VwGH 09.03.1961, 2543/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | WRG 1959 §27 Abs1 litg impl; |
RS 1 | Jeder Teil einer Wasserkraftanlage, ohne den diese nicht betrieben werden kann, muss als "wesentlicher Teil der Anlage" im Sinne des § 27 Abs 1 lit g gelten. Die Möglichkeit, weggefallene oder zerstörte Anlageteile zu ersetzen, mag gewiss in der Regel gegeben sein. Doch hat der Gesetzgeber an die Tatsache der Unterbrechung der Wasserbenutzung durch bestimmte Zeit das Erlöschen des Wasserrechtes geknüpft, sodass es nicht darauf ankommen kann, ob eine Anlage reparaturfähig ist oder nicht. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Schimetschek, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer, über die Beschwerde des JW in L gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 98.464/1- 87.803/59, betreffend Erlöschen eines Wasserrechtes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Tirol leitete im Jänner 1959 von Amts wegen das Verfahren zur Löschung des im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Lienz unter Postzahl n1 eingetragenen Wasserrechtes des Beschwerdeführers zur Ausnützung der Wasserkraft der D für den Antrieb einer Mühle und einer Gerbereiwerkstätte auf Parz. Nr. n2 der KG. X ein.
Als die damit beauftragte Bezirkshauptmannschaft Lienz für den eine mündliche Verhandlung mit dem Gegenstand "Feststellung des Sachverhaltes und der allfällig aus Anlaß des Erlöschens notwendigen Vorschreibungen ausschrieb, erstattete der Beschwerdeführer hiezu eine schriftliche Äußerung, in der er ausführte, daß das Wasserrad der Anlage vor ungefähr drei Jahren gebrochen sei und die Anlage seither provisorisch mit elektrischer Kraft betrieben werde. Seine finanziellen Verhältnisse hätten ihn noch nicht in die Lage versetzt, die notwendige Reparatur vorzunehmen. Er ersuche um Verlängerung der in § 28 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes vorgesehenen Frist auf fünf Jahre.
Bei der Verhandlung stellte die Amtsabordnung fest, daß das Wasserrad nicht mehr vorhanden sei, die übrigen Anlagenteile benützungsfähig seien. Der Zeuge EW gab an, daß das Wasserrad vor ca. vier Jahren abgetragen worden sei, während der Beschwerdeführer erklärte, dies sei vor ca. drei bis vier Jahren erfolgt. Nach dem Gutachten des Amtssachverständigen ist im Falle der Löschung des Wasserrechtes der Wellbaum zu entfernen, die Betonscheidewände im Gerinne sind zu schleifen. Der Beschwerdeführer und EW gaben hiezu die Äußerung ab, daß die Entfernung der Betonscheidewände von ihnen gemeinsam durchzuführen sei.
Mit Bescheid vom stellte der Landeshauptmann von Tirol unter Bezugnahme auf die §§ 28 Abs. 1 Punkt g und Abs. 2, 30 und 82 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1934, Fassung nach BGBl. Nr. 54/1949, (kurz WRG) fest, daß das eingangs näher beschriebene Wasserrecht erloschen sei und der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Frist für die Neuanschaffung eines Wasserrades und Wiederinbetriebsetzung der Anlage abgewiesen werde. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den Wellbaum zu entfernen sowie die Betonscheidewände mit den Schaltführungen im Einvernehmen mit dem Wasserberechtigten EW zu schleifen.
In der Begründung kam zum Ausdruck, daß die Unterbrechung der Wasserbenutzung infolge Wegfalles des Wasserrades nach Überzeugung der Behörde mehr als drei Jahre gedauert habe und das Wasserrecht daher erloschen sei. Ein Ansuchen um Verlängerung der im Gesetze bestimmten dreijährigen Frist hätte noch vor dem Erlöschen des Wasserrechtes eingebracht werden müssen.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wandte sich gegen die Annahme, daß wesentliche Teile der Anlage weggefallen seien. Auch erlösche ein Wasserrecht nicht ex lege. Doch selbst, wenn dies der Fall wäre, hätte der Antrag auf Fristerstreckung im Hinblick auf die dargelegten besonderen Umstände berücksichtigt werden müssen. Dem Beschwerdeführer stehe noch ein weiteres Wasserrecht an der W hinsichtlich des sogenannten Y-häusls mit Sämischlederwalke zu. Dieses Wasserrecht wäre im angefochtenen Bescheid zu berücksichtigen gewesen.
