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VwGH 25.02.1966, 1983/65

VwGH 25.02.1966, 1983/65

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
ApG 1907 §51 Abs2;
RS 1
Das im § 51 Abs 2 ApG vorgesehene Einvernehmen zwischen den Landeshauptleuten braucht nicht hergestellt werden, wenn zwar der Konzessionswerber eine in einem anderen Bundesland liegende Gemeinde als zum Einzugsgebiet der von ihm begehrten Apotheke gehörig bezeichnet hat, die Ermittlungen aber ergeben haben, dass dies nicht stimmt.
Norm
ApG 1907 §40 Abs3;
RS 2
Bei einer angenommenen Umsatzminderung einer Apotheke um einen bestimmten Prozentsatz kann nicht ohne nähere Begründung davon ausgegangen werden, dass auch der Reingewinn dieser Apotheke nur im gleichen Ausmaß sinken wird.
Norm
ApG 1907 §40 Abs3;
RS 3
Wenn auch Realapotheken keinem gesetzlichen Verpachtungszwang unterliegen und daher bei der Beurteilung ihrer Existenzfähigkeit grundsätzlich der Pachtschilling dem bilanzmäßigen Gewinn des Pächters zugeschlagen werden muss, so kann sich doch aus den Arbeitsmarktverhältnissen ergeben, dass tatsächlich die Verpachtung der Apotheke als einzige Möglichkeit Betriebsform in Betracht kommt. In diesem Fall muss zur Gewährleistung der Existenzfähigkeit der Gewinn auch ohne Hinzurechnung des Pachtschillings ausreichen um daraus jederzeit die Kosten eines angestellten Apothekenleiters decken zu können.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Kadecka, Dr. Skorjanec und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde 1) des Mr. pharm. KF in L und

2) des OP in W, beide vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien IV, Gußhausstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom , Zl. V-99.477-25/4-65 (mitbeteiligte Partei: Mr. pharm. JM in S, vertreten durch Dr. Gerald Mader, Rechtsanwalt in Mattersburg, Michael Kochstraße 18 b), betreffend Apothekenkonzession, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für soziale Verwaltung) hat den Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 1.260,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in derselben Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 109/64 verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde derselben Beschwerdeführer den Berufungsbescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom als rechtswidrig aufgehoben und in den Entscheidungsgründen bindende Rechtsauffassungen (§ 63 Abs. 1 VwGG 1965) festgelegt. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde nach Durchführung weiterer Ermittlungen die von den Beschwerdeführern wegen Existenzgefährdung der A-apotheke in L erhobene Berufung neuerlich abgewiesen und damit die mit Bescheid des Landeshauptmannes des Burgenlandes vom vorgenommene Verleihung der Konzession an die mitbeteiligte Partei zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in S bestätigt. Die belangte Behörde ist im wesentlichen auf Grund der nachstehend angeführten Überlegungen zu dem Ergebnis gelangt, daß die dem Erstbeschwerdeführer gehörige und vom Zweitbeschwerdeführer als Pächter betriebene Realapotheke in L durch die neu bewilligte Apotheke der mitbeteiligten Partei in ihrer Existenzfähigkeit nicht gefährdet werde:

