VwGH 21.06.1963, 2179/61
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | GewStG §6 GewStG §7 Abs1 |
RS 1 | Gewinn iSd § 6 GewStG kann auch ein Verlust sein. Auch einem Verluste sind für die Ermittlung des Steuermeßbetrages nach dem Gewerbeertrage Dauerschuldzinsen "hinzuzurechnen" (richtiger: von ihnen ist der Verlust abzuziehen). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Härtel und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialkommissärs Dr. Svoboda, über die Beschwerde der Firma P in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI - 709/61, betreffend Gewerbesteuervorauszahlungen 1961, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Karl Albrecht Majer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
In der Gewerbesteuererklärung für 1959 wies die Beschwerdeführerin, die ihren Gewerbebetrieb in Form einer offenen Handelsgesellschaft führt, einen Verlust von S 328.588, aus. In einem Schreiben vom forderte das zuständige Finanzamt die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das Gewerbesteueränderungsgesetz 1959 u.a. auf, die Höhe des Dauerschuldzinsenaufwandes in den Jahren 1959 und 1960 bekanntzugeben. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nach. Für das Jahr 1960 wurden die Dauerschuldzinsen mit S 2,384.636,- ausgewiesen. In dem am ergangenen Gewerbesteuermeßbescheid und Zerlegungsbescheid für das Jahr 1959, der einen Steuermeßbetrag nach dem Gewerbeertrag von null S und einen einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag von S 12.468,- auswies, wurde auch der einheitliche Steuermeßbetrag für die Gewerbesteuervorauszahlung für 1961 und für die weiteren Jahre mit S 129.700,- festgesetzt .Grundlage der Errechnung des Steuermeßbetrages für die Vorauszahlung war ein voraussichtlicher Verlust für 1961 von S 300.000,- dem Dauerschuldzinsen in Höhe von S 2,384.636,- (Basis 1960) zugerechnet wurden, woraus sich ein Steuermeßbetrag vom Gewerbeertrag mit S 104.050,- ergab. Der Steuermeßbetrag vom Gewerbekapital wurde von einem voraussichtlichen Einheitswert zum von S 2,900.000,- und Zurechnung von S 23,000.000,- Dauerschulden mit S 25.650,- ermittelt.
Gegen die Festsetzung des einheitlichen Steuermeßbetrages für die Vorauszahlung 1961 wurde Beschwerde erhoben und ausgeführt, die Zurechnung von Dauerschuldzinsen zu dem ausgewiesenen Verlust aus Gewerbebetrieb sei durch das Gewerbesteuergesetz in der Fassung des Gewerbesteueränderungsgesetzes 1959 nicht begründet. § 7 des Gesetzes bestimme einleitend, daß dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 6) die in den folgenden Punkten genannten Beträge hinzuzurechnen sind. Aus § 6 des gleichen Gesetzes ergebe sich, daß Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 7 bis 9 bezeichneten Beträge. Auch § 6 Abs. 2 bestimme, daß als Gewinn der Gewinn im Sinne der §§ 4 bis 7 EStG gilt. Der Gesetzgeber habe also mehrfach wörtlich die Hinzurechnung von dem Vorhandensein eines Gewinnes abhängig gemacht. Es gehe daher nicht an, daß der Wortlaut des Gesetzes durch Auslegung in sein Gegenteil verkehrt werde. Die Richtigkeit dieses Standpunktes ergebe sich auch aus dem Werdegang der neuen Bestimmung des Gewerbesteueränderungsgesetzes. Aus den Erläuternden Bemerkungen der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates zu Art. I Z. 2 „die Hinzurechnung wird nur insoweit vorgenommen, als die Zinsen S 10.000 übersteigen“ ergebe sich, daß diese Bestimmung in erster Linie den kleineren Gewerbetreibenden eine steuerliche Erleichterung bringen sollte. Da eine bloße Freigrenze bei auch nur geringfügigem Überschreiten derselben regelmäßig Härten mit sich bringt, habe der Entwurf vorgeschlagen, den Betrag von S 10.000,- als Freibetrag zu gewähren. Aus dieser wörtlichen Ausführung der Erläuternden Bemerkungen ergibt sich somit in völlig einwandfreier Weise, daß die Absicht des Gesetzgebers auf eine Begünstigung des Kleingewerbes gerichtet war und die Freigrenze in einen Freibetrag abgeändert werden sollte. Von einer Umwandlung eines echten Gewerbeverlustes in einen steuerlichen Gewinn ist in den Erläuternden Bemerkungen nichts zu finden. In