VwGH 07.07.1980, 2531/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | WRG 1959 §107 Abs1; WRG 1959 §29 Abs1; |
RS 1 | Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist in § 107 Abs 1 WRG 1959 zwingend nur für das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren vorgesehen. Weder die Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes noch die daran geknüpfte Anordnung von Vorkehrungen nach § 29 Abs 1 WRG 1959 sind Gegenstand eines solchen Bewilligungsverfahrens. (Literatur, Krzizek, Kommentar zum WRG, S 435, Grabmayr-Rossmann, Das österr. Wasserrecht2, S 494 ff, Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8, S 251) |
Normen | WRG 1959 §27 Abs1 litg; WRG 1959 §29 Abs1; |
RS 2 | Erlöschensvorkehrungen nach § 29 Abs 1 WRG 1959 sind demjenigen aufzutragen, der im Zeitpunkt des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes, die kraft Gesetzes eintritt, nach § 27 Abs 1 lit g WRG 1959 Wasserbenutzungsberechtigter und demnach "bisher Berechtigter" im Sinne des § 29 Abs 1 war. |
Norm | WRG 1959 §27 Abs1 litg; |
RS 3 | Der für ein allfälliges, bereits vor dem Eigentumserwerb des Bfr eingetretenes Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes gemäß § 27 Abs 1 lit g WRG 1959 maßgebliche Zeitpunkt ist bei einem Grundstückkauf nicht das Datum des Kaufvertrages, sondern erst der drei Jahre VOR der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Bfr gelegene Tag. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde des Prof. FS in W, vertreten durch Dr. Gerhard Millauer, Rechtsanwalt in Wien I,
An der Hülben I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 3-345 S 64/4-1979, betreffend wasserrechtliche Erlöschensvorkehrungen zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.700,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer von fünf Voreigentümern die Liegenschaft EZ. 80 KG. X, bestehend aus einer Baufläche mit Mühle im unverbürgten Ausmaß von 69 m2. Für den Betrieb dieser Mühle mit Wasserkraft ist im Wasserbuch des Bezirks Knittelfeld unter PZ. nn ein Wasserrecht eingetragen. An dieser Eintragung wurde aus Anlaß des Kaufes und auch in der Folge nichts geändert, der Beschwerdeführer scheint daher im Wasserbuch nicht auf. Mit einer Eingabe vom ersuchte der Beschwerdeführer die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld um Löschung dieses Wasserrechtes.
Die Bezirkshauptmannschaft hat über dieses Ersuchen erstmalig mit Bescheid vom , und zwar dahin entschieden, daß gemäß §§ 27 Abs. 1 lit. a, 96 und 107 WRG 1959 das Erlöschen des Wasserrechtes festgestellt und gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 dem Beschwerdeführer die Durchführung mehrerer Vorkehrungen aufgetragen wurde. Über Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid jedoch mit Bescheid der belangten Behörde vom behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen. Im Sinne dieser aufhebenden Entscheidung führte die Bezirkshauptmannschaft in der Folge ein ergänzendes Ermittlungsverfahren, welches zum Teil in einer mündlichen Verhandlung abgeführt wurde, zur Klärung der Frage durch, ob nicht bereits mindestens drei Jahre vor dem Verkauf an den Beschwerdeführer das Wasserbenutzungsrecht durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtung erloschen ist. Auf diesem Wege sollte ermittelt werden, ob nicht etwa die Voreigentümer als die "bisher Berechtigten" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 anzusehen wären, denen die Erlöschensvorkehrungen aufgetragen werden müßten.
Mit ihrem Bescheid vom kam die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld jedoch neuerlich zu dem Ergebnis, daß gemäß den §§ 27 Abs. 1 lit. a, 98 und 107 WRG 1959 das Erlöschen des Wasserrechtes festzustellen sei und der Beschwerdeführer die nachstehenden Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 zu treffen habe:
1.) Die bereits schadhafte Wehranlage ist soweit instandzusetzen, daß ein langer Bestand der Stufe gesichert ist. Bei dieser Instandsetzung ist die Wehrkrone um 0,5 m abzusenken. An der Krone ist die Abflußsektion mit einer Lärchenholzbedielung in einer Stärke von 5 cm bei einer Länge von mindestens 1 m zu versehen.