Die bilanzmäßigen Umsätze der A-apotheke hätten in den Jahren 1962 und 1963 S 951.100,-- bzw. S 995.500,-- betragen; der Reingewinn habe sich auf S 176.785,-- bzw. S 169.855,-- belaufen, was einem Prozentsatz von 18,6 bzw. 16,9 des Umsatzes entspreche. Im Jahre 1964 sei ein Umsatz von S 969.837,-- festgestellt worden. Durch die neue Apotheke in S sei mit einem Rückgang des Umsatzes der A-apotheke um 30 % zu rechnen. Der Gewinn, der auf Grund des um 30 % geminderten Umsatzes des Jahres 1964 erzielbar sei, werde mit 16,9 % (entsprechend der niedrigeren Relation im Jahre 1963) angenommen. Diese Berechnung ergebe einen Betrag von S 114.730,--. Zwecks Beurteilung der Existenzfähigkeit der Apotheke sei diesem fiktiven Reingewinn im Sinne der Ausführung des zitierten Vorerkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich noch der an den Verpächter bezahlte Pachtschilling hinzuzurechnen. Die Beschwerdeführer hätten zwar im fortgesetzten Verfahren neu hervorgebracht, daß ein verantwortlicher Leiter im Angestelltenverhältnis für die Apotheke in L unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht gefunden werden könne, sodaß die Verpachtung praktisch als einzige mögliche Betriebsform in Frage komme; obgleich diese Ansicht auch durch ein Gutachten der Apothekerkammer erhärtet sei, schließe sich die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung dem damit nicht übereinstimmenden Gutachten der Pharmazeutischen Gehaltskasse an und gehe - insbesondere im Hinblick darauf, daß die Apotheke in D seit durch einen angestellten Apothekenleiter betrieben werde - von der Annahme aus, daß gegebenenfalls auch für die Aapotheke in L ein verantwortlicher Leiter im Angestelltenverhältnis gefunden werden könnte. Der Pachtzins, der laut Pachtvertrag 8 % des Umsatzes betrage, würde bei Zugrundelegung des um 30 % verminderten Umsatzes des Jahres 1964 rund S 54.300,-- ausmachen. Schlage man diese Summe dem oben angegebenen fiktiven Reingewinn des Jahres 1964 (S 114.730,--) zu, so ergebe sich ein Betrag von S 169.000,--, der ausreiche, um daraus die Kosten eines verantwortlichen Apothekenleiters zu decken. Diese seien für das Jahr 1964 von der Gehaltskasse für die Apotheke in L mit S 159.870,-- einschließlich der erforderlichen Urlaubsvertretung und der Abgeltung der erhöhten Nachdienste errechnet worden. Zur Bewältigung eines Umsatzes von S 700.000,-- sei nach dem Gutachten der Apothekenkammer im allgemeinen nicht mehr als eine pharmazeutische Fachkraft erforderlich. Es verbliebe somit noch ein Restbetrag von fast S 10.000,--, aus dem - an Stelle der bisher als Riskenausgleicherin voll tätigen Ehefrau des Apothekenpächters - die Kosten einer Bedienerin getragen werden könnten.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Unzuständigkeit erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Was zunächst die Unzuständigkeit anlangt, so haben die Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren die Rechtsansicht geäußert, daß der Bescheid des Landeshauptmannes des Burgenlandes, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession erteilt worden war, auf Grund der von den Beschwerdeführern eingebrachten Berufung schon wegen Unzuständigkeit aufzuheben gewesen wäre, weil die genannte Behörde es verabsäumt habe, gemäß § 51 Abs. 2 Apothekengesetz das Einvernehmen mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich herzustellen.

Wäre diese Ansicht zutreffend, so würde dies den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten, nicht aber die Unzuständigkeit der belangten Behörde bewirken. Eine solche inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt aber nicht vor. Denn es hat sich, wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend hervorgehoben wird, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens einwandfrei herausgestellt, daß die in Niederösterreich gelegene Gemeinde N, deren Einwohner nach den Angaben des Konzessionswerbers von der neu zu errichtenden Apotheke in S mit Heilmitteln versorgt werden sollten, als Einzugsgebiet dieser Apotheke keinesfalls in Betracht kommt.

Dagegen konnte der Beschwerde in anderen Punkten der Erfolg nicht versagt werden.

