fälle an dem Tatbestandsmerkmal des § 3 Abs.1 Z. 2 ErbStG., dass nämlich im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses eine freigebige Zuwendung unter Lebenden vorliegt, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Nur dann, wenn die Umstände des einzelnen Falles erkennen lassen, dass Leistung und Gegenleistung auf jeden Fall in einem Missverhältnis stehen müssen, also der Übergeber der Sache etwa so hoch betagt oder so schwer erkrankt ist, dass mit seinem baldigen Ableben gerechnet werden muss und dass somit der Gesamtbetrag der ausbedungenen Gegenleistungen dem Werte der hingegebenen Sachen - als solcher muss hier der Verkehrswert, nicht der Einheitswert angesehen werden - niemals gleichkommen kann, wird die Schenkungsteuerpflicht bejaht werden können. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde derartige Feststellungen, aus denen sich von vornherein eine bewusste Bereicherung der Beschwerdeführerin durch die Veräusserin hätte erschliessen lassen, nicht getroffen. Sie hat auch nicht festgestellt, dass die Vertragsteile die Konstruktion des Leibrentenvertrages bloss deshalb gewählt haben, um eine steuerliche Begünstigung zu erzielen und dass eine andere Gestaltung der Rechtsbeziehungen nach der Lage des Falles, losgelöst von den rein steuerrechtlichen Fragen, angemessen gewesen wäre, dass also die Vertragsteile Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes zum Nachteil des Steuergläubigers missbraucht haben (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes). Sie hat vielmehr bloss den hingegebenen Geldbetrag und die Summe der Einheitswerte der übergebenen Liegenschaften dem nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes kapitalisierten Werte der Gegenleistung gegenübergestellt. Dieser Vorgang genügt aber nicht, um bei einem wirklich gewollten und den wirtschaftlichen Gegebenheiten angemessenen Leibrentenvertrag die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG. festzustellen. Vielmehr kann erst dann, wenn diese Voraussetzungen auf andere Weise festgestellt worden sind, eine solche Gegenüberstellung und zwar lediglich zu dem Zwecke vorgenommen werden, um die Höhe der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer festzustellen. Anders verhält es sich bei der Grunderwerbsteuer. Dort ist, weil nach der Grunderwerbsteuernovelle 1946 sowohl die entgeltliche als auch die unentgeltliche Übertragung einer Liegenschaft der Steuer unterliegt, diese Gegenüberstellung erforderlich, um den einer erhöhten Steuer unterliegenden entgeltlichen Teil der Übertragung von den unentgeltlichen abzugrenzen.

Sowohl bei der Beurteilung der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG. vorliegen, als auch bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für eine allfällige Schenkungsteuer und für die Grunderwerbsteuer sind sämtliche Gegenleistungen der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin rügt in der Beschwerde, dass nicht alle diese Gegenleistungen berücksichtigt worden seien. Sie behauptet einmal, die hypothekarischen Belastungen der Liegenschaften seien bei der Steuerbemessung nicht in Anschlag gebracht worden. Tatsächlich ergibt sich aber aus den Akten und auch aus der Darstellung der Bemessung in Steuerbescheid, dass ein Betrag von insgesamt 50.000 S an Hypothekarschulden als Gegenleistung in Anschlag gebracht wurde. Die Beschwerdeführerin begehrt aber die Berücksichtigung von 53.500 S. Die belangte Behörde ist von den im Grundbuch als Kapitalforderung eingetragenen Beträgen von 35.000 S (E.Z. B, Grundbuch L) und von 15.000 S (E.Z. C Grundbuch G) ausgegangen, ohne Erhebungen darüber anzustellen, mit welchen Beträgen zur Zeit des Vertragsabschlusses diese Hypotheken noch aushafteten. Dies konnte infolge teilweiser Rückzahlungen ein geringerer oder auch infolge Artlaufens von rückständigen Zinsen und sonstigen Nebengebühren (von denen ein Teil in der Nebengebührensicherung von 5.500 S bei E.Z. D, Grundbuch L Platz finden konnte, soweit nicht dieser Teil ohnehin gemäss § 216 EO. gleichen bücherlichen Rang mit dem Kapital hatte) höher sein als 50.000 S. Ferner ist nicht berücksichtigt worden, dass die Schuld von restlichen 15.000 S nicht bloss auf E.Z. C, Grundbuch G, sondern vor allen als Haupteinlage auf E.Z. E desselben Grundbuches sichergestellt war, dass E.Z. E kein Bestandteil des vorliegenden Leibrentenvertrages ist, also entweder überhaupt nicht der Veräusserin gehört oder von ihr noch nicht veräussert worden ist. Mit welchem Betrag diese Schuld noch aufrecht bestand, in welchem Verhältnis sie die Veräusserin überhaupt belastet und in welchem Verhältnis sie nach den Vereinbarungen zwischen den Parteien von der Beschwerdeführerin zu tragen ist; wurde gleichfalls nicht festgestellt.

