VwGH 19.09.2000, 2000/05/0136
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauO NÖ 1976 §109; BauO NÖ 1976 §113; BauO NÖ 1976 §94 Abs3; BauRallg; |
RS 1 | Selbst wenn die "Renovierungsanzeige" als Bauanzeige gewertet wird, kann, da es sich um einen bewilligungspflichtigen Zubau handelt, der Mangel der erforderlichen baubehördlichen Bewilligung auch ohne Untersagung der Bauführung durch die Baubehörde durch einen Bauauftrag nach § 109 und § 113 NÖ BauO 1976 aufgegriffen werden (Hinweis E , 85/05/0182), weil aus der Unterlassung der rechtzeitigen Untersagung nach § 94 Abs 3 NÖ BauO 1976 keine Rechte abgeleitet werden können. |
Normen | |
RS 2 | Die Funktionsbezeichnung (hier: "Der Bürgermeister") vermag die in § 18 Abs 4 AVG obligatorisch vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden nicht zu ersetzen, weshalb es nicht entscheidend sein kann, daß für die Partei allenfalls die Möglichkeit bestanden hätte, mit Hilfe der in den Erledigungen erwähnten Bezeichnungen der Behörde den Namen des Bürgermeisters zu ermitteln, der diese Erledigungen genehmigt hat (Hinweis E , 87/18/0095). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 92/05/0323 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Mag. Hansjürgen Haubenburger in Gloggnitz, vertreten durch Dr. Helmut Schmidt, Dr. Ingo Schreiber und Mag. Manfred Sommerbauer, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, Kollonitschgasse 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-99008/02, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Gloggnitz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingelangten Ansuchen beantragte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Erteilung der Baubewilligung für ein Wohnhaus aus Holz auf der Grundparzelle Nr. 299/2 in Stuppach, laut beiliegenden Plänen. In der Verhandlungsschrift vom wurde festgehalten: "Rückwärts im Hofe ist die Errichtung einer Holzhütte samt Abortanlage geplant. Falls diese Hütte an der Grundgrenze errichtet wird, ist eine Feuermauer herzustellen. Ansonsten ist die Hütte von der Nachbargrenze mindestens 1 m entfernt zu errichten. Gegen die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung bestehen vom bau-, feuer- und sanitätspolizeilichem Standpunkte keine Bedenken." Diese Baubewilligung wurde erteilt, auf sie bezieht sich ein Auswechslungsplan, der am baubehördlich genehmigt wurde. Auf diesem Plan ist nördlich des Wohnhauses, in einem Abstand von ca. 1 m von der Grundgrenze, eine Hütte mit den Ausmaßen von ca. 4 m x 2 m eingezeichnet.
Mit einem am bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingelangten Ansuchen beantragten die Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers die Baubewilligung für den Umbau des bestehenden Wohnhauses. Mit Bescheid vom wurde die Baubewilligung erteilt, wobei ausgeführt wurde, dass entlang der Grundgrenze noch die Errichtung eines gemauerten Schuppens geplant sei. In einem am baubehördlich genehmigten Bauplan ist an der Grundgrenze, nördlich des Wohngebäudes, ein ca. 3 m x 4 m großer Schuppen im Lageplan eingezeichnet, wobei die Schmalseite an der Grundgrenze liegt.
Mit Schreiben vom teilte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit, dass er beabsichtige, den im Jahre 1934 bewilligten Schuppen zu renovieren und im Zuge der Renovierung den Schuppen bis an die Grundgrenze zu erweitern.
Im Zuge einer Anrainerbeschwerde wurde seitens der mitbeteiligten Stadtgemeinde am eine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt.
Mit Schreiben vom , dessen Ausfertigung der Beschwerde beiliegt, teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde sowohl dem Beschwerdeführer als auch den Anrainern, die die Beschwerde eingebracht hatten (Kreuzhofstr. 15), mit, dass auf Grund der angezeigten Missstände am eine Feststellungsverhandlung stattgefunden habe. Auf Grund der durchgeführten Feststellungsverhandlung werde vom Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz festgestellt:
"Für alle auf der Liegenschaft 'Haubenburger'
(Kreuzhofstraße 17) befindlichen Objekte wurde auf Grund der Aktenlage eine Bau- u. Benützungsbewilligung erteilt.
