Suchen Hilfe
VwGH 12.02.1965, 1767/64

VwGH 12.02.1965, 1767/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
EStG 1953 §21 Abs3;
RS 1
Die steuerliche Begünstigung, den Aufwand für Großreparaturen in gleichen Beträgen innerhalb von 10 Jahren absetzen zu können, geht nicht auf einen Käufer über, der das Haus lange nach Durchführung der Großreparatur in einem späteren Jahr erwirbt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde der MP in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-3404/63, betreffend einheitliche Feststellung von Hauseinkünften für die Jahre 1961 und 1962, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

An dem Haus in Wien XX, G-gasse 30, dessen Einheitswert S 84.900,-- betrug, ließen in den Jahren 1957 und 1958 die damaligen Hauseigentümer Herbert T. (zu 2/3) und Josefa T. (zu 1/3) Großreparaturen durchführen. Aus diesem Anlaß nahmen sie Sparkassendarlehen auf, zu deren Sicherstellung sie einerseits die Liegenschaft verpfändeten, andererseits die aus der Vermietung des Hauses eingehenden Mietzinse für sich und ihre Rechtsnachfolger bis zur vollen Tilgung der Darlehensbeträge an die Darlehensgläubigerin zedierten. In den Erklärungen über die Einkünfte aus der Hausgemeinschaft für die Jahre 1957 und 1958 stellten die Hauseigentümer gemäß § 21 Abs. 3 EStG den Antrag, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die für die Großreparaturen aufgewendeten Kosten gleichmäßig auf 10 Jahre zu verteilen. Das Finanzamt gab diesem Antrage Folge und berücksichtigte auch bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1959 und 1960 jeweils die Zehntelbeträge des seinerzeitigen Großreparaturenaufwandes als Werbungskosten.

Im Jahre 1961 erwarb die Beschwerdeführerin von Herbert T. dessen 2/3tel Hausanteil um den Kaufpreis von S 28.800,--. Als hierauf die Hauseigentümer für die Jahre 1961 und 1962 die Absetzung von Zehntelbeträgen in jenem Ausmaße begehrten, wie sie bereits in den Vorjahren mit Erfolg geltend gemacht worden waren, billigte das Finanzamt lediglich der Miteigentümerin Josefa T., die nach wie vor Eigentümerin eines Hausdrittels verblieben war, die fortgesetzte Absetzung des auf sie entfallenden Anteiles der Zehntelbeträge zu, während es der Beschwerdeführerin die Anerkennung dieser Abzugspost mit der Begründung versagte, daß die Begünstigung des § 21 Abs. 3 EStG durch Verkauf verlorengehe und vom Käufer nicht fortsetzend in Anspruch genommen werden könne.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie machte dabei - abgesehen von einem im Verwaltungsgerichtshofverfahren nicht mehr aufrechterhaltenen Beschwerdepunkt - im wesentlichen geltend, daß das Finanzamt seinerzeit ausdrücklich anerkannt habe, daß die Großreparaturkosten gleichmäßig auf 10 Jahre verteilt werden; an dieses Anerkenntnis sei die Finanzbehörde auch gegenüber einem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Hauseigentümers gebunden. Im vorliegenden Falle seien die Großreparaturen unter Inanspruchnahme von Sparkassenkrediten durchgeführt und die Hauptmietzinse zur Sicherung dieser Kredite an die Sparkasse zediert worden. Die Beschwerdeführerin habe dies beim Kauf des Hausanteiles zur Kenntnis nehmen und sich damit abfinden müssen, daß sie infolge der Zession der Mietzinse noch durch eine Reihe von Jahren keine Einkünfte aus dem Hause erzielen werde. Es sei daher rechtswidrig, ihr Mietzinse, die sie gar nicht vereinnahmt habe, als Einkünfte zuzurechnen, und andererseits Werbungskosten nicht anzuerkennen, obschon diese mit der Rückzahlung der von ihr übernommenen Darlehensschuld in engstem Zusammenhange stünden.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung damit, daß die an die Sparkasse erfolgten Zahlungen der abgetretenen Mietzinse eine Verminderung der Schuld der Hauseigentümer bewirkten und daher als den Hauseigentümern zugeflossene Mieteinnahmen anzusehen seien. Was aber die Steuerbegünstigung des § 21 Abs. 3 EStG betreffe, so stehe diese nur dem Eigentümer eines Hauses zu, der die Reparaturaufwendungen aus eigenen Mitteln aufgebracht oder die Belastung der Liegenschaft mit einem Reparaturdarlehen auf sich genommen habe, nicht aber dem Käufer, der die erworbene Liegenschaft wegen der bestehenden Hypotheken billiger an sich gebracht hat, als wenn keine hypothekarische Belastung vorhanden gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der sie jedoch mangels Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes abwies und zur Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde, an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat hierüber erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 3 EStG sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten, die für die Erhaltung von Gebäuden aufgewendet werden und die nicht regelmäßig jährlich erwachsen (Großreparaturen), auf Antrag gleichmäßig auf 10 Jahre zu verteilen.

