VwGH 30.04.1981, 2093/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | Ausführungen betreffend Änderung der Zeitdauer, für die ein Vertrag ursprünglich abgeschlossen wurde, durch einen Zusatz oder Nachtrag (Hinweis E , 3164/54, VwSlg 1530 F/1956). |
Entscheidungstext
Beachte
Besprechung in:
AnwBl 1981/12, S 541;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Müller, über die Beschwerde der C Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Hermannfried Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wels, Maria-Theresia-Straße 19/9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 116/1-9/Hb-1979, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) hatte mit Bestandvertrag vom ein Lagerhaus in W in Bestand genommen. Hinsichtlich dieses Vertrages war vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz mit Bescheid vom eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, in der damals geltenden Fassung (GebG) in Höhe von S 33.569,-- festgesetzt worden. Das Bestandverhältnis war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und sollte für die ersten drei Jahre der Vertragsdauer unkündbar sein. Nach den ersten drei Jahren hätte das Bestandverhältnis beiderseits jeweils zum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer halbjährlichen Kündigungsfrist gelöst werden können.
Mit der nunmehr Anlaß für den Rechtsstreit bildenden Vereinbarung vom bzw. änderten die Vertragsparteien den Bestandvertrag wie folgt ab:
"I
Im Einvernehmen zwischen
dem Bestandgeber,
Herrn JS,
und der Bestandnehmerin,
Firma C Ges.m.b.H.,
wird der Bestandsvertrag über das Lagerhaus W vom nebst Beilage zum Bestandsvertrag ebenfalls vom sowie das Schreiben der Bestandnehmerin vom als integrierender Bestandteil dieses Vertrages anerkannt, und wie folgt abgeändert:
II
Das Bestandsverhältnis wird nunmehr auf bestimmte Zeit, nämlich bis zum , abgeschlossen.
III
Der monatliche Bestandschilling wird in der Form erhöht, daß der sich aufgrund des bisherigen Vertrages ergebende Betrag per um S 3,-- pro qm erhöht wird.
Auf diesen erhöhten Mietzins finden dann die bisherigen Bestimmungen über die Wertsicherung Anwendung. Das bedeutet, daß dieser Mietzins nunmehr die Grundlage für die Berechnung der Veränderungen ist.
Bei der Berechnung des Mietzinses wird die vorhandene LKW-Rampe mit 150 qm in Rechnung gestellt.
IV
Der bisherige Punkt IX wird mit ausdrücklicher Zustimmung der Fa. G ersatzlos gestrichen, so daß für Fa. C keinerlei Verpflichtung, die speditionellen Dienste der Fa. G in Anspruch zu nehmen, besteht.
V
In Abänderung der bisherigen Bestimmung wird festgehalten, daß für Bestandgeber und Bestandnehmerin sämtliche durch die Errichtung dieser Abänderung des Vertrages entstehenden Kosten und Gebühren jeweils hälftig übernehmen."
Das Finanzamt schrieb daraufhin der Beschwerdeführerin bescheidmäßig eine auf die schon genannte Rechtsgrundlage (nunmehr in der Fassung der Gebührengesetz-Novelle 1968, BGBl. Nr. 668) gestützte Rechtsgebühr in Höhe von S 278.563,-- vor; dieser Abgabenfestsetzung liegt das gesamte, dem Vertrag zufolge innerhalb von zehn Jahren zu entrichtende Mietentgelt in Höhe von S 27,856.356,-- zugrunde.
Die Beschwerdeführerin berief dagegen mit der Begründung, daß es sich bei der vergebührten Vereinbarung um einen Nachtrag zum Bestandvertrag vom handle, der gemäß § 21 GebG als Zusatz bzw. Nachtrag zu einer bereits vollständig ausgefertigten Urkunde nur insoweit gebührenpflichtig sei, als die darin zum Ausdruck gebrachten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder der durch Zeitablauf erlöschende Vertrag verlängert werde. Es sei daher richtig, wenn das Finanzamt die Erhöhung des Mietzinses um S 3,-- pro m2 gegenüber der Stammvereinbarung zur Grundlage einer Gebührenvorschreibung genommen habe, dies gelte jedoch nicht auch für das zeitliche Element der Nachtragsvereinbarung. Die Vereinbarung, daß das Bestandverhältnis nunmehr zum ohne Kündigung beendet werde, stelle keine Verlängerung eines durch Zeitablauf erlöschenden Vertrages, sondern lediglich die Vereinbarung eines Endzeitpunktes für einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag dar. Da die in der Nachtragsvereinbarung zusätzlich begründeten Rechte oder Verbindlichkeiten sich auf die Vereinbarung eines zusätzlichen Mietzinses beschränkten, hätte nur ein Betrag von S 2,115.336,-- als Bemessungsgrundlage für die neuerliche Vorschreibung einer Gebühr genommen werden dürfen.