In den diesbezüglichen Verfahren wurden die damaligen Eigentümer des Anrainergrundstückes Kreuzhofstr. 15 nachweislich geladen u. haben diese gegen die jeweiligen Bauvorhaben keine Einwände erhoben. Auch gegen die Errichtung des Fensters in der Feuermauer (Außenwand an der Grundgrenze) beim Nebengebäude wurde von den damaligen Eigentümern der Liegenschaft Kreuzhofstr. 15 kein Einwand erhoben. Da der Grenzverlauf als Vorfrage im gegenständlichen Bauverfahren geprüft wurde, u. die damaligen Anrainer keine Einwände erhoben, werden die Parteien im gegenständlichen Verfahren auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Eine Ableitung von Wässern von den Objekten Kreuzhofstraße 17 auf die Liegenschaft Kreuzhofstr. 15 konnte nicht festgestellt werden.
Die Niederschrift der Feststellungsverhandlung vom
liegt in Abschrift bei.
Mit freundlichen Grüßen
Der Bürgermeister"
Es folgt eine unleserliche Unterschrift ohne leserliche
Beifügung des Namens des Bürgermeisters.
Nach mehreren Interventionen der Volksanwaltschaft wurde am eine weitere Feststellungsverhandlung gemäß § 33 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1996 auf dem gegenständlichen Grundstück durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass an der Grundgrenze ein Nebengebäude im Ausmaß von 4 m x 4,9 m mit einem Sockelgeschoss aus Steinmauerwerk mit einer Höhe von 2,20 m und einem aufgesetzten Obergeschoss in Holzbauweise steht. Der Beschwerdeführer erklärte dazu, dass das Nebengebäude im Jahre 1934 in ähnlicher Konzeption wie heute, nämlich Steinmauerwerk im Grundgeschoss und Holzaufbau im Obergeschoss, errichtet worden sei. Die Veränderung im Jahre 1984 sei nur insofern erfolgt, als das Gebäude bis zur Grundstücksgrenze verlängert worden sei und weitere Fenster im Obergeschoss eingebaut worden seien. Die Eingangstüre sei von der Ostseite auf die Südseite verlegt worden. Alle durchgeführten Bauabschnitte seien mit der Einwilligung der damaligen Anrainer erfolgt.
Mit Schreiben vom forderte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass der Verhandlung vom festgestellt worden sei, dass das Nebengebäude auf dem Grundstück des Beschwerdeführers um einen konsenslosen Zubau im Ausmaß von 1 m x 4 m bis an die Grundgrenze zu Gst. Nr. 303/2, KG Stuppach, erweitert wurde, auf, binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens unter Vorlage von Einreichplänen nachträglich um die Baubewilligung für den Zubau bei dem Nebengebäude anzusuchen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass bei Errichtung eines Objektes direkt an der Grundgrenze die Außenmauer öffnungslos und als Feuermauer ausgeführt sein müsse. Sollte nicht binnen vier Wochen unter Vorlage von Einreichunterlagen nachträglich um die baubehördliche Bewilligung für den Zubau beim Nebengebäude angesucht werden, habe die Baubehörde gemäß § 35 der NÖ Bauordnung 1996 den Abbruch des konsenslosen Zubaues anzuordnen.
Nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom die mitbeteiligte Stadtgemeinde darauf hingewiesen hatte, dass laut Bescheid vom für alle auf seiner Liegenschaft befindlichen Objekte eine Bau- und Benützungsbewilligung erteilt worden sei, erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Bescheid vom , mit welchem dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt wurde, den konsenslos errichteten Zubau beim Nebengebäude im Ausmaß von 1 m x 4 m bis abzubrechen.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom den Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen. Dies deshalb, weil keine neue Erfüllungsfrist festgesetzt worden und die Erfüllungsfrist des erstinstanzlichen Bescheides bei Erlassung des Berufungsbescheides bereits abgelaufen gewesen sei.
