Suchen Hilfe
VwGH 24.10.1963, 1953/62

VwGH 24.10.1963, 1953/62

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
EnergiewirtschaftsG 1935 §14;
EnergiewirtschaftsG 1935 §17;
EnergiewirtschaftsG 1935 §20;
EnergiewirtschaftsG 1935 §9;
RS 1
Dem durch ein Elektrizitätsprojekt betroffenen Grundeigentümer kommt Parteistellung bereits im Prüfverfahren und nicht erst im Enteignungsverfahren zu (Hinweis E , 0822/60, VwSlg 5594 A/1961).
Norm
EnergiewirtschaftsG 1935 §17;
RS 2
Die Belange des Rundfunks und Fernsehens zählen nicht zu jenen öffentlichen Interessen, die nach § 17 des Niederösterreichischen Elektrizitätsgesetzes im Prüfungsverfahren wahrzunehmen sind.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2007-2010/62

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Vejborny, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Knoll als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Roth, über die Beschwerden

1) des Dr. F und der GS, des JB, des JD, des A und der EA, des Ing. J und der M H, sämtliche in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung und des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. 1128/13-1962, betreffend Genehmigung einer Energieanlage,

2) des Dr. F und der GS, beide in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. L.A.I/5-1132/2-1962, betreffend Enteignung zugunsten einer Energieanlage,

3) des HB und des JD, beide in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. L.A.I/5-1309/1-1962, betreffend Enteignung zugunsten einer Energieanlage,

4) des A und der EA, beide in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. L.A.I/5-1313/1-1962, betreffend Enteignung zugunsten einer Energieanlage, und schließlich

5) des Ing. J und der MH, beide in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. L.A.I/5-1311/1-1962, betreffend Enteignung zugunsten einer Energieanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Bescheide Zl. L.A.I/5-1132/2-1962, L.A.I/5-1309/1-1962, L.A.I/5-1313/1-1962, L.A.I/5-1311/1-1962 sowie der Bescheid Zl. L.A.I/5-1128/13-1962, letzterer, soweit er der Niederösterreichischen Landesregierung zuzurechnen ist, werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Hingegen wird die Beschwerde gegen den Bescheid Zl. L.A.I/5- 1128/13-1962, insoweit dieser dem Landeshauptmann von Niederösterreich zuzurechnen ist, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Stadtgemeinde Wien (Wiener Stadtwerke-Elektrizitätswerke), die mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, stellte am beim Amte der Niederösterreichischen Landesregierung unter Beilage von Projektsunterlagen den Antrag auf elektrizitätsrechtliche Genehmigung zur Errichtung von Hoch- und Niederspannungsanlagen in P, Siedlung B. Hierüber wurde mit Kundmachung vom "im Sinne der Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes vom , Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 156/1939, des Gesetzes vom , LGBl. für NÖ. Nr. 133/1957, sowie der übrigen einschlägigen Vorschriften ..." die mündliche Verhandlung für den anberaumt. Die Beschwerdeführer wurden zu dieser Verhandlung nicht geladen und auch nicht durch die hiezu beauftragte Ortsgemeinde W geeignet verständigt, dies offensichtlich deshalb, weil das Projekt de Einbeziehung des im Projektsgebiete befindlichen Grundeigentumes der Beschwerdeführer nicht vorgesehen hatte.

Bei der mündlichen Verhandlung wurden Einsprüche von Grundeigentümern nicht vorgebracht. Die Amtssachverständigen erklärten das Projekt als vom technisch-sicherheitspolizeilichen Standpunkt sowie "vom Standpunkte der sonstigen öffentlichrechtlichen Interessen" unter der Voraussetzung als zulässig, daß die einschlägigen Sicherheits- und Betriebsvorschriften neben mehreren anderen, hier nicht weiter bedeutsamen Auflagen eingehalten würden.

Mit dem hinsichtlich des Spruches I vom Landeshauptmann, bezüglich des Spruches II von der Landesregierung erlassenen Bescheid vom wurde einerseits die Genehmigung nach dem Energiewirtschaftsgesetz, anderseits die nach dem Landesgesetze vom . LGBl. Nr. 133 erteilt.