gleicher Weise ergebe sich aus dem Bericht das Finanz- und Budgetausschusses, daß dieser Änderung die Absicht zugrunde liege, in erster Linie den kleinen Gewerbetreibenden eine steuerliche Erleichterung in der Form zu gewähren, daß Dauerschulden nur insoweit dem Gewinn bei Ermittlung des Gewerbeertrages hinzuzurechnen sind, als die Zinsen S 10.000,- jährlich übersteigen. Auch hieraus sei zu erkennen, daß die Auslegung des Finanzamtes offenkundig unrichtig sei, weil sie der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung Zl. 767/56 vom auch auf den Grundsatz verwiesen, daß „kein steuerlicher Vorgang doppelt erfaßt werden dürfe“. Dies liege jedoch dann vor, wenn die Zinsenleistung der Beschwerdeführerin an das österreichische Kreditinstitut bei diesem erfaßt wird und in gleicher Weise durch die unrichtige Gesetzesauslegung auch bei ihr erfaßt werden solle. Durch wörtliche Auslegung der Bestimmung des § 7 ergebe sich in klarer Weise die Absicht des Gesetzgebers, daß nur einem vorhandenen Gewinn hinzugerechnet werden könne.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde als unbegründet ab. Dazu wurde ausgeführt: Durch Art. I Z. 2 des Gewerbesteueränderungsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 303, der den zweiten Satz des § 7 Z. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 dahingehend änderte, daß die Hinzurechnung nur insoweit vorgenommen wird, als die Zinsen S 10.000,- übersteigen, sei bei der Gewerbesteuerveranlagung ab dem Kalenderjahr 1960 die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nicht mehr von einer bestimmten Mindesthöhe des Gewinnes, sondern von der Höhe der Dauerschuldzinsen selbst abhängig. Voraussetzung für die Hinzurechnung sei aber nach wie vor, daß ein Gewinn aus Gewerbebetrieb gegeben ist. Für den Gewinnbegriff sind gemäß § 6 Abs. 2 Gewerbesteuergesetz die Vorschriften der §§ 4 - 7 EStG maßgebend. Nun verstehe das Einkommensteuergesetz unter Gewinn den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen, vermindert um den Wert der Einlagen. Das könne somit auch ein negativer Betriebserfolg sein, der somit eine Hinzurechnung nicht ausschließe. Zweck der Bestimmung über die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen sei der, daß der Gewerbeertrag und das dem Unternehmen gewidmete Kapital an sich, gleichgültig, ob eigenes oder fremdes, steuerlich erfaßt werden solle. Danach seien dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer entsprechend jene Beträge wieder hinzuzurechnen, die bei der Ermittlung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb aus „subjektiven Gründen“ als Abzugspost berücksichtigt worden seien. Hierunter fielen auch Dauerschuldzinsen. Der Einwand, daß kein steuerlicher Vorfall doppelt erfaßt werden solle, sei verfehlt; dies ergebe sich schon daraus, daß nach der Auslegung der Beschwerdeführerin auch bei einem positiven Betriebsergebnis keine Hinzurechnung vorzunehmen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Gerichtshof erwogen hat:
Besteuerungsgrundlagen für die Gewerbesteuer sind nach dem Gewerbesteuergesetz neben dem Gewerbekapital und allenfalls der Lohnsumme der Gewerbeertrag, Im § 6 des Gesetzes wird der Begriff des Gewerbeertrages bestimmt, und zwar als der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermitteln ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 7 bis 9 bezeichneten Beiträge. Als Gewinn gilt gemäß Abs. 2 des § 6 der Gewinn in Sinne der §§ 4 bis 7 EStG. Die Hinzurechnung nach § 7 des Gesetzes umfaßt nach Z. 1 dieser Gesetzesstelle Zinsen für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes (Teilbetriebes) oder eines Anteiles am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebes zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Durch Artikel I Z. 2 des Bundesgesetzes vom (Gewerbesteueränderungsgesetz 1959) wurde die bisherige Vorschrift, wonach die Hinzurechnung nur vorgenommen wird, wenn der Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2) mehr als S 12.000,- beträgt, ersetzt durch die Bestimmung „die Hinzurechnung wird nur insoweit vorgenommen, als die Zinsen S 10.000 übersteigen“.