1.) Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich festgestellt, daß durch die Errichtung der Apotheke in S mit einer Minderung des Umsatzes der A-apotheke in L um 30 % zu rechnen sei. Sie hat den durch diese Umsatzminderung bedingten Gewinnausfall errechnet, indem sie die im Jahre 1963 festgestellte Relation zwischen Umsatz und Gewinn (16,9 %) auf den um 30 % verkürzten Umsatz des Jahres 1964 anwendete. Damit ist aber die belangte Behörde entgegen der im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ausgesprochenen Rechtsanschauung, daß es ohne Prüfung auf die Frage, inwieweit die sogenannten fixen Kosten im Falle einer Umsatzminderung einen überproportionalen Gewinnrückgang bedingen, nicht anhängig sei, bei einem angenommenen Umsatzrückgang von 30 % einen Gewinnausfall von 35 % anzunehmen, neuerlich der Untersuchung dieser Frage ausgewichen. Für die aus der nunmehr durchgeführten Berechnungsmethode zwingend abzuleitende Ansicht der belangten Behörde, daß sich das Verhältnis zwischen Umsatz und Gewinn auch im Fall einer 30%igen Umsatzminderung überhaupt nicht ändern werde, wird im angefochtenen Bescheid ebensowenig eine Begründung gegeben, wie für die dem aufgehobenen früheren Berufungsbescheid zugrunde gelegte Annahme, daß eine 30%ige Umsatzminderung eine 35%ige Gewinneinbuße zur Folge haben werde. Der vorliegende Bescheid ist daher mit dem gleichen Verfahrensmangel belastet wie der Bescheid der belangten Behörde vom .

2.) Im Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Hinzurechnung des Pachtschillings ausgeführt, daß bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit einer Realapotheke der Pachtschilling grundsätzlich nicht unberücksichtigt bleiben darf, weil ja der Inhaber einer solchen Apotheke keinem gesetzlichen Zwang zur Verpachtung derselben unterliege, ihm vielmehr auch die Möglichkeit offenstehe, die Apotheke durch einen angestellten Leiter zu betreiben. Die Beschwerdeführer haben im fortgesetzten Verfahren geltend gemacht, daß zwar kein gesetzlicher, wohl aber ein faktischer Zwang zur Verpachtung bestehe, weil unter den gegebenen Verhältnissen ein verantwortlicher Leiter im Angestelltenverhältnis für die Apotheke nicht gefunden werden könne. Zur Überprüfung dieser Behauptung hat die belangte Behörde sowohl die Pharmazeutische Gehaltskasse als auch die Österreichische Apothekerkammer (Landesstelle für Niederösterreich und das Burgenland) um eine gutächtliche Stellungnahme ersucht. Erstere hat in ihrem Schreiben vom nach Hervorhebung des Umstandes, daß leichter ein vertretungsberechtigter Pharmazeut zur Übernahme einer Pacht oder zum Kauf einer Apotheke gewonnen werden könne als zur Führung des Betriebes für fremde Rechnung, zusammenfassend folgende Auffassung vertreten:

"Der absolut gegebene Mangel an pharmazeutischen Fachkräften und die in jüngster Zeit durchgeführten Erhebungen der Pharmazeutischen Gehaltskasse haben einen zusätzlichen Bedarf zum derzeitigen Beschäftigungsstand von rund 300 Pharmazeuten ergeben und lassen den Schluß zu, daß es auf alle Fälle äußerst schwierig wäre, den Fortbetrieb der Apotheke in L durch einen angestellten Apothekenleiter zu sichern."

Die letztgenannte Stelle bezeichnet in ihrem Schreiben vom die Beurteilung der Pharmazeutischen Gehaltskasse als äußerst vorsichtig und setzt dann wörtlich fort:

"Nach den Erfahrungen der Landesstelle für Niederösterreich und Burgenland muß es derzeit völlig ausgeschlossen werden, unter den augenblicklichen und auch auf absehbare Zeit hinaus bestehenden Arbeitsmarktverhältnissen einen leitungsberechtigten Apotheker zu finden, der unter den gesetzlichen, kollektivvertraglichen und sonstigen lohngestaltenden Konditionen zur Übernahme der verantwortlichen Leitung der öffentlichen Apotheke in L auf einen mehr als kurzfristigen Zeitraum bereit wäre." Da die Möglichkeit eines Verkaufes der Apotheke zwecks Fortführung eines Betriebes im Rahmen der Beurteilung der Existenzgefährdung ausscheide, kommt die Apothekenkammer zu dem Schluß, "daß als mögliche Betriebsform derzeit tatsächlich nur die Verpachtung übrig bleibt."

Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides sagt, sie habe sich angesichts der "nicht übereinstimmenden Gutachten aus zwei Gründen dazu entschlossen, den diesbezüglichen Ausführungen der Pharmazeutischen Gehaltskasse zu folgen und die Möglichkeit einer Führung der A-apotheke durch einen verantwortlichen Leiter als gegeben anzunehmen, und zwar deshalb, weil einerseits die Berufungswerber selbst die Einholung eines Gutachtens von dieser Stelle beantragt hätten und weil andererseits die Apotheke in D seit dem nicht mehr verpachtet sei, sondern von einem angestellten Apothekenleiter betrieben werde, so vermögen diese Ausführungen aus mehreren Gründen keinesfalls zu überzeugen. Zunächst hat es die Pharmazeutische Gehaltskasse als "äußerst schwierig" bezeichnet, den Fortbetrieb der Apotheke in L durch einen angestellten Apotheker zu sichern. Folgt man dieser Ansicht, dann muß die Aussicht, einen angestellten Apothekenleiter zu finden, als sehr gering bezeichnet werden, ein Umstand, der für sich allein geeignet ist, eine Gefährdung des Fortbetriebes der A-apotheke bei Wegfall des Pächters anzunehmen. Das Apothekengesetz geht ja im § 10 Abs. 3 davon aus, daß eine neue Konzession schon dann zu verweigern ist, wenn die Existenzfähigkeit einer bestehenden Apotheke gefährdet ist. Folglich bedarf es zur Verweigerung einer neuen Konzession nicht der Gewißheit, daß die bestehende Apotheke bei Erteilung der Konzession zugrunde gehen werde, es genügt vielmehr das Bestehen einer solchen Gefahr. Eine solche Gefahr kann aber nicht ausgeschlossen werden, wenn die Aussicht, an Stelle des Pächters einen angestellten Apothekenleiter zur Fortführung des Apothekenbetriebes zu gewinnen, sehr gering ist und gleichzeitig der fiktive Reingewinn für eine Verpachtung nicht hinreicht. Dazu kommt, daß die Pharmazeutische Gehaltskasse eine Institution zur gleichmäßigen Regelung der Besoldung aller angestellten Apotheker darstellt und die Angabe derartiger Gutachten nicht in ihre Zuständigkeit fällt, während die kraft Gesetzes (§ 2 Abs. 2 lit. a des Apothekenkammergesetzes BGBl. Nr. 152/1947) zur Erstattung von Gutachten in Apothekenangelegenheiten berufene Apothekenkammer in einer absolut eindeutigen Weise die Möglichkeit, die Apotheke in L durch einen angestellten Leiter führen zu lassen, gänzlich ausschließt.

Tatsächlich ist die belangte Behörde mit ihrer Annahme, daß die A-apotheke gegebenenfalls von einem angestellten Leiter geführt werden könnte, keinem der von ihr eingeholten Gutachten gefolgt. Die von der belangten Behörde vertretene Ansicht kann aber mit dem bloßen Hinweis auf die Verhältnisse in der Apotheke in D keinesfalls schlüssig begründet werden. Denn die Beschwerdeführer haben bereits im fortgesetzten Verfahren (Stellungnahme vom ) vorgebracht, daß die Führung der Apotheke in D durch eine angestellte Apothekenleiterin nur auf besondere Umstände des Falles zurückzuführen sei, weshalb daraus keine allgemein gültigen Folgerungen gezogen werden könnten. Auf Grund dieses Vorbringens wäre die belangte Behörde, wenn sie auch der Tatsache der Tätigkeit einer angestellten Apothekenleiterin in D allein so weittragend und den vorliegenden Gutachten widersprechende Schlußfolgerungen ziehen wollte, gehalten gewesen, weitere Ermittlungen über die Umstände zu pflegen, unter denen es zur Anstellung der Apothekenleiterin in D gekommen ist. Daß die belangte Behörde diesfalls zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, ergibt sich aus dem präzisierten Beschwerdevorbringen, daß die Stelle eines verantwortlichen Leiters in D nur gegen die Zusage des Eigentumserwerbes an der Apotheke besetzt habe werden können, welcher Eigentumsübergang allerdings wegen zivilrechtlicher Schwierigkeiten noch nicht vorgenommen worden sei.