Wie aus einer u.a. auch durch die Beschwerdeführer gefertigten und an das Gemeindeamt W gerichteten Eingabe vom hervorgeht, erachteten sich mehrere Eigentümer von im Bereiche der seither ausgeführten Hochspannungs-Freileitung gelegenen Grundstücken ("H-siedler") durch die Führung dieser Freileitung beschwert. Nach ihrem Vorbringen wären mehr Masten für eine nachfolgend zu errichtende Lichtleitung nötig als ursprünglich vorgesehen. Einzelne Maste seien ohne Einwilligung der Betroffenen über deren Grundeigentum geführt worden. Die Anrainer fühlten sich durch die neue Freileitung in ihrer Sicherheit bedroht und forderten entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Der Rundfunk- und Fernsehempfang werde durch die parallel mit der 110 kV-Speiseleitung der Österreichischen Bundesbahnen geführte Freileitung nur mit entsprechendem Kostenaufwand ermöglicht. Es werde deshalb eine Erdverkabelung oder Verlegung der "20.000 kV-Leitung" begehrt. Bei einer auf Grund dieser Beschwerde laut Aktenvermerk des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom vorgenommenen örtlichen Begehung und Aussprache, an der auch Vertreter der Wiener Stadtwerke beteiligt waren, wurde festgestellt, daß die 20 kV-Leitung nicht ganz projektsgemäß ausgeführt worden sei, weil in drei Fällen projektswidrig für die Errichtung von A-Masten teilweise private Grundstücke herangezogen worden seien. Auch seien dort, wo die Einfachmaste auf Straßengrund zu stehen kamen, private Grundstücke ca. 15 - 20 cm breit von einzelnen Phasen der Hochspannungsleitung überspannt wurden. Den betroffenen Siedlern sei in Aussicht gestellt worden, daß die Stützpunkte der Hochspannungsleitung so weit auf Straßengrund errichtet werden, daß jede Heranziehung privater Grundstücke vermieden werden könne. Gleichzeitig sei ihnen aber vor Augen geführt worden, daß diese Art der Mastaufstellung für die Benützung des künftigen Gehsteiges nicht sehr vorteilhaft sei, während anderseits die Beanspruchung privaten Grundes nur ganz minimal erfolge. Schwierigkeiten in der Energieversorgung der geplanten Wochenendhäuser würden sich nicht ergeben.

Mit einer an das Amt der Niederösterreichischer Landesregierung gerichteten Eingabe vom begehrten die betroffenen Grundeigentümer die Entfernung der Maste von ihren Grundstücken und die projektsgemäß vorgesehene Aufstellung auf öffentlichem Gut. Mit Schreiben des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurden daraufhin die Wiener Stadtwerke von diesem Begehren in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, die Leitungsstützpunkte so zu errichten, daß eine Inanspruchnahme fremden Grundes entfalle.

Einem weiteren Amtsvermerk vom ist zu entnehmen, daß am eine Besprechung (mit Beteiligung auch der Wiener Stadtwerke) stattfand, bei der als Ergebnis einer Vermessung durch einen Geometer festgehalten wurde, daß die Grundstücksgrenzen der Siedler der "H-siedlung" mit den planmäßigen Grenzen nicht übereinstimmen. Bei projektsgemäßer Ausführung der Hochspannungsleitung würde diese in einer untragbaren Weise auf die Siedlungsstraße zu stehen kommen oder es mußten private Grundstücke herangezogen werden. Falls die betreffenden Grundeigentümer einer solchen Beanspruchung ihres Eigentums nicht zustimmen würden, müßten die Wiener Stadtwerke unter Vorlage eines ordnungsgemäßen Planes einen Wiederaufnahmsantrag gemäß § 69 AVG 1950 einbringen.