Auch sonst ist das Verfahren zur Ermittlung der Gegenleistung nicht fehlerfrei. Die noch ungewisse künftige Verpflichtung zur Rückübertragung der Liegenschaften (oder Teilen von solchen) konnte allerdings von der belangten Behörde, wie sie richtig ausführt, gemäß § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes nicht berücksichtigt werden, weil es sich um aufschiebend bedingte Lasten handelt. Erst bei Eintritt der Bedingung kann nach § 5 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes die Festsetzung der Steuer berichtigt werden. Das gleiche gilt gemäss § 8 des Bewertungsgesetzes für die zwar nicht bedingte, aber betagte Last der Tragung der Überführungskosten für die Leiche der Veräusserin. Die Behörde hat aber zu Unrecht die Vermögensteuer, die auf das Rentenrecht der Veräusserin entfällt, nicht der Gegenleistung der Beschwerdeführerin hinzugerechnet, obwohl die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Tragung dieses Teiles der Steuer deutlich aus Pkt. III Abs. 5 des Leibrentenvertrages hervorgeht. Die belangte Behörde hat sich hier mit einer Auskunft des Finanzamtes Graz begnügt, dass die übergebenen Grundstücke als Eigentum einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft nicht der Vermögensteuer, der Vermögensabgabe und dem Besatzungskostenbeitrag unterliegen. In Frage steht aber nach dem Vorbringen der Berufung die Vermögensteuer vom Werte der Rente. Wenn nun die belangte Behörde die weiteren angeblich von der Beschwerdeführerin getragenen Auslagen nicht als Gegenleistung ansehen will, weil sie in der Vertragsurkunde nicht ausdrücklich angeführt sind, so übersieht sie, dass es sich im vorliegenden Falle - abgesehen von der im Berufungsverfahren nicht angefochtenen Vorschreibung einer Rechtsgeschäftsgebühr vom Leibrentenvertrag - nicht um die Festsetzung von Rechtsgeschäftsgebühren, für die nach § 17 GG. allerdings der sogenannte Urkundengrundsatz gilt, sondern um die Bemessung von Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuern handelt, bei denen ein solcher Grundsatz nicht Anwendung findet. Nach § 11 Abs. 2 Z. 1 GrEStG. gehören im Gegenteil zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräusserer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt; § 3 Abs. 2 Z. 1 der zu diesem Gesetz erlassenen Durchführungsverordnung (vom , D.RGB1. I S. 595) verpflichtet den Veräusserer und den Erwerber, jede Erhöhung der Gegenleistung des Erwerbers durch Gewährung zusätzlicher Leistungen neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung dem Finanzamt anzuzeigen. Bedenkt man nun, dass, bei teilweise unentgeltlichen Erwerbsvorgängen nach der ursprünglichen Fassung des § 3 Z. 2 GrEStG. für den unentgeltlichen Teil der Erwerbung eine Grunderwerbsteuer überhaupt nicht zu entrichten war und dass nach der Novelle BGBl. Nr. 185/1946, die Steuer für unentgeltliche Teile einer Erwerbung geringer ist als für entgeltliche und dass dafür offenbar die Absicht massgebend war, die gleichzeitige Belastung eines Erwerbsvorganges oder eines Teiles eines solchen mit der Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer ursprünglich zu vermeiden und in der Folge wenigstens weitgehend zu mildern, dann muss nach Sinn und Geist der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auch eine nachträgliche Erhöhung der Gegenleistung von selbst zu einer Verminderung der Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer führen und muss also eine solche Erhöhung bei der Bemessung der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden. Darin, dass die Verwaltungsbehörde die Berücksichtigung dieser angeblich nachträglich übernommenen zusätzlichen Verpflichtungen der Beschwerdeführerin abgelehnt hat, liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Da die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - von ihrem rechtswidrigen Standpunkt aus allerdings folgerichtig - sich mit der Frage, ob die behaupteten zusätzlichen Verpflichtungen auch tatsächlich bestehen, nicht auseinandergesetzt hat, brauchte der Verwaltungsgerichtshof auf die erst in der Gegenschrift aufgeworfene Frage, ob die Behauptungen der Beschwerdeführerin erwiesen sind, und auf die entsprechende Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen.

Der angefochtene Bescheid musste somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien,

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 1053 F/1954;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1954:1952003077.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-59179

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