2.) Linksufrig ist im Anschluß an die Wehrstufe der Tosbeckenbereich gegen Uferanbrüche zu sichern. Die Ufersicherung kann in der Form einer Steinberollung aus schweren Wasserbausteinen (Einzelgewicht mindestens 500 kg) oder in einer Holzschlachtenwand (Querschnitt der Hölzer mindestens 13 cm) vorgenommen werden. Die Länge der Ufersicherung, beginnend von der Wehranlage, sollte mindestens 5,0 m betragen.
3.) Rechtsufrig ist, beginnend von der Wehrkrone, auf einer Länge von ca. 4,0 m eine Streichwand in einer Höhe von 1,0 m über der neuen Wehrkrone zu errichten. Diese Streichwand ist mit dem Material zu hinterfüllen, das im Staubereich durch die Absenkung der Wehrkrone frei wird. Diese Ufersicherung ist ebenfalls aus Lärchenbohlen mit einer Stärke von 5 cm oder aus Rundhölzern zu errichten.
4.) Diese Vorkehrungen sind bis zu treffen. Die Bauvollendung ist der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld uraufgefordert schriftlich mitzuteilen.
In der Begründung dieses Bescheides gab die Bezirkshauptmannschaft den bisherigen Verfahrensverlauf und die aufgenommenen Beweise wieder und führte sodann dazu aus, daß sie auf Grund freier Beweiswürdigung zu dem Schluß gekommen sei, daß der Beschwerdeführer verpflichtet sei, die als im Interesse der Anrainer und aus öffentlichen Rücksichten notwendigen und als Minimalforderungen zu bezeichnenden Vorkehrungen durchzuführen. Nach § 22 WRG 1959 sei bei ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden seien, anzusehen. Dem Beschwerdeführer sei der Beweis nicht gelungen, daß das Wasserrecht bereits im Zeitpunkt seines Erwerbes der Anlage und der Liegenschaft erloschen gewesen sei. Den Zeugenaussagen sei nicht zu entnehmen gewesen, daß bereits 1960 die Anlage durch Wegfall wesentlicher Teile oder Vorrichtungen zerstört gewesen sei, sodaß das Wasserrecht bereits damals gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 erloschen gewesen wäre. Hingegen ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen LH, BG, JF und FS sowie aus einem Schreiben des LH sen., daß die Anlage in ihren wesentlichen Bestandteilen im Jahre 1963 noch vorhanden gewesen sei und daß der Beschwerdeführer bei gebührender Sorgfalt unschwer habe feststellen können, daß er eine Wasserbenutzungsanlage erworben habe. Er hätte sich daher im Wasserbuch über das Bestehen des Wasserrechtes und über für ihn allenfalls daraus zu erwartende Verpflichtungen und Kosten informieren müssen. Da die Anlage nachweislich noch im Jahr 1961 benützt worden sei, sei die im § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 vorgesehene dreijährige Dauer für das Erlöschen des Wasserrechtes noch nicht verstrichen gewesen, als der Beschwerdeführer das Grundstück samt Anlage erworben habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er die Feststellung bekämpfte, die Mühle sei im Zeitpunkt seines Ankaufes intakt gewesen. Das Wasserrecht sei weder Gegenstand des Kaufvertrages gewesen noch jemals vom Beschwerdeführer in Anspruch genommen oder ausgeübt worden. Es sei vielmehr bereits im Zeitpunkt des Kaufes ex lege erloschen gewesen, sodaß die Erlöschensvorkehrungen anderen Personen aufzuerlegen seien. Hiezu machte der Beschwerdeführer numehr als weitere Zeugin seine von ihm seit Jahren getrennt lebende Gattin GS namhaft. Die "bisher Berechtigten" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959, nämlich die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, hätten sich der gesetzlichen Verpflichtung zur Vornahme der durch die Auflassung notwendigen Vorkehrungen durch die nachträgliche Veräußerung nicht entziehen können. Überdies bekämpft der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und setzte gleichzeitig die Frist für die Erfüllung der aufgetragenen Vorkehrungen neu mit fest. Begründend ging die belangte Behörde von den Bestimmungen der §§ 27 Abs. 1 lit. g und 29 Abs. 1 WRG 1959 aus. Wesentlich sei die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunktes für das Erlöschen, es komme daher mit Rücksicht auf die gesetzliche