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VwGH 07.01.1959, 1995/58

VwGH 07.01.1959, 1995/58

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Von einem Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits vollständig ausgefertigten Urkunde (§ 21 GebG) kann nur dann gesprochen werden, wenn die Parteien, die den Zusatz oder Nachtrag vereinbart haben, dieselben sind die auch nach der Urkunde über den ersten Vertrag Parteien des Rechtsgeschäftes gewesen sind. (Hinweis auf hg. E vom , 2532/55, VwSlg 1346 F/1956).
Norm
GebG 1957 §33 TP5
RS 2
Unter „Wert“ iSd §33 TP 5 GebG ist der Preis (iSd § 1090 ABGB) zu verstehen um den der Bestandnehmer den Gebrauch der Bestandsache erhält. Zu diesem „Preis“ gehört alles, was der Mieter oder Pächter dem Vermieter oder Verpächter für die Überlassung des Gebrauches vertraglich leisten muss. (Hinweis auf hg. E vom , 1974/55, VwSlg 1829 F/1958).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der Firma A in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA VIII - 326 - 1958, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verein "S" in W hat auf Grund eines am  mit HW, ebenfalls in W, abgeschlossenen Vertrages bestimmte Teile der unter der Etablissementsbezeichnung zum "A" bekannten Wiener Liegenschaft in Bestand genommen. Als Zweck des Vertrages war in der darüber errichteten Urkunde ausdrücklich die Errichtung und Führung eines Lichtspielunternehmens angegeben. Als Mietzins wurde ein Betrag von monatlich S 6.200,-- vereinbart, der sich um monatlich S 300,--

erhöhen sollte, wenn in den "Bestandgegenstand solche Teile ... einbezogen werden, welche für den Vermieter den Verlust einer Garage, eines Gassenkabinetts und der Hausbesorgerwohnung zur Folge haben". Ferner hatte der Mieter auch noch die auf den Bestandgegenstand entfallenden Betriebskosten "im Sinne des § 2 des Mietengesetzes in der heutigen Fassung, die öffentlichen Abgaben und das tarifliche Reinigungsgeld an den Hausbesorger" zu tragen. Da der damalige Zustand der Liegenschaft für die Errichtung und Führung eines Kinounternehmens nicht geeignet war, war der Mieter nach dem Vertrag berechtigt, aber auch verpflichtet, am Bestandgegenstand - und zwar, von einer Ausnahme abgesehen, auf seine Kosten - alle jene Veränderungen und Ergänzungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, die notwendig oder zwecksmäßig sind, um den Konzertsaal und seine Nebenräumlichkeiten sowie die Kaffeehausräumlichkeiten unter Beachtung der einschlägigen baurechtlichen Vorschriften und nach der Auffassung neuzeitlicher Architektur gemäßigter Richtung bei Kinobauten überdurchschnittlicher Art und Größe in einen Kinosaal umzugestalten. Alle diese baulichen Veränderungen sollten nach dem Vertrage entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters übergehen. Nach Beendigung des Umbaues sollte der Mieter gehalten sein den Bestandgegenstand im ordentlichen Zustand zu erhalten, lediglich die Behebung ernster Hausschäden "nach Beendigung des Umbaues" sollte "Sache des Vermieters" sein. Der Vertrag war auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und sollte beiderseits auf die Rechtsnachfolger übergehen. Dem Mieter war das Recht zugestanden, seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrage an dritte Personen zu übertragen. Für diesen Vertrag hat das zuständige Finanzamt gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes, BGBl. Nr. 184/1946, in der geltenden Fassung, (GG) dem Verein "S" eine Rechtsgeschäftsgebühr von 1 v.H. von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 1,679.622,-- . d.s. S 16.796,-- vorgeschrieben. Das Finanzamt hat die Bemessungsgrundlage wie folgt ermittelt:


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S 6.200,-- Mietzins durch 9 Monate
S 55.800,--
S 6.500,-- Mietzins durch 27 Monate
S 175.000,--
Durchschnittliche Betriebskosten
 
von S 417,30 durch 36 Monate
S 15.022,--
Umbaukosten (auf Grund der Parteiangabe)
S 1,433.800,89
Summe
S 1.679,622,89
abgerundet auf S 1,679.622,--
 

In der Folge hat der Verein "S" mit mehreren anderen Personen einen Gesellschaftsvertrag zum Betriebe des Kinos "A" abgeschlossen. Die neu gegründete Gesellschaft hat unter der Firma "A Kommanditgesellschaft" ihre Tätigkeit aufgenommen. Auf Grund einer beurkundeten "Mietvertragsänderung, -ergänzung und - erweiterung" vom ist die genannte Gesellschaft die nunmehrige Beschwerdeführerin, an Stelle des Vereines in den Mietvertrag eingetreten, Gleichzeitig ist laut der genannten Urkunde eine Erweiterung des Bestandgegenstandes und mit Wirkung vom auch eine Erhöhung des Bestandzinses um S 1.500,-- von S 6.500,-- auf S 8.000,-- monatlich vereinbart worden. Dabei sind die Bestimmungen des Vertrages vom als sinngemäß anwendbar erklärt worden. Der neue Vertrag enthält überdies auch die folgende Klausel: "Der Mietvertrag vom gilt vereinbarungsgemäß für unbestimmte Zeit. Nach den Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes kann aber ein Bestandrecht nur auf eine bestimmte Zeit grundbücherlich eingetragen werden. Um dieser gesetzlichen Bestimmung genüge zu leisten, kommen beide Teile überein, das Bestandrecht für die Dauer von 25 Jahren, gerechnet vom an, zum Zwecke der Einverleibung des Bestandrechtes zu vereinbaren."

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt der Beschwerdeführerin für den Vertrag vom gemäß § 33 TP 5 GG eine 1 %ige Rechtsgeschäftsgebühr von einer Bemessungsgrundlage von S 4,051.880,89 vorgeschrieben. Es ist dabei von einem monatlichen Mietzins von S 8.000,-- zuzüglich der monatlichen Betriebskosten von S 728,60, zusammen also S 8.728,60 ausgegangen, hat davon den 25-fachen Jahreswert mit S 2,618.580,-- verrechnet und diesem Betrag den Aufwand für Umbauten in Höhe von S 1,433.300,89 hinzugeschlagen, so daß sich eine Bemessungsgrundlage von S 4,151.880,89 ergab.

Die Beschwerdeführerin berief gegen diesen Gebührenbescheid und machte geltend, der Vertrag vom sei nur als Zusatz oder Nachtrag zum Vertrage vom anzusehen und unterliege gemäß § 21 GG nur nach Maßgabe seines neuen Inhaltes einer Gebühr. Demnach hätte nur der zusätzlich vereinbarte Mietzins von 1.500,-- im Monat zuzüglich des Anteiles an den Betriebskosten, der auf die hinzugemieteten Räume entfalle