In weiterer Folge hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid neuerlich abgewiesen, die Erfüllungsfrist wurde mit neu festgesetzt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, "die Renovierungsanzeige" vom habe keinen Konsens geschaffen, weder durch Zustimmung noch durch Stillschweigen werde ein bewilligungspflichtiges Vorhaben zu einem bloß anzeigepflichtigen. Eine Baubewilligung für den Zubau sei nicht erteilt worden. Da der Beschwerdeführer unter Fristsetzung zur Einbringung eines Baubewilligungsansuchens aufgefordert worden und diesem Auftrag nicht nachgekommen sei, habe der Bürgermeister folgerichtig den Abbruch verfügt und es könne dem Gemeinderat nicht entgegengetreten werden, wenn er den Abbruchauftrag bestätigt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass im Jahre 1934 jedenfalls eine Baubewilligung für einen Schuppen im Abstand von 1 m zur Grundgrenze erteilt wurde. Auch in der Baubeschreibung vom , die dem Baugesuch vom zu Grunde lag, ist ein Schuppen enthalten. Ferner ist in der Verhandlungsschrift vom , die Bestandteil der Baubewilligung vom ist, ausgeführt, dass an der Grundgrenze die Errichtung eines gemauerten Schuppens geplant ist. Da auch im baubehördlich genehmigten Plan vom ein Schuppen in einer Länge von ca. 3 m an der Grundgrenze und einer Breite von ca. 4 m eingezeichnet ist, ist davon auszugehen, dass ein Schuppen in diesem Ausmaß unmittelbar an der Grundgrenze bewilligt wurde. Allerdings wurde von dieser Baubewilligung offensichtlich nur insofern Gebrauch gemacht, als ein Schuppen in einem Abstand von 1 m von der Grundgrenze errichtet wurde. Dies ergibt sich nicht nur aus der "Renovierungsanzeige" vom , sondern auch aus der Erklärung des Beschwerdeführers anlässlich der Überprüfungsverhandlung vom , in welcher er ausführte, dass die Veränderung im Jahre 1984 u.a. insofern erfolgte, dass das (Neben-) Gebäude bis zur Grundstücksgrenze verlängert wurde.
Selbst wenn die "Renovierungsanzeige" als Bauanzeige gewertet wird, konnte, da es sich um einen bewilligungspflichtigen Zubau handelte, der Mangel der erforderlichen baubehördlichen Bewilligung auch ohne Untersagung der Bauführung durch die Baubehörde durch einen Bauauftrag nach § 109 und § 113 BO 1976 aufgegriffen werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/05/0182, und die dort angeführte Vorjudikatur), weil aus der Unterlassung der rechtzeitigen Untersagung nach § 94 Abs. 3 BO 1976 keine Rechte abgeleitet werden konnten.
Auf Grund der unwidersprochen gebliebenen Bauanzeige vom ist somit kein Konsens für einen Zubau bis zur Grundgrenze geschaffen worden. Der Zeitraum von 1984 bis 1999 ist auch nicht so lange, dass von einem "vermuteten Konsens" ausgegangen werden könnte. Da eine Baubewilligung nur für ein Gebäude mit den Ausmaßen von 3 m x 4 m vorliegt, erweist sich somit der tatsächliche Bestand von 4,9 m x 4 m hinsichtlich eines 1,9 m breiten Streifens jedenfalls als konsenslos. (Eine Anzeige nach § 15 NÖ BO 1996 erfolgte nicht, schon wegen seiner Dimensionen (Grundrissfläche über 6 m2, Gebäudehöhe über 2 m) wäre dieser Zubau auch kein anzeigepflichtiges Vorhaben im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 1 NÖ BO 1996, sondern bedürfte nach wie vor einer Baubewilligung gemäß § 14 Z. 1 leg. cit.)
Der Verwaltungsgerichtshof teilt schon deshalb nicht die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die Erledigung des Bürgermeisters vom als Bescheid zu qualifizieren ist, weil diese Erledigung nicht die leserliche Beifügung des Namens des Unterfertigten aufweist. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0323, ausgeführt hat, vermochte die Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" die in § 18 Abs. 4 AVG (in der ebenso wie hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) obligatorisch vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden nicht zu ersetzen.
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ BO 1996 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.
Da der Beschwerdeführer den für die fehlende Baubewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist eingebracht hat, ist der Beseitigungsauftrag für den konsenslosen Zubau zu Recht ergangen. Dadurch, dass der Auftrag nur für einen Zubau im Ausmaß von 1 m x 4 m und nicht für 4 m x 1,90 m (jenen Teil, der die bewilligten 3 m x 4 m überschreitet) erteilt und auch nicht überprüft wurde, ob der Zubau vom bewilligten Altbestand technisch trennbar ist (im Falle der technischen Untrennbarkeit hätte ein Abbruchauftrag bezüglich des gesamten Nebengebäudes ergehen müssen), ist der Beschwerdeführer in keinen Rechten verletzt worden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Unterschrift des Genehmigenden Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 VwRallg7 Renovierungsanzeige |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2000:2000050136.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-56773