Dreijahresfrist und das Datum des Kaufvertrages auf den Zustand der Anlage am an. Weiterer Kernpunkt der Entscheidung sei, wer als "bisher Berechtigter" zu gelten habe. Die Behörde erster Instanz habe diese entscheidenden Gesichtspunkte bei Durchführung des Ermittlungsverfahrens beachtet; die belangte Behörde, welche die Einvernahme des Zeugen BG durch die Gemeinde Y unter Ermahnung zur Wahrheit und unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen neuerlich habe durchführen lassen, teile auch die Beweiswürdigung der Bezirkshauptmannschaft. Demnach sei auf Grund der vorgenommenen Ermittlungen davon auszugehen, daß der Zeitpunkt für den Wegfall bzw. die Zerstörung wesentlicher Anlagenteile in den Zeitraum nach dem falle. Eine Einvernahme der Zeugin GS sei entbehrlich, weil sie nicht in der Lage sein werde, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen, zumal sich aus einer Eingabe des Beschwerdeführers selbst vom ergebe, daß erst 1961 die Achse des einen Mühlrades an einen Bildhauer verkauft worden sei und die beiden Mühlräder im Zeitpunkt des Kaufes nicht intakt gewesen seien. Im übrigen habe der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, sodaß eine Verletzung des Parteiengehörs nicht festzustellen sei. Die Feststellung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Vorkehrungen beruhe auf fachkundigen Feststellungen, denen der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und seine Aufhebung beantragt wird. Als Verfahrensfehler rügt die Beschwerde in erster Linie, daß das Ermittlungsverfahren nicht durchgehend in der vom Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit angeordneten mündlichen Verhandlung abgeführt worden sei. Außerdem sei im angefochtenen Bescheid die Zeugenaussage des Vertreters des Beschwerdeführers in sinnstörender Weise wiedergegeben und damit die Beweiswürdigung in gesetz- und aktenwidriger Weise vorgenommen worden. Ferner habe die belangte Behörde unter Verletzung ihrer Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit die Einvernahme der Zeugin GS unterlassen, die beim Ankauf anwesend gewesen sei und daher über den Zustand der Mühle Bescheid wisse. Inhaltlich sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil nicht der Beschwerdeführer, sondern dessen Rechtsvorgänger als Eigentümer der Anlage anzusehen seien, zumal nur diese und nicht der Beschwerdeführer die Anlage für ihre Zwecke errichtet hätten. Der Beschwerdeführer sei daher für die Durchführung der notwendigen Vorkehrungen passiv nicht legitimiert. Das Verfahren habe überdies ergeben, daß bereits 1960 das Fluder schadhaft und anläßlich des Verkaufes seine Entfernung zur Holzgewinnung beabsichtigt gewesen sei. Bereits damals sei daher ein wesentlicher Teil der Anlage zerstört gewesen, im Zeitpunkt des Kaufabschlusses sei außerdem das hintere Mühlrad nicht mehr benützbar gewesen. Daraus ergebe sich eindeutig, daß die Anlage zufolge Fehlens oder Zerstörung wesentlicher Teile zum Zeitpunkt der Errichtung des Kaufvertrages nicht mehr betriebsfähig gewesen sei. Die Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes durch die Behörde erfolge aber rein deklarativ und wirke ex tunc, weshalb nicht der Beschwerdeführer als "bisher Berechtigter" zu gelten habe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 ist das Verfahren bei sonstiger Nichtigkeit durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzusetzen, wenn das Gesuch nicht gemäß § 106 sofort abzuweisen ist oder wenn der Gesuchsteller ungeachtet der ihm mitgeteilten Bedenken auf seinem Plane beharrt. Aus diesem Gesetzeswortlaut und aus dem Zusammenhang mit den vorangehenden §§ 103 bis 106 WRG 1959 ergibt sich, daß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwingend nur für das Verfahren über Gesuche um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (Bewilligungsverfahren) vorgeschrieben ist (vgl. Krzizek, Kommentar zum WRG, S 435; Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, S. 494 ff; Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren 8, S 