Zusammenfassend ist somit zu sagen, daß angesichts der vorliegenden beiden Gutachten und des Vorbringens der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren die Annahme der belangten Behörde, wonach die A-apotheke jederzeit von einem angestellten verantwortlichen Leiter geführt werden könnte, in dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine hinreichende Deckung findet. Da aber gerade diese Annahme ausschlaggebend dafür war, daß die belangte Behörde die Frage der Existenzgefährdung der A-apotheke verneint hat, bildet dieser Umstand einen weiteren wesentlichen Verfahrensmangel.

Sollte die belangte Behörde ihre Annahme nicht durch neue überzeugende Argumente zu unterstützen vermögen, so wird bei Erlassung des neuen Bescheides davon auszugehen sein, daß im Sinne des Gutachtens der Apothekenkammer die Verpachtung dermaßen die einzig mögliche Betriebsform der A-apotheke in L darstellt, was zur Folge hätte, daß eine Hinzurechnung des Pachtschillings zu dem fiktiven Reingewinn des Pächters nicht zulässig wäre.

Aber selbst wenn sich auf Grund neuer Tatsachen ergeben sollte, daß mit einer Betriebsführung durch einen angestellten Apothekenleiter praktisch gerechnet werden könne, so müßte darauf Bedacht genommen werden, daß nach den Punkten IX Z. 2 und X Z. 4 und 7 des Apothekenpachtvertrages dem Verpächter gewisse, wenn auch eingeschränkte Verpflichtungen zur Finanzierung von Anschaffungen und baulichen Maßnahmen für die Apotheke obliegen, welcher Umstand im Sinne der Rechtsausführungen im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die volle Hinzurechnung des Pachtschillings ausschließen würde, sofern die Beschwerdeführer entsprechende Nachweise über das tatsächliche Ausmaß der Verpflichtungen des Verpächters erbringen sollten.

3.) Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Annahme der belangten Behörde, daß der von ihr angenommene reduzierte Jahresumsatz der A-apotheke von S 679.000,-- von einer pharmazeutischen Fachkraft allein bewältigt werden könnte, muß angesichts der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als ebensowenig schlüssig bezeichnet werden. In der diesbezüglichen gutächtlichen Stellungnahme der Apothekerkammer vom , auf die sich der angefochtene Bescheid beruft, wird zwar gesagt, daß ein Umsatz von ca. S 700.000,-- pro Kopf eines Pharmazeuten dem Bundesdurchschnitt entspreche, jedoch hinzugefügt, daß dieser Durchschnitt bei Apotheken mit starker Belastung der arbeitsextensiven Dienstbereitschaft erheblich unterschritten werde. Im Fall der A-apotheke in L, in der gegenwärtig neben dem Pächter auch dessen Frau als Riskenausgleicherin im Volldienst tätig ist, hält die Apothekenkammer bei einem Umsatzrückgang um 20 bis 30 % die Beschäftigung eines weiteren Pharmazeuten im Halbdienst neben dem Apothekenleiter für erforderlich, weil andernfalls bei Bestand einer einzigen Landapotheke an einem Ort die Besorgung der Bereitschaftsdienste und die Erfüllung der reinen Leiteraufgaben unter Berücksichtigung weiterer Umstände (wie zB überdurchschnittlicher Anfall von magistralen Verschreibungen und dergleichen) eine zumutbare Belastung darstellen würde. Der angefochtene Bescheid setzt sich somit mit dieser gutächtlichen Stellungnahme in Widerspruch, ohne für die abweichende Auffassung eine Begründung zu geben. Auch darin ist ein Verfahrensmangel zu erblicken.

Da die belangte Behörde trotz der aufgezeigten Mängel bei der von ihr vorgenommenen Berechnung selbst zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der fiktive Reingewinn der A-apotheke zuzüglich des Pachtschillings die Kosten eines verantwortlichen Leiters nur um S 10.000,-- übersteigen würde - welcher Restbetrag für die Bezahlung einer erforderlichen Hilfskraft gerade noch ausreiche - ist klar, daß sie bei Vermeidung auch nur eines der aufgezeigten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Demgemäß war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften abgesehen werden. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften abgesehen werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, § 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. B der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ApG 1907 §40 Abs3;
ApG 1907 §51 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1965001983.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-56598