Mit dem Bescheide vom gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge, sie ergänzte aber den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend, daß zur Erfüllung der vorgeschriebenen Maßnahmen eine Frist bis zum bestimmt wurde.
Über die gegen diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Punkt g WRG erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist. Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle kann die Wasserrechtsbehörde die in Absatz 1 Punkt g bestimmte Frist bei Vorliegen außerordentlicher oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten bis zu fünf Jahren verlängern.
Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde laut § 30 Abs. 1 WRG festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
Die belangte Behörde hat als erwiesen angenommen, daß die Wasserkraft der Anlage infolge Wegfalles des Wasserrades zumindest schon über drei Jahre nicht mehr ausgenützt werden kann. Sie stützt diese Annahme auf die als glaubhaft bezeichnete und vom Beschwerdeführer unwidersprochen gelassene Aussage des EW anläßlich der mündlichen Verhandlung vom . Nach dieser Aussage sei die dreijährige Frist bereits vor Einbringung des Terminverlängerungsantrages des Beschwerdeführers abgelaufen gewesen. Der angefochtene Bescheid sei daher zu Recht ergangen.
Diese Annahme der belangten Behörde bekämpft die Beschwerde mit der Behauptung, daß es sich beim Wasserrad um keinen wesentlichen Teil der Anlage handle, weil die Wasserkraft auch zum übrigen Betrieb der Gerberei notwendig sei und das Wasserrad jederzeit ersetzt werden könne.
Dem ist entgegenzuhalten, daß jeder Teil einer Wasserkraftanlage, ohne den diese nicht betrieben werden kann, als wesentlicher Teil gelten muß. Daß anderseits die Anlage infolge Zerstörung des Wasserrades zum Stillstand verurteilt war, hat der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Die Möglichkeit, weggefallene oder zerstörte Anlageteile wieder zu ersetzen, mag gewiß in der Regel gegeben sein. Doch hat der Gesetzgeber an die Tatsache der Unterbrechung der Wasserbenutzung durch bestimmte Zeit das Erlöschen des Wasserrechtes geknüpft, sodaß es nicht darauf ankommen kann, ob eine Anlage reparaturfähig ist oder nicht.
Es ist auch unrichtig, wenn der Beschwerdeführer annimmt, daß ein Wasserrecht unter den hier in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkten nicht ex lege erlösche. Die Bestimmung des § 28 Abs. 1 WRG besagt eindeutig, daß Wasserrechte unter bestimmten Voraussetzungen erlöschen, sodaß es sich bei dem Verfahren nach § 30 Abs. 1 WRG nur mehr um die Feststellung des Rechtsverlustes handeln kann.