251). Weder die Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes noch die daran geknüpfte, von Amts wegen vorzunehmende Anordnung von Vorkehrungen (§§ 27 und 29 WRG 1959) sind Gegenstand des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens. Der Beschwerdeführer geht daher zu Unrecht davon aus, daß das Gesetz im Beschwerdefall zwingend und bei sonstiger Nichtigkeit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorsehe. Der Beschwerdeführer war daher in seinen Rechten dadurch nicht verletzt worden, daß das Ermittlungsverfahren nur zum Teil im Rahmen einer von der Behörde erster Instanz anberaumten mündlichen Verhandlung durchgeführt wurde. Ihm wurde Gelegenheit geboten, von dem Ergebnis der außerhalb der Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahmen Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (§ 45 Abs. 3 AVG 1950; vgl. dazu hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 593/A, und vom , Zl. 523/66, unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965).
In seinen weiteren Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften übersieht der Beschwerdeführer, daß nach § 46 AVG 1950 als Beweismittel im Verwaltungsverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Neben den in §§ 47 ff AVG 1950 geregelten Beweismitteln können daher auch Auskunftspersonen, Auskunftssachen und mangelhafte Niederschriften als Beweismittel dienen. Was als Beweismittel heranzuziehen ist, hat letztlich die Behörde zu bestimmen; entscheidend ist dabei, ob von dem betreffenden Beweismittel ein Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes zu erwarten ist (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, S. 104). In Wahrheit wenden sich die Beschwerdeausführungen in diesem Punkt daher gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung.
Nach § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde, soweit nicht Tatsachen offenkundig oder auf Grund gesetzlicher Vermutungen als feststehend anzunehmen sind, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt, diese ist vielmehr in der Richtung vorzunehmen, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind.
Der angefochtene Bescheid ist aber dennoch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf. Die belangte Behörde hat nämlich nur geprüft, ob das den Betrieb der Mühle ermöglichende Wasserbenutzungsrecht bereits über drei Jahre vor dem Kaufvertrag (also bereits vor dem ) durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, bzw. dafür wesentlicher Anlageteile, erloschen ist. Dabei wurde aber nicht darauf Bedacht genommen, daß der Beschwerdeführer nach § 431 ABGB nicht bereits durch den Abschluß des Kaufvertrages, sondern erst durch die Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch Eigentümer des Grundstückes mit der Mühle geworden ist. Wie sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, aber auch aus der auf dem Kaufvertrag ersichtlichen Geschäftszahl des Grundbuchsgerichtes (975/65) zu ergeben scheint, erfolgte diese Eintragung jedoch erst im Jahre 1965.
Der für ein allfälliges, bereits vor dem Eigentumserwerb des Beschwerdeführers eingetretenes Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 maßgebliche Zeitpunkt war daher nicht der , sondern erst der drei Jahre vor der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beschwerdeführers gelegene Tag des Jahres 1962. Über den Zustand der Wasserbenutzungsanlage im Jahre 1962 wurden von der Behörde aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen, zumal die letzte von der Behörde festgestellte widmungsgemäße Verwendung der Mühle durch BG bereits 1961 erfolgte und sich die Verhältnisse im darauffolgenden Jahr geändert haben können. Allerdings wird es entgegen der in der Beschwerde wiederholt vertretenen Auffassung auch nicht auf den Zustand der Mühle im Zeitpunkt des Kaufvertrages ankommen, sodaß die Wahrnehmung des Beschwerdeführers selbst und seiner Gattin GS auch nur Anzeichen für den zum Stichtag vorgelegenen Zustand der Wasserbenutzungsanlage darstellen können.
