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VwGH 28.09.1964, 1493/63

VwGH 28.09.1964, 1493/63

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Der Begriff des Verschuldens nach § 17 Abs 3 lit b FinStrG ist nicht nach § 8 FinStrG zu beurteilen, vielmehr ist unter dem Verschulden iSd § 17 Abs 3 lit b FinStrG schon ein außerstrafrechtliches Verschulden iSd § 1294 ABGB zu verstehen (Im wesentlichen gleichlautend wie E vom , 231/63, zu § 17 Abs 5 FinStrG ergangen).
Norm
RS 2
Die Auslegung eines Gesetzes hat in aller Regel von der Annahme auszugehen, dass der Gesetzgeber dann, wenn er dasselbe Wort verwendet, darunter auch denselben Begriff verstanden wissen will.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Kadecka, Dr. Klecatsky und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde des Dr. HW und der Firma U Ges.m.b.H. & Co. in S gegen den Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom , Zl. BS-4/1963, Zl. GA XI-9704/1/63, betreffend Verfall von Diamantabrichtgeräten samt Zubehör, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Hans Bössmüller, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzrates Dr. KM, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer ist Gesellschafter der als Zweitbeschwerdeführerin auftretenden Gesellschaft. Diese Gesellschaft beschäftigte den PF. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde u. a. ausgesprochene das gegen den Erstbeschwerdeführer als Beschuldigten eingeleitete Finanzstrafverfahren "wegen des Vorwurfes, er habe im Mai 1962 in S als Verantwortlicher der Firma U & Co. dem PF die Begehung des Schmuggels von 133 Rolette-Abrichtgeräten der TNr. 68.04 B 2, die mit Eingangsabgaben in der Höhe von S 10.291,-- Zoll und in der Höhe von S 5.943,--Ausgleichsteuer belastet sind, dadurch erleichtert, daß er ihm diese Warenmenge in Kenntnis des Umstandes, daß F bereits unmittelbar vorher 86 Stück Abrichtgeräte nach Österreich eingeschmuggelt hatte und daß diese weiteren 133 Geräte infolge Nichterteilung einer Einfuhrbewilligung ebenfalls in das Zollgebiet eingeschmuggelt werden sollten, zum Transport nach Österreich ausfolgte bzw. überhaupt ausfolgen ließ" werde gemäß den §§ 157 und 136 in Verbindung mit § 82 Abs. 3 lit. c des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, eingestellt. Weiter wurde gemäß § 35 Abs. 4 in Verbindung mit § 17 FinStrG auf den Verfall von 133 Rolette-Diamantabrichtgeräten, 84 Haltegeräten und 161 Imbus Schlüsseln erkannt. Der Nebenbeteiligte Firma U. Ges.m.b.H. & Co. in S, habe gemäß den §§ 138 Abs. 3 lit. a und 17 Abs. 3 lit. b erster Halbsatz FinStrG diesen Verfallsausspruch gegen sich gelten zu lassen.

Gegen den Verfallsausspruch richtet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde hat hiezu eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid fußt auf § 17 Abs. 3 lit. b FinStrG. Nach § 17 Abs. 3 FinStrG sind die im § 17 Abs. 2 lit. a und b FinStrG genannten, dem Verfall unterliegenden Gegenstände für verfallen zu erklären, a) wenn sie dem Täter, Mitschuldigen oder Teilnehmer gehören, b) wenn sie einer anderen Person gehören, es sei denn, daß diese ein schon vor der Tat bestandenes oder nach der Tat gutgläubig erworbenes und nach § 367 ABGB geschütztes Eigentum nachweist und sie an der Verwendung der Gegenstände zu dem Finanzvergehen kein Verschulden trifft.