Mit Eingabe vom regten die Wiener Stadtwerke beim Amte der Niederösterreichischen Landesregierung an, das Verfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen, weil neue Tatsachen hervorgekommen seien, die im Verfahren ohne Verschulden der Stadtwerke nicht hätten geltend gemacht werden können. Diese Tatsachen seien darin gelegen, daß Organe der Stadtwerke gutgläubig annehmen mußten, daß die in der Natur vorhandenen Grundstücksgrenzen gegen die H-straße mit den in den Katasterplänen vorhandenen und bei der Trassierung vorgefundenen Grenzen übereinstimmten, was sich jedoch erst nach Rechtskraft des Bescheides vom als unrichtig herausgestellt habe. Es habe sich ergeben, daß durch die gegenständliche Anlage die Grundstücke Nr. nn1, EZ nn2, Nr. nn3, EZ nn4, Nr. nn 5, EZ nn6, Nr. nn7, EZ nn8, Nr. nn9, EZ nn10, Nr. nn11, EZ nn12, Nr. nn13, EZ nn14 und Nr. 15, EZ nn16, sämtliche zur Katastralgemeinde W gehörig, durch geringfügige Überspannungen und teils auch durch Mastschenkel in Anspruch genommen werden. Diese Tatsachen hätten voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt, da für einen Leitungsverlauf der 20 kv-Leitung im Bereich der H-straße über die genannten Grundstücke nicht bloß über öffentliches Gut im Bereich der H-straße zu entscheiden gewesen wäre und unter den Forderungen der Beteiligten etwaige Einwendungen der Grundeigentümer zu berücksichtigen gewesen wären.

Für den Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens stellten die Stadtwerke gleichzeitig mit gesondertem Antrag vom das Begehren, das Miteigentum der Beschwerdeführer Dr. F und GS an dem Grundstücke Nr. nn7, EZ nn8, im Wege der Enteignung dahin zu beschränken, daß diese Beschwerdeführer auf Grund einer bücherlich einverleibten Servitut verpflichtet werden, den Wiener Stadtwerken-Elektrizitätswerke zu gestatten, über dieses Grundstück eine Leitung zu spannen, die fertiggestellte Leitung zu betreiben, instandzuhalten, zu erneuern und umzubauen, die diese Arbeiten sowie den sicheren Bestand der Anlage hindernden und gefährdenden Bäume, Sträucher und Äste zu entfernen und zu allen diesen Zwecken das genannte Grundstück zu betreten und alles zu unterlassen, was eine Beschädigung oder Störung der Leitung zur Folge haben könnte. Die Ausführung von Baulichkeiten aller Art innerhalb eines Bereiches von 6 m beiderseits der Mittellinie der Leitung sei an die vorherige Zustimmung des Leitungsbesitzers zu binden. Außerdem solle die Entschädigung festgesetzt werden.

Mit Kundmachung vom ordnete der Landeshauptmann von Niederösterreich unter Bezugnahme auf den Antrag der Wiener Stadtwerke vom und unter Hinweis auf die bereits in der Kundmachung vom näher bezeichneten Gesetzesvorschriften eine mündliche Verhandlung für den  an. Mit einer weiteren Kundmachung vom gleichen Tage wurde für denselben Zeitpunkt auf Grund des Antrages der Wiener Stadtwerke vom von der Niederösterreichischen Landesregierung die Enteignungsverhandlung anberaumt.