Die Aussage des Zeugen Dr. M in der Verhandlung vom , er habe aus Anlaß eines Ausfluges im Jahre 1960 festgestellt, daß Fluderbretter gefehlt hätten, macht die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens nicht entbehrlich. In der Beschwerde wird dagegen Stellung genommen, daß im angefochtenen Bescheid angeführt sei, der Zeuge habe angegeben, 1960 hätten "lediglich" Fluderbretter gefehlt. Zwar kommt die Einschränkung "lediglich" in der Protokollierung der Aussage dieses Zeugen nicht vor, doch vermag dieser Umstand nicht darüber hinwegzuhelfen, daß Dr. M wirklich nur vom Fehlen von Fluderbrettern und keiner anderen Anlageteile gesprochen hat. Das Fehlen einzelner Fluderbretter muß aber noch nicht dazu führen, daß durch das Fluder überhaupt kein Wasser mehr zur Mühle fließen kann, sodaß sich aus der Aussage Dris. M noch nicht ableiten läßt, daß bereits 1960 "wesentliche Teile der Anlage" gefehlt hätten; vor allem spricht gegen diese Annahme ja der Umstand, daß BG nach seiner unwiderlegt gebliebenen Aussage noch 1961 die Mühle widmungsgemäß verwenden konnte.
Beide Instanzen des Verwaltungsverfahrens haben sich in der Begründung ihrer Bescheide mit dem allfälligen Vorliegen des Erlöschenstatbestandes nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 befaßt, im Spruch jedoch die Feststellung des Erlöschens auf § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützt. Auch bezüglich der Annahme eines rechtsgültigen Verzichtes auf das Wasserbenutzungsrecht erweist sich das Verfahren jedoch als ergänzungsbedürftig. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer zwar um die Löschung dieses Wasserrechtes angesucht hat, was dann, wenn er Wasserberechtigter geworden ist, einem Verzicht gleichzuhalten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 7630/A), weil aber die Frage des Erwerbes des Wasserbenutzungsrechtes durch den Beschwerdeführer noch nicht einwandfrei geklärt ist. Es dürfte sich zwar um eine ortsfeste Wasserbenutzungsanlage im Sinne des § 22 Abs. 1 WRG 1959 handeln, doch würde ein Erwerb des Wasserbenutzungsrechtes durch den Beschwerdeführer voraussetzen, daß dieses Recht im Zeitpunkt seines Eigentumserwerbes noch aufrecht bestanden hat, was im Sinne der obigen Ausführungen von der belangten Behörde erst durch ergänzende Sachverhaltsermittlungen zu prüfen sein wird. Auch scheint der Beschwerdeführer bei seinem Ersuchen um Löschung des Wasserrechtes davon ausgegangen zu sein, daß dieses Recht bereits vor seinem Eigentumserwerb erloschen war, sodaß auch aus diesem Grunde zweifelhaft ist, ob der Beschwerdeführer auch als entgegen dieser Auffassung tatsächlich Wassernutzungsberechtigter eine Verzichtserklärung abgeben wollte. Nur wenn dies zu bejahen wäre, wäre die Feststellung des Erlöschens nach § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 und auf Grund dessen der Auftrag der Erlöschensvorkehrungen an den Beschwerdeführer gerechtfertigt. Sollte es aber im fortzusetzenden Verfahren zu einer Feststellung des Erlöschens im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 kommen, dann wären die Erlöschensvorkehrungen je nach dem Ergebnis der ergänzenden Ermittlungen demjenigen aufzutragen, der im Zeitpunkt dieses Erlöschens Wassernutzungsberechtigter und demgemäß "bisher Berechtigter" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 war.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47, 48 Abs. 1 lit. b, 49 Abs. 2 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WRG 1959 §107 Abs1; WRG 1959 §27 Abs1 litg; WRG 1959 §29 Abs1; |
Sammlungsnummer | VwSlg 10201 A/1980 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979002531.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-58743