Die Beschwerde rügt die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme der belangten Behörde, daß nicht schon der Mangel eines finanzstrafrechtlich bedeutsamen Verschuldens (§ 8 FinStrG) nach § 17 Abs. 3 lit. b FinStrG den Verfall ausschließe. Die Beschwerde will den Begriff des Verschuldens nach Maßgabe des § 8 FinStrG beurteilt wissen. Diese Auffassung ist unrichtig. Der Verwaltungsgerichtshof verweist auf sein Erkenntnis vom , Zl. 321/63, in dem bereits ausgesprochen worden ist, daß § 8 FinStrG ("Wenn das Gesetz über das Verschulden nichts bestimmt, genügt für die Strafbarkeit eines Finanzvergehens Fahrlässigkeit") nur die Verschuldensfrage in Ansehung von Finanzvergehen regelt. Die Frage aber, ob die Beschwerdeführer im Sinne des § 17 Abs. 3 lit. b FinStrG an der Verwendung der für verfallen erklärten Gegenstände zu dem Finanzvergehen ein Verschulden trifft, ist nicht die Frage nach dem Verschulden bei der Begehung des Finanzvergehens selbst. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem bezeichneten Erkenntnis auch dargelegt, daß unter dem Verschulden im Sinne des vom Verfall von Beförderungsmitteln handelnden § 17 Abs. 5 FinStrG. ("Ein Beförderungsmittel (Abs. 2 lit. d), das weder dem Täter noch einem Mitschuldigen oder Teilnehmer gehörte unterliegt dem Verfall nur dann, wenn es der Eigentümer dem Täters Mitschuldigen oder Teilnehmer überlassen hat und den Eigentümer ein Verschulden an der Verwendung des Beförderungsmittels zur Begehung des Finanzvergehens trifft") schon ein außerstrafrechtliches Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB zu verstehen ist, wo die Schuldformen der "bösen Absicht" und des "Versehens" normiert sind. Ein Versehen liegt danach vor, wenn schuldbare Unwissenheit, Mangel, der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes waltet. Es kann kein Zweifel daran herrschen, daß unter dem Verschulden im Sinne des § 17 Abs. 5 das gleiche zu verstehen ist, wie unter dem Verschulden Sinne des § 17. Abs. 3 lit. b FinStrG. Wenn in einem und demselben Paragraphen und im gleichen rechtlichen Zusammenhang an verschiedenen Stellen das gleiche Wort verwendet wird, so kann ohne in die gegenteilige Richtung weisende Anhaltspunkte nicht angenommen werden, daß mit dem gleichen Wort verschiedene Begriffe verbunden sind.

Zu Unrecht wirft die Beschwerde der belangten Behörde vor, sie habe zwar in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon gesprochen, daß zufolge der Sorglosigkeit der Beschwerdeführer die für verfallen erklärten Gegenstände zu dem Finanzvergehen verwendet werden konnten, sie habe aber die Annahme dieser Sorglosigkeit nicht näher begründet. In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es ausdrücklich: "Im Beweisverfahren I. Instanz, aber insbesonders in dem durch den Berufungssenat ergänzten Beweisverfahren kam zu Tage, daß Dr. W nach Kenntnisnahme des Schmuggels der ersten 86 Geräte dem F deshalb Vorwürfe machte und ihn anwies, vorerst keine weiteren Geräte nach Österreich zu schmuggeln. Er unterließ es allerdings, irgend eine Vorsorge zu treffen, daß F diese Anordnungen auch einhalten werde. Er wußte, daß F bei jeder Reise ins Ausland eine erhebliche Anzahl von Geräten grundsätzlich mit sich führte. Er hat auch der Lagerverwalterin keine Andeutung gemacht, aber insbesonders keinen Auftrag gegeben, dafür Sorge zu tragen, daß F nicht neuerdings derartige Geräte nach Österreich einführe. Dies alles, obgleich er sich nach Schweden begab und daher den F in keiner Weise unmittelbar beaufsichtigen und auf ihn Einfluß nehmen konnte. Während Dr. W von S abwesend war, hat F neuerdings 133 derartige Geräte nach Österreich geschmuggelt. Das Verhalten des Beschuldigten Dr. W kann unter diesen Umständen nicht als eine Beihilfe zur Begehung dieses Schmuggels angesehen werden, jedoch stellt sein Verhalten im Zusammenhang damit, daß F als schlampig bezeichnet wird und eben vorher sich eines Schmuggels von 86 Geräten schuldig gemacht hatte, eine grobe Sorglosigkeit und Fahrlässigkeit dar." Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde treffendermaßen ein Verschulden an der Verwendung der für verfallen erklärten Gegenstände zur Begehung des Finanzvergehens in dem bereits näher erläuterten Sinn des § 17 Abs. 3 lit. b FinStrG dargetan.

Wenn schließlich die Beschwerde als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften noch rügt, daß der Erstbeschwerdeführer im Finanzstrafverfahren die Vernehmung der NB als Zeugin beantragt habe und die belangte Behörde diesem Antrag nicht gefolgt sei, so ist diese Rüge schon deshalb abzulehnen, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl, etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 1067/61, und vom , Zl. 1336/61) Verfahrensmängel gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 1 bis 3 VwGG, 1952 nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen können, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. auch die Erkenntnisse vom , Zl. 2399/60, vom , Zl. 212/61, vom , Zl. 2667 und 2668/59, u.a.m.). Die Beschwerde hat aber nicht dargetan, inwiefern die Vernehmung der NB als Zeugin die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme eines Verschuldens der Beschwerdeführer an der Verwendung der für verfallen erklärten Gegenstände zu dem Finanzvergehen im Sinne des § 17 Abs. 3 lit. b FinStrG erschüttern hätte können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen. Angesichts dieser Abweisung war es nicht erforderlich, sich mit der Frage zu befassen, ob der Erstbeschwerdeführer überhaupt zur Erhebung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid berechtigt und seine Beschwerde nicht etwa wegen des Mangels der Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1952 zurückzuweisen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1964:1963001493.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-55088