In der bei der Verhandlung über die Projektsgenehmigung aufgenommenen Niederschrift wurde festgestellt, daß sich bei der Durchführung der bescheidmäßig genehmigten Bauarbeiten herausgestellt habe, daß die in der Natur vorhandenen Grundgrenzen im Bereiche der H-straße nicht, wie im ursprünglichen Plane vorgesehen, in einer geraden Linie verlaufen, sondern ungefähr bei Parzelle Nr. nn17 einen geringfügigen Bruch aufweisen. Dies hätte bei Durchführung des ursprünglichen Projektes zur Folge gehabt, daß die beiden A-Maste bei den Parzellen Nr. nn1 und nn5 fast in der Straßenmitte zur Aufstellung gekommen wären. Aus diesem Grunde habe eine Trassenkorrektur vorgenommen werden müssen. Auch stimmten die in der Natur vorhandenen Grundstücksgrenzen und die dem Genehmigungsverfahren für diesen Leitungsabschnitt unterstellten Grundstücksgrenzen mit den nach einer Neuvermessung später vorgelegten Katasterplänen nicht vollständig überein, sodaß nunmehr durch die vorgesehene Leitung teilweise andere Grundparzellen als ursprünglich vorgesehen, in Anspruch genommen werden müßten. Die Leitung werde nunmehr im Bereiche der Stützpunkte ungefähr in der Höhe der Parzelle Nr. nn18 bis zum Stützpunkt auf Parzelle Nr. nn/173 geringfügig geändert. im Zuge dieser Trassenänderung werde der bereits bestehende Stützpunkt bei der Parzelle Nr. nn18 derart abgeändert, daß er zur Gänze auf öffentlichem Grund und nicht, wie derzeit, mit einem Schenkel im Bereiche des Zaunfundamentes zu stehen komme. Von diesem Stützpunkte führe die Leitung in einer geraden Linie durchwegs auf öffentlichem Grund und unmittelbar neben den angrenzenden privaten Grundstücken bis zu einem A-Mast, von dem ein Schenkel auf Parzelle Nr. nn17 und der andere auf öffentlichem Grund situiert werde. Von diesem A-Maste führe die Trasse in einer Geraden bis zu einem A-Mast, der mit einem Schenkel auf der Parzelle Nr. nn3 und mit dem zweiten auf öffentlichem Gut zu stehen komme. Ferner gelange ein weiterer A-Mast auf Parzelle Nr. nn1 und auf öffentlichem Gut zur Errichtung. Die Leitung binde schließlich in den bestehenden A-Mast auf Parzelle Nr. nn/173 bzw. in die Leitung zur Trafostation ein. Als Stützpunkte kämen in diesem Bereich imprägnierte Nadelholzmaste von mindestens 11 m Länge auf Betonfüßen zum Einbau, um die Unterkreuzung von künftigen Ortsnetzleitungen bei Einhaltung des vorschriftsmäßigen Abstandes zu gewährleisten. Die Leitung werde in diesem Bereich durchwegs mit erhöhter Sicherheit, d.h. mit Isolatoren Type VDH 25 auf Bockkonsolen, verlegt.

Bei der Verhandlung waren die Beschwerdeführer rechtsfreundlich vertreten. Sie wandten sich gegen die beabsichtigte Grundbeanspruchung mit dem Einwande, daß es unzulässig sei, das Genehmigungsverfahren und Enteignungsverfahren nunmehr einzuleiten, weil die Stromleitung aus irgendwelchen Gründen fehlerhaft gesetzt worden sei. Die derzeitige Trassenführung, die nachträglich genehmigt werden solle, sei durchaus vermeidbar. Durch sie werde die Gestaltung der Privatgrundstücke, insbesondere ihre Bepflanzung, behindert. Durch die bloß 50 m entfernte Führung einer bereits bestehenden 110 kV-Leitung werde zusammen mit der gegenständlichen Stromleitung das Radiohören und das Fernsehen derart nachteilig beeinflußt, daß es unzumutbar sei, der Anlagenerrichtung zuzustimmen. Ein weiterer Nachteil sei die Notwendigkeit der Verkabelung der Fernsprechleitung. Angesichts der in dieser Gegend bestehenden Temperaturunterschiede gewähre eine Hochspannungsleitung nicht die erforderliche Sicherheit. Es werde darauf verwiesen, daß bereits die 110 kV-Leitung in unmittelbarer Nähe der Siedlung gerissen sei. Sämtliche Einfriedungen, soweit sie metalleitend sind, müßten geerdet werden. Für die Siedlung müsse noch eine weitere Stromzuleitung erstellt werden. Durch alle diese Leitungsführungen würden Belange des Naturschutzes verletzt. Beantragt werde die Unterkabelung der Leitung, allenfalls auch über Grund und Boden der Beschwerdeführer, bzw. die Verlegung der Leitung auf die Straße (öffentliches Gut), und zwar in der Weise, daß bei einer Straßenbreite von 10 m für den Gehsteig 1 m im Anschluß an das Privateigentum, dann ein 2 m breites Bankett für die Straßenführung, sohin ein 5 m breiter Streifen für die Straße und der Rest für einen zweiten Gehsteig verwendet werde. Werde die Leitungsanlage in der gegenwärtigen Art (Verlegung der A-Maste teils auf öffentlichem, teils auf Privatgrund) beibehalten, dann sei die Anlage eines Gehsteiges unmittelbar anschließend an die Privatgrundstücke unmöglich, weil diese Maste inmitten des Gehsteiges stünden. Zum Beweise der Störung des Rundfunk- und Fernsehempfanges werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Ein Enteignungsverfahren sei daher nicht notwendig und außerdem nicht durchführbar, weil der Trassenverlauf nicht feststehe. Diese Erklärung wurde, wie sich aus den aufgenommenen Verhandlungsniederschriften ergibt, gleichlautend von allen Beschwerdeführern für das Genehmigungsverfahren und von den Beschwerdeführern Dr. F und GS im Enteignungsverfahren abgegeben. Es wurde aber in der Niederschrift über das Enteignungsverfahren festgehalten, daß die diesbezügliche Erklärung auch für die übrigen Beschwerdeführer gelte.