Der Steuerpflichtige, der an seinem Hause Großreparaturen durchführen läßt, hat demnach hinsichtlich der steuerlichen Absetzung der Reparaturkosten insofern ein Wahlrecht, als er entweder den gesamten Aufwand im Jahr, seiner Entstehung absetzen oder die gleichmäßige Verteilung dieses Aufwandes auf 10 Jahre beantragen kann. Dadurch wird dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt, die steuermindernde Wirkung von außergewöhnlich hohen Werbungskosten auf 10 Jahre zu verteilen, während er ohne diese Sonderbestimmung den gesamten Aufwand für Großreparaturen in dem Jahr, in dem er gemacht wurde, geltend machen müßte, was sehr oft zu einem Verlust führen würde, der mangels seiner Vortragsfähigkeit steuerlich ohne Auswirkung bliebe. Es handelt sich somit um eine steuerliche Begünstigung, die jenem Steuerpflichtigen zukommen soll, der den Aufwand für eine Großreparatur getragen hat; das ist aber in der Regel der Hauseigentümer, der die Großreparatur durchführen ließ. Dieser erwirbt durch die im § 21 Abs. 3 EStG vorgesehene Regelung das Recht, einen in einem einzigen Jahr gemachten Werbungskostenaufwand in Zehntelbeträgen durch 10 Jahre hindurch geltend zu machen, und dieses Recht steht ihm grundsätzlich auch unabhängig davon zu, ob er in den folgenden Jahren Eigentümer des betreffenden Hauses bleibt. Denn es handelt sich hier ja nicht - wie bei der Regelung des § 99 Abs. 4 EStG - um irgendeine Sonderform der AfA, welche naturgemäß objektgebunden wäre, sondern um einen nicht aktivierungspflichtigen Aufwand, der wirtschaftlich ein einziges Jahr belastet hatte und bloß hinsichtlich seiner einkommensteuerlichen Auswirkung auf mehrere Jahre aufgeteilt werden darf. Diese einkommensteuerliche Begünstigung muß aber dem Steuerpflichtigen im allgemeinen auch dann erhalten bleiben, wenn er das Haus verkauft, in welchem Falle die steuerlich noch nicht geltend gemachten Zehntelbeträge, denen nach dem Willen des Gesetzgebers faktisch der Werbungskostencharakter durch 10 Jahre hindurch gewahrt bleiben soll, gemäß § 24 Z. 2 EStG als Werbungskosten aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 5 bis 7 EStG zu berücksichtigen wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2233/F).

Dagegen kann die Beschwerdeführerin aus der Tatsache, daß sie von einem der beiden Hauseigentümer, welche in den Jahren 1957/1958 die Großreparaturen hatten durchführen lassen, dessen Hausanteil nachträglich käuflich erworben hat, nicht die Berechtigung ableiten, nun auch die Geltendmachung der Zehntelbeträge als Werbungskosten in ihrer Steuererklärungen fortsetzen zu können, umsoweniger, als sie die Last des Großreparaturenaufwandes aus eigenem gar nicht getragen hat. Denn sie hat zwei Drittel eines Hauses, dessen Einheitswert S 84.900,-- betrug, um einen Kaufpreis von bloß S 28.800,-- erworben. Dieser überaus niedrige Kaufpreis, der etwa der Hälfte des auf die erworbenen Hausanteile entfallenden Einheitswertes entsprach, kam offenbar nur deshalb zustande, weil bei der Kaufpreiserstellung die von der Käuferin mitübernommene Sparkassenschuld entsprechend berücksichtigt wurde. Daraus ergibt sich aber, daß der Käufer, der sich mit einem um die Sparkassenschuld verminderten Kaufpreis zufrieden geben mußte, die auf seinen Anteil entfallenden Kosten der Generalreparatur wirtschaftlich endgültig aus eigenem getragen hat, während die Übernahme der Sparkassenschuld für die Beschwerdeführerin wirtschaftlich bloß eine Form der Deckung eines Teiles der Anschaffungskosten dargestellt hatte. Denn wer als Käufer einer Liegenschaft eine Hypothekarschuld übernimmt, bezahlt bei Tilgung dieser Schuld - von seinem wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen - immer (mit dem Erwerb der Liegenschaft zusammenhängende) Anschaffungskosten und bloß formell jene Kosten, zu deren Deckung der frühere Hauseigentümer seinerzeit die Hypothekarschuld aufgenommen hatte. Geschah dies beispielsweise zur Deckung von Spitalskosten, so bezahlt der spätere Erwerber des Hauses bei Tilgung der Hypothekarschuld wirtschaftlich ebensowenig Spitalskosten als er Reparaturkosten zahlt, wenn der frühere Hauseigentümer das Hypothekardarlehen zur Bestreitung von Reparaturkosten aufgenommen hatte. Für den Käufer des Hauses stellt vielmehr die Tilgung der beim Erwerb der Liegenschaft mitübernommenen Hypothekarschuld wirtschaftlich immer nur die Bestreitung von Anschaffungskosten dar, mag der frühere Eigentümer die Hypothekarschuld zu welchem wirtschaftlichen Zwecke immer aufgenommen haben.

Wenn schließlich die Beschwerdeführerin noch meint, daß ihr die an die Sparkasse zedierten Mietzinse, nicht als "Mieteinkünfte" angerechnet werden können, weil sie ihr infolge der direkten Überweisung an die Darlehensgläubigerin niemals "zugeflossen" seien, so befindet sie sich gleichfalls in einem Irrtum. Denn abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall die Mietzinse nach der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin vom Hausverwalter, also ihrem Vertreter, einkassiert und an die Sparkasse abgeführt wurden, gelten Zahlungen, die ein Schuldner des Steuerpflichtigen auf Grund einer Forderungsabtretung unmittelbar an einen Gläubiger des Steuerpflichtigen leistet, dem Steuerpflichtigen als im Zeitpunkt der Zahlung als Einnahme zugeflossen (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBL. 1938, S. 1093).

Aus allen diesen Erwägungen war somit die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Zur Durchführung einer Verhandlung sah sich der Gerichtshof nicht veranlaßt, da die Beschwerdeführerin eine Verhandlung erst nach Ablauf der Beschwerdefrist und somit verspätet beantragt hatte (vgl. § 39 Abs. 1 lit. a VwGG 1965).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
EStG 1953 §21 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964001767.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-55863