VwGH 04.04.1957, 2009/55
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | WRG 1959 §41 Abs4 idF 1969/207 impl; |
RS 1 | Hochwasserschäden, die nach Durchführung einer Regulierung eintreten, können nicht als "Beeinträchtigung fremder Rechte" im Sinne des § 41 Abs. 4 verstanden werden. |
Normen | WRG 1959 §117 Abs1 impl; WRG 1959 §12 Abs4 impl; |
RS 2 | Aus § 12 Abs. 4 WRG ist ein Entschädigungsanspruch nur dann ableitbar, wenn mit der geplanten Wasserbenützungsanlage eine Änderung des Grundwasserstandes verbunden ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Krzizek und Penzinger als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde der HM in E gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 97.608/1-50.806/55, betreffend Entschädigung in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Am fand die wasserrechtliche Verhandlung über das von der Wasserbauabteilung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung namens der Gemeinde H eingereichte Projekt zur Regulierung des B-baches im Teilabschnitt H (Gemeindegebiet Hagensdorf, Heiligenbrunn und Deutsch-Bieling) statt. Bei dieser Verhandlung gab die Beschwerdeführerin die Erklärung ab, mit dem Bauvorhaben einverstanden zu sein, wenn ihr für den durch die Regulierung in Anspruch genommenen Grund angemessene Entschädigung gewährt und, da durch die Regulierung eine Überflutung in der nicht regulierten Teilstrecke im größeren Ausmaß als bisher zu erwarten sei, auch für den durch diese Überflutungen entstehenden Mehrschaden eine angemessene Entschädigung geleistet werde. Mit dem namens des Landeshauptmannes gefertigten Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom wurde der Gemeinde H gemäß den §§ 37 u. 82 Abs. 1 lit. d des Wasserrechtsgesetzes, in der derzeit geltenden Fassung, (kurz als "WRG" bezeichnet), die wasserrechtliche Bewilligung zur Regulierung des B-baches im Sinne des vorgelegten Projektes bei Einhaltung der in diesem Bescheid näher bezeichneten Vorschreibungen erteilt. Gemäß Pkt. 3 dieser Vorschreibungen wurde die Konsenswerberin verpflichtet, für den durch die Regulierung in Anspruch genommenen Grund angemessene Entschädigung zu leisten, welche Entschädigung von der Gemeinde H einvernehmlich mit der Burgenländischen Landwirtschaftskammer festzusetzen sei. Das Verlangen der Beschwerdeführerin nach angemessener Entschädigung jenes Mehrschadens, der durch die Regulierung insofern verursacht werden könnte, als nach durchgeführter Regulierung eine Überflutung in der Mündungsstrecke der B im größeren Ausmaß als bisher zu erwarten sei, wurde abgewiesen. Gegen diesen Bescheid, jedoch nur soweit die begehrte Entschädigung abgewiesen wurde, brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein, der die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge gab. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, daß die Einwendung der Beschwerdeführerin nur dann berechtigt gewesen wäre, wenn die Regulierung selbst und unmittelbar für ihr Grundstück nachteilig wäre, nicht aber auch, wenn der zu erwartende Schaden nur darauf zurückzuführen sei, daß die bisherige Unterlassung der Regulierung der Beschwerdeführerin den Vorteil bot, daß ihre Grundstücke bisher Überschwemmungen überhaupt nicht oder in geringerem Ausmaß ausgesetzt waren. Die beabsichtigte Regulierung selbst sei nicht in der Lage, für die Beschwerdeführerin Nachteile herbeizuführen. Im vorliegenden Falle wäre sohin die Frage zu beantworten gewesen, ob die beabsichtigte Regulierung geeignet sei, selbständig für die Beschwerdeführerin Nachteile herbeizuführen. Dies sei jedoch nicht der Fall, sodaß der Berufung der Erfolg zu versagen gewesen sei.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ihr zufolge werde durch die Regulierung das Gefälle des B-baches erheblich erhöht. Um einen Erfolg herbeizuführen, hätte die Regulierung bis zur Einmündung des B-baches in die A fortgeführt werden müssen. Der Besitz der Beschwerdeführerin, durch den die nicht regulierte B führe, habe eine Ausdehnung von ca. 3 km Länge und ein Flächenausmaß von 190 ha. Da der Mittellauf der B durch die Regulierung das vierfache Volumen erhalten werde, werden sich bei Hochwasser die Wassermassen mit stärkerem Gefälle als bisher in das nicht regulierte Bachbett ergießen und auf dem gesamten Besitz der Beschwerdeführerin Überflutungen herbeiführen, wodurch der Beschwerdeführerin ein bedeutender Schaden erwachsen werde. Der Eintritt eines solchen Schadens sei auch von der in erster Instanz vernommenen Landwirtschaftskammer angenommen worden. Daß die Beschwerdeführerin aus der bisher unterlassenen Regulierung einen Vorteil gezogen habe, sei unrichtig. Nach § 12 Abs. 4 WRG stehe eine mit einer geplanten Wassernutzungsanlage verbundene Änderung des Grundwasserstandes der Bewilligung nicht entgegen, wenn das betroffene Grundstück auf die bisherige Art benutzbar bleibe. Es