Das im Genehmigungsverfahren erstellte Gutachten des Amtssachverständigen erstreckte die Vorschreibungen des ersten Genehmigungsverfahrens auch auf dieses Verfahren und bezog sich sonst im wesentlichen auf die bestehenden einschlägigen Sicherheits- und Betriebsvorschriften. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer erfolgte in diesem Verfahren nicht. In der Niederschrift über das Enteignungsverfahren findet sich die Aussage des Amtssachverständigen, daß einer Aufstellung der Leitungsstützpunkte unmittelbar neben der zukünftigen Fahrbahn nicht zugestimmt werden könne", weil der Bestand der Leitung unter Umständen durch Fahrzeuge gefährdet sein würde und eventuell auch eine erhöhte Gefahr für die persönliche Sicherheit gegeben wäre. Der Vorschlag, die 20 kV-Leitung im Verbauungsbereich zu verkabeln, würde im Vergleich zur Freileitung Mehrkosten im mindesten fünffachen Ausmaße bewirken, was vom energiewirtschaftlichen Standpunkt nicht zumutbar und vertretbar sei. Eine Erdung der Metallzäune sei nicht erforderlich, da die 20 kV-Leitung in diesem Abschnitt an und für sich mit erhöhter Sicherheit auegeführt werde. Hinsichtlich der Unterkreuzung der Leitung mit den kommenden Niederspannungsleitungen werde bemerkt, daß die Leitung in derart großer Höhe geführt werde, daß die vorgeschriebenen Abstände in jedem Fall eingehalten werden können. Durch die Masthöhe von 11 m sei eine Leitungshöhe der untersten Phase von 9 m gegeben, sodaß auch keine wesentliche Beeinträchtigung der Bepflanzung der betroffenen Gartengrundstücke (Vorgarten) erfolge. Infolge der bereits durchgeführten Telephonverkabelung sei es möglich, in diesem Bereich Fernsprechteilnehmer jederzeit ohne Mehrkosten anzuschließen. Dem hielt der Vertreter der Beschwerdeführer entgegen, daß durch die Versetzung der Leitungsmaste an die Straßengrenze keine erhöhte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehr entstünde, weil die A-Maste eine Breite von höchstens 2 m hätten, jedoch 3 m Grünanlage zur Aufstellung solcher Maste zur Verfügung stünden. Denn die Straßenbreite sei mit 5 m vorgesehen, 2 m für Gehsteige, sodaß 3 m für die Aufstellung der Maste übrigblieben. Außerdem handle es sich um eine Sackgasse, in der nur ein ganz geringfügiger Verkehr stattfinden werde. Der Bürgermeister der Gemeinde W erklärte hiezu, daß er die Zustimmung zur projektsgemäßen Inanspruchnahme von Gemeindegrund gebe. Er finde, daß die gewählte Trasse auch vom verkehrstechnischen Standpunkt die günstigste sei und ein Verleger der Trasse in Straßengrund die Verkehrssicherheit wesentlich behindern würde.

Am langten sodann beim Amte der Niederösterreichischen Landesregierung drei weitere Enteignungsanträge der Wiener Stadtwerke ein, in denen ebenso wie früher bezüglich des Grundeigentums des Dr. F und der GS (Parzelle Nr. nn7) die zwangsweise Duldung des Leitungsbaues und -betriebes durch die übrigen Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundparzellen Nr. nn20, nn21 und nn22 begehrt wurden.