d. s S 311,30 einer "Vergebührung" unterworfen werden dürfen. Der alte Vertrag sei im übrigen auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden und daran habe sich auch durch den Nachtrag nichts geändert. Die Bestanddauer sei lediglich deswegen mit 25 Jahren festgelegt worden, damit der Vertrag im Grundbuch eingetragen werden könne. Zu Unrecht seien auch die Umbaukosten in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden. Sie hätten nunmehr zweimal als Grundlage der Gebührenbemessung gedient und stellten im Übrigen auch keinen Teil des Entgeltes dar. Der Bestandgegenstand sei vom Vermieter in brauchbarem Zustand übergeben worden und der Aufwand für die Instandsetzung des Bestandgegenstandes zum Betriebe eines Kinos hätte weder nach dem Gesetz noch auf Grund des Vertrages vom Bestandgeber verlangt werden können. Dieser Aufwand sei daher nicht als Nebenleistung im Sinne des § 19 Abs. 2 GG aufzufassen. Im übrigen sei ein Personenwechsel nicht eingetreten, denn die Vertragspartner seien die gleichen geblieben. Das Hinzutreten von Kommanditisten sei rechtlich bedeutungslos, da sich im Verhältnis nach außen dadurch nichts geändert habe.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte fest, daß der Mietvertrag vom auf Seite des Mieters unbestrittenermaßen vom Verein "S" als juristische Person und die Vereinbarung vom auf Seite des Mieters von der Firma "A Kommanditgesellschaft" abgeschlossen worden ist. Eine Kommanditgesellschaft trete aber, so führt die Begründung des Bescheides weiter aus, als solche nach außen in Erscheinung. Wenn ihr auch keine Rechtspersönlichkeit zukomme, so könne sie doch nach den einschlägigen Bestimmungen des Handelsrechtes unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Daraus folge, daß der Vertrag vom keine bloße Mietvertragserweiterung, sondern ein neuer Mietvertrag sei, der eine Anwendung des § 21 GG ausschließe und daher selbständig der Gebühr unterliege. Die Umbaukosten erwüchsen der Mieterin aus dem Vertrage, der Vermieter habe vertraglich einen klagbaren Anspruch auf Durchführung der Umbauarbeiten zunächst gegen den Verein und sodann auf Grund des zweiten Vertrages gegen die Kommanditgesellschaft erworben. Die Aufwendungen zur Erfüllung dieses Anspruches bildeten daher einen Teil des Wertes im Sinne des § 33 TP 5 GG. Die Bestimmung über die Vertragsdauer könne nur so verstanden werden, daß der Vertrag nach Ablauf der vereinbarten 25-jährigen Bestanddauer auf unbestimmte Zeit weitergelten solle. Die Angabe des Beweggrundes für die Vereinbarung der 25-jährigen Vertragsdauer sei gebührenrechtlich bedeutungslos.

Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß gemäß § 21 GG nur die zusätzlichen Rechte und Pflichten, die der Vertrag vom gebracht habe, hätten Gegenstand einer Gebühr sein können. Denn der Verein "S", der den Mietvertrag vom abgeschlossen hatte, sei auch Partner der "Mietvertragsabänderung, -ergänzung und -erweiterung" gewesen. Die einzige Änderung habe nur darin bestanden, daß im zweiten Vertrag an seine Seite noch andere Personen getreten sind. Der Beitritt dieser Personen stelle jedoch im vorliegenden Falle keine Neuerung dar, da nach wie vor der persönlich haftende Gesellschafter derselbe geblieben sei. Diese Auffassung der Beschwerdeführerin steht jedoch im Gegensatz zur bisherigen im Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1346/F, zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes. Darnach kommt die Bestimmung des § 21 GG nur zum Zuge, wenn die Parteien, die den Zusatz oder Nachtrag zu einem bereits beurkundeten Vertrag vereinbart haben, dieselben sind, die auch nach der Urkunde über den ersten Vertrag Parteien des Rechtsgeschäftes gewesen sind. Diese Voraussetzung ist aber im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Denn Parteien des Vertrages vorn waren HW und der Verein "S", Vertragspartner des Rechtsgeschäftes vom waren dagegen derselbe HW und die Firma "A Kommanditgesellschaft", die nach dem unbestrittenen Vorbringen der Parteien aus dem Verein "S" als dem persönlich haftenden Gesellschafter und aus mehreren Kommanditisten besteht. Waren aber die Parteien des Rechtsgeschäftes über den Zusatz oder Nachtrag nicht die gleichen Personen, die den ersten Vertrag abgeschlossen hatten, dann war auch § 21 GG nicht anwendbar. Die Gebühr vom Nachtrag war daher vom Gesamtentgelt für die Überlassung des Mietgegenstandes zu berechnen. Als "Wert" im Sinne des § 33 TP 5 GG ist, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vorn , Slg. Nr. 15.272/F, zum Ausdruck gebracht hat und auch in neuerer Zeit z.B. in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1974/55, bestätigt hat, der "Preis" anzusehen, um den der Bestandnehmer den Gebrauch der Bestandsache erhält. (Eine Abschrift des gerannten Erkenntnisses wird den Parteien auf Verlangen zugesendet werden.) Zum "Preis" gehört aber alles, was der Mieter oder Pächter dem Vermieter oder Verpächter für die Überlassung des Gebrauches vertraglich leisten muß. Im vorliegenden Streitfall war die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt der Verträge nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, am Bestandgegenstand alle jene Veränderungen und Ergänzungen auf ihre Kosten vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, die notwendig oder zweckmäßig sind, um den Bestandgegenstand in einen Kinosaal umzugestalten, wobei alle diese baulichen Veränderungen entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters übergehen. So wie in dem Fall, der zu dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom geführt hat, hat daher auch im vorliegenden Streitfall der Vermieter gegen die Beschwerdeführerin einen klagbaren Anspruch auf Durchführung von baulichen Arbeiten, und die Aufwendungen der Beschwerdeführerin hiefür sind also ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Ausmaße der Bestandgegenstand dadurch eine Werterhöhung erfahren hat, Teile des "Preises" für die Überlassung des Gebrauches am Mietgegenstand. Nun wird allerdings in der Beschwerde auf die Möglichkeit hingewiesen, daß in der Zeit zwischen dem Abschluß des Vertrages vom und dem Abschluß der ergänzenden Vereinbarung vom Umbauarbeiten bereits durchgeführt worden sein könnten, die also kostenmäßig noch den Verein "S" selbst getroffen haben würden und die daher die Beschwerdeführerin in Erfüllung des Vertrages vom nicht mehr hätten berühren können, daß also unter Umständen nicht der ganze für den Umbau aufgewendete Betrag in Höhe von S 1,433.800,89 in die Bemessungsgrundlage der Gebühr für den Vertrag vom einzubeziehen gewesen sei. Die belangte Behörde habe entsprechende Ermittlungen nicht angestellt und das von ihr durchgeführte Verfahren sei somit mangelhaft geblieben. Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin ist jedoch - wie die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift mit Recht ausführt - neu. Denn die Beschwerdeführerin hat etwas derartiges im Verwaltungsverfahren nicht eingewendet, obwohl sie aus dem Gebührenbescheid des Finanzamtes ersehen konnte, welchen Betrag dieses als "Umbaukosten laut Punkt VI des Vertrages" der Baumessungsgrundlage zugeschlagen hatte. Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1952 ist aber der Verwaltungsgerichtshof gehalten, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Er mußte daher diesen neuen Einwand der Beschwerdeführerin unberücksichtigt lassen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich schließlich noch dagegen, daß der Gebührenbemessung der 25-fache Jahreszins zugrunde gelegt worden ist. Es ist nun wohl richtig, daß der Vertrag vom auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist. Dies - und nur dies - ist im Vertrag vom festgestellt worden. Dessen ungeachtet ist jedoch im Vertrag vom das Bestandrecht mit der Begründung auf die Dauer von 25 Jahren vereinbart worden, daß nach den Bestimmungen des Grundbuchgesetzes ein Bestandrecht nur auf eine bestimmte Dauer einverleibt werden könne. Wenn nun der Mieter, um sein Bestandrecht auch gegenüber künftigen Eigentümern des Bestandgegenstandes zu sichern, mit dem Vermieter eine 25-jährige Bestanddauer vereinbart, so muß er dies auch gebührenrechtlich gegen sich gelten lassen. Das Recht einer früheren Aufkündigung des Vertrages vermag aber zufolge der Anmerkung zu § 33 TP 5 GG, keinen Einfluß auf die Festsetzung der Gebühr auszuüben. Die Beschwerde erweist sich daher in allen Punkten als unbegründet, sodaß ihr ein Erfolg versagt bleiben mußte; sie war demnach abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
GebG 1957 §21
GebG 1957 §33 TP5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1959:1958001995.X04
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-56699