Im vorliegenden Fall wurde unbestritten davon ausgegangen daß für den maßgeblichen Zeitraum im Betrieb der Beschwerdeführerin nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ein Verlust aus Gewerbebetrieb anzunehmen ist. Aus diesem Grunde könnte, so vermeint die Beschwerdeführerin im Widerspruch zur belangten Behörde, eine Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen auf Grund des Wortlautes des § 7 des Gewerbesteuergesetzes, der von der Hinzurechnung zu einem „Gewinn“ spreche, nicht vorgenommen werden. Der Gerichtshof konnte sich dieser Ansicht der Beschwerdeführerin nicht anschließen. Das Gewerbesteuergesetz geht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages von dem nach den Vorschriften der §§ 4 bis 7 des Einkommensteuergesetzes ermittelten Gewinn aus. Gewinn nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. War das Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres größer als am Schluß des den Steuerzeitraum bildenden Wirtschaftsjahres, hat sich also eine Verminderung des Betriebsvermögens ergeben, so entsteht dabei, abgesehen von Entnahmen und Einlagen, ein negativer Betriebserfolg, d.h. ein Verlust, der aber zweifellos ebenfalls als „Gewinn“ im Sinne des Gesetzes anzusehen ist. Es erübrigt sich mithin, im Wege besonderer Auslegung die Bedeutung des Wortes „Gewinn“ zu suchen, weil das Einkommensteuergesetz selbst diesen Begriff eindeutig bestimmt. Ist aber auch ein negativer Erfolg, also ein Verlust, Gewinn im Sinne des Einkommensteuergesetzes, dann sind zur Ermittlung des Gewerbeertrages diesem Verlust Dauerschuldzinsen zuzurechnen, wenn sie S 10.000,- jährlich übersteigen. Die Absicht des Gesetzgebers, durch die Begrenzung des Zinsenbetrages kleineren Gewerbebetrieben eine Erleichterung zu bringen, erscheint bei einer derartigen Gesetzesanwendung keineswegs durchkreuzt, ist doch aus der Bestimmung zu entnehmen, daß als „kleinere Gewerbebetriebe“ offenbar solche nicht mehr anzusehen sind, die eine Belastung von mehr als S 10.000,- Dauerschuldzinsen im Jahr zu tragen haben. Durch die 1959 novellierte Bestimmung des § 7 wird übrigens dem Grundsatz, daß im Sinne des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer nicht der einkommensteuerliche Gewinn, sondern der (objektive) Ertrag eines Gewerbebetriebes erfaßt werden soll, besser Rechnung getragen als bisher.
Der Gerichtshof konnte daher im angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit nicht erblicken. Die Beschwerde war mithin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien,
Zusatzinformationen
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Normen | GewStG §6 GewStG §7 Abs1 |
Sammlungsnummer | VwSlg 2899 F/1963 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1963:1961002179.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-58202