Mit dem namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich und der Niederösterreichischen Landesregierung erlassenen Bescheid vom wurde im Spruch I "im Sinne der Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes vom , Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 156/1939, in der zurzeit geltenden Fassung", den Wiener Stadtwerken die Genehmigung zur Errichtung und zum Betriebe der gegenständlichen Anlage unter den vom Amtssachverständigen geforderten Auflagen erteilt. Die wegen Sicherheitsgefährdung und Gefährdung des Rundfunk- und Fernsehempfanges erhobenen Einwendungen wurden abgewiesen. Im Spruch II wurde die Genehmigung nach dem Landesgesetze vom , LGBl. Nr. 133 Fassung nach dem Gesetz LGBl. Nr. 275/1960 (kurz: NÖ. Elektrizitätsgesetz), unter der Auflage ausgesprochen, daß die Verlegung der Leitungsseile im strittigen Bereich erst nach Durchführung des Enteignungsverfahrens ausgeführt werden dürfe. Die Einsprüche der Beschwerdeführer, betreffend den Natur- und Landschaftsschutz, wurden abgewiesen, während die Entscheidung über ihr sonstiges Vorbringen dem Abspruch über die Enteignung vorbehalten wurde.

In der Begründung hiezu hieß es, daß angesichts der nachträglich hervorgekommenen Widersprüche zwischen den Katasterplänen und den Grenzen in der Natur die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt worden sei. Die behauptete Sicherheitsgefährdung sei nach den Verfahrensergebnissen nicht gegeben. Die Belange des Rundfunks und des Fernsehens seien von der Fernmeldebehörde, die des Landschafts- und Naturschutzes von der Naturschutzbehörde wahrzunehmen. Den Beschwerdeführern stehe nicht das Recht zu, in diese öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzugreifen. Die gewählte Trasse sei als die zweckmäßigste hervorgekommen. Es sei nicht Aufgabe der Genehmigungsbehörde, über Abänderungsanträge von Grundeigentümern, wonach andere Grundstücke zur Leitungsführung herangezogen werden sollten, abzusprechen.

Mit Bescheid vom wurde gegenüber den Beschwerdeführern Dr. F und GS die seitens der Stadtwerke beantragte Enteignung unter Berufung auf die §§ 9 und 20 des NÖ. Elektrizitätsgesetzes in vollem Umfang aus gesprochen, die Entschädigung einem besonderen Bescheid vorbehalten. Zugleich wurden die Stadtwerke gemäß § 20 Z. 3 dieses Gesetzes in Anbetracht der Dringlichkeit der Bauausführung im Enteignungsumfang in den Besitz der Parzelle Nr. nn7 eingewiesen. Der Einspruch der Grundeigentümer wurde als unbegründet abgewiesen. Ihr Antrag, die Leitung auf Straßengrund zu verlegen, habe aus den vom Amtssachverständigen dargelegten Gründen und auch deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil die Straßenverwaltung aus Verkehrssicherheitsgründen die Inanspruchnahme öffentlichen Straßengrundes auf ein Mindestmaß beschränken müsse. Auch bei dieser geringfügigen Leitungsverschiebung wäre die Parzelle der Antragsgegner dennoch durch Duldung der Sicherheitszone in Anspruch genommen worden. Eine Verkabelung der Leitung sei durch die Wiener Stadtwerke abgelehnt worden. Bei der Beurteilung der Frage, ob die geplante Anlage unter Beanspruchung des Grundstückes der Antragsgegner ausgeführt werden müsse, sei darauf hinzuweisen, daß der Erforderlichkeit der Enteignung nicht mit dem Hinweis begegnet werden könne, daß nicht das in Aussicht genommene, sondern ein anderes Grundstück geeigneter sei. Die Eignungsprüfung sei nicht vom Standpunkte des Grundeigentümers, sondern von dem des technischen Vorhabens vorzunehmen. Im weiteren befaßte sich die Begründung noch mit den Einwänden über die Erdung der Metallzäune und die Telephonverkabelung.

Mit drei weiteren Bescheiden vom , die dem oben angeführten Bescheide gleichen Datums völlig gleichgeartet sind, wurde die beantragte Enteignung auch gegenüber den restlichen Beschwerdeführern verfügt. Besonders zu erwähnen ist die jeweils in der Bescheideinleitung enthaltene Feststellung, daß der Enteignungsantrag Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom gewesen sei.

