VwGH 08.06.1959, 1528/57
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | GrEStG 1955 §11 Abs1 Z1 |
RS 1 | Die Übernahme der gesamten Vertragserrichtungskosten durch die Käufer bildet eine "sonstige Leistung" gem § 11 Abs 1 Z 1 GrEStG 1955, denn "übernommene Leistungen" sind insbesonders solche, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund der Parteiabrede vom Erwerber getragen werden müssen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH Erkenntnis 1953/04/22 0310/51 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des Vereines “S“ gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII - 618/1957, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der beschwerdeführende Verein erwarb mit Kaufvertrag vom eine Liegenschaft. Im Punkt IX des Vertrages wurde vereinbart, daß der Käufer alle mit der Errichtung, Genehmigung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Barauslagen, Gebühren, Steuern, Abgaben und Kosten, welcher Art immer, zu tragen habe. Das zuständige Finanzamt schrieb dem beschwerdeführenden Verein eine Grunderwerbsteuer vor. Der Bemessungsgrundlage dieser Steuer wurde auch die Hälfte der Koster der Vertragserrichtung zugeschlagen. Dagegen erhob der beschwerdeführende Verein Berufung. Die belangte Behörde wies die Berufung ab. In der Begründung wurde ausgeführt, es könne nicht mit Erfolg bestritten werden, daß in der Übernahme der gesamten Vertragserrichtungskosten durch den Käufer eine zusätzlich gewährte Leistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (BGBl. Nr. 140/1955, GrEStG.) zu erblicken sei, denn zusätzlich gewährte Leistungen im Sinne dieser Gesetzesstelle seien namentlich solche Leistungen, die dem Verkäufer obliegen, aber auf Grund der Parteienvereinbarung vom Käufer getragen werden müssen (siehe Kommentar Boruttau-Klein zum Grunderwerbsteuergesetz, Ausgabe 1940, S. 335, und Fritsch „Das Grunderwerbsteuergesetz 1955“, Ausgabe November 1955, S. 227 und 231). Im vorliegenden Fall hätten beide Vertragsteile den gleichen Rechtsanwalt mit der Errichtung des Kaufvertrages beauftragt und somit seien beide Vertragsteile gemäß §§ 1004 und 1014 ABGB. im Endergebnisse zu dessen Entlohnung zumindest nach § 896 ABGB. nach Anteilen verpflichtet. Wenn der Käufer vereinbarungsgemäß die gesamten Vertragserrichtungskosten zu bezahlen habe, so habe er damit den sonst auf Grund des Gesetzes vom Verkäufer zu leistenden Anteil an diesen Kosten übernommen. Dieser Anteil bilde somit eine im Sinne der §§ 10 und 11 GrEStG steuerpflichtige, vom Käufer zusätzlich gewährte Leistung. Daß diese Leistung nicht unmittelbar dem Verkäufer zufließe, könne an dieser Beurteilung nichts ändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 11 Abs. 1 Z. 1 dieses Gesetzes ist die Gegenleistung bei einem Kaufe der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Der beschwerdeführende Verein bekämpft die Rechtsansicht der belangten Behörde, die halben Vertragserrichtungskosten seien sonstige Leistungen, die als Gegenleistung anzusehen seien, mit dem Vorbringen, die belangte Behörde gehe von der unrichtigen Rechtsansicht aus, daß die Bestimmungen der §§ 1004, 1014 und 896 ABGB zwingendes Recht seien; es handle sich aber gerade hier um nachgiebiges Recht. Es stehe daher den Parteien frei, die angeführten gesetzlichen Bestimmungen durch den Vertrag auszuschließen und in beliebiger Form zu ändern. Dies hätten die Vertragspartner im vorliegenden Fall getan, sodaß diese gesetzlichen Vorschriften nicht zur Anwendung gelangen könnten. Es stehe auch dem Anwalte gegen die Verkäuferin kein Anspruch im Sinne der §§ 1004 und 1014 ABGB. zu, weil er durch die Verfassung des Vertrages einen derartigen Anspruch auf Belohnung gegenüber der Verkäuferin ausdrücklich ausgeschlossen habe. Ein derartiges Begehren gegenüber der Verkäuferin wäre nicht nur standes- und sittenwidrig, sondern würde auch der getroffenen Vereinbarung, durch die die subsidiär geltenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches ausgeschaltet worden seien, widerstreiten. Es liege in der Natur eines Vertrages, daß zwar alle am Vertrage Beteiligten häufig gezwungen seien, einem Anwalte Vollmacht zum Abschluß und zur Durchführung eines Vertrages zu erteilen, daß aber „eine Kostenverpflichtung mit der Vollmachtserteilung bei einem der Vertragspartner nicht übernommen“ werde.
Die belangte Behörde hat mit Recht auf das Erkenntnis vom , Zl. 310/51, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichthof in einem gleichartigen Fall entschieden hat, daß bei der Übernahme der gesamten Vertragserrichtungskosten durch die Käufer eine „sonstige Leistung“ im Sinne des § 11 GrEStG. zu erblicken ist. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß Artikel 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 220/1952, verwiesen. Der beschwerdeführende Verein ist nicht im Recht, wenn er meint, daß die belangte Behörde von der Ansicht ausgegangen sei, es handle sich bei den angeführten Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches um zwingendes Recht. Gerade der Umstand, daß diese Bestimmungen nicht zwingendes Recht sind, ermöglicht es einer Vertragspartei, Leistungen zu übernehmen, die nach dem Gesetze die andere Partei zu erbringen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet, daß keine begründeten Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde bestehen, derartige Leistungen unter die im § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG angeführten „sonstigen Leistungen“ einzureihen. Daran könnte es auch nichts ändern, wenn die Ansicht des beschwerdeführenden Vereines zutreffen würde, daß im vorliegenden Falle dem Rechteanwalt kein Anspruch gegen die Verkäuferin zustehe. Es hätte nur darauf anzukommen, daß der beschwerdeführende Verein eine Leistung übernommen hat, die im Regelfall von der Verkäuferin zu tragen ist. Durch die Übernahme dieser zusätzlichen Leistung hat der beschwerdeführende Verein mehr geleistet als den Kaufpreis allein und es hat sich somit der Wert der „Gegenleistung“ erhöht.
Es war demnach die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien,
Zusatzinformationen
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Norm | GrEStG 1955 §11 Abs1 Z1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1959:1957001528.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-55194