Wenn der Beschwerdeführer übrigens berücksichtigt wissen will, daß sein Wasserrecht nicht nur den Antrieb des Wasserrades, sondern auch die Wassernutzung für Zwecke der Gerberei umfasse, steht dem - abgesehen von dem Fehlen eines solchen Vorbringens im Verwaltungsverfahren - entgegen, daß sein Wasserrecht laut Wasserbucheintragung nur eine "Wasserkraftanlage" zum "Antrieb einer Mühle und einer Gerbereiwerkstätte" umfaßt, bei der vermittels eines unterschlächtigen Schaufelrades eine Lohbreche, eine Excelsiormühle, ein Talgfaß und eine Sohlenwalze angetrieben werden. Eine andere Wasserbenutzung stand dem Beschwerdeführer im Rahmen dieses Wasserrechtes nicht zu.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der vorgesehenen Frist konnte nur dann einer aufrechte Erledigung zugänglich sein, wenn die im Gesetze bestimmte Fallfrist noch nicht abgelaufen war. War letzteres nämlich der Fall, dann war das Recht bereits erloschen. Es konnte daher nicht, wie der Beschwerdeführer meint, bei seinem Verlängerungsansuchen darauf ankommen, ob im Zeitpunkte der Gesuchseinbringung über das Erlöschen des Wasserrechtes in erster Instanz abgesprochen worden war, sondern nur darauf, ob in diesem Zeitpunkt das Wasserrecht noch aufrecht bestand. Die belangte Behörde hat aber in schlüssiger Weise als erwiesen angenommen, daß die "mehr als dreijährige Frist" bereits vor dem Zeitpunkt der Gesuchseinbringung abgelaufen war.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf alle jene Ausführungen der Beschwerde einzugehen, die darzutun versuchen, daß das Verfahren der belangten Behörde hinsichtlich der Frage der Fristerstreckung mangelhaft gewesen sei und daß es ihr auferlegt gewesen wäre, das Ansuchen aufrecht zu erledigen. Es ist auch entbehrlich, die Frage zu behandeln, ob die sogenannte Einlaufschalte tatsächlich als nicht benützungsfähig anzusehen war und ob der belangten Behörde in dieser Richtung ein Mangel des Ermittlungsverfahrens anzulasten ist. Denn wenn es - wie bereits dargestellt - genügte, den Wegfall des Wasserrades als Erlöschensgrund heranzuziehen, hätte die belangte Behörde auch bei weiterer Anhörung des Beschwerdeführers zu diesem Punkte zu keinem anderen Bescheid kommen können. Ob der Beschwerdeführer berechtigt ist, die Abwässer aus der Gerberei in die W abzuleiten, war nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung, da das in die Entscheidung einbezogene Wasserrecht, wie vorhin dargelegt wurde, eine solche Berechtigung nicht zum Gegenstand hatte. Die darauf bezughabenden Beschwerdeausführungen sind deshalb ebenso ohne Belang, wie jene über den Bestand eines weiteren, durch den angefochtenen Bescheid nicht berührten Wasserbenutzungsrechtes.
Zu dem Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die dem Beschwerdeführer auferlegten Vorkehrungen nicht auf ihre Zweckmäßigkeit und Vollständigkeit hin geprüft, ist schließlich zu sagen, daß diese Vorschreibungen auf dem Gutachten des technischen Amtssachverständigen beruhten, das keineswegs als unschlüssig oder widerspruchsvoll erkannt werden kann. Der Beschwerdeführer hatte bei der mündlichen Verhandlung Gelegenheit, gegen dieses Gutachten Stellung zu nehmen, und hatte überdies die Möglichkeit, sich im Berufungsverfahren gegen diese Vorschreibungen zu wenden. Er hat keines von beiden unternommen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt, so etwa in seinem Erkenntnis vom , Zl. 595/58, zum Ausdruck gebracht hat, befreit der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat. Da der Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten ohne Einwand zur Kenntnis genommen hat, kann in der Übernahme der darin enthaltenen Feststellungen und Schlüsse in den angefochtenen Bescheid kein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfbarer Verfahrensmangel erblickt werden.
Was endlich die durch die belangte Behörde festgesetzte Erfüllungsfrist anlangt, so hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht, woraus entnommen werden könnte, daß diese Frist im Hinblick auf die näheren Umstände des Falles seiner Überzeugung nach nicht angemessen sei. Es kann deshalb auch nicht als entscheidender Mangel des Verfahrens der belangten Behörde erkannt werden, wenn sie diese Frist ohne weiteres Ermittlungsverfahren festsetzte.
Die Beschwerde erwies sich somit in allen Punkten als unbegründet, weshalb ihr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 der Erfolg versagt werden mußte.
Wien, am
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Norm | WRG 1959 §27 Abs1 litg impl; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1961:1959002543.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-58760