Sämtlichen Bescheiden wird mit den nunmehr dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorliegenden Beschwerden Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last gelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat alle Beschwerden wegen ihres inneren Zusammenhanges zur gemeinsamen Erledigung verbunden und über sie erwogen:

I.

Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom :

Die unter 1) genannten Beschwerdeführer bringen gegen die offenkundig von Amts wegen vorgenommene Wiederaufnahme des Verfahrens nur vor, daß die Unstimmigkeiten über den Grenzverlauf bei einer ordnungsgemäßen Abführung des Verfahrens schon seinerzeit hätten auffallen müssen. Damit allein vermögen sie indes nicht darzutun, daß die belangten Behörden zu Unrecht von der Ermächtigung des § 69 Abs. 3 AVG 1950 Gebrauch gemacht hätten. Denn das Vorbringen der Beschwerdeführer läßt jeden Hinweis darauf vermissen, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach die hier allein in Betracht kommenden Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. b dieser Gesetzesstelle im einzelnen nicht gegeben gewesen seien. Im übrigen Teil wird der Bescheid ausdrücklich nur insoweit bekämpft, als durch ihn zufolge der Genehmigung des beabsichtigen Leitungsbaues das Eigentum der Beschwerdeführer beeinträchtigt wird. Daraus folgt, daß sich die Beschwerdeführer erkennbar nicht gegen die dem Landeshauptmann von Niederösterreich (in mittelbarer Bundesverwaltung) zuzurechnende Entscheidung wenden, weil mit dieser nur jene Bestimmungen des mit Kundmachung vom , Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 156/1939, in Österreich bekanntgemachten Energiewirtschaftsgesetzes vom , DRGBl. I S. 1451, zur Anwendung gekommen sind, welche Vorschriften über die "Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen" sowie über "Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet" im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG enthalten und gemäß § 2 des Rechts-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 6/1945, unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht darstellen. In den Beschwerdeausführungen fehlt jedenfalls ein verwertbarer Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführer auch die Ablehnung der im Verfahren aus dem Titel der Gefährdung der persönlichen Sicherheit bzw. der Sicherheit des Eigentums gebrachten Einwendungen bekämpfen wollten. Soweit die Beschwerdeführer aber vorbringen, daß der dem Landeshauptmann zuzurechnende Bescheidspruch keine Stütze in einer geltenden Rechtsgrundlage besitze, weil das Energiewirtschaftsgesetz für den Bereich der in Art. 12 B-VG umfaßten Angelegenheiten außer Kraft getreten sei, übersehen sie, daß - wie vorhin dargelegt - vom Landeshauptmann eine Entscheidung in dieser Richtung nicht getroffen wurde. Die für diesen Bereich gerügte Unterlassung der Anführung der maßgebenden Gesetzesstellen ist schon deshalb nicht bedeutsam, weil die Beschwerde, wie ebenfalls schon klargestellt wurde, diesen Teil des angefochtenen Bescheides sonst nicht erfaßt hat und daher nicht zu ersehen ist, in welchem Rechte die Beschwerdeführer durch diesen Verfahrensmangel verletzt sein sollen. Soweit dieser Bescheid also dem Landeshauptmann zuzurechnen ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Gemäß § 14 des NÖ. Elektrizitätsgesetzes sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, vor dem Bau, der Erneuerung, der Änderung und der Erweiterung von elektrischen Anlagen der Landesregierung Mitteilung zu machen. Nach § 17 darf ein solches Bauvorhaben erst dann in Angriff genommen werden, wenn von der Landesregierung festgestellt wird, daß gegen die Durchführung vom Standpunkte der öffentlichen Interessen aus Bedenken nicht zu erheben sind. Mit dieser Regelung hat der Landesgesetzgeber eine gleichartige Ordnung der Durchführung von Bauvorhaben der gegenständlichen Art getroffen, wie sie bereits in der vorher geltenden "Anordnung über die Mitteilungspflicht der Energieversorgungsunternehmen in der Ostmark" vom , Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 143, enthalten war. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher angesichts der Gleichartigkeit der früheren und der nunmehrigen gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Frage der Parteistellung im Genehmigungsverfahren der durch ein Energiebauvorhaben berührten Grundeigentümer auf seine bisherige Judikatur zu berufen. Er hat darin zu wiederholten Malen (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis vom , Slg. N. F. 5594/A) seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, daß den Grundeigentümern bereits im Prüfverfahren und nicht erst im Enteignungsverfahren Parteistellung zukommt und daß sie daher einwenden können, daß ein Projekt in der geplanten Art nicht ausgeführt werden müsse. Derjenige, auf dessen Liegenschaftseigentum sich ein derartiges Projekt bezieht, wird eben bereits dadurch, daß das Projekt ohne Beanspruchung seines Eigentums nicht ausführbar ist, in seinen rechtlichen Interessen berührt und ist daher kraft der Vorschrift des § 8 AVG 1950 Partei nicht nur in dem - eine Genehmigung des Projektes voraussetzenden -