seien jedoch keine Erhebungen gepflogen worden, ob die Beschwerdeführerin ihr Grundstück nach Durchführung der Regulierung wie bisher benutzen könne. Jedenfalls stehe der Beschwerdeführerin nach der vorangeführten Gesetzesstelle ein Anspruch auf angemessene Entschädigung zu. Die belangte Behörde übergehe in unrichtiger Auslegung des Gesetzes die Tatsache, daß durch die unterlassene Fortführung der Regulierung nachteilige Folgen für den Besitz der Beschwerdeführerin nach fachmännischem Urteil entstehen werden. Auch über das Ausmaß der allfälligen Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit seien keine Erhebungen gepflogen und die angebotenen Beweise nicht aufgenommen worden. Die belangte Behörde habe sich nur mit der Frage befaßt, ob die Einwendung der Beschwerdeführerin der Bewilligung der Regulierung entgegenstehe. Der angefochtene Bescheid gehe von der Meinung aus, daß nur die Regulierungsarbeiten, nicht aber auch die Auswirkungen derselben in Betracht zu ziehen seien. Dies wäre vielleicht vertretbar, wenn die Beschwerdeführerin in der Lage wäre, selbst Regulierungsarbeiten auszuführen. Eine solche Möglichkeit bestehe aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Außerdem müßten die Schutz- und Regulierungsbauten im ungarischen Grenzbereich durchgeführt werden, was aber erst durch ein zwischenstaatliches Übereinkommen möglich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:
Die belangte Behörde hat die Bewilligung für die geplanten Regulierungswasserbauten auf die Vorschriften des § 37 WRG gegründet. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle sind Schutz- und Regulierungswasserbauten so auszuführen, daß die öffentlichen Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 4 finden Anwendung. Nach § 12 Abs. 4 WRG steht die mit einer geplanten Wasserbenutzungsanlage verbundene Änderung des Grundwasserstandes der Bewilligung nicht entgegen, wenn das betroffene Grundstück auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt. Doch ist dem Grundeigentümer für die nach fachmännischer Voraussicht etwa eintretende Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit eine angemessene Entschädigung (§ 99) zu leisten. Auf die Vorschrift des § 12 Abs. 4 WRG stützt die Beschwerdeführerin ihren Rechtsanspruch auf Festsetzung einer Entschädigung für den Nachteil, der ihr dadurch entsteht, daß nach Durchführung der Regulierung bei Hochwasser eine Überflutung ihrer Liegenschaften im nicht regulierten Unterlauf der B eintreten werde. Auf diese gesetzliche Bestimmung kann jedoch die Beschwerdeführerin ihren Anspruch nicht gründen. Denn § 12 Abs. 4 WRG gewährt einen solchen Anspruch nur dann, wenn mit einer geplanten Wasserbenutzungsanlage (durch einen Regulierungswasserbau) eine Änderung des Grundwasserstandes verbunden ist. Das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes hat aber die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Sie leitet ihren Entschädigungsanspruch vielmehr daraus ab, daß nach Durchführung der Regulierungswasserbauten eine Überschwemmung ihrer Liegenschaften bei Hochwasser eintreten wird.
Soweit daher die belangte Behörde den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Entschädigungsanspruch im Rahmen des § 37 WRG als im Gesetze nicht begründet abgewiesen hat, ist die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt. Nun trifft es wohl zu, daß die Beschwerdeführerin schlechthin Entschädigung für den Mehrschaden begehrt hat, der durch die Regulierung insofern verursacht werden könnte, als nach der Regulierung Überschwemmungen in größerem Ausmaß als bisher auftreten werden. Daraus könnte gefolgert werden, daß das Parteibegehren auf eine Entscheidung über einen Schadenersatzanspruch gerichtet war, der seinen Rechtsgrund nicht mehr ausschließlich im Wasserrecht hat. Zu einer solchen Entscheidung wären allerdings die Wasserrechtsbehörden nicht zuständig. Allein weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid enthalten Anhaltspunkte dafür, daß die Wasserrechtsbehörden über einen anderen Entschädigungsanspruch als über den, der auf Grund des Wasserrechtsgesetzes geltend gemacht worden war, absprechen wollten. Auch die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht Gegenteiliges nicht vorgebracht. Daher bleibt es der Beschwerdeführerin unbenommen, falls sie der Meinung ist, daß ihr auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen ein Entschädigungsanspruch zusteht, diesen bei der zuständigen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde geltend zu machen.
Da sohin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht feststellbar ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | WRG 1959 §117 Abs1 impl; WRG 1959 §12 Abs4 impl; WRG 1959 §41 Abs4 idF 1969/207 impl; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1957:1955002009.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-57750