Nach Außerkrafttreten einer abweislichen Berufungsvorentscheidung durch Stellung eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gab diese Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung gleichfalls keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß durch die Beseitigung der Kündigungsmöglichkeit infolge Festlegung einer bestimmten Bestanddauer die ursprünglich festgelegten Rechte bzw. Verbindlichkeiten sowohl auf Seite des Mieters als auch auf Seite des Vermieters erweitert worden seien. Die Änderung des Umfanges von Rechten und Verbindlichkeiten in zeitlicher Hinsicht liege darin, daß die bisherige Möglichkeit einer jederzeitigen Vertragsauflösung nun nicht mehr bestehe und darin eine zeitliche Erweiterung der Berechtigung bzw. Verpflichtung zu sehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und in dieser die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, daß durch die Vereinbarung vom bzw. über die Abänderung des zwischen denselben Vertragspartnern abgeschlossenen Bestandvertrages vom ein ursprünglich auf unbestimmte Zeit eingegangenes Bestandverhältnis am beendet werde. Die Festsetzung eines Endzeitpunktes für das Bestandverhältnis sei keine Verlängerung eines durch Zeitablauf erlöschenden Vertrages. Auch der angefochtene Bescheid stütze sich nicht auf dieses Tatbestandselement des § 21 GebG 1957, sondern gehe davon aus, daß die Beseitigung der Kündigungsmöglichkeit durch Festlegung einer bestimmten Bestanddauer die ursprünglich festgelegten Rechte und Verbindlichkeiten erweitere. Diese Auffassung der belangten Behörde sei jedoch unrichtig, da die im Zusatz zum Ausdruck gebrachte Rechte und Verbindlichkeiten sich nur ihrem Umfange nach geändert hätten, die wesentlichen Merkmale des Bestandvertrages, nämlich Bestandobjekt und Vertragsparteien, aber unverändert geblieben seien.
Die Änderung der Zeitdauer des ursprünglichen Bestandvertrages könne, da die Abänderung des ursprünglichen Bestandvertrages nicht durch einen selbständigen Bestandvertrag erfolgt sei und auch kein Neuerungsvertrag vorliege, nur im Grunde des § 21 leg. cit. zu einer Gebührenpflicht führen. Diese Rechtsvorschrift erfasse jedoch zeitliche Veränderungen eines Vertragsverhältnisses nur insoweit, als ein durch Zeitablauf erlöschender Vertrag verlängert werde. Eben dieser Tatbestand liege jedoch nicht vor, wenn ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Bestandverhältnis auf Grund nachträglicher Vereinbarung an einem bestimmten Stichtag ende. Sohin könne aus § 21 GebG 1957 die im angefochtenen Bescheid angenommene Gebührenpflicht nicht abgeleitet werden.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
Gemäß § 33 TP 5 GebG in der hier maßgeblichen Fassung unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Rechtsgebühr nach dem Wert in Höhe von 1 v.H. Bei unbestimmter Vertragsdauer sind zufolge des Abs. 3 dieser Tarifpost die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Gemäß § 21 GebG ist für den Fall, daß durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits vollständig ausgefertigten Urkunde die darin zum Ausdrucke gebrachten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfange nach geändert oder der durch Zeitablauf erlöschende Vertrag verlängert werden, dieser Zusatz oder Nachtrag nach Maßgabe seines Inhaltes selbständig gebührenpflichtig.
Unbestrittenermaßen handelt es sich bei der in Rede stehenden Vereinbarung vom bzw. nicht um einen Neuerungsvertrag im Sinne des § 24 GebG. Unbestritten ist ferner, daß die in dieser Vereinbarung festgelegte Erhöhung des Bestandzinses eine Änderung der im seinerzeitigen Bestandvertrag vom vereinbarten Rechte bzw. Verbindlichkeiten im Sinne des § 21 GebG darstellt und insoweit die Gebührenpflicht auslöst. Strittig ist jedoch, ob die in der nachträglichen Vereinbarung gleichzeitig erfolgte Abänderung der seinerzeit vereinbarten unbestimmten Vertragsdauer auf nunmehr bestimmte Zeit als eine Änderung von Rechten bzw. Verbindlichkeiten im Sinne der letztzitierten Rechtsvorschrift anzusehen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof bejaht diese Frage in Übereinstimmung mit der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung. Entgegen der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Partei werden durch die Bestimmung des § 21 GebG zeitliche Änderungen der Vertragsdauer nicht nur insoweit erfaßt, als ein durch Zeitablauf erlöschender Vertrag verlängert wird. Vielmehr ist durch die Festlegung einer nunmehr bestimmten Vertragsdauer unter Beseitigung der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit eine Erweiterung in den Rechten bzw. Verpflichtungen betreffend die Nutzung des Bestandgegenstandes eingetreten, was zweifellos eine gebührenpflichtige Änderung im Sinne des ersten Tatbestandes des § 21 GebG darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1530/F).
Die zitierte Rechtsvorschrift berücksichtigt damit auch in zeitlicher Hinsicht alle gebührenrechtlich relevanten Änderungen eines noch nicht abgelaufenen Vertrages wie auch im zweiten Tatbestand die Verlängerung eines durch Zeitablauf erlöschenden Vertrages. Nur diese Beurteilung trägt auch dem Sinngehalt der Norm Rechnung, im großen und ganzen Nachträge bzw. Zusätze zu Rechtsgeschäften bei Änderungen jedweder Art subsidiär zu erfassen und gegebenenfalls zu gewährleisten, daß die Rechtsgebühr unter Berücksichtigung der schon für den ursprünglichen Vertrag festgesetzten Gebühr so anfällt, wie sie bei ursprünglichem Abschluß des Rechtsgeschäftes in der durch den Nachtrag oder Zusatz abgeänderten Form schließlich zustande gekommen wäre (vgl. hiezu Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, § 21 B II Z. 2 und 3).
In bezug auf die Höhe der festgesetzten Rechtsgebühr hat die Beschwerdeführerin nichts vorgebracht und bestehen auch sonst dagegen keine Bedenken.
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes sohin nicht anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/19767, als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1979002093.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-58037