Enteignungsverfahren, sondern auch im Genehmigungsverfahren selbst. Ihm muß also das Recht zur Einwendung zukommen, daß kein öffentliches Interesse daran bestehe, das Projekt nur in der geplanten Art auszuführen. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auffassung auch für den Beschwerdefall fest. Daher geht auch die Berufung der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3215/A, fehl, weil darin nur von den in einem Enteignungsverfahren zulässigen Einwendungen die Rede war.

Wenn also die belangte Behörde in ihrem Genehmigungsbescheide die Auffassung vertreten hat, daß über die Frage der Notwendigkeit der projektsmäßigen Eingriffe in das Grundeigentum der Beschwerdeführer und über die in dieser Richtung gebrachten Parteieinwendungen erst im Enteignungsverfahren abgesprochen werden dürfe, hat sie die Rechtslage grundlegend verkannt.

Demnach erweist sich der Bescheid vom , soweit er der Niederösterreichischen Landesregierung zuzurechnen ist, seinem Inhalte nach als rechtswidrig und mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufgehoben werden. Wohl aber ist festzustellen, daß die von den Beschwerdeführern im Rundfunk- und Fernsehbereich erwarteten Störungen ihrer Natur nach nicht geeignet sind, eine Beeinträchtigung des durch das Bauprojekt erfaßten und in der Beschwerde allein als verletzt bezeichneten Grundeigentums darzustellen. Dazu kommt, daß die nach § 17 des NÖ. Elektrizitätsgesetzes vorzunehmende Prüfung "der öffentlichen Interessen" jedenfalls Gebiete nicht ergreifen kann, zu deren Regelung der für das Gebiet des "Elektrizitätswesens" im Sinne der Bestimmung des Art. 12 Abs. 1 Z. 7 B-VG kompetente Landesgesetzgeber nicht berufen ist. Das Rundfunkwesen, zu welchem auch das Fernsehen zählt, ist als Bestandteil des Telegraphenwesens zufolge Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 2721). Daher kann auch der Schutz des Rundfunks vor Störungen nicht zu jenem Interessenbereich zählen, den § 17 des NÖ. Elektrizitätsgesetzes im Auge hat.

II.

Zu den unter 2) bis 5) angeführten Beschwerden:

Eine Enteignung konnte nur dann rechtmäßig sein, wenn das vorangehende Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß abgeführt worden war. Erwies sich der Genehmigungsbescheid als rechtswidrig erlassen und mußte er deshalb der Aufhebung verfallen, so war damit den nachfolgenden Enteignungsbescheiden die Rechtsgrundlage entzogen. Es mußten deshalb auch die eingangs unter 2) bis 5) näher bezeichneten Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung vom gemäß § 42 Abs. 2 lit. 4 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes der Aufhebung verfallen. Bei den Bescheiden zu 3) bis 5) kam noch hinzu, daß in diesen Fällen überdies ein Enteignungsbescheid erlassen worden war, obwohl die betreffenden Anträge der Wiener Stadtwerke bei der belangten Behörde erst einige Tage nach der mündlichen Verhandlung vom eingelangt waren und somit gar nicht Gegenstand dieser Verhandlung sein konnten.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
EnergiewirtschaftsG 1935 §14;
EnergiewirtschaftsG 1935 §17;
EnergiewirtschaftsG 1935 §20;
EnergiewirtschaftsG 1935 §9;
Sammlungsnummer
VwSlg 6128 A/